Friday, February 6, 2015


Former CIA Contractor: ‘ISIS is a Completely Fabricated Enemy and Funded By the United States


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Former CIA contractor Steven Kelley says that the ISIS terrorist group is a fabricated enemy and funded by the United States.
“This is a completely fabricated enemy,” he said in a phone interview with Press TV from Anaheim, California on Thursday.
“The funding is completely from the United States and its allies and for people to think that this enemy is something that needs to be attacked in Syria or Iraq is a farce because obviously this is something that we create it, we control and only now it has become convenient for us to attack this group as a legitimate enemy,” Kelley added.
He made the remarks as US President Barack Obama is under pressure to seek congressional approval before expanding Washington’s military air campaign against ISIS targets from Iraq into neighboring Syria.
The Pentagon has already launched at least 100 airstrikes on ISIS positions in northern Iraq since Obama authorized the use of force against the terrorist group earlier this month.
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The White House insists it does not need explicit congressional authorization for those operations because they are intended to protect American personnel and interests inside the Arab country.
White House press secretary Josh Earnest said Monday that Obama “will not hesitate to use his authority” to keep Americans safe, but added that the president was “committed to coordinating and consulting with Congress” on a decision to hit ISIS targets in Syria.
“If you want to get to the root of the problem and remove this organization, the first thing they need to do is to remove the funding and take care of entities responsible for the creation of this group,” Kelley said.
“I believe that this ISIS group would probably go away, would be easily defeated by the armies of [Syrian President] Bashar Assad,” he said.

Source: Press TV

- See more at: fhttp://realitieswatch.com/former-cia-contractor-isis-completely-fabricated-e
nemy-funded-united-states/

Deutsche Wirtschaft fügt sich der Sanktionspolitik gegen Russland: "Welthandelsartiellerie"

Schadenskalkulation

Geoökonomie und Geopolitik (Teil I). Nach anfänglich deutlicher Kritik an der jüngsten deutschen Russlandpolitik der BRD fügten sich deutsche Unternehmen und ihnen nahestehende Medien letztlich. Mit den USA wollte es sich niemand verscherzen

Junge Welt Ausgabe vom 05.02.2015, Seite 12 / Thema Von Sönke Hundt
Versöhnler: Dem Rat des Kanzleramts und »amerikanischen Drohunge
Versöhnler: Dem Rat des Kanzleramts und »amerikanischen Drohungen« wollte sich der Chef des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckard Cordes, dann doch nicht widersetzen (hier 2005 in Detroit)
Die Schäden, die vielen deutschen und europäischen Unternehmen im Zuge der Ukraine-Krise entstanden, sind beträchtlich. Betroffen sind nicht nur die mit einem traditionell starken Geschäftsinteresse an Russland und der Ukraine (also die Branchen Stahl, Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau und Energie), sondern auch die Konsumgüterindustrie, der Handel, die Logistik sowie Finanzinstitute und Serviceunternehmen der verschiedensten Art. Die entsprechenden Verbände, vor allem der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft beim BDI und der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) haben wiederholt und eindringlich vor den unübersehbaren Folgewirkungen einer verschärften Sanktionspolitik gewarnt. Die Wirtschaftswoche vom 13. August 2014 beklagte, 6.300 deutsche Unternehmen seien direkt betroffen. Sie hätten in Russland und in der Ukraine mehr als 23 Milliarden Euro investiert. Mit 250.000 Mitarbeitern würden sie dort 80 Milliarden Umsatz machen. Es gehe dabei nicht nur um die schon jetzt spürbaren Gewinneinbußen, die schmerzhaft seien, sondern auch um mögliche Folgewirkungen, sollte dieser Markt verloren sein. Die Schäden sind inzwischen eingetreten: Von Januar bis bis November 2014 seien die Ausfuhren um knapp 18 Prozent zurückgegangen. Vor allem die Europäer müssten »den wirtschaftlichen Preis für die Krise zahlen«, so Eckhard Cordes vom Ost-Ausschuss Ende Januar.
Das jüngste Beispiel für die Auswirkungen der Sanktionen ist das Pipelineprojekt »South Stream«, das im Januar 2015 von Gasprom in einer spektakulären Entscheidung erst einmal auf Eis gelegt wurde. Mit geschätzten Kosten zwischen 19 und 24 Milliarden Euro war »South Stream« eines der weltweit größten Bauvorhaben zum Transport von Energieträgern, an dem viele europäische Unternehmen, vor allem deutsche und österreichische, an Projektion, Bau und Finanzierung beteiligt waren. Siemens sollte unter anderem Automatisierungs- und Telekommunikationssysteme für den 1.000 Kilometer langen Offshore-Teil und an Land die Kompressorstationen liefern. Wintershall, eine BASF-Tochter, mit 15 Prozent an der Gesellschaft für den Bau des unter Wasser gelegenen Abschnitts beteiligt, war bereit, 1,5 Milliarden Euro zu investieren. An den großen Lieferanten und Mitgesellschaftern hingen wiederum viele kleinere, die jetzt ebenfalls negativ betroffen sind, z.B. der Röhrenhersteller Europipe aus Mülheim an der Ruhr und dessen Stahlzulieferer Salzgitter AG sowie die Dillinger Hütte.

