2018 – Ein Jahr voller historisch bedeutsamer Bezüge – ein weltgeschichtliches Wendejahr?
Ein Jahrhundert US-imperialer
Vorherrschaft neigt sich dem Ende entgegen
Mit der Niederlage der US-gesponserten
Söldner-Terrorbanden in Syrien wurde nicht nur der US-Imperialismus
in seine Schranken verwiesen, es mehren sich die Zeichen für ein
nahendes Ende der US-Hegemonie über die Geschicke der Welt.1
Das Motto „America First“, das Trump zu seinem Wahlsieg verholfen
hatte, ist in Wahrheit ein Rückzugssignal. Es zielt, ob bewußt oder
unbewußt, auf Rückbesinnung auf die eigentlichen, die häuslichen
Aufgaben des immens überdehnten Imperiums. Es hofft auf
Schadensbegrenzung, macht aber auf Grund von Inkonsequenz und
ungeeigneter Mittelwahl das Unheil für die nordamerikanische Nation
und die Welt zunächst noch größer. Die inneren Probleme der
Vereinigten Staaten sind bereits bei Amtsantritt des Immobilienhais
enorm. Trotz der Unmenge an zusammengerafften Reichtümern kann
sich die 'auserwählte Nation Gottes' nicht mehr beides leisten:
Die Unterhaltung des mit Abstand umfangreichsten Rüstungsetats der
Erde mit an die tausend externen Militärstützpunkten rund um den
Globus und die Aufrechterhaltung einer dem eigenen Lande dienenden
Infrastruktur. Nicht zuletzt wegen des künstlich aufgeblähten
Rüstungshaushalts sind Millionen Amerikaner ohne eine Arbeit, die
sie und ihre Familien angemessen zu ernähren vermöchte. Der
Rassismus des Landes, das so gerne Demokratie exportiert, schreit zum
Himmel. Die Jugend verroht, droht im Drogenrausch zu versumpfen. Ihr
akademischer Anteil versinkt unterdessen im angehäuften
Bildungsschuldenberg.
Eine zum Scheitern verurteilte
Ukraine-Politik, Europa schädigende Zwangssanktionen gegen Russland,
die innere Stabilität unterminierende Massenimmigration, das alles
wurde und wird noch zähneknirschend hingenommen. Die massiven,
jüngst ganz offen angedrohten Wirtschaftssanktionen gegenüber den
Europäern angesichts des einseitig aufgekündigten Iran-Abkommens
treiben die NATO-“Verbündeten“ endlich in die Opposition2.
Die Unbotmäßigkeit von US-Vasallen ist in Lateinamerika schon lange
nur noch mit brutaler Gewalt und bösartiger Raffinesse halbwegs zu
unterdrücken, auch in Asien wird die Aufmüpfigkeit gegen den
großen Bruder immer spürbarer. Die Filipinos widersetzen sich unter
Duterte, die Koreaner wollen sich nicht länger in einem
konfliktträchtigen Verhältnis gegen einander hetzen lassen, sie
suchen nach Ausgleich, wollenVersöhnung. Ihnen stärken Russen und
Chinesen deutlich den Rücken. Ganz Afrika richtet die Augen auf
China, den Großinvestor in Infrastruktur.
USA in der UNO isoliert
Anlässlich
der immer schriller werdenden Töne des US-Präsidenten und des offen
aggressiven Auftretens seiner UN-Botschafterin, Nikki Haley,
schüttelt die Weltgemeinschaft ungläubig staunend den Kopf.
Angesichts von 60 Toten und weit über 2000 Verletzten im fast
unbewohnbar gewordenen GAZA Streifen, angesichts von Protesten gegen
die völkerrechtlich höchst umstrittene Eröffnung der US-Botschaft
in Jerusalem meint die Vertreterin der USA im Sicherheitsrat "Kein
Land in dieser Kammer würde sich mehr zurückhalten, als Israel dies
getan hat“3.
Nur das drohende Veto der USA kann eine
Resolution im Sicherheitsrat unterbinden, die das Vorgehen Israels
verurteilt hätte. Saudi - Arabien und Israel scheinen derzeit die
letzten Verbündeten der Vereinigten Staaten in der Nahostfrage. Die
Kündigung des von denVereinten Nationen abgesegneten, in jahrelangen
Verhandlungen erzielten Atomabkommens mit dem Iran verprellt dazu
die interessierten verbündeten Vertragspartner so sehr, dass sie
ihre Spitzenhäupter nach Moskau schickten, um sich dort – bei
der ihnen verordneten Feindnation - Unterstützung zu holen.4
Imperial-arrogante Zertrümmerung
von Völkerrecht erntet Widerspruch
Das vom „Westen“
lang geschmähte und immer wieder ignorierte Völkerrecht verdankt
seinen Ursprung einem langen europäischen Krieg, der nach 30
verheerenden Jahren mit dem Westfälischen Frieden im Jahr 1648
eine Europäische Nachkriegs-Ordnung schuf. Die Prinzipien der
nationalen Souveränität und der territorialen Integrität wurden
damals mit dem Frieden von Münster und Osnabrück aus der Taufe
gehoben.
Nach dem
Völkermorden im Ersten Weltkrieg sollte der Völkerbund den Frieden
sicherer machen. Nach dem Zweiten verheerenden weltweiten Morden
wurde 1945 von den noch Kriegs-Allierten, gemeinsam mit den USA und
der Sowjetunion die UNO geschaffen, um die Menschheit von der
Geissel des Krieges zu befreien. Das moderne Völkerrecht wurde
sukzessive ausgebaut.
Das Imperium schuf
allerdings bald seine Gegeninstrumente in Form von zur UN-Charta im
Widerspruch stehenden Konzeptvorstellungen wie der möglichen
externen Einmischung in „Failed States“, der „Regime Change“-
Berechtigung und der angeblichen Schutzverantwortung im Rahmen der
„Responsibility to Protect“.
Die von der Jugend
weltweit einst bejubelte Bewegung der sogenannten 68iger Generation
verlief nicht ganz so frei und ungesteuert ab, wie gefühlt. Sie
führte in Frankreich unter Daniel Cohn Bendit, dem nur vermeintlich
„roten“ Dani, zum US-seitig gewollten Sturz von de Gaulle, der
auf Grund seiner Verteidigung nationaler Belange und seiner Distanz
zur NATO aus US-Sicht „weg mußte“, wie später so viele nach
ihm, zu deren Stürzen dann die CIA massgeblich beigetragen hat. Die
Souveränitäts- Schutzfunktion, die das internationale Recht den
schwächeren Staaten, insbesondere jenen, die sich aus kolonialer
Abhängigkeit zu befreien suchten, bot, war dem Imperium immer ein
Dorn im Auge, es „musste weg“, es wurde missachtet, wo immer die
Kräfteverhältnisse dies zuließen.
Die
völkerrechtswidrigen Einmischungsbestrebungen wurden
menschenrechtlich begründet und propagandistisch in die Sprache
internationaler Rechtsvorschriften gepackt, so dass die Gegenkräfte
sie lange nicht mehr als flagrante, imperialistische Rechtsbrüche
zu erkennen vermochten. Insbesondere auch deswegen nicht, weil eine
zahnlos gewordