Alles lernen, nichts vergessen!
Rede von MdB Sevim Dagdelen auf der Protestkundgebung gegen die sogenannte Münchner Sicherheitskonferenz am 7.02.2015
Liebe Freundinnen und Freude,
wir leben in einer Welt, in der die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Allein wenn man sich die Ergebnisse der jüngsten Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam anschaut, ist klar, wohin die Reise geht. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass im nächsten Jahr ein Prozent der Bevölkerung mehr Vermögen besitzen, als die restlichen 99 Prozent zusammen. Das Vermögen der 80 reichsten Menschen hat sich zwischen 2009 und 2014 verdoppelt, sie besitzen nun genauso viel, wie die ärmeren 50 Prozent der Welt zusammen. Die Reichen und Superreichen häufen durch immer extremere Ausbeutung und Diebstahl ein Vermögen an, das den Arbeiterinnen und Arbeitern zusteht, die diesen Reichtum schaffen. Dazu passt Honoree de Balsac, der treffend formulierte: "Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen."
Auf der Sicherheitskonferenz ist das Überleben der Menschen angesichts dieses himmelschreienden Skandals selbstverständlich kein Thema. Hier in München im Bayrischen Hof geht es allein darum, diese auf Ungerechtigkeit und Verbrechen gegründete Eigentumsordnung und insbesondere ihre Dynamik zugunsten der Superreichen militärisch abzusichern.
Wir aber rufen der Kriegskonferenz zu: Wir wollen eure Ordnung der Ausbeutung und der Kriege nicht! Wir wollen radikal von oben nach unten umverteilen! Wir wollen Frieden. Wir wollen Gerechtigkeit statt eines immer brutaleren Kapitalismus!
Liebe Freundinnen und Freude,
ein Phänomen, dass wir gerade in Deutschland erleben ist, dass in einer Zeit, in der Reichtum und Armut auch hierzulande weiter wachsen, mit Bewegungen wie Pegida versucht wird, die Wut über das eigene Elend auf die Schwächeren und die Schwächsten in der Gesellschaft zu lenken. So werden am Ende die Flüchtlinge für sozialen Abstieg und wachsende soziale Ängste verantwortlich gemacht. Ein noch selektiveres Einwanderungsgesetz wird gefordert, ganz nach der rassistischen Maxime die vom einstigen bayrischen Innenminister Beckstein geprägt wurde mit ‚wir brauchen mehr Ausländer, die uns nützen und nicht welche die uns ausnützen.' Und von CDU/SPD und Grünen gibt es sogleich Initiativen für Einwanderungsgesetze, die die Maxime des Nützlichkeitsrassismus in den Mittelpunkt stellen und die Fachkräfteeinwanderung für das deutsche Kapital fördern wollen, während sich die deutsche Wirtschaft über Lohndruck nach unten und die Weigerung junge Menschen auszubilden und ältere Menschen weiterzubilden, den Fachkräftemangel selbst organisiert. Gleichzeitig werden die Außengrenzen der EU weiter militärisch abgeschirmt. Tausende ertrinken im Mittelmeer. Wer es dennoch auf der Flucht vor den Islamisten in Syrien bis hierher schafft, gegen den wird bei Springer als Quelle einer angeblichen Islamisierung Deutschlands kräftig gehetzt. Denn wer nach unten tritt, zementiert das System der Ausbeutung und Bereicherung für die Reichen.
Und deshalb gilt: Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte besser vom Rassismus schweigen! Wir wollen diesen Nützlichkeitsrassismus nicht! Flüchtlinge sind uns willkommen! Und wir sagen mit Rosa Luxemburg: Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten.
Liebe Freundinnen und Freunde,
wohin wir auch heutzutage blicken, wird an dem neuen Feindbild Russland gearbeitet. Das Bild eines barbarischen Russland wird gezeichnet. Dabei geht doch von deutschem Boden ein Krieg gegen Tausende Menschen weltweit ohne Prozess oder Verfahren mittels Drohnen aus. Für einen Verdächtigen sollen laut Studien mindestens 28 weitere Unbeteiligte bei Einsätzen sterben. Allein letztes Jahr wären 200 Kinder unter ihnen. Aber dennoch, das dunkle Reich im Osten soll unser neuer Feind sein. Der neue Kalte Krieg hat bereits begonnen. Um die Ukraine als Frontstaat gegen Russland zu etablieren, unterstützt man auch Nazis in der Kiewer Regierung. Und wenn es um die Verharmlosung der ukrainischen Rechten geht, verschwimmen in Deutschland die Parteigrenzen von Union und Grünen.
