Station 1 der Pilgerreise: Hebron
Foto: Sylvia Jerusalem, Mai 12 |
„Kommt und seht, seht
und fühlt, fordert uns der freundlicher Fremdenführer Walid
Abu-Alhalweh auf. Der Sanierungsspezialist empfängt unsere kleine
Pfingstpilgerschar am Eingang der Al Shuhada, der ehemals pulsierenden
Hauptgeschäftsstraße in der Altstadt von Hebron. Der einzige Weg
zum Grab des Patricharchen führt durch die inzwischen „aus
Sicherheitsgründen“ von mehreren Seiten her verbarrikadierte zentrale Gasse
des einst berühmten Suk. Wir befinden uns in der Zone C im südlichen Westjordanland, in der C-Zone, nach israelischer Lesart, im jüdischen Galiläa. Die "heilige Stadt" Hebron ist, zusätzlich zum übrigen Gebiet der "Occupied Palestinan Territories" (OPTs), nochmals in die Zone H1 und H2 geteilt, so die offzielle UN-Sprachregleung. Die palästinensischen C-Gebiete werden ebenso wie die H2 Zone ausschließlich von israelischen Behörden aus administriert. Laut so gedeuteter Zuschreibung im Alten Testament gehört dem hebräischen Volk ja das ganze historische Palästina.
Erstmals sehe ich nun hier mit eigenen Augen, was dieser historische Anspruch für die in der biblischen Stadt lebenden Menschen bedeutet. Ich sehe, was „Siedlertum“ in Israel-Palästina, in den "OPTS" bedeutet. Jüdisch-israelische Einwohner haben sich nämlich in Hebron, wie übrigens auch in Ostjerusalem unmittelbar auf den Häusern der arabischen Ureinwohnern angesiedelt. Damit die Hausbesitzer und Altmieter sich solche aufsitzenden "Einlieger" gefallen lassen, sind bewaffnete Militärposten an strategischen Punkten stationiert. Blutjunge, dienstverpflichtete, hebräische Soldaten sitzen hinter stacheldrahtverkleideten Wachtürmchen und beschützen von dort aus ihre übergriffigen Landsleute. Die jungen Burschen langweilen sich wohl die meiste Zeit. Auf engem Raum eingepfercht glotzen sie auf die vielversprechenden israelischen Fähnchen, die eventuell im Winde hin und her wedeln. Das ungute Treiben zu ihren Füßen nehmen sie vielleicht gar nicht mehr wirklich wahr. Wahrscheinlich wären sie doch viel lieber ganz wo anders, vielleicht in Tel Aviv, wo es moderner und freier für sie zugeht.
Erstmals sehe ich nun hier mit eigenen Augen, was dieser historische Anspruch für die in der biblischen Stadt lebenden Menschen bedeutet. Ich sehe, was „Siedlertum“ in Israel-Palästina, in den "OPTS" bedeutet. Jüdisch-israelische Einwohner haben sich nämlich in Hebron, wie übrigens auch in Ostjerusalem unmittelbar auf den Häusern der arabischen Ureinwohnern angesiedelt. Damit die Hausbesitzer und Altmieter sich solche aufsitzenden "Einlieger" gefallen lassen, sind bewaffnete Militärposten an strategischen Punkten stationiert. Blutjunge, dienstverpflichtete, hebräische Soldaten sitzen hinter stacheldrahtverkleideten Wachtürmchen und beschützen von dort aus ihre übergriffigen Landsleute. Die jungen Burschen langweilen sich wohl die meiste Zeit. Auf engem Raum eingepfercht glotzen sie auf die vielversprechenden israelischen Fähnchen, die eventuell im Winde hin und her wedeln. Das ungute Treiben zu ihren Füßen nehmen sie vielleicht gar nicht mehr wirklich wahr. Wahrscheinlich wären sie doch viel lieber ganz wo anders, vielleicht in Tel Aviv, wo es moderner und freier für sie zugeht.
