Saturday, March 14, 2015

Volker Bräutigams bittere Polemik zum Tod von Boris Nemzow

Wir betrauern – ohne Gewähr

von Volker Bräutigam
Herzerwärmend, die Meute der Nachrichtenjournalisten unserer „westlichen Wertegemeinschaft“ auf konzertierter Mörderjagd zu erleben, wenn ein namhafter russischer Oppositioneller umgebracht wurde.
Diesmal Boris Nemzow, Vielfachmillionär, einst im Kabinett des korrupten und versoffenen Präsidenten Boris Jelzin für das Wirtschaftsressort zuständig und nach wenigen Ministerjahren bereits Dollar-Multimillionär. Freund der westlichen Geldaristokratie und Helfer russischer Oligarchen vom Schlage Chodorkowskij und Beresowskij, als die das vormals sowjetische Staatsvermögen plünderten und ihre Milliardenvermögen zusammenraubten.
Preisfrage: Was hat die Ermordung Boris Nemzows mit jener der Anna Politkowskaja zu tun? Antwort: nichts. Zwar wurden beide erschossen, beide auf dem gleichen Moskauer Friedhof beerdigt, die Journalistin Politkowskaja allerdings schon vor fast neun Jahren. Dennoch, das Foto von ihrem Grab dient jetzt als subtiler Aufhänger für hilfreich suggestive Berichterstattung der ARD-Tagesschau: „...ebenfalls eine Putin-Gegnerin“, deren gewaltsamer Tod „nie aufgeklärt wurde“.
Ja, liebe Kollegen, so macht man heute seriösen Nachrichtenjournalismus. Immer ein Händchen dafür, dass der „übliche Verdächtige“ dem deutschen Publikum nicht aus dem Blick gerät: Putin, der demokratisch gewählte Präsident mit einer Zustimmungsrate von aktuell 85%. Was Ihr könnt, werte ARD-Kollegen, kann ich aber schon lange! Hier kommen meine breaking news vonseiten einer gut informierten Quelle:
Nemzow hatte seine Gasrechnung nicht bezahlt und wollte nach der Kaviar-Jause im Nobelrestaurant in Kreml-Nähe mal eben zur Telefonzelle, um bei Gerhard Schröder anzurufen ­– "... deine Gazprom nervt, sie hat schon meine Kreditkarte gesperrt" – , als er bemerkte, dass er keine Telefonkopeke bei sich hatte. Deshalb ging er den – natürlich alkoholisierten – Fahrer eines der rostigen Lada, die in Moskau überall den Verkehr blockieren, um Wechselgeld an. Der wollte seinen Geldbeutel rausfummeln, erwischte jedoch, wie das in Russland so geht, versehentlich seine 9mm-Makarow. Bummbumm und o bosche moi ... Das Berliner AA hat in einer ersten Reaktion bereits eine Reisewarnung für deutsche Touristen ausgegeben (...)“.
Damit auch der Letzte vor der Glotze kapiert, wie hoch an der Zeit es für den Westen ist, in Russland gründlich aufzuräumen und dem Putin-Pack Beine zu machen, unterstellen unsere kriegstreiberischen öffentlich-rechtlichen Medien, den Moskauer Behörden sei an einer zielstrebigen kriminologischen Untersuchung des Verbrechens nicht gelegen. Freilich formulieren ARD-Tagesschau, ZDF-heute und Deutschlandradio das nicht selbst so plump, sie lassen es lieber kommentarlos eine Ex-Justizministerin aufsagen.
Bevor ich Frau Leutheusser-Schnarrenberger zitiere, blicken wir auf ihren politischen Hintergrund: die verzwergte FDP und deren finanzkräftige Naumann-Stiftung. Engagiert für die Interessen des Kapitals und seiner Eliten, zuverlässig zur Stelle, wo die Subversion USA-kritischer Regierungen gefragt ist – vulgo: Farbenrevolution zwecks Herstellung von Freiheit und Demokratie. Dem kleptokratischen Nemzow widmete das Institut im Anzeigenteil der FAZ vom 2. März folgenden großformatigen Nachruf:
„Wir trauern um unseren langjährigen politischen Partner und Freund Boris Nemzow, Vizeministerpräsident a. D. der Russischen Föderation. Er gehörte zu den mutigsten und konsequentesten Oppositionellen in Russland und deshalb auch zu den am meisten gefährdeten Personen. Als Patriot, liberaler Reformer und überzeugter Europäer setzte er sich unermüdlich für ein offenes und demokratisches Russland ein. Wir werden ihn nicht vergessen. Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.“ (Unterschriften).