Liebe Freudinnen und Freunde,
Brecht zu zitieren ohne gerügt zu werden, ist ja heute nur schwer möglich. Zumindest im Bundestag. Deshalb möchte ich mit einem Zitat von Karl Liebknecht den Bogen schlagen. Angesichts des in Deutschland geschürten Hass auf Russland und den barbarischen Zarismus gegen den Deutschland angeblich einen Verteidigungskrieg führen müsse, formulierte er heute vor einhundert Jahren mitten im 1. Weltkrieg: „Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie."
Liebe Freudinnen und Freunde,
Hundert Jahre sind manchmal wie ein Tag. Liebknecht hat Recht!
Und Liebknecht hatte in denselbem Antikriegsflugblatt präzise formuliert: „Die Feinde des Volkes rechnen mit der Vergeßlichkeit der Massen - wir setzen dieser Spekulation entgegen die Losung: „Alles lernen, nichts vergessen!"
Liebknecht ging es darum, die Kriegslügen anzugreifen mit denen die Bevölkerung für das Massenmorden begeistert werden soll. Heute einhundert Jahre danach scheint sich nichts geändert zu haben. Der Feind steht im Osten. Der Feind dem man Mores lehren will ist Russland. So forderte im Vorfeld der Sicherheitskonferenz ihr Chef Wolfgang Ischinger Russland durch die Drohung von Waffenlieferungen an die Ukraine unter Druck zu setzen. Ischinger wörtlich zur Ukraine: „Das Land muss finanziell massiv unterstützt werden, und der Westen muss dazu beitragen, dass ein militärisches Patt entsteht, damit die Waffen schweigen." Ischinger geht es allen Dementis zum Trotz um eine militärische Lösung des Konflikts.
Wir rufen der Kriegskonferenz und den Ischingers dort zu: Ihr seid Kriegstreiber! Das Haus brennt und ihr schleppt Benzinkanister zum Löschen herbei! Wir wollen euren Krieg nicht! Wir verachten eure Feindbilder und Kriegslügen! Wir stehen wie 75 Prozent der Bevölkerung gegen Waffenlieferungen an die Ukraine!
Und Liebe Freundinnen und Freunde, man muss Herrn Ischinger ja geradezu dankbar sein, für seine Initiative die Ukraine zu bewaffnen. Denn sie zeigt nun auch dem letzten Zeitgenossen worum es hier geht. Getreu dem Motto Liebknechts ‚Alles lernen, nichts vergessen', müssen wir uns zusammen einige Mitglieder des Beirats der Münchener Privatkonferenz anschauen: Den Vorsitz des Beirats führt Herr Dr. Wolfgang Büchele Vorstandsvorsitzender, Linde AG. Der Linde-Konzern hat eine lange Tradition von der Entwicklung von Flüssigsprengstoffen im 1. Weltkrieg bis zum global agierenden Technologiekonzern heute.Weitere Mitglieder sind Dr. Paul Achleitner Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutsche Bank AG;dann sitzt dort ein expliziter Förderer des Export salafistischen Terrors aus Saudi-Arabien Prince Turki Al Faisal, der 24 Jahre dem saudischen Geheimdienst vorstand; Dazu kommen Jane Harman, Präsidentin des Woodrow Wilson International Center for Scholars, einer US-Denkfabrik, die zum Teil staatfinanziert ist. Harmann ist Träger mehrerer CIA-Auszeichnungen und gilt als äußerst engagiert für die Geheimdienste in der USA. Aber auch ein Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie darf mit Frank Haun Vorsitzender der Geschäftsführung, Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG, natürlich nicht fehlen. Und nicht zu vergessen die ehemalige rechte Hand vom Top-Terroristen, dem Kriegsverbrecher Donald Rumsfeld, der auch für das Folterlager Guantanamo verantwortlich war: James G. Stavridis Admiral a.D.; Ehemaliger NATO Supreme Allied Commander Europe. Halten wir inne. Dies sind also die Leute, die diese Konferenz mit auf den Weg bringen! Geheimdienstmörder aus Saudi-Arabien, NATO-Foltergeneräle oder CIA-Verdienstmedaillienträgerinnen. Und dann wird das Ganze auch noch finanziert mit deutschen Steuergeldern allein für diese Veranstaltung 500 000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Abschirmung durch Soldaten etc. Das ist unerträglich! Das werden wir niemals akzeptieren!
Und genau deshalb sind wir hier. Wir sagen den Ischingers und Co: Wir wollen eure Aggressionspolitik gegen Russland nicht! Wir haben eure Kriegslügen wirklich satt! Wir wollen eure Förderung eines Kriegs der Oligarchen in der Ukraine nicht! Wir wollen nicht, dass weltweit Menschen für eure mörderische Durchsetzung von Kapitalinteressen, für eure Marktöffnungen und räuberischen Rohstoffzugänge sterben müssen! Wir akzeptieren nicht, dass dafür ihr das Völkerrecht mit Füßen tretet! Wir akzeptieren nicht, dass dafür gefoltert wird. Wir akzeptieren nicht, dass dafür gemordet wird!