Wir versuchen ihre Anwesenheit für dieses Mal zu ignorieren und gehen vorwärts durch die triste Marktgasse. Der freie Blick nach oben ist uns verwehrt. In den über die Straße hinweg aufgespannten Netzen lagert Unrat. Die schmutzigen Teile wirken , wie so vieles hier, eher wie eine hilflose Abwehrgeste. Die noch verbliebenen arabischen Händlern schützen damit notdürftig ihre Waren, potentielle Kunden und auch sich selbst vor dem herabfliegenden Müll. Dieser wird von den zugewanderten jüdisch-israelischen Siedlern nämlich achtlos aus den Fenstern geworfen.
Mittelalter oder Postmoderne? In Israel-Palästina verschwimmen die Konturen immer wieder auf's Neue.
Während wir im Moment mit unseren Gefühlsstellungnahmen zu den eben empfangenen Bildeindrücken noch kämpfen, sind wir schon am Abzweig zur Abrahams Moschee angelangt und müssen leicht bergan durch einen "Checkpoint". Dies ist einer der unzähligen Kontrollpunkte, wie sie sich übers ganze besetzte Land verstreut, vor allem für die Hiesigen, zu jeder Zeit und an jedem Ort, auftun können.
Nach der üblichen Taschenkontrolle und eventuellen Abtasterei, wie man sie inzwischen von jedem Flughafen kennt, gelangen wir an Eisenstäben, Stacheldraht und Wachsoldaten vorbei zum eigentlichen Heiligtum, in dem sich Gräber der Patriarchen samt ihrer Gattinnen befinden sollen.
Der stattliche Sakralbau, bekannt als Abrahams-Moschee, zur Zeit der Mameluken gebaut, birgt die Sarkophage der biblischen Urväter und -mütter. Es ist dies ein ursprünglich umfänglicher, würdiger, schmucker Ort, der von Juden und Muslimen geehrt wird. So zumindest will es die Legende. Der Anschlag des jüdisch-amerikanischen Arztes Baruch Goldstein, einem der vielen aus der Neuen Welt eingewanderten Siedler aus Kiryat Arba im Jahre 1994 lässt an dem Respekt vor der Heiligkeit des Ortes durch orthodoxe Juden Zweifel aufkommen. Der fanatisch religiöse Mann erschoss damals 29 palästinensische Gläubige während ihres Gebets im Gotteshaus und verletzte 120 weitere zum Teil schwer. Die unheilvolle Tat hatte für die Überlebenden, Familien der Opfer und alle Bewohner Hebron noch fatalere Folgen. Mit seiner rassistisch motivierten Tat gegenüber der arabischen Bevölkerung hat sich der vielfache Mörder unter den Siedlern einige Freunde gemacht. So befindet sich an der Einfahrt zur nahe gelegene Siedlung Arba eine Grabstätte. Dieses Grab erinnert an den “Helden Baruch”. Auf Grund seiner verhängnisvollen, bösen Tat wurde schließlich die Moschee segregiert und der Zugang zu ihr für das Umfeld der Opfer streng reglementiert. Eine jüdische Hälfte wurde zu einer Synagoge umfunktioniert. Auf Grund der verschärften Sicherheitsvorkehrungen finden sich selbst zu Gebetszeiten heutzutage nur noch wenige Muslime am stillen Ort ein, um dort frei von den üblichen Belästigungen zu ihrem Gott zu beten oder einfach nur stille Einkehr zu halten.
Wir Touristen dürfen den Ort über einen besonderen Ausgang, der zu einer rein jüdischen Siedlung führt, leichtfüßig und unbehindert verlassen. Auf der Siedlerseite ist gleich alles großzügig, luftig, viel Grün. Hier lässt sich's leben.
Eine Gruppe israelisch-palästinensischer Frauen, die nach uns zum Tor gelangt ist, darf diese Sperre nicht passieren, obwohl sie einen seriösen, mittelständischen Eindruck machen. Prinzip ist Prinzip. Diesem Prinzip folgend gelten für arabische und jüdische Menschen nicht die gleichen Gesetze im heiligen Land.