Zwar hat der Wähler die FDP von der Bundesbühne entfernt, doch hindert das die ARD-Agitprop-Journaille in Moskau nicht, die Ex-Justizministerin als Teil der „prominenten Politiker aus dem Ausland, die zu der Beisetzung gekommen waren“, zu interviewen. Die Leutheusser-Schnarrenberger stammelt ins Mikrofon, später auch im Telefoninterview des DeutschlandRadios: „Im Moment gibt es jetzt nicht irgendwelche Anzeichen für einen Auftragsmord aus dem Kreml. Aber eine politische Verantwortung sehe ich in jedem Fall.“ Und noch eins drauf: "Man kann auch einen Kritiker mit Worten hinterrücks umbringen." Weshalb die FDP-Fachfrau sich die Unterstellung erlaubt „... es muss in alle Richtungen ermittelt werden, und da habe ich die ganz große Sorge, dass das nicht passieren wird.“
Und so kommt die Leutheusser-Schnarrenberger mal wieder ganz groß raus: „Von daher, glaube ich, ist es gut, wenn der Europarat ... als eine unabhängige Institution, die eine ganz, ganz große Expertise in all diesen Fragen hat, auch gerade in Fragen aufzuklären, was spricht für, was spricht gegen diese Tat, und damit eine Debatte zu führen, die dann vielleicht leichter kanalisiert, in welche Richtung tatsächlich die Hinterleute zu suchen sind oder gefunden werden könnten.“
Solche Sätze muss man sich auf dem Trommelfell zergehen lassen. Verkorkste Sprache, verkorkstes Denken: Eine deutsche Ex-Justizministerin behauptet argument- und beweislos, die russische Regierung sei nicht willens, einen aufsehenerregenden Mordfall sauber aufzuklären; notwendig sei dazu die „ganz ganz große Expertise“ des Europarates. In dem hat Russland kein Stimmrecht mehr ­– wie gut sich das trifft. Auf die Hilfe einer derart "unabhängigen“ westlichen Institution, die Morduntersuchungen in alle Richtungen führt, und zwar mittels kanalisierter Debatten in nur eine Richtung, dürfte Präsident Putin fast so scharf sein wie Nemzow auf das junge ukrainische „Model“, mit dem er in der eiskalten Mordnacht zu Fuß unterwegs war. Oder hab ich da was in den falschen Hals gekriegt?
Hirn- und haltloses Politiker-Geschwätz wie das der Leutheusser-Schnarrenberger muten ARD, DLF und ZDF uns unreflektiert und kübelweise in ihren „Nachrichten“ zu. Einen meiner Freunde bewog das zu einem Schreiben an Dagmar Pohl-Laukamp, die Vorsitzende des NDR-Rundfunkrates: „... rege ich an (§ 13 NDR-Staatsvertrag), eine neue Rubrik auf der Website der Tagesschau einzuführen, in der Beiträge ausdrücklich als Presserklärungen von Militärs, Unternehmen, politischen Institutionen usw. gekennzeichnet und somit von eigenständigen redaktionellen Beiträgen abgegrenzt werden (z.B. "Hier ist die Tagesschau: Die Militärs berichten von der Front"). Das hätte zugleich den Vorteil, dass Sie sich nicht permanent Propaganda vorwerfen  lassen müssen.“
Entsprechend könnte man die Tagesschau-Sendungen auch mit dem gleichen Zusatz schmücken wie die Ziehung der Lotto-Zahlen: „Alle Angaben sind wie immer ohne Gewähr.“ Deshalb kosten sie ja Rundfunkgebühren.
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Unterm Strich:
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit hält die bundesdeutsche Medien-Mafia den Russen deren unaufgeklärte Fälle ermordeter Politprominenz vor, als ob Mordermittlungen grundsätzlich erfolgreich seien, nur eben nicht in Moskau. Hier eine unvollständige Liste deutscher Prominenter, deren gewaltsamer Tod ebenfalls nie zweifelsfrei aufgeklärt wurde, an die zu erinnern der deutschen Journaille natürlich nicht einfällt:
Heinz-Herbert Karry, hess. Vize-Ministerpräsident, 1981
Jürgen Ponto, Bankier, 1977
Detlev-Karsten Rowedder, erster Chef der Treuhand-Anstalt, 1991
Siegfried Buback, Generalbundesanwalt, 1987
Jürgen Möllemann, Ex-Vize-Kanzler, 2003
Alfred Herrhausen, Chef der Deutschen Bank, 1989,
Uwe Barschel, Ministerpräsident, 1987,
Das sind nur ein paar Namen, die mir spontan einfielen. Die Liste ist ganz sicher verlängerbar. Sie könnte, wenn man z.B. 
Michelle Kiesewetter, Polizistin, 2007,
hinzufügte und die Namen weiterer, von unseren "Diensten" Ermordeter oder die der unter ungeklärten Umständen in Polizeizellen bzw. in den Haftanstalten Gestorbenen hinzunähme, sogar ellenlang werden. Wer mit dem Finger auf Russland zeigt, sollte bedenken, dass dabei drei Finger auf Deutschland zurückverweisen.
http://www.seniora.org/krieg-frieden/ukraine/636-wir-betrauern-ohne-gewaehr

  • Volker Bräutigam (Publizist) – Wikipedia

    de.wikipedia.org/wiki/Volker_Bräutigam_(Publizist)
    In Taipeh arbeitete Volker Bräutigam für ein Forschungsprojekt des National Science Council und als Lehrbeauftragter am Übersetzungswissenschaftlichen ...
  • KenFM - Gastbeitrag von Volker Bräutigam OFFENER BRIEF...

    https://de-de.facebook.com/KenFM.de/posts/10151971349291583:0
    Gastbeitrag von Volker Bräutigam OFFENER BRIEF AN PUTIN. Präsident Putin hat sich in seiner Rede zur Wieder-Eingliederung der Krim vom 18. März 2014..
  • Der Mord an Boris Nemzow und die Abwesenheit von Putin in der Öffentlichkeit beflügeln in ...
  • Griechenland C.U.Schminck-Gustavus antwortet auf Christiane Schlötzer in der SZ

    Die von mir bislang sehr geschätzte Christiane Schlötzer hat heute einen Artikel in der SZ veröffentlicht (s.Anlage*), der mich empört und auf den ich geantwortet habe.  Hier meine Antwort:
    Antwort auf Christiane Schlötzer 
    von C.U.Schminck-Gustavus  - 13.März 2015 

    Christiane Schlötzer fragt sich in der Süddeutschen Zeitung vom 13.März 2015, ob bei den Athener Forderungen nach Entschädigungen für Wehrmachtsunrecht "so viel Drama" sein müsse.  Einige Antworten auf ihre hochnäsige Frage hätte sie in einem von ihr selbst (!) verfassten Artikel finden können, den sie vor Zeiten in der Wochenend-SZ  veröffentlicht hatte (15./16.10.2012). Ihren ganzseitigen Beitrag hatte sie seinerzeit mit einem plastischen Titel versehen: Das Tor zu einer verschütteten Geschichte. Untertitel: "In der Euro-Krise fühlen sich viele Griechen von Deutschland gedemütigt - doch ihre schrillen Reaktionen kann nur verstehen, wer das Trauma der Nazibesatzung kennt." 
    Vor zwei Jahren fiel es Christiane Schlötzer offenbar noch leichter, Verständnis für die "Pleite-Griechen" aufzubringen. Damals war auch noch die Samaras-Regierung am Ruder, die die verfassungs- und europarechtswidrigen Befehle der Troika stets gehorsam ausgeführt hatte; dass allerdings damals auch Minister der Samaras-Regierung bereits anfingen, ihr Privatvermögen "aus Sorge für die Kinder" ins Ausland zu transferieren, konnte man seinerzeit in der SZ-Redaktion freilich noch nicht wissen -  das haben erst jetzt die Ermittlungen der als Abenteurer-Crew diffamierten Linksregierung von Tsipras-Varoufakis ergeben. 
