Krieg
dem Kriege!
Und
Friede auf Erden.
Ein Beitrag von Irene Eckert
15 Jahre nach dem
US-Präsident Bush senior nach der Zerstörung des World-Trade
Zentrums in New York zum weltweiten Krieg gegen den Terror aufgerufen
hat, machen jetzt linke, friedensbewegte Ostermarschierer die
obsolete Entdeckung, dass auch der Krieg gegen den Terror Terror sei.
Damit verneinen sie die Möglichkeit zur militärischen Bekämpfung
von Terrorismus grundsätzlich auf unhistorische Weise und machen
sich nolens volens zum Weggefährten der falsche Sache.
Sie kritisieren den
Antiterrorkrieg, nachdem gedungene, gut geschulte und hochgerüstete
Söldnermeister des Terrors ganze Staaten ruiniert haben und somit
den Nährboden für neue Terrorsetzlinge längst freigelegt haben.
Ihre Saat hat seither ganze Regionen kontaminiert und äußerst
giftige Früchte getragen. Nach Afghanistan, Irak, Libyen scheint
ihrem unheilvollen Wirken in Syrien immerhin endlich – dank enger
Kooperation zwischen der legitimen und populären Landesregierung und
ihren Verbündeten - eine gewisse Grenze gesteckt worden zu sein. Nun
aber erheben die pazifistischen Kreise ihre warnende Fistelstimme:
Keine definierten Fronten ließen sich ausmachen und große
Kollateral-Schäden seien zu erwarten, so dass durch die hohen
zivilen Verluste der Terrorismus nur noch mehr Zulauf erhalte.
Jetzt reden sie,
nachdem die Russen seit September vorigen Jahres – auf Einladung
der legitimen syrischen Regierung – vor aller Welt unter Beweis
gestellt haben, dass man die Strukturen des Terrors sehr wohl
empfindlich treffen und ihren Akteuren das Handwerk legen kann. Wenn
man dies wirklich will und wenn man über die modernsten zielgenauen
Waffensysteme verfügt, geht es auch ohne Kollateralschäden ab.
Unsere verschlafenen Friedensgreise kommen also mit ihrer Kritik am
globalen Anti-Terrorkrieg viel zu spät, um das mindeste zu sagen.
Keine Worte finden sie nach wie vor, um das
unheilvoll-kriegerisch-terroristische Wirken der imperialistischen
Supermacht anzuprangern. Weder verurteilen sie bis heute den blutigen
Militärputsch in der Ukraine, noch die nur mühsam menschenrechtlich
kaschierten Militärinterventionen in Syrien, im Irak, in Pakistan,
im Yemen, in Afrika, ganz zu schweigen vom fortgesetzten
Terrorfeldzug Israels gegen das palästinensische Volk. Damit aber
lassen sich keine Massen gegen eine auch von unserem Land leider
massiv unterstützte Kriegspolitik des schon taumelnden Imperiums auf
die Straße bringen.
Der Pazifismus muss
politisch werden
„Der
Pazifismus muss politisch werden“, forderte schon der Kriegsgegner
Carl von Ossietzky in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
völlig zurecht. Eine abstrakte, unhistorische, unkonkrete Forderung
nach Gewaltverzicht ist nicht in jedem Fall dem Frieden dienlich.
Wenn ich dem bedrohten Opfer einer aggressiven, hochgerüsteten
Gewaltpolitik noch Fesseln anlege und von ihm fordere, seine letzten
Waffen, sprich Verteidigungsmöglichkeiten abzulegen, dann mache ich
mich zum Komplizen der Aggression. Am besten lässt sich das am
Schicksal des palästinensischen Volkes demonstrieren. Auch die
überlebenden Opfer der halsabschneiderischen Gewalt von
Islamofaschisten, die unter immer neuen Namen agieren, können
Zeugnis darüber ablegen, wie wichtig gegen solche hochgerüsteten
Mörderbanden bewaffnete Verteidigung ist.
Machtkritik versus
Gewaltkritik
Andererseits
gehen Macht und Gewalt oft Hand in Hand. „Macht macht böse“,
hat Montesquieu gesagt und forderte daher ihre Kontrolle. Er meinte
Machtkritik, als er Gewaltenteilung einfordert. Macht, jede Art von
Macht, muss der demokratischen, also der öffentlichen Kontrolle
unterliegen. Dessen ungeachtet braucht auch die Friedensbewegung
Macht, um ihre Zielen
Durchsetzungskraft zu verleihen. Solche Macht wird ihr aber nicht
durch Selbstrestriktion auf das Thema Gewaltverzicht zufallen,
sondern dadurch, dass sie die richtigen Losungen aufstellt und Massen
dahinter mobilisiert. 1917
im Oktober war das die Losung: „Brot
und Frieden“.
1983
war es die Losung „Keine
neuen Atomraketen in Europa“. 2016
könnte sie lauten
NATO raus aus Osteuropa! – Kooperation statt Konfrontation mit
Russland!
Machtkritik erfordert sehr viel mehr Mut als abstrakt Gewaltfreiheit
einzufordern, von der jedermann weiß, dass sie ein Zukunftsgesäusel
ist. Wo Halsabschneider ganz konkret und im übertragenen Sinn ihr
düsteres, blutiges Auftragswerk ausüben, muss man ihnen auf
völkerrechtlicher Grundlage in den Arm fallen, auch militärisch.
Das militärische Vorgehen ersetzt dennoch keineswegs den
gewaltfreien Diskurs und die Suche nach gewaltfreien
Konflikt-Lösestrategien, wo immer sich der Funke einer
Möglichkeit bietet.
Aber
Apostel der Gewaltfreiheitslehre müssen sich auch kritisch
hinterfragen lassen. Das gilt für Mahatma Ghandi, wie für Theodor
Ebert und seine strukturelle Gewaltfreiheit, vor allem aber gilt es
für den Amerikaner Gene Sharp,
den Apologeten der „Bunten Konter-Revolutionen“.
Der friedenspolitische Diskurs ist offen und öffentlich zu führen.
Ein gewählter Staatsmann trägt Verantwortung für die Menschen,
die sich ihm anvertraut haben. Wir erwarten von ihm oder ihr zu recht, dass er unsere Belange und vor allem unser Leben schützt, Schaden von uns abwendet, wie es in unserer Bundes-Verfassung verbindlich festgelegt
ist. Abstrakte Staatskritik hilft da keinen Schritt weiter. Politiker
sind rechenschaftspflichtig gegenüber ihrem Wahlvolk. Sie
haben nationale und keine fremdstaatlichen Interessen zu vertreten.
Diverse
„gewaltfreie“
oder Gewaltfreiheit
propagierende Gruppen sind in vielerlei Hinsicht inkonsequent und
keineswegs die staatsunabhängigen NGOS, die sie zu sein vorgeben. Manche mögen ganz gute Friedensarbeit im Kleinen machen,
andere verhalten sich problematisch, wo es politisch drauf
ankommt, Flagge zu zeigen. Gute und aufrechte Menschen gibt es allerdings in allen denkbaren
Institutionen. Ich kannte solche, die für die Peace
Brigades International
gearbeitet haben. Ich kenne den Versöhnungsbund
(FOR)
aus den USA und aus Österreich und viele mir liebe Freunde aus der
Vergangenheit gehörten ihm an. Das war aber eine andere Zeit und
der Verein ein anderer als der, den wir in Deutschland heute wirken und
walten sehen. Leider zieht unser Versöhnungsbund etwa eben nicht die
erforderliche Linie zwischen Freund und Feind, sondern setzt
Aggressor und Opfer fast auf eine Stufe. Man "rettet sich" auf das Gebiet der Gewaltfreiheit. Man predigt ausgerechnet
jetzt Gewaltfreiheit, wo die Russen mit ihrem entschiedenen, auch
militärischen Vorgehen in Syrien gezeigt haben, dass es militärisch
möglich ist, die Terrorbanden effektiv zurückzudrängen. Dazu man natürlich dingfest beweisen können, wo der Terror verortet ist. Es bleibt nun auch von unserer Seite daraufhinzuarbeiten, dass eine Friedenslösung
Wirklichkeit werden kann. Dafür ist selbstverständlich von der Forderung nach
Regime-Wechsel abzusehen und der Faßbomben-Vorwurf gegenüber
Assad ist fallenzulassen.
Erfolgreiche
Friedensarbeit muss also politisch werden, wie schon Carl von
Ossietzky erkannte und darf sich nicht auf das Schongebiet der
„Gewaltfreiheit“
zurückziehen.
Auch dieses Terrain bleibt ohnehin nicht unpolitisch, sondern
wird - meist unbemerkt - von der großen Politik gesteuert.
„Politische
Politik“
meint hier - ganz im Sinne der alten Griechen - „polis
techne“. Es ist dies
die Kunst ein Gemeinwesen zu steuern und zwar im Interesse der
ganzen Gemeinschaft: friedlich, ausgewogen, egalitär ! Dafür sind
unabhängige Informationsquellen genauso unverzichtbar wie
unabhängiges Denken. Wir brauchen mutige Köpfe, die bereit sind, die Mächtigen hierzulande und
ihre Hintermänner ins Visier zu nehmen. Solcher Mut wird beflügelt, wo die Gewissheit herrscht, dass an einer antihegemonialen, multipolaren Weltordnung bereits kräftig
gestrickt wird. Nur eine solche Verschiebung der globalen Gewichte,
vermag aber zum Erhalt der Erde und all ihrer Bewohner beitragen. Sie
eröffnet uns langfristig die Möglichkeit zur Neuordnung all unserer
gesellschaftlichen Belange.
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