Der letzte plästinensische Ladenbesitzer auf dieser Seite, also der von jüdischen Siedlern bevölkerten, lädt uns freundlich zum Verweilen und vertieften Schauen ein. Ein Glas Tee ist wie immer im Angebot enthalten. Um keinen Preis, so erklärt er uns freundlich, will er hier weichen.
Wie lange wird er dem Druck noch standhalten können?
Während wir im Moment mit unseren Gefühlsstellungnahmen zu den eben empfangenen Bildeindrücken noch kämpfen, sind wir schon am Abzweig zur Abrahams Moschee angelangt und müssen leicht bergan durch einen "Checkpoint". Dies ist einer der unzähligen Kontrollpunkte, wie sie sich übers ganze besetzte Land verstreut, vor allem für die Hiesigen, zu jeder Zeit und an jedem Ort, auftun können.
Nach der üblichen Taschenkontrolle und eventuellen Abtasterei, wie man sie inzwischen von jedem Flughafen kennt, gelangen wir an Eisenstäben, Stacheldraht und Wachsoldaten vorbei zum eigentlichen Heiligtum, in dem sich Gräber der Patriarchen samt ihrer Gattinnen befinden sollen.
Der stattliche Sakralbau, bekannt als Abrahams-Moschee, zur Zeit der Mameluken gebaut, birgt die Sarkophage der biblischen Urväter und -mütter. Es ist dies ein ursprünglich umfänglicher, würdiger, schmucker Ort, der von Juden und Muslimen geehrt wird. So zumindest will es die Legende. Der Anschlag des jüdisch-amerikanischen Arztes Baruch Goldstein, einem der vielen aus der Neuen Welt eingewanderten Siedler aus Kiryat Arba im Jahre 1994 lässt an dem Respekt vor der Heiligkeit des Ortes durch orthodoxe Juden Zweifel aufkommen. Der fanatisch religiöse Mann erschoss damals 29 palästinensische Gläubige während ihres Gebets im Gotteshaus und verletzte 120 weitere zum Teil schwer. Die unheilvolle Tat hatte für die Überlebenden, Familien der Opfer und alle Bewohner Hebron noch fatalere Folgen. Mit seiner rassistisch motivierten Tat gegenüber der arabischen Bevölkerung hat sich der vielfache Mörder unter den Siedlern einige Freunde gemacht. So befindet sich an der Einfahrt zur nahe gelegene Siedlung Arba eine Grabstätte. Dieses Grab erinnert an den “Helden Baruch”. Auf Grund seiner verhängnisvollen, bösen Tat wurde schließlich die Moschee segregiert und der Zugang zu ihr für das Umfeld der Opfer streng reglementiert. Eine jüdische Hälfte wurde zu einer Synagoge umfunktioniert. Auf Grund der verschärften Sicherheitsvorkehrungen finden sich selbst zu Gebetszeiten heutzutage nur noch wenige Muslime am stillen Ort ein, um dort frei von den üblichen Belästigungen zu ihrem Gott zu beten oder einfach nur stille Einkehr zu halten.
Wir Touristen dürfen den Ort über einen besonderen Ausgang, der zu einer rein jüdischen Siedlung führt, leichtfüßig und unbehindert verlassen. Auf der Siedlerseite ist gleich alles großzügig, luftig, viel Grün. Hier lässt sich's leben.
Eine Gruppe israelisch-palästinensischer Frauen, die nach uns zum Tor gelangt ist, darf diese Sperre nicht passieren, obwohl sie einen seriösen, mittelständischen Eindruck machen. Prinzip ist Prinzip. Diesem Prinzip folgend gelten für arabische und jüdische Menschen nicht die gleichen Gesetze im heiligen Land.
Der letzte plästinensische Ladenbesitzer auf dieser Seite, also der von jüdischen Siedlern bevölkerten, lädt uns freundlich zum Verweilen und vertieften Schauen ein. Ein Glas Tee ist wie immer im Angebot enthalten. Um keinen Preis, so erklärt er uns freundlich, will er hier weichen.
Wie lange wird er dem Druck noch standhalten können?