    Dass es also genau diese neue griechische Regierung war, die mit der Korruption und den illegalen Geldtransfers von Reedern und Wirtschaftsführern  aufzuräumen begann, hätte inzwischen freilich auch in der SZ-Redaktion bekannt sein müssen - um nicht  von den Staatssekretären im griechischen Verteidigungsministerium zu reden, die kofferweise Bestechungsgelder von den Emissären deutscher Rüstungskonzerne in Empfang genommen hatten (Rheinmetall, Spiegel 48/2014 u.ö.).
    Inzwischen werden in den Kommentaren vieler bundesdeutscher Politiker nur noch Stammtischparolen bedient. In der Boulevard-Presse interessiert man sich mehr für Varoufakis Hemden als für die 3 Millionen Griechen (1/4 der Gesamtbevölkerung), die keine Krankenversicherung mehr bezahlen können, die kein Geld für Strom, Medikamente oder Heizöl haben und vor den öffentlichen Suppenküchen anstehen - wenn sie nicht bereits aus ihren Wohnungen zwangsemittiert und damit obdachlos geworden sind.   
    Wer wie die griechische Syriza-Regierung in dieser extremen Notlage auf einvernehmliche Lösungen mit den "Partnern in der EU" hoffte, sieht sich getäuscht. Der Finanzminister der Bundesrepublik erlaubt sich stattdessen hämische Kommentare zu Varoufakis; er apostrophiert ihn als "foolish naiv" und meint, ihn als "berühmten Weltökonomen" verspotten zu dürfen, ohne zur Kenntnis zu nehmen, was Wirtschaftshistoriker wie z.B. der aus München gebürtige und jetzt an der Londoner School of Economics lehrende Professor Albrecht Ritschl bereits im Juni 2011 im Spiegel zur Finanzkrise in Europa deutlich gemacht hatte. 
    Ritschl erklärte damals: "Deutschland war der größte Schuldensünder des 20.Jahrhunderts." Über das Londoner Schuldenabkommen von 1953 sagte Ritschl: "Nach dem ersten Zahlungsausfall in den dreißiger Jahren wurde der Bundesrepublik 1953 von den USA ein Schuldenschnitt - im Englischen "haircut" - verpasst, der das Schuldenproblem von einem voluminösen Afro-Look auf eine Vollglatze reduzierte."  Ritschl kam bereits damals zu dem Ergebnis, die Bundesrepublik müsse sich "in der Euro-Krise zügeln, sonst könnte sich die Stimmung gegen das Land drehen." Genau dieses ist inzwischen in erschreckender Weise eingetreten.
    Dass die griechischen Schulden vor allem gegenüber Banken bestanden - u.a. für absurde Rüstungskäufe - und dass infolgedessen die diversen Rettungspakete vor allem der Rettung oder Entlastung von Banken - wie etwa auch der Deutschen Bank als Großgläubigerin - , nicht aber der Entlastung der griechischen Bevölkerung zugute kamen, darauf haben Wirtschaftsexperten wie Professor Rudolf Hickel/Bremen wiederholt hingewiesen, ohne dass dies bei den Presseschreibern zur Kenntnis genommen worden wäre: es war eben einfacher Stimmung zu machen gegen die "faulen Griechen, die den deutschen Steuerzahler auspressen."  
    Aber die Frage nach dem historischen Kontext der Schuldenkrise hätte bei den Verantwortlichen in Eurogruppe und Finanzministerien nicht so ahnungslos behandelt werden dürfen, wie dies in der letzten Zeit geschehen ist. Man wird vom deutschen Finanzminister nicht erwarten können, dass er sich über die -  áuf der Londoner Schuldenkonferenz  - ausgedachten trickreichen Methoden unterrichtet, mit denen damals die deutschen Schulden ad calendas graecas vertagt wurden; aber in seinem großen Beraterstab hätte schon einer der Herren mal in der Habilitationsschrift der Historikerin Professor Ursula Rombeck-Jaschinski, die an der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf lehrt, nachlesen und anschließend den Herrn Minister unterrichten können. 
