Wednesday, June 26, 2019

Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Auftritt im deutschen Bundestag

Russland: Das fordert die deutsche Wirtschaft von Merkel 

© REUTERS / HANNIBAL HANSCHKE
WIRTSCHAFT
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Natalia Pawlowa
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Die deutsche Wirtschaft hat Milliarden Euro wegen Sanktionen verloren. Sie fordert von Bundeskanzlerin Merkel mehr Russland-Engagement und tritt für die rechtzeitige Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ein. In Moskau wurden Ergebnisse einer Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) zum Geschäftsklima in Russland vorgestellt.
Die deutsche Wirtschaft habe nach wie vor ein hohes wirtschaftliches Interesse an der Zusammenarbeit mit Russland, betonte Rainer Seele, AHK-Präsident, CEO OMV AG.
„Die AHK-Mitglieder wünschen sich ganz eindeutig, dass Zusammenarbeit und Gespräche auf allen Ebenen, auch auf höchster, weiter verstärkt werden. 87 Prozent der Befragten  sprechen sich dafür aus, dass  Bundeskanzlerin Angela Merkel an großen russischen Wirtschaftsforen wie SPIEF  in Sankt Petersburg teilnimmt. In diesem Jahr habe Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier das Petersburger Wirtschaftsforum erstmals seit Sanktionsbeginn als Vertreter der Bundesregierung besucht und damit  ein wichtiges Signal für Dialog und Wiederannäherung beider Länder gegeben“, so Rainer Seele.
Der deutschen Wirtschaft sei es gelungen, in Russland trotz lahmender Konjunktur und Sanktionen weiter zu wachsen, sagte der AHK-Vorstandsvorsitzende Matthias Schepp. Davon zeugen Ergebnisse der Geschäftsklima-Umfrage und 3,2 Milliarden Euro der Netto-Direktinvestitionen der deutschen Wirtschaft in Russland im Jahr 2018 – der beste Wert seit einem Jahrzehnt. Laut Umfrage  wollen 39 Prozent der Unternehmen in nächster Zeit in Russland investieren. 29 Prozent wollen ihre Russland-Aktivitäten trotz der US-Sanktionen gegen Russland weiter ausbauen, 63 Prozent halten unverändert an ihren Russland-Plänen fest.
Die US-Sanktionen kosten den 4671 in Russland tätigen deutschen Unternehmen mehrere Milliarden Euro, sagte Schepp weiter. Allein die an der Umfrage beteiligten Unternehmer geben die Verluste durch entgangene Geschäfte mit 1,1 Milliarden Dollar an. 93 Prozent der AHK-Mitgliedsunternehmer sprechen sich dafür aus, dass die EU-Sanktionen gegen Russland schrittweise oder vollständig abgebaut werden sollen, „um wieder zu vernünftigen, historisch bedingten guten deutsch-russischen Beziehungen zurückzukehren“.
Die Sanktionen führen zu einer politischen Abwärtsspirale, unterstrich Schepp. Laut ihm sollen Probleme, die auf politischer Ebene entstanden sind, politisch gelöst werden, betonte er im Gespräch mit Sputnik.
„Die Wirtschaft ist natürlich nur eine Stimme in der pluralen Gesellschaft. Neben Wirtschaftsverbänden gibt es Nichtregierungsorganisationen, es gibt Gewerkschaften. Und die Politik wird von der Regierung gemacht. Wir haben immer sehr deutlich gesagt und davor gewarnt, die Sanktionen über Jahrzehnte in Kraft zu lassen, weil sie eine Entwicklung in Gang setzten, die nicht nur die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen weiter degradieren lassen, auch zu einem gefährlichen Maß, sondern weil sie auch in Russland dazu führen, dass diejenigen Kräfte, die für das stehen, was wir  als Wirtschaftsverband nicht wollen, stärker werden. Deshalb appellieren wir als Deutsch-Russische-Auslandshandelskammer und als größter ausländischer Wirtschaftsverband in Russland an alle Parteien, so miteinander zu sprechen, dass die politischen Probleme gelöst werden können. Uns gefällt nicht, wenn die Wirtschaft in Geiselhaft für politische Probleme genommen wird“, sagte Schepp gegenüber Sputnik.
Rainer Seele wies darauf hin, dass in der letzten Zeit die Sanktionen sich insbesondere auf das wichtige europäisch-russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2 konzentrieren. Die befragten Firmen halten auch weiterhin unbeirrt an Nord Stream 2 fest: 93 Prozent sind der Meinung, dass die Ostseepipeline trotz der starken Kritik aus Amerika in der EU und in Deutschland gebaut werden soll.
„Wir fordern eindeutig, dass wir diese Investition in die Versorgung der Energiesicherheit Deutschlands entsprechend politisch gewürdigt bekommen und dass dieses Projekt unnötig politisiert wird. Es ist und bleibt ein wirtschaftliches Projekt“, unterstrich AHK-Präsident Seele.
Seinen Worten zufolge habe die deutsche Wirtschaft auch ein Interesse, das über die Kooperation mit Russland hinausgeht. Immer mehr Mitgliedsunternehmen wollen laut Umfrage die Eurasische Wirtschaftszone stärker ins Augenmerk nehmen.
„Ich möchte daran erinnern, dass Präsident Putin, als er in Deutschland während des Besuches in Dresden mit einer bemerkenswerten historischen Rede begonnen hat, ein Angebot ausgesprochen hat – eine Freihandelszone zwischen Lissabon und Wladiwostok. In der Welt, wo man immer mehr Einschränkung des globalen Handels sich anschaut, ist gerade dieser Gedanke außerordentlich attraktiv und für die deutsche Wirtschaft eine sehr nahe liegende Option“, sagte Seele abschließend.