Liebe Freundinnen und Freunde,
es herrscht Krieg mitten in Europa. Tausende sind in der Ukraine bereits getötet worden. Und es ist unfassbar: NATO und EU, Washington, Berlin und Brüssel gießen weiter Öl ins Feuer. Die US-Armee bildet seit wenigen Tagen Divisionen der ukrainischen Nationalgarde direkt für den Bürgerkrieg aus. Schwere Waffen werden noch über die NATO-Vasallen an die Kriegsregierung in der Ukraine über das Baltikum verschickt. Und in den USA wird laut über die direkte Lieferung von Rüstungsgütern im Wert von über einer Milliarde pro Jahr laut nachgedacht.
Ich sage euch, das ist nichts als brutale Kriegstreiberei. Wir sagen laut und deutlich: Wir wollen eure Kriege nicht! Wir sagen Nein zu euren Aufrüstungen! Und wir sagen Nein zu eurer Unterstützung eines Regimes in Kiew an dem weiter Nazis beteiligt sind und das auf eine militärische Lösung setzt!
Es herrscht Krieg in Europa. Auch ein Wirtschaftskrieg gegen Russland. Mit Sanktionen wollen die EU und die USA Moskau in die Knie zwingen. Wir wissen wie diese Eskalationsspirale begonnen hat. Sie hat in Kiew begonnen mit der Durchsetzung des EU-Assoziierungsabkommens und dem Umsturz heute fast vor einem Jahr. Im Wissen, dass durch das EU-Diktat dieses Land auseinanderbrechen kann und die Menschen gegeneinander aufgehetzt werden, hat man einen Umsturz in Kiew mit befördert und dabei auch noch auf Nazis von der Swoboda gesetzt.
Liebe Freundinnen und Freunde,
es herrscht Krieg in Europa. In diesen Tagen setzt die NATO auf eine weitere Verschärfung. Jetzt werden im Baltikum aber auch in Rumänien wie auch Bulgarien permanente NATO-Hauptquartiere geschaffen, in denen auch deutsche Stabsoffiziere sitzen werden. Es geht ganz klar um eine Aggressionspolitik gegen Russland, für die in Zukunft eine 5000 köpfige Schlachtgruppe der NATO binnen 48 Stunden zur Verfügung stehen soll, wie auch um die Stationierung von NATO-Jagdflugzeugen direkt an der russischen Grenze. Die NATO-Eingreiftruppe insgesamt soll auf 30.000 Mann ausgedehnt werden. Ein regelrechtes NATO-Stützpunktsystem soll Osteuropa überziehen, was die Luftwaffe angeht im Übrigen gesteuert aus Deutschland durch den Ausbau der Standorte am Niederrhein in Kalkar und Uedem.
Und liebe Freundinnen und Freunde,
das kann man nur als Kriegstreiberei bezeichnen. Wir sagen deshalb laut und deutlich: Wir wollen keinen Wirtschaftskrieg gegen Russland! Wir wollen keine neoliberalen Strukturreformen, die die Menschen in der Ukraine weiter ins Elend stürzen und auseinandertreiben! Es muss Schluss sein mit dieser EU-Eskalationspolitik an der Berlin einen hohen Anteil hat! Und wir wollen auch nicht, dass weiter mit deutschen Steuergeldern, der Krieg der Oligarchen in der Ukraine gegen das eigene Volk finanziert wird!
Unsere Botschaft ist: Wir stehen an der Seite der Mehrheit der Bevölkerung, die Auslandseinsätze und Rüstungsexporte ablehnt! Wir sagen Nein zur Eskalations- und Aufrüstungspolitik! Wir wollen Ischingers Kriegspropaganda nicht! Wir lassen uns mit Kriegslügen nicht in den nächsten Krieg treiben! In der Ukraine haben deutsche Waffen und deutsche Soldaten nichts zu suchen. In Kiew nicht, in Donetsk nicht, NIRGENDWO! Wir sagen, glaubt ihren Kriegslügen nicht und sagen mit Karl Liebknecht „Alles lernen, nichts vergessen!"
Das Motto der diesjährigen Demo ist "Kein Frieden mit der Nato!" Wohl wahr! Wir wollen Frieden statt NATO!
Zum Schluss meiner Rede möchte ich Euch gern auf den Weg Ernst Bloch mitgeben. Er war es, der einmal sagte: „Auf 1000 Kriege kommen keine 10 Revolutionen. So schwer ist der aufrechte Gang." Dies gilt gerade heute. Also Freundinnen und Freunde, lasst uns aufrecht gehen
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