Kritik am Kurs

Teile der deutschen Wirtschaft und ihr nahestehende Medien haben sich im vergangenen Jahr gegen die immer aggressiver werdende Sanktionspolitik Washingtons zur Wehr gesetzt und darauf verwiesen, wie tief bei deren Fortsetzung der Schnitt ins eigene Fleisch sein würde. Kritik am neuen Kurs der deutschen Außenpolitik wurde in einer großen »Gemeinsamen Erklärung« des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (im BDI), des Petersburger Dialogs, des Deutsch-Russischen Forums und des Deutsch-Ukrainischen Forums vom 7. März 2014 geübt: »Deeskalation auf allen Seiten ist bei allen laufenden und bevorstehenden Verhandlungen das Gebot der Stunde für die Beteiligten. Dazu gehört auch, dass konfliktsteigernde militärpolitische wie wirtschaftliche Maßnahmen von allen Seiten zurückgestellt werden und konfliktreduzierende Maßnahmen (...) absolute Priorität haben. (...) Der Dialog auf möglichst vielen Ebenen ist in dieser Stunde der Krise der einzige Weg, den vielfältigen Interessen an den europäisch-russischen Beziehungen gerecht zu werden. Wir fordern alle Akteure auf, sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, diesen über Jahrzehnte entwickelten Dialog für konsensstiftende Maßnahmen zu nutzen.«
Der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Eckhard Cordes hatte die Warnungen in vielen Presseerklärungen und Interviews stets wiederholt: »Der deutsche Export nach Russland ist im Zeitraum Januar bis September 2014 um 17 Prozent zurückgegangen (...) Wir sind daher unverändert skeptisch gegenüber der Sanktionspolitik. Es handelt sich um eine politische Krise, und eine politische Krise muss politisch gelöst werden.« Und: »Der Westen kann weder an einer Destabilisierung der russischen Wirtschaft noch an der Destabilisierung der russischen Politik ein Interesse haben. Wir müssen mit unseren russischen Partnern reden. Je ernster die Krise ist, umso mehr muss man das Gespräch suchen.« (Interview in der Passauer Neuen Presse vom 5.12.14)
Es waren vor allem die beiden großen Wirtschaftszeitungen Handelsblatt und Wirtschaftswoche (beide aus dem Holtzbrink-Verlag), die sich der Sorgen und Nöte der deutschen (und europäischen) Wirtschaft annahmen. In einer Serie von großen Artikeln unterzogen ihre Redakteure die ökonomischen Beziehungen in allen Branchen einer genauen Analyse. Die Topmanager aller Unternehmen mit Rang und Namen wurden vom Handelsblatt befragt und äußerten sich ausnahmslos mit tiefer Skepsis.
Gabor Steingart, Leitartikler und Herausgeber der Zeitung sowie Mitglied der Geschäftsführung der Handelsblatt-Gruppe, ging dabei in seiner Kritik gegenüber dem »transatlantischen Verhältnis mit den USA« sehr weit. Es müsse darum gehen, »der bisherigen Debatte den Schaum abzuwischen, den Scharfmachern und Scharfgemachten die Worte aus dem Mund zu nehmen und ihnen neue Vokabeln auf die Zunge zu legen«. »Realismus« sei gefordert. Die politisch Verantwortlichen täten gut daran, sich der Politik der Verständigung und des Interessenausgleichs von Willy Brandt und Egon Bahr zu erinnern. In einem achtseitigen Essay, der auf deutsch, russisch und englisch verbreitet wurde (vgl. die Russlandbeilage des Handelsblatts vom 8.8.14), zog Steingart alle Register: »Alle Konflikte werden hochgekocht (...) Hätte der Westen die damalige US-Regierung, die ohne Beschluss der UNO und ohne Beweise für das Vorhandensein von ›Massenvernichtungswaffen‹ im Irak einmarschierte, nach den gleichen Wertmaßstäben beurteilt wie heute Putin, wäre George W. Bush unverzüglich mit Einreiseverbot für die EU belegt worden. Die Auslandsinvestments von Warren Buffet hätte man einfrieren, den Export von Fahrzeugen der Marken GM, Ford und Chrysler untersagen müssen.« An anderer Stelle schrieb er: »Die letzte erfolgreiche militärische Großaktion, die Amerika durchgeführt hat, war die Landung in der Normandie. Alles andere – Korea, Vietnam, Irak, Afghanistan – ging gründlich daneben. Jetzt wieder NATO-Einheiten an die polnische Grenze zu verlegen und über eine Bewaffnung der Ukraine nachzudenken, ist eine Fortsetzung der diplomatischen Ideenlosigkeit mit militärischen Mitteln.« Der Putinschen Politik brachte er dort viel Verständnis entgegen und verwarf die vorgebrachten Rechtfertigungen für die Verschärfung der Sanktionen. Realpolitik beginne mit dem Anerkennen von Realitäten. Die Krim habe zu Russland wie Vermont zu den USA gehört. Jeder Realpolitiker wisse das. Die Situation Putins im Jahr 2014, die Krim betreffend, sei durchaus vergleichbar mit der Situation Kennedys 1962 in der Kuba-Krise. »Amerika, Europa, Deutschland, Angela Merkel – wir alle wären gut beraten, nicht zuerst ihm (Putin), sondern uns selbst Einhalt zu gebieten. Der Pitbull in uns gehört wieder an die Leine.«
Klaus Schwab, Veranstalter des jährlichen Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos lud im September 2014 gut ein Dutzend hochrangiger Wirtschaftsführer aus Deutschland, den USA, Russland und der Ukraine in sein Privathaus nach Genf ein, darunter Joe Kaeser (Siemens), Kurt Bock (BASF) von deutscher und German Gref (Sberbank) und Andrej Kostin (VTB Bank) von russischer Seite ein. Die letzteren, gegen die persönlich die USA kurz zuvor Sanktionen verhängt hatten, vertraten in dem Gespräch die beiden größten russischen Banken. Das Ergebnis der Beratungen war ein Zehn-Punkte-Plan, wieder in einem beschwörenden Ton gehalten, der an die Regierungschefs weitergeleitet wurde und dessen wichtigste Forderungen »mehr Dialog« und ein Verzicht auf eine »provokative und kriegerische Sprache« waren.
jW-Probeabo
Am 30. September 2014 fand in Rostock, schon gegen eine erhebliche Kritik der meisten deutschen Medien, der »Russland-Tag« der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern mit dem russischen Botschafter Wladimir Grinin, dem Ministerpräsidenten Erwin Sellering, Altkanzler Gerhard Schröder und 400 weiteren Gästen statt. Im Dezember 2014 riefen 64 Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kultur zum Frieden und zu einer neuen Entspannungspolitik auf. Dieser Aufruf unter dem Titel »Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!« hatte Gewicht. Unterzeichnet hatten – quer durch die politischen Lager – u. a. Roman Herzog, Hans-Jochen Vogel, Luitpold Prinz von Bayern, Gerhard Schröder, Otto Schily, Erhard Eppler, Antje Vollmer, Burkhard Hirsch, Manfred Stolpe, Eberhard Diepgen und Horst Teltschik. Der »Petersburger Dialog« allerdings, der 2001 von Wladimir Putin und Gerhard Schröder ins Leben gerufen worden war und dessen Mitgliederversammlung Ende November 2014 stattfinden sollte, wurde auf Drängen des Kanzleramtes komplett abgesagt. Der langjährige Vorsitzende Lothar de Maizière und Matthias Platzeck, der dem Deutsch-Russischen Forum vorsteht, wurden in den Medien (vor allem von der FAZ und vom Spiegel) scharf angegriffen und ihre Ablösung sowie eine grundsätzliche »Reform« dieser Veranstaltung gefordert.

Neue deutsche Außenpolitik

Unversöhnlich: Gesten der Freundschaft helfen nicht mehr. Angela
Unversöhnlich: Gesten der Freundschaft helfen nicht mehr. Angela Merkel folgt dem gegen Putin gerichteten Kurs der USA, die deutsche Wirtschaft einstweilen auch (auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg 2013)
Der breite Widerstand gegen die Verschärfung der Sanktionen nützte offenbar nichts. Diese Wende in der deutschen Außenpolitik wurde trotzdem durchgesetzt. Nachdem die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im Oktober 2013 unter Mitarbeit von über 60 Politikern, Journalisten und Wissenschaftlern ihre Grundsatzerklärung mit dem Titel »Neue Macht – Neue Verantwortung. Elemente einer deutschen Außen- und Sicherheitspolitik für eine Welt im Umbruch« veröffentlicht hatte, schwenkten Politik und Medien in einem überraschend kurzen Zeitraum auf einen aggressiven Kurs gegenüber Russland ein. Joachim Gauck, Angela Merkel, Ursula von der Leyen, nach einigem Zögern auch Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel bedienten sich danach in ihren Reden und Stellungnahmen ausgiebig aus dem SWP-Papier. »Geopolitik« war das Stichwort, das plötzlich in aller Munde war.
Zwischen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und dem Handelsblatt kam es zu einem heftigen Schlagabtausch. Die FAZ forderte in einem Leitartikel (»Stärke zeigen«) am 3.8.14 gegenüber Russland politisch und strategisch einen »neuen Doppelbeschluss«. Der Westen müsse seine wirtschaftliche, politische und militärische Abwehrbereitschaft stärken und auch demonstrieren. Das Handelsblatt bzw. Steingart warf daraufhin der FAZ-Redaktion am 5.8.14 vor, »unverhohlen zum Losschlagen gegen Russland« aufzurufen und bezeichnete Teile des Frankfurter Leitartikels als »geistige Einberufungsbescheide«. Die Reaktion der so kritisierten Zeitung: Der Herausgeber aus Düsseldorf solle sich nicht »zum publizistischen Rohr eines Ökonomismus machen, dem Geschäfte über alles gehen«. Der Druck der Wirtschaftslobby »auf den geschätzten Kollegen« möge noch so hoch sein, er dürfe aber nicht »zu einem Risikoträger des journalistischen Handwerks« werden, er leide »unter einem tragischen Realitätsverlust«. Der »ökonomische Pazifismus« stelle keine Option mehr dar.
Der Springer-Verlag, ARDZDF, die Süddeutsche und der Spiegel waren zu dieser Zeit schon längst auf die publizistische Unterstützung der »neuen deutschen Außenpolitik« eingeschwenkt. Die Interessenverbände, vor allem der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, knickten regelrecht ein und erklärten explizit ihre Bereitschaft zur Anerkennung des Primats der Politik. In den Blättern des Holtzbrink-Verlages schließlich wurde zwar weiterhin ausführlich über die schädlichen Wirkungen der Sanktionen und Gegensanktionen berichtet, eine grundsätzliche Kritik aber fand nicht mehr statt. Von Gabor Steingart, der sich am stärksten und mit den deutlichsten Formulierungen gegen den Aggressionskurs der USA exponiert und eine Rückkehr zur Entspannungspolitik gefordert hatte, war in der Folgezeit öffentlich kein kritisches Wort mehr zu vernehmen. Die Debatte war beendet, der neue außenpolitische Kurs in den Medien des Mainstreams und den Wirtschaftsverbänden durchgesetzt.
Auf welche Art und Weise und mit welchem politischen Instrumentarium diese Disziplinierung der politischen Elite und der Medien in Deutschland und in der EU im Einzelnen bewerkstelligt worden ist, darüber wird man – vielleicht – erst später Näheres erfahren können. Viele eher transatlantisch ausgerichtete Organisationen (die Atlantik-Brücke, die Münchner Sicherheitskonferenz, das Aspen-Institut, der German Marshal Fund of the United States und die schon genannte SWP) haben zu diesem bemerkenswerten Schwenk beigetragen.
Joseph Biden, Vizepräsident der Vereinigten Staaten, hatte in seinen Ausführungen an der Harvard Kennedy School, die auch vom Weißen Haus in voller Länge am 3. Oktober 2014 veröffentlicht wurden, bekannt, dass die USA in der Frage der Sanktionspolitik einen erheblichen Druck auf ihre europäischen Verbündeten ausgeübt haben. Die Staaten der EU seien regelrecht gezwungen worden, referierte er, sich gegen ihren Willen und in Kenntnis des wirtschaftlichen Schadens für die europäischen Volkswirtschaften dem Sanktionsregime gegen Russland anzuschließen. (Zitat)

Auf Linie gebracht

Wie ist es eigentlich zu erklären, dass die deutsche und europäische Wirtschaft, ihre großen und mächtigen Konzerne, die einflussreiche Mittelstand, die Unternehmensverbände und die ehedem so einflussreiche Wirtschaftspublizistik nicht ihren Einfluss auf die Politik geltend gemacht haben, um diese Spirale eskalierender Sanktionen (und Gegensanktionen) abzuwenden? Der Textilunternehmer Wolfgang Grupp (Trigema) kritisierte in der Wirtschaftswoche vom 22.9.14 das Verhalten der Verbände. »Was sich diese in der Ukraine-Krise von der Politik (...) gefallen und allem Anschein nach zustimmend über sich ergehen (ließen), ist das Gegenteil von legitimer Einflussnahme.« Der BDI habe ohne Not erklärt, für die deutsche Wirtschaft gelte das Primat der Politik. Es sei möglich gewesen, so Grupp weiter, sich dem »Diktat der USA, und nichts anderes sind die Sanktionen gegen Russland, zu entziehen. Deutschland hat sich diesem Diktat jedoch gebeugt, obwohl wahrscheinlich die Politik und mit Sicherheit die Wirtschaftsverbände ganz klar wissen, dass dies einen riesigen Schaden vor allem für Deutschland bedeutet«.
Es ist die Frage, ob, wie Grupp glaubte, eine Abwehr dieser Einflussnahme möglich gewesen wäre. Angesichts der Machtmittel, die die USA einzusetzen in der Lage sind, haben die deutschen und europäischen Unternehmen wahrscheinlich den Schaden aus einem möglichen Widerstand gegen diesen Kurs Washingtons als höher kalkulieren müssen als jenen, der aus einer Anerkennung des Primats dieser Politik erwüchse.
Im Vorfeld des 18. »Internationalen Wirtschaftsforums St. Petersburg«, traditionell Treffpunkt von Entscheidern aus Wirtschaft und Politik, vom 22. bis 24. Mai 2014 stattfand, hatten sich viele hochrangige Manager aus den USA und Europa angesagt: so von E.on, Metro, BASF, Daimler, ABB, der Boston Consulting Group, Wintershall, TUI, Goldman Sachs, Morgan Stanley, Conoco Philipps, Alcoa und vielen anderen. Im Jahr davor noch freuten sich die Teilnehmer über das »Russlandgeschäft«, und die deutsche Bundeskanzlerin selber hatte das Forum besucht und mit Putin konferiert. Dann änderte sich in den USA die Politik, und es wurden Warnungen ausgesprochen. Es sei »eine unangemessene Botschaft«, wenn jetzt wichtige Geschäftsleute nach Russland reisten, um bei solchen Ereignissen »hochkarätige Auftritte mit russischen Regierungsvertretern zu haben«, so eine Sprecherin des Weißen Hauses. Laut einem Bericht der New York Times habe Obama sogar seinen engsten Wirtschaftsberater entsandt, um die Unternehmenschefs »hinter den Kulissen« zu bearbeiten. Die Vorstandsvorsitzenden von Goldman Sachs, Pepsi, Morgan Stanley, Conoco Phillips, Alcoa und von 34 anderen Unternehmen sagten daraufhin ihre Teilnahme ab.
Die deutsche Bundesregierung reagierte mit einer gewissen Zeitverzögerung. Zunächst noch hatten Politiker aller Parteien (bis auf die Grünen) den von den USA geforderten Boykott des Petersburger Wirtschaftsforums kritisiert. Joachim Pfeiffer (CDU), wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, und Klaus Barthel (SPD), Vizevorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, erklärten, dass sie es für »unangemessen« und »unklug« hielten, Russland und Putin unter Quarantäne zu stellen. (Handelsblatt online vom 14.5.14) Wenige Tage später erfolgten trotzdem Absagen. Die Topmanager der wichtigsten deutschen Unternehmen, Joe Kaeser (Siemens), Jürgen Fitschen (Deutsche Bank) und Johannes Teyssen (Eon), hatten plötzlich andere Termine und stornierten ihren Besuch. Viele weitere Konzernchefs folgten. Christoph Heusgen, der Sicherheitsberater von Angela Merkel, lud Eckhard Cordes ins Kanzleramt ein, um ihm die neue Haltung der Bundesregierung zu verdeutlichen. Man würde, so das Statement von Cordes danach, ungeachtet der Notwendigkeit eines Dialogs mit der anderen Seite, »selbstverständlich die Vorgaben der deutschen Politik (respektieren)«. (Handelsblatt vom 20.5.14) Es sei ein zu hohes Risiko, »gegen den Rat des Kanzleramts und trotz amerikanischer Drohungen solche Wirtschaftsforen mit hochrangigen Managern zu besetzen.«
Eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung der Sanktionen und der Behinderung des Russlandgeschäfts spielten die drei Ratingagenturen. Sie stuften nacheinander die Kreditwürdigkeit Russlands herab bzw. kündigten dies an. Moody's drohte mit Herabstufung schon im Oktober 2014, Standard & Poor's folgte noch vor Weihnachten, und Fitch bewertete im Januar 2015 die Bonität Russlands und der russischen Währung mit BBB (nahe am Ramschniveau). Obwohl Moskau scharfen Protest einlegte und erklärte, dass die Herabstufungen eindeutig politisch motiviert seien, traten die Wirkungen umgehend ein, der Rubel und der Aktienmarkt gerieten sofort unter Druck. Für Unternehmen mit entsprechenden Geschäftsbeziehungen bedeutete das, dass für alle Zahlungsvorgänge und Kreditbeziehungen zu russischen Kunden mit einem höheren Ausfallrisiko zu rechnen war.
Der hier in zwei Teilen veröffentlichte, gleichwohl gekürzte Aufsatz, erscheint in diesem Jahr in voller Länge in dem von Rudolph Bauer und Thomas Barth herausgegebenen Sammelband »Kriege im 21. Jahrhundert. Medienkrieg, Privatarmeen und Cyberwar: Neue Herausforderungen für die Friedensbewegung«. Sönke Hundt ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Bremen.Aus: Ausgabe vom 06.02.2015, Seite 12 / Thema

Welthandelsartillerie

Geoökonomie und Geopolitik (Teil II und Schluss). Die imperialistische Unterwerfung und Beherrschung bestimmter Weltgegenden wird zur Notwendigkeit, wenn der Warenfluss an Grenzen stößt

Von Sönke Hundt
Der Dollar dirigiert und alle spielen mit. Solange die US-amerik
Der Dollar dirigiert und alle spielen mit. Solange die US-amerikanische Währung die Rolle des Weltgeldes einnimmt, ist die Kapitalvermehrung gewährleistet. So sehen das die Staats- und Regierungschefs der G 7 (hier dargestellt von Gegnern in Brüssel 2014)
Nach anfänglich deutlicher Kritik an der jüngsten Russlandpolitik der BRD fügten sich deutsche Unternehmen und ihnen nahestehende Medien. Die US-Märkte waren wichtiger. Diesen Sinneswandel zeichnete der Autor im gestern erschienenen ersten Teil anhand von Beiträgen der Wirtschaftspresse nach. Das war der gewissermaßen empirische Teil. Heute ein wenig Theorie. (jW)
Zwischen den USA und den europäischen Ländern ist es bei der Verhängung von Sanktionen gegen Russland immer wieder zu Differenzen gekommen. So setzten Washington und Brüssel teils unterschiedliche »Strafmaßnahmen« durch. Beide einigten sich aber auch auf Kompromisse. Aber selbst ohne ein solches Vorgehen von seiten der Europäischen Kommission oder der Regierungen einzelner Länder wie Frankreich oder Deutschland mussten europäische Unternehmen fürchten, ebenfalls zur Befolgung der US-Boykottregeln gezwungen zu werden. Wie das geht, schilderte im Juli 2014 die Wirtschaftswoche: »Bisher haben die Sanktionen der EU-Kommission nur wenig Angst eingejagt. Die amerikanische Regierung aber geht wesentlich härter gegen Russland vor – und ist faktisch in der Lage, auch Europa ihr Regime aufzuzwingen: Indem die USA ihr Exportrecht exterritorial anwenden, können sie deutsche Exporteure bestrafen, die an ein Unternehmen liefern, das unter US-Embargo steht.« Das setze lediglich voraus, dass ein amerikanischer Staatsbürger im Vorstand sitze oder die gelieferte Ware Komponenten amerikanischer Hersteller enthielte. Da die Komplexität der Lieferketten für viele Produkte hoch sei, sei es schwer abzuschätzen, ob solche Voraussetzungen eventuell gegeben sind. Die bloße Möglichkeit habe abschreckende Wirkung. »In Fachkreisen«, so das Wirtschaftsblatt im vergangenen Sommer, »kursieren bereits Berichte über deutsche Topmanager, die ihr Russlandgeschäft zurückfahren, weil das bisher über eine von den USA sanktionierte Moskauer Bank lief. Man will eben nichts riskieren.«