    Wenn diese Vorgehensweise im Finanzministerium aber zu mühsam erschienen sein sollte, hätte man doch zumindest erwarten dürfen, dass dort der informative Artikel von Klaus Wiegräfe im Spiegel 9/2015 zur Kenntnis genommen wird. Wiegräfe beschreibt ausführlich, wie die Regierung Kohl-Genscher beim sog. "2+4 Vertrag" alles daran gesetzt hat, den Wiedervereinigungsvertrag bloß nicht als das zu bezeichnen, was er tatsächlich gewesen ist: ein "Friedensvertrag". Die Angst von Genscher-Kohl vor dem "F-Wort" war begründet, denn sie hätte die Frage der deutschen Reparationszahlungen und Kriegsschulden wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Wusste man auch das alles nicht in der SZ-Redaktion?
    Wenn nun  die griechische Regierung es wagt, die - übrigens auch von früheren griechischen Regierungen wiederholt in Erinnerung gebrachten, aber nie bezahlten - Reparationen als Verhandlungsgegenstand anzumahnen oder auch den Besatzungszwangskredit, den die Nazi-Führung Griechenland auferlegt hatte, dann soll das nach Christiane Schlötzer  schon "zu viel Drama" und nur ein "Ablenkungsmanöver" sein? Aber Ablenkung wovon eigentlich?
    Haben nicht Historiker wie Professor Hagen Fleischer/Athen  nicht schon vor Jahrzehnten die Frage des Zwangskredits thematisiert? Gestern Abend war Fleischer in einem lehrreichen ARD-Interview in "Aspekte" zu hören (12.3. - 21:45h) . Ich empfehle der SZ-Redaktion in München insoweit die ARD-Mediathek ; unter "Verpasste Sendungen" kann das Interview abgerufen werden.
    Das gleiche gilt für die vorgestrige Parlamentsrede von Alexis Tsipras, die sich durch ihren - fast demütig-versöhnlichen - Ton sowie durch das Angebot von neuen Verhandlungen  vollständig unterschieden hat von dem, was man hier als Politiker-Gebelle  auch im deutschen Bundestag zu hören bekommt ("nicht auf der angestiegenen Suizid-Rate in Griechenland herumreiten")usw.  Auch diese Tsípras-Rede ist in deutscher Übersetzung abrufbar unter
    Tsipras kündigte die Aktivierung einer Expertenkommission an, die sich mit der Frage der Reparationen befassen soll. Inzwischen ist aus Griechenland auch zu hören, dass die griechische Regierung von den US National Archives &Records Administration  162 microfilms (36mm) erworben hat. Jeder Film enthält zwischen 500 und 3.000 Dokumente der Wehrmachtsverwaltung in Griechenland; dieses Material über deutsche Kriegsuntaten in Griechenland wurden seinerzeit von der amerikanischen Militärverwaltung beschlagnahmt und sodann ins US-Nationalarchiv überführt. 
    Wer die teilweise mühsame Archivarbeit in Freiburg (Militärarchiv), Bonn/Koblenz/Berlin (AA-Archiv, Bundesarchiv) und Athen (Αρχείο του Στρατού) kennen gelernt hat, der weiß, dass hier wohl noch Überraschungen bevorstehen,  die auch dem "Weltökonomen" im bundesdeutschen Finanzministerium Kopfzerbrechen bereiten werden. Dies gilt auch für die in zweiter aktualisierter Auflage jetzt herauskommende umfassende Studie von Dr. Karl-Heinz Roth/Hamburg/Bremen unter dem Titel "Griechenland am Abgrund und die deutsche Wiedergutmachung",  in der die - in deutschem Namen - in Griechenland hinterlassenen Verwüstungen detailliert beschrieben werden. 
    Roth weist unter anderem auch auf die zu beachtende Größenordnungen hin: Die Unterstützung einer griechischen Kreditanstalt für Wiederaufbau mittels Rückzahlung des Besatzungszwangskredits zur Ankurbelung der griechischen Wirtschaft würde sich - im Vergleich zu den nach der Wiedervereinigung in den "Aufbau Ost" geflossenen Mittel - durchaus bescheiden ausnehmen. In den "Aufbau Ost" der neuen Bundesländer sind in 15 Jahren nämlich umgerechnet circa 1,2 Billionen Euro geflossen.    
    Auch haben die Experten  im Bundesfinanzministerium zur Kenntnis zu nehmen, dass sich nicht nur kritische Völkerrechtslehrer und Europarechtsexperten wie Professor Andreas Fischer Lescano/Bremen, Professor Gerhard Stuby/Bremen und Professor Norman Paech/Hamburg, sondern auch der neue griechische Staatspräsident zur Reparationsfrage geäußert haben. 
    Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos ist aber nicht nur Vorstandsmitglied der Nea Dimokratia in Athen und ehemaliger Innenminister; er ist auch Professor für Staats- und Verfassungsrecht an der Universität Athen, und er hat bereits vor einem Jahr zu den fortbestehenden Kriegsschulden Deutschlands gegenüber Griechenland eindeutig Stellung bezogen.
    Schließlich aber möge man sich hierzulande der vorgestrigen maßvollen und auf Verständigung zielenden Worte des griechischen Regierungschefs erinnern: er plädiert nicht für "Drama", sondern für Einigung und Dialog  mit gegenseitigem Respekt vor der historischen Wahrheit und zitiert in diesem Sinne auch die Bergpredigt: "Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, den Balken aber in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?"  (Matthäus 7,3).
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    *Griechenland Muss so viel Drama sein?
    Griechenlands Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras (im Bild rechts, links der Finanzminister Yanis Varoufakis) tritt stark auf - aber ist sie es auch?
    Athens Forderungen nach Entschädigung für das Unrecht der Wehrmacht sind ein Ablenkungsmanöver: Die griechische Regierung will sich stärker zeigen, als sie ist. Das verschärft die Krise.
    Kommentar von Christiane Schlötzer in: Süddeutsche Zeitung 13.3.2015
    Wie soll man sich das vorstellen? Das Goethe-Institut in Athen schickt all seine Sprachschüler nach Hause, weil am Eingang des Gebäudes ein Kuckuck klebt? Die Deutsche Schule Athen, die seit fast 120 Jahren besteht, schließt ihre Pforte, weil dort ein Pfandsiegel prangt? Undenkbar. Sollte man meinen. Genau damit aber droht der griechische Justizminister, falls die Regierung in Berlin den griechischen Forderungen nach Entschädigungen für altes Unrecht nicht entgegenkommt.
    Juristisch ist der Pfändungsfall - im Zusammenhang mit NS-Unrecht - vor griechischen Gerichten eigentlich längst ausgereizt. Mit der klaren Antwort: Es geht nicht. Aber juristische Details spielen für die Regierung von Alexis Tsipras jetzt nicht unbedingt eine Rolle. Es geht um politischen Druck auf Deutschland.
    Die Botschaft aus Athen lautet: Wir sind keine Bettler, im Gegenteil, wir haben mit euch noch ein paar Rechnungen offen. Erinnert euch! Der Griff in die Geschichte ist immer ein sensibles Unterfangen. Wo politisch geholzt wird, da ist seriöse historische Aufarbeitung kaum möglich. Deshalb ist es wenig hilfreich, wenn Tsipras nun in die Rolle des Gerichtsvollziehers schlüpft, in der Hoffnung, dass die Griechen dann nicht merken, dass seine Regierung längst nicht so stark ist, wie sie auftritt. Weil sie beispielsweise gerade die Haushaltsaufseher wieder ins Land lassen musste.
    Athen will Druck auf Berlin machen - und macht nur Drama
    Berlin reagiert auf die täglichen Anwürfe aus Athen inzwischen mit Gereiztheit, Frustration und Verständnislosigkeit. Und statt miteinander zu reden, redet man nun schon wieder vor allem übereinander. Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis beschwert sich gar per offizieller diplomatischer Demarche über seinen Berliner Kollegen Wolfgang Schäuble. Geht es nicht ein bisschen kleiner, mit weniger Drama? So möchte man da dazwischenrufen.
    Schuldenstreit Schäuble nennt griechische Beschwerde über ihn "Unsinn"
    Der Streit um die griechische Schuldenkrise wird zunehmend persönlich. Der griechische Botschafter in Berlin beschwert sich, Bundesfinanzminister Schäuble habe seinen Amtskollegen Varoufakis als "naiv" bezeichnet.
    Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Das klingt nach alter Weisheit, ist aber im deutsch-griechischen Fall Unsinn. Vergebens sucht man hier nach einem Profiteur des zeitraubenden Zwists. Vielleicht sollten daher beide Seiten ein paar Tage lang einfach gar keine Interviews mehr geben, eine Art Interview-Fasten praktizieren, passend zur vorösterlichen Zeit des Verzichts -am besten so lange, wie sie der Versuchung nicht widerstehen können, stets verbal übereinander herzufallen.
    Dann könnte man sich endlich mit den drängenden Fragen befassen: beispielsweise, ob es nicht doch nötig wäre, Griechenland eine Neustrukturierung seiner Schuldenlast in Aussicht zu stellen. Schließlich war dies auch der alten Regierung schon versprochen. Oder wie man endlich wieder ein paar Investoren ins Land holt. Die warten nun schon so lange darauf, dass die Zitterpartie, ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht, endlich endet. Und dann sollte man auch in aller Ruhe darüber reden, ob griechische Juden oder Dörfer, in denen die Nazis besonders übel wüteten, nicht doch noch einige Ansprüche haben, über die man nicht mit ein paar steifen Worten hinweggehen kann.


    A One-Day International Conference On Peace in Malaysia

    Berliner Ostermarsch 2015 Aufruf der FRIEDENSKOORDINATION BERLIN

     
     „Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut soll immer wieder mit Blut abgewaschen werden.“Bertha von Suttner, Friedennobelpreis 1905 Die Waffen nieder!
    70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erinnern wir an das Vermächtnis der Kriegsgeneration: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
    Die westlichen „Kriege gegen den Terror“ und die durch die neoliberale Globalisierung zunehmende Spaltung der Länder und Gesellschaften in arm und reich führen zu neuem Hass und der Ausbreitung von Gewalt. Militärinterventionen, Waffenexport und militärische „Ausbildungshilfe“ fördern diese Eskalation.
    Wir lehnen eine „neue deutsche Verantwortung“ in Form weltweiter Militäreinsätze ab, wie sie Gauck, Steinmeier und von der Leyen fordern.
    Wir sorgen uns um den Frieden!
    Durch die Wiederbelebung alter Feindbilder wie im Ukraine-Konflikt ist er nun in Europa in Gefahr. Nur ein Funke trennt einen kalten von einem heißen Krieg zwischen Ost und West. Dieser kann weltweit zu einem Atomkrieg führen. Darum muss sich die Bundesregierung für einen Waffenstillstand, für direkte Verhandlungen zwischen den ukrainischen Konfliktparteien, für die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland und ein Verbot von Waffenlieferungen in die Ukraine einsetzen.
    Wir brauchen dringend eine Politik der Deeskalation und Entspannung, der zivilen Konfliktlösung und Gleichberechtigung in den internationalen Beziehungen, wie es das Völkerrecht vorsieht.
    Deshalb fordern wir:
    • Stopp der ideologischen Kriegsvorbereitung durch Politik und Medien
    • Stopp der Militarisierung von Bildungswesen und Hochschulforschung
    • Keine Duldung von Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Rassismus
    • Großzügige Aufnahme von Flüchtlingen
    • Stopp neuer Rüstungsprojekte wie z.B. Kampfdrohnen und Raketenabwehrsysteme
    • Kein Einsatz US-amerikanischer Kampfdrohnen bei gezielten Tötungen vom Boden Deutschlands aus
    • Stopp der Rüstungsexporte – Rüstungskonversion zugunsten ziviler Produkte
    • Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr
    • Abrüstung von Bundeswehr und NATO bis zu ihrer Auflösung
    • Abzug der Atomwaffen aus Deutschland und Verschrottung aller AtomwaffenNur wenn wir uns in allen gesellschaftlichen Bereichen aktiv für diese Forderungen einsetzen, können Parteien und Regierung zu einem Kurswechsel gezwungen werden, ehe es zu spät ist.
      Kommt zum Ostermarsch 2015! ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………….. Wir unterstützen den Aufruf zum Berliner Ostermarsch 2015
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