Widerspenstige Worte für eine gemeinsame Zukunft von Irene Eckert
Von der Novemberrevolution bis zu brennenden Synagogen
Am heutigen 9. November jährt sich die fast vergessene Rote Revolution in Deutschland zum 99. Mal. Mit ihr ging der Erste Weltkrieg zu Ende. Mit ihr kam die erste Demokratie auf deutschem Boden. General Erich von Ludendorff sollte bald vom Dolchstoß reden, mit dem die ‘im Felde unbesiegte Wehrmacht’ aus der Heimat heraus 1918 zur Kapitulation gezwungen worden sei.
Fünf Jahre später auf den Tag genau – folgte 1923 als Antwort der braune Hitler-Putsch. Dieser – gegen die Weimarer „Judenrepublik“ gerichtete – militärische Umsturzversuch wäre ehrlicher nach dem nicht kapitulationswilligen Weltkriegsgeneral zu benennen, er war es, der führte.1
Weitere fünfzehn Jahre später nur, brannten am 9. November 1938 auf Geheiß von NS-Propagandaminister Dr. Goebbels die Synagogen. „Reichskristallnacht“ tauften die Nazis das bitterböse, gegen den „jüdisch-bolschewistischen Untermenschen“ gerichtete Geschehen. Es war ein Auftakt nur, dem bald das große Völkermorden folgen sollte. Die Zerstörung des ersten sozialistischen Experiments, die Zerstörung der Sowjetunion war das eigentliche Ziel, das die NAZIS und ihre kapitalen Hintermänner in aller Welt von Anbeginn im Visier hatten.
Wohin die Strategie der Vernichtung des „jüdischen Bolschewismus“ führte
Die Strategie der Vernichtung des “Jüdischen Bolschewismus“ ging schief und zeitigte unbeabsichtigte Konsequenzen. Aber mit dem 9. November des Jahres 1989 schien sich das Blatt im lange intendierten Sinne zu wenden. Der Faschismus, die nun nicht mehr ganz so offen erkannte „Diktatur der gewaltbereitesten Kreise des Finanzkapitals“2, hatte posthum doch noch gesiegt, scheinbar und vorerst. Mit dem Fall der Berliner Mauer, dieses Pfahls im Fleische des Sozialismus verschwand auch dieser peu a peu.
Mit der absichtsvoll von langer Hand herbeigeführten Deformierung des Wesens des Sozialismus und seiner teuflischen, propagandistischen Gleichsetzung mit seinem Erzfeind, dem Faschismus wurde auch der Anti-Faschismus allmählich in sein Gegenteil pervertiert und der Anti-Imperialismus beerdigt. Zu dumm nur, dass sich das Wesen des Imperialismus und das seiner Zwillingsschwester Faschismus dadurch nicht geändert hat. Tot Geglaubte leben eben länger und so schreitet die allzu lebendige Leiche tatkräftig einher und waltet mit blutiger Hand.
Der auch nach 1989 unheilvoll weiterwirkenden imperialistischen Praxis folgte der Niedergang der ‘Linken’. Ihre einst wissenschaftliche Welterfassung, die marxistisch-leninistische Theorie wurde als mehr oder weniger obsolet entsorgt. Nur im inzwischen sehr erfolgreichen China studieren Millionen Kommunisten offenbar mit großem Erfolg noch die europäischen Klassiker, neben den eigenen Weisheitslehren.
Welche Lehren ziehen aus dem antifaschistischen Gedenken?
Zu wissen und zu erinnern ist, der Faschismus ist nicht überwunden. Er hat nur seine Farbe gewechselt. Zu unappetitlich, zu verschrieen ist doch heute in allen Lagern die Farbe Braun. Der Faschismus trägt daher heutzutage viele, bunt flatternde Gewänder. Er ist wendig in alle möglichen Ritzen eingedrungen. Die vom Imperialismus angezettelten durchaus schillernden ‘Farbenrevolution’ zur Beseitigung unliebsamer ‘Regime’ weltweit tragen sein Kainsmal. Der Islamofaschismus von Al-Qaida bis IS kommt in Schwarz, der Farbe des Todes daher. Ähnlich kleidet sich die sogenannte ‘Antifa’, die Vermummte. Die pseudo-progressive, imperialistisch orchestrierte, regenbogenbunte LGTB-Revolution trägt ebenfalls sein geheimes Zeichen.
Die Finanzaristokratie, der von ihr geführte Tiefe Staat, der Militärisch-Industrielle Komplex mit all seinen Kriegen, seinem Ressourcen-Raub, seinem Hass, seiner Gier und seiner widerwärtigen Gewaltkultur ist der altneue Orchestrator hinter all den faschistoiden Erscheinungen. Die Täuschungsmanöver über die er dank fügsamer Hand- und Kopflanger gebietet, verhindern noch, dass wir schon massenhaft begreifen, welch teuflisches Spiel da mit uns gespielt wird.
Sehen lernen, was ist: Die Faschisten sind heute nicht dort, wo wir sie suchen sollen
Die Faschisten sind heute nicht dort, wo mit Fingern auf neurechte Erscheinungen gezeigt wird. Dort befinden sich höchsten, wie überall, wo Bewegung sein könnte, seine Metastasen.
Die faschistischen Gewaltverbrecher aber wie eh und je sitzen an den Schalthebeln imperialer Machtzusammenballungen. Ihnen ‘verdanken’ wir nicht nur Auschwitz und Hiroshima, Korea und Vietnam und alle folgenden neokolonialen Interventionskriege. Ihnen ‘verdanken’ wir auch die Mujahedin, die in Afghanistan den Sowjets seit 1979 ein Grab geschaufelt haben3, die Taliban, Al Qaida, IS, Al Nusra und Konsorten. Wir verdanken ihnen den völkermörderischen Dauerbrandherd Nahost, den Saudi-Krieg gegen Jemen und die jetzt dort drohende Hungersnot, sowie das neuerliche Säbelrasseln gegen den Libanon, nachdem es in Syrien nicht ganz geklappt hat. Auch der Einsatz von erbgutschädigender Uran-Munition in Jugoslawien, im Irak und anderswo und vor allem auch gegen die eigenen, etwa US-amerikanischen, britischen, deutschen Soldaten, geht auf ihr Konto. Die NATO, dieses kriegslüsterne, Pseudo-Verteidigungsbündnis ist auf demselben Mist gewachsen wie auch all ihre gewaltbereiten, marodierenden, Helfershelfer und Dienste. Der NATO-Aufmarsch gegen Russland, der gegen China zielende ‘Schwenk nach Asien’ das sind die großen brachialen Abenteuer, die das zum Kriege treibende Finanzkapital in seiner Phase des Niedergangs zu benötigen meint. Mittels Krieg und Faschismus, siehe etwa ganz akut in der Ukraine, sucht es seinen Sterbeprozess aufzuhalten. Sozialismus oder Barbarei, so prophezeiten es die Klassiker der Kapital-Analyse, Karl Marx und Friedrich Engels. Wir befinden uns in der Phase der Barbarei einerseits, andererseits in einer sehr langen Phase des Übergangs zum Sozialismus.
Die Linke hat versagt, die Neue Rechte kann’s nicht richten
Da die ‘Linke’ in ihrem gesamten Spektrum versagt, da sie die gegenwärtige Situation nicht adäquat zu analysieren versteht und die Gunst der Stunde nicht zu ihrem und der Menschen Vorteil zu Nutzen versteht, wird ihr Platz von anderen besetzt. Die neurechten Strömungen sind weltweit eine unbefriedigende Teilantwort auf eine unbegriffene, daher unheilvolle Situation. Die aus solchen Strömungen hervorgehenden Formationen von AFD in Deutschland über Front National in Frankreich bis hin zu Donald Trump in den Vereinigten Staaten von Amerika sind Versuche, aus dem linksbürgerlichen Lager gegenzusteuern und das Schlimmste zu verhindern. Diese Kräfte wollen kein atomares Inferno, sie wollen weder Krieg gegen Russland, noch gegen China, noch gegen Korea oder Iran. Sie wollen statt ruinöser, globaler NATO-Überdehnung Rückbesinnung aufs Nationale, sie wollen ungestört Geschäfte machen. So ist die populistische und populäre Trump Parole „America First“ zu verstehen. Sie wollen die NATO als Bündnis zur Verteidigung ihrer Interessen durchaus bewahren. Sie sind keine Pazifisten, aber auch keine Selbstmörder. Sie sind Realpolitiker, keine Verfechter der freiheitlichen Werteordnung mit Feuer und Schwert, selbst wenn sich das machmal so anhört. Da diese Kräfte Fleisch vom Fleische des Bürgertum sind, können sie die Massen nur unzureichend für ihre zu einem nicht unerheblichen Teil durchaus mehrheitsfähigen Ziele gewinnen. Ihre Gegner aber aus den eigenen Reihen sind mächtig, mächtig genug, noch. Sie verfügen über ein sehr breit gefächertes Arsenal von Waffen, mit dem sie jeden erfolgversprechenden Widerstand zu brechen hoffen. Sie sähen Missgunst und Zwietracht, wie gehabt und sie lenken von ihren düsteren Machenschaften ab.
Tragischer Weise begreift die Linke wieder einmal nichts. Sie fällt auf das dumme „Querfront“propandageheul herein und sieht nicht, dass es in dieser historischen Situation darum gehen muss, nationale Bündnisse zu schmieden. Es bedarf solcher breiter Bündnisse zur Abwehr von imperialistischem Kriegsgeheul und von zum Faschismus treibendem Demokratieabbau.
Im Grunde wäre im Interesse der Sache angesagt, dem diffamierenden Querfrontunsinn die Stirne zu bieten und nach tatsächlich vorhandenen basialen Gemeinsamkeiten zwischen rechter und linker Opposition zu suchen. Diese bestehen objektiv in der Antikriegsposition, im allseitigen Interesse an der Aufhebung der Wirtschaft und Arbeitnehmer schädigenden Sanktionspolitik gegenüber Russland und an einer gemeinsamen Frontstellung gegen die Infiltration des destabilisierenden, menschengefährdenden Terrors. Das Friedensgebot des Grundgesetzes, die UN-Charta, Vertragsrecht, sowie gegenseitiges, unvoreingenommenes Studium der programmatischen Texte und Aussagen der jeweils anderen Seite, müssten dazu allerdings anstelle vorgeformter Feindbilder treten.
Fußnoen:
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1 der besser nach dem General Erich von Ludendorff benannt wäre, Teilnehmer u.a. Hermann Göring, Ernst Hanfstaengl, Rudolf Heß, Heinrich Himmler, Ernst Röhm, Julius Streicher Hermann Göring, Ernst Hanfstaengl, Rudolf Heß, Heinrich Himmler, Ernst Röhm, Julius Streicher siehe http://www.geschichte-lexikon.de/hitler-ludendorff-putsch.php
2 »Faschismus an der Macht ist die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, … am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.« Georgi Dimitroff