Am kürzeren Hebel

Wie die Exterritorialisierung amerikanischen Rechts funktionieren kann, zeigt der besonders spektakuläre und in der französischen Öffentlichkeit mit Empörung diskutierte Fall der BNP Paribas. Diese Bank ist die größte in Frankreich und an den Einlagen gemessen auch die größte Bank Europas (Stand 2010). Sie wurde 2014 vom amerikanischen Justizministerium in New York auf eine Strafzahlung von 13 Milliarden Dollar verklagt, wobei beide Seiten sich schließlich auf einen Vergleich über die Summe von neun Milliarden Dollar verständigten. Das in den USA strafwürdige Vergehen: Die Bank hatte zwischen 2004 und 2012 Geschäfte auf Dollar-Basis mit Kunden im Sudan, in Kuba und im Iran abgewickelt, obwohl Washington diese Staaten mit Sanktionen belegt hatte. Außerdem habe sie mit den amerikanischen Behörden »nicht vollumfänglich kooperiert«. Wohlgemerkt: Die Bank hatte nicht gegen französisches oder europäisches Recht verstoßen, die Sanktionen waren nur von den USA verhängt worden. Aber die Drohung der amerikanischen Behörden, die BNP Parisbas für zwei Jahre vom Zugang zur Wallstreet und zum amerikanischen Markt auszuschließen, war ausreichend, das französische Geldinstitut zum Vergleich zu zwingen.
Der Deutschen Bank geschieht Ähnliches. Gegen sie laufen in den USA seit einiger Zeit mehrere Verfahren wegen verschiedener angenommener Vergehen (z. B. Fehlbewertungen von Immobilienkrediten, Manipulation von Referenzzinsen, Devisenkursen und Edelmetallpreisen und ebenfalls wegen der Umgehung von Sanktionen gegen »Schurkenstaaten«). Zwischen März und Juni 2014 hat die Deutsche Bank deshalb ihre Rückstellungen wegen der Prozessrisiken in den USA um 400 Millionen auf insgesamt 2,2 Milliarden Euro erhöhen müssen. Intern gelte der »Rachefeldzug der US-Behörden« längst als das größte Risiko für den Anspruch der Bank, im weltweiten Geschäft auch künftig eine wichtige Rolle spielen zu können. Kein Finanzinstitut könne es sich leisten, sich öffentlich mit der US-Justiz anzulegen. Man säße »eindeutig am kürzeren Hebel«. (Wirtschaftswoche vom 4.8.14)
Der Fall der Spekulation einiger Hedgefonds gegen den Staat Argentinien zeigt ebenfalls die Macht der amerikanischen Justiz mit ihren unterschiedlichen Institutionen. In dem noch nicht abgeschlossenen Streit geht es um Milliarden, die die Hedgefonds NML Capital (aus dem Elliott-Imperium des New Yorker Milliardärs Paul Singer) und Aurelius Capital Management von Argentinien fordern. Nach der Erklärung des Staatsbankrotts 2001 hatte Buenos Aires mit fast allen Gläubigern (93 Prozent) einen Schuldenschnitt von 70 Prozent vereinbaren können. Die alten Gläubiger hatten neue Anleihen über 30 Prozent des alten Nennwerts mit neuen Bedingungen für Verzinsung und Tilgung erhalten. Die genannten Hedgefonds verweigerten sich dem Vergleich, weil sie auf dem Höhepunkt der Krise Staatsanleihen für 15 bis 20 Prozent des Nennwertes gekauft hatten. Sie spekulierten dabei auf die Rückzahlung zum vollen Nennwert. In Aussicht stand eine Rendite von geschätzten 1.600 Prozent. Da die alten Anleihen nach US-amerikanischem Recht ausgegeben worden waren, lag die Zuständigkeit bei einem New Yorker Gericht, das nach einem aufsehenerregenden Prozess in seinem Urteil gegen den argentinischen Staat befand, dass das Land die Eigentümer von alten und neuen Anleihen gleich behandeln, also auch die alten Anleihen in voller Höhe zurückzahlen müsse. Argentinien hat erst einmal die Auszahlung von 1,33 Milliarden US-Dollar verweigert, worauf die Ratingagentur Standard & Poor’s das Land für pleite erklärte. Heiner Flassbeck, ehemaliger Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, nannte das Ganze einen »skurrilen Rechtsstreit«. Fabio De Masi von der Linkspartei kommentierte in dieser Zeitung am 1.8.2014: »Das ist kein Staatsbankrott, sondern die Kapitulation der internationalen Rechtsordnung vor der Finanzmafia.« Will allerdings Argentinien seinen Zugang zu den Finanzmärkten behalten, wird es auf die Forderungen eingehen müssen. Erwartet wird ein Ausgleich mit den Hedgefonds noch in diesem Jahr.

Grenzen der Entfaltung

Verlöre die US-Währung ihre Dominanz, könnte das die Hegemonialo
Verlöre die US-Währung ihre Dominanz, könnte das die Hegemonialordnung ändern. Die USA wollen das unbedingt verhindern
Nach dem Ende des Kalten Krieges war die Hoffnung auf eine »Pazifizierung der Weltgesellschaft« weit verbreitet. Begriffe wie »Imperialismus« und »Kapitalismus« galten als verstaubt, altmodisch, unangemessen. Jedoch zeigte sich, spätestens nachdem George W. Bush nach dem 11. September 2001 den »War on Terror« ausgerufen hatte, dass die Friedenshoffnungen illusionär gewesen waren und Kriege (in Afghanistan, Pakistan, Irak, Libyen, Syrien, im Sudan und im Tschad, in Somalia, im Jemen, in Mali, der Zentralafrikanischen Republik, zuletzt in der Ukraine), der Bruch des Völkerrechts, die Verletzung der Menschenrechte und die Missachtung der UNO in der internationalen Politik »normal« wurden.
jW-Probeabo
»Geopolitik« ist seitdem ins Zentrum des politischen und ideologischen Diskurses gerückt. In Deutschland galt der Begriff lange Zeit als belastet, weil sich Hitler der Ideen- und Begriffswelt, der dieser Terminus zugrunde lag, bedient hatte, und der Faschismus während der zwölf Jahre seiner Herrschaft die denkbar extremste Form von »Geopolitik« praktiziert hatte.
In den angelsächsischen Ländern war »Geopolitik« weniger tabuisiert. Der US-amerikanische Globalstratege Zbigniew Brzeziński hatte 1997 in seinem Buch »The Grand Chessboard« (deutsch: »Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft«), das wie selbstverständlich zur Bibel aller Geopolitiker auch in Europa geworden ist, den Anspruch der USA auf Hegemonie in der Welt, vor allem auf dem »eurasischen Kontinent«, formuliert. Die USA sind in 93 Staaten in allen Weltregionen mit 860 Militärstützpunkten präsent. Die NATO hat sich, entgegen allen der Sowjetunion bzw. Russland gegebenen Versprechen, nach Polen, Ungarn, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, in die Slowakei, nach Bulgarien, Rumänien, Albanien und Kroatien ausgedehnt, Georgien und die Ukraine sind die nächsten Kandidaten. Die Kriegsmaschinerie der USA ist gewaltig. Nach einer Auflistung des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstituts aus dem Jahr 2014 betrug die Summe aller Rüstungsetats im Jahr 2013 insgesamt 1.747 Milliarden Dollar. 640 Milliarden (37 Prozent) entfielen dabei auf die USA. China (11 Prozent), Russland (5 Prozent), Saudi-Arabien (3,8 Prozent) folgten mit einem weiten Abstand. Es trifft nach wie vor zu, was Brzeziński 1997 geschrieben hatte: »Der Geltungsbereich der heutigen Weltmacht Amerika (ist) einzigartig. Nicht nur beherrschen die Vereinigten Staaten sämtlich Ozeane und Meere, sie verfügen mittlerweile auch über die militärischen Mittel (...), um ihrer Macht politisch Geltung verschaffen zu können. Amerikanische Armeeverbände stehen in den westlichen und östlichen Randgebieten des eurasischen Kontinents und kontrollieren außerdem den Persischen Golf. (...) Der gesamte Kontinent (...) ist mit amerikanischen Vasallen übersät, von denen einige allzu gern noch fester an Washington gebunden wären.«
»Geopolitik« war nicht immer die entscheidende Maßgabe, vor allem nicht in Europa. »Der Handel braucht keinen Krieg; der Krieg schadet dem Handel« – davon waren viele überzeugt, besonders in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Regelwerk der internationalen Institutionen (UNO, KSZE, GATT, WTO, IWF, Weltbank) förderte den Ausbau des Welthandels durch Öffnung der Märkte. Die ökonomische Integration im Rahmen der EU vollzog sich ohne kriegerische Auseinandersetzungen (aber nicht ohne ökonomischen Druck). Der Zerfall der Sowjetunion, ihre Auflösung in viele Einzelstaaten, die Wirtschaftsreformen mitsamt der Durchsetzung kapitalistischer Ordnungsstrukturen und auch ihre Integration in den Weltmarkt erfolgten ohne Kriege. Was im allgemeinen Diskurs weniger bekannt ist: Auch Jugoslawien, der Irak, Libyen und Syrien hatten, bevor sie geheimdienstlich und militärisch angegriffen wurden, schon längst ihre Märkte weitgehend zu den Bedingungen, die die Weltbank und der IWF für die Gewährung von Krediten diktiert hatten, geöffnet. Warum also die Zerstörung von Nationalstaaten? Warum die Opfer?
Der Politikwissenschaftler Elmar Altvater hat in seinem 2010 erschienenen Buch »Der große Krach – oder die Jahrhundertkrise von Wirtschaft und Finanzen, von Politik und Natur« die begriffliche Entgegensetzung von »Geoökonomie« und »Geopolitik« in die Diskussion gebracht. Solange Märkte expandieren können, solange der Warenfluss an keine räumlichen Grenzen stoße, sei Geopolitik weniger dringlich. Die weitgehend freie Zugänglichkeit der Märkte sei das Entscheidende, die Beherrschung eines bestimmten Territoriums weniger. Geopolitik komme allerdings immer dann ins Spiel, wenn der Entfaltung der Geoökonomie Grenzen gesetzt würden. »Denn Grenzen bedürfen der politischen Regulation, wenn sie nicht wie der Gordische Knoten mit dem Schwert zerschlagen werden können. In dem Maße, wie die Welt mit Pipelines, Schiffsrouten, Autobahnen, Eisenbahnlinien und Flugverbindungen, mit Internet und Telekommunikation und vor allem gewaltigen Finanzströmen mit einem Umsatz von täglich zwei Billionen US-Dollar vernetzt (bzw. komprimiert) wird, wächst die Bedeutung des Territoriums sowohl für politische Herrschaft und Sicherheit als auch wegen der Versorgung mit Energie und Rohstoffen für die ökonomische Entwicklung.« (siehe jW-Thema vom 21.10.2013)
Die europäische Wirtschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten ohne Zweifel Nutznießer einer geoökonomischen Entwicklung in diesem Sinne gewesen. Vor allem Deutschland konnte auf vielen Märkten erfolgreich sein und sich dank einer hohen Innovationsrate seiner Industrie, relativ gut funktionierender staatlicher und regionaler Institutionen und nicht zuletzt eines in den vergangenen Jahren abgesenkten Lohnniveaus durchsetzen und zum »Exportweltmeister« werden. Die ehemaligen Ostblockländer, allen voran Russland, waren interessiert an Produkten, Know-how, Beratung und Finanzierung aus der BRD. Die Geschäfte liefen ausgesprochen gut. Warum also die bisher lukrativen geoökonomischen Beziehungen durch Geopolitik ersetzen? Das deutliche Widerstreben der deutschen und europäischen Wirtschaft gegen eine Verschlechterung der Beziehungen zu Russland ist also verständlich. Anfangs widersprechend akzeptierte man nur zögerlich den Kurswechsel einer »neuen deutschen Außenpolitik«.

Weltgeld Dollar

Der ungewöhnlich offen ausgetragene Konflikt zwischen einer eher geoökonomischen (europäischen) und einer eher geopolitischen (US-amerikanischen) Strategie sollte jedoch nicht den Eindruck entstehen lassen, europäisches Kapital sei irgendwie friedfertiger oder dialogorientierter als das US-amerikanische. Ersteres, insonderheit deutsches Kapital während des Faschismus, hat zur Genüge bewiesen, wozu es fähig ist. Auch Russland als möglicher Partner für einen »eurasischen Wirtschaftsraum« verfolgt seine wirtschaftlichen Interessen. Nachdem die Oligarchenclans das ehemals sozialistische Gemeineigentum – weitgehend durch Raub – privatisiert hatten, kann die Ökonomie in Russland seit der Präsidentschaft Wladimir Putins in ihrer Verschränkung von Staat und privater Oligarchenwirtschaft als eine spezifische Form eines staatsmonopolistischen Kapitalismus charakterisiert werden (siehe jW-Thema vom 20.10.2014). Für das Kapital, in welchen Strukturen und in welchen Ländern auch immer, gilt die Marxsche Erkenntnis ohne Einschränkung, dass es einen »Horror vor Abwesenheit von Profit« habe. Es sind also die verschiedenen Wirtschafts- und Interessenstrukturen, die den Unterschied machen; die Ökonomie ist ohne Moral. Die US-Wirtschaft mit ihrem riesigen Zwillingsdefizit in der Leistungsbilanz und im Staatshaushalt unterhält nur wenige direkte Handelsbeziehungen mit Russland und hat von Sanktionen und Gegensanktionen relativ geringen Schaden zu befürchten. Um so größer ist deren Interesse, dass die Dominanz des Dollars als Weltgeld nicht in Frage gestellt wird. Das aber hätte eintreten können, wenn EU und Russland einen »eurasischen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok« geschaffen hätten. Dies hat Putin in seinen diversen Reden immer wieder vorgeschlagen – und es wäre für große Teile des europäischen Kapitals vorteilhaft gewesen. Allein die Aussicht auf eine solche Entwicklung gab Washington Veranlassung genug, den Konflikt um die Ukraine dermaßen zu eskalieren.
Obwohl die USA eine hegemoniale Position in der Welt innehaben und sie mit allen Mitteln verteidigen, sind sie weit davon entfernt, deren Behauptung strategisch planen oder gar steuern zu können. Denn der ökonomische Weltenlauf ist immer krisenhaft. Erschütterungen von Staaten und Währungen treten unvorhergesehen auf. Dabei bleibt das Ziel der Vereinigten Staaten unverrückbar: der Erhalt ihrer Währung als Weltgeld. Büßte der Dollar diesen Status ein, hätte das unübersehbare Folgen. Der Verlust hätte »das Potential, die Hegemonialordnung zu verändern, die politische Gemengelage der Welt durcheinanderzubringen. Das wäre nicht mehr Begleitmusik, sondern der Paukenschlag, der ein neues Zeitalter ankündigt«, schreibt Altvater in dem erwähnten Buch von 2010. Der Niedergang der US-Hegemonie ist zwar wiederholt vorausgesagt worden, »doch die Nation, die den Staffelstab im globalen Rennen um die Weltwährung und die Hegemonie übernehmen könnte, ist nicht in Sicht. China? Die EU? Oder bleibt er in den USA? Alles wäre möglich, und nichts ist sicher.«
Wenn hier versucht wurde, Interessen der US-amerikanischen von denen der europäischen bzw. deutschen »Wirtschaft« zu unterscheiden, so ist zu präzisieren, was unter »der Wirtschaft« verstanden werden soll. Unternehmen, auch wenn sie global tätig sind, haben nach wie vor eine weitgehend feste Basis in den jeweiligen Nationalstaaten bzw. in der Europäischen Union (in den institutionellen Rahmenbedingungen, im Rechts- und Steuersystem und in der Währung) behalten. Insofern ist es berechtigt, in bezug auf ihre betriebswirtschaftlichen Ziele wie Umsatz, Kosten, Gewinn, Marktanteil, Wachstum usw. von US-amerikanischen, deutschen, französischen oder europäischen Wirtschaftsinteressen zu sprechen. Für das Eigentum des in einem Unternehmen investierten Kapitals gilt das nur sehr eingeschränkt. Letzteres ist komplex organisiert in allen möglichen Formen, die die Finanzmärkte zur Verfügung stellen, und es befindet sich dazu in ständiger Bewegung. Das Eigentum an deutschen Dax-Konzernen ist z. B. trotz der Existenz von einigen reichen Familien breit gestreut und trägt längst internationalen Charakter. Die ökonomischen Interessen der deutschen und europäischen »Wirtschaft« sind deshalb also widersprüchlich: Einerseits sind ihre Unternehmen weiterhin interessiert an guten Geschäften mit Russland und wünschen einen Abbau von politischen Spannungen, weil sie davon profitierten. Andererseits haben die Eigentümer volle Sympathie dafür, wenn die USA mit allen Mitteln die Hegemonie ihrer Währung sichern. Denn die Kapitalisten aller Länder brauchen den US-Dollar und profitieren von seiner Eigenschaft als Weltgeld, das ihnen, bis jetzt jedenfalls, am besten die globale Vermehrung ihres Kapitals garantiert.
Der hier in zwei Teilen veröffentlichte, gleichwohl gekürzte Aufsatz, erscheint Mitte April in voller Länge in dem von Rudolph Bauer herausgegebenen Sammelband »Kriege im 21. Jahrhundert. Neue Herausforderungen der Friedensbewegung« beim Sonnenberg Verlag. Bestellung im Buchhandel oder unter info@sonnenbergverlag.de. Sönke Hundt ist emeritierter Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Bremen.
http://www.jungewelt.de/2015/02-06/002.php

Gazas Schrei nach Gerechtigkeit / Jürgen Todenhöfer



... Unseren Politikern aber rufe ich zu: “Verdammt nochmal tut endlich was! Es ist völlig richtig, die Verbrechen der Vergangenheit nicht zu vergessen. Aber wenn Ihr jetzt Gaza langsam sterben lasst, habt Ihr wieder versagt....


Gazas Schrei nach Gerechtigkeit


Täglich wird über alle Katastrophen dieser Welt berichtet. Doch nie über Gaza. Von der “4 Mrd € Hilfe” sind bisher nur 3% angekommen. Vor allem für Gehälter der internationalen Helfer. Zynisch hält Netanjahu die Steuer-Einnahmen Palästinas (!) zurück, weil dessen Regierung dem Internationalen Strafgerichtshof beigetreten ist. Folge: Not pur. Selbst schwer zerstörte Wohnungen können nicht repariert werden. Nachts ist es oft bitterkalt. Fünf Babies sind bereits erfroren. Salma, Fadi, Adel, Rafah und Wadie. Kein Staatsmann der Welt protestiert gegen den Tod dieser Kinder. Keiner kondoliert den Eltern. Unsere Staatsmänner kümmerten sich ja auch nie um die 539 zu Tode gebombten und 3000 verletzten Kinder aus Gaza. Es waren ja nur Palästinenserkinder.
Gaza liegt am Boden. Nicht angezählt, ausgezählt. Freunde aus Gaza sagen mir leise: “Noch nie war die Lage der Menschen so verzweifelt. Nie!” 140.000 Kommunalangestellte erhalten nur noch Bruchteile ihrer Gehälter. Sie können ihren Kindern nicht einmal mehr ein Pausenbrot bezahlen. Abwassersystem, Wasserversorgung und sanitäre Einrichtungen sind zusammengebrochen. Alles ist verseucht. Die Zahl der Krankheiten explodiert.
Über 370.000 Kinder müssten laut UNICEF zur Zeit psychologisch betreut werden. Sie können die grausamen Bilder des Todes ihrer Eltern, Geschwister und Freunde nicht verarbeiten und stehen noch immer unter Schock. Auch Erwachsene. Ihre Behandlung ist völlig unzureichend. Einer von ihnen ist der 12-jährige Sayed, dessen vier Spiel-Kameraden beim Fußballspielen am Strand durch israelische Raketen starben. Ich war an jenem Tag in Gaza. Fassungslos. Erst war Sayed gelähmt und verlor die Sprache. Jetzt wird er mit schwersten Psychopharmaka behandelt. Die Schule hat er aufgegeben.
Einige Kinder und Heranwachsende wollen sich mit dem trostlosen Bild ihrer zerstörten Stadt nicht abfinden. Mit bunten Farben malen sie die Felsen und Betonklötze des Hafens an. Gaza soll leben, leuchten, bunt sein. Weg mit den traurigen Gedanken! Eine verzweifelte Initiative! Doch sie wird die Tristesse nur aus dem Hafen der Stadt vertreiben. Nicht die Trauer aus den Herzen der Menschen.
Wissen Sie wirklich, Herr Netanjahu, was Sie diesen Menschen angetan haben? Waren Sie jemals in den Notunterkünften, den Krankenhäusern, den zerbombten Wohnungen von Gaza? Wahrscheinlich nicht. Sie verstünden sonst, warum Palästina dem Internationalen Strafgerichtshof beigetreten ist. Obwohl man dort auch über Verbrechen der Hamas sprechen wird.
Der Beitritt Palästinas zum Internationalen Gerichtshof ist ein Schrei nach Gerechtigkeit. Warum, Herr Netanjahu, wehren Sie sich gegen Gerechtigkeit, wenn Sie sich nichts vorzuwerfen haben? Wenn es zulässig war, in einer Orgie der Gewalt über 2.100 Menschen zu töten, über 11.000 zu verwunden und 20.000 Häuser zu zerstören? Oder wehren Sie sich etwa, weil sie genau wissen, dass die maßlosen Bombardements Kriegsverbrechen waren? Dass das Urteil über Ihre Rambo-Entscheidungen im Gaza-Krieg vernichtend sein wird? Auf all das wollen die traumatisierten Palästinenser eine Antwort. Auch der kleine Strandfußballer Sayed.
Unseren Politikern aber rufe ich zu: “Verdammt nochmal tut endlich was! Es ist völlig richtig, die Verbrechen der Vergangenheit nicht zu vergessen. Aber wenn Ihr jetzt Gaza langsam sterben lasst, habt Ihr wieder versagt.” Es ist schwer, über Gaza nicht zu weinen. Ich schaffe es nicht mehr. Euer J

Nach den Anschlägen: Die Tränen der französischen Muslime

Die Mehrheit der Muslime in den Banlieues leidet stark unter den extremistischen Gewalttätern

Frankreich erholt sich nur langsam vom Schock des 7. Jänner. Nach den Terroranschlägen auf "Charlie Hebdo" und den jüdischen Supermarkt ist die Rede von einem "kulturellen 9/11". In den Straßen patrouillieren jetzt Soldaten; immer wieder werden Metro-Stationen und Bahnhöfe wegen Bombenalarms geräumt. Bei einer Razzia wurden zwölf Verdächtige festgenommen. Am Freitag sorgte dann die Nachricht einer weiteren Geiselnahme in einem Postamt bei Paris für Aufregung - doch bald war der Täter verhaftet. Es gab keinen Terror-Hintergrund.
Der Verkauf von Beruhigungsmitteln hat landesweit auf einen Schlag um 18 Prozent zugenommen, doch unerschrocken beharrt die TV-Satire Guignols de l'info auf ihrer frechen Satire: Ein einäugiger Bin Laden verkündet, er werde auch "diesen Voltaire umlegen müssen". Natürlich wegen eines Zitats des 1778 verstorbenen Aufklärungsphilosophen: "Ich bin nicht mit ihren Ideen einverstanden, aber ich kämpfe dafür, dass Sie sie äußern dürfen."
Daran gehindert wird indes die türkische Zeitung "Cumhuriyet": Die türkische Justiz leitete ein Verfahren gegen sie ein, weil sie die neueste Mohammed-Karikatur aus "Charlie Hebdo"
abdruckte.

Großdemo am Sonntag

Dieser Gedanke der Meinungsfreiheit hatte auch bei der Großdemo in Paris Pate gestanden: Viele Franzosen haben noch nie "Charlie Hebdo"gelesen, sind aber am vergangenen Sonntag erstmals auf die Straße gegangen. Darunter waren auch Muslime; die TV-Teams stürzten sich auf sie, um die "unité nationale" zu illustrieren.
Doch hinter dem Bild des nationalen Schulterschlusses kommt auch eine andere Realität zum Vorschein: Der bretonisch-kamerunesische Komiker Dieudonné twitterte mit Bezug auf einen der Terroristen, er fühle sich als "Charlie Coulibaly"; nun wird er wegen Terror-Verherrlichung strafrechtlich verfolgt. "Dieudo" ist für Pariser Medien ein Antisemit, für viele Einwanderungskids hingegen ein Idol.
Einer der "Helden von Paris", Lassana Bathily, der im jüdischen Laden arbeitete und Kunden unter Einsatz seines eigenen Lebens schützte, stammt (wie Coulibaly) aus Mali und ist Muslim. Seine rund acht Millionen Glaubensbrüder in Frankreich - genaue Statistiken sind aus Gründen der "égalité" verboten - waren von der Brutalität der Attentäter ebenso geschockt wie die ganze Welt. Die meisten lehnen die Mohammed-Karikaturen als Beleidigung ab; aber sie betonen immer wieder, fast verzweifelt, diese Täter hätten nichts mit ihrem Islam zu tun.

Problemmilieu Vorstadt 

Als der Regionalsender France 3 in diesen Tagen Vorstadtschüler befragte, sagten ein paar "Gaulois" (so werden die weißen Franzosen in den Banlieue-Vierteln genannt) schlaue Dinge über die Meinungsfreiheit. Dann war die Reihe an einem schwarzen Mädchen: Es sagte, es fühle Scham, ja Schuld, Muslimin zu sein, und begann zu schluchzen. Es waren lange zurückgehaltene Tränen einer Glaubensgemeinschaft, die sich von den Terrorattacken noch stärker betroffen fühlt als andere Franzosen. "Die Terroranschläge offenbaren kein Abgleiten der muslimischen Banlieue-Bevölkerung an sich, sondern lediglich einiger krimineller Jugendlicher, die mehrheitlich muslimisch sind - neben vielen Konvertiten", analysiert Olivier Roy, einer der besten Islamkenner Frankreichs.
"Die Islamisten wollen im Herzen der europäischen Städte Emirate errichten und die Scharia einführen", erklärt der Arabien-Experte Michel Basbous. "Dieses Projekt treiben sie mit jihadistischen Netzwerken voran, die ihnen zum nötigen Geld verhelfen. Aber diese Leute sind eine extreme Minderheit in den Banlieues; sie verkörpern nicht die Massen."
Doch Frankreich macht es sich wohl zu leicht, wenn es das Problem der "Banlieue-Terroristen" einzig auf den Islam zurückführt. Die einstige Kolonialmacht hat die Immigranten in Wohnsilos gepfercht und ausgegrenzt. Einzelne dieser "cités" wurden bis heute nicht vom öffentlichen Verkehr erschlossen. Das erklärt mit die hohe Jugendarbeitslosigkeit: Wer keinen Arbeitsplatz erreichen kann, bekommt auch keinen. Wer Mohammed oder Ali heißt: noch weniger. Das alles verstärkt das Gefühl der Diskriminierung, das letztlich den Nährboden der Banlieue-Gewalt bildet. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 17.1.2015)
http://derstandard.at/2000010526009/Frankreich-nach-Attentat-Die-Traenen-der-franzoesischen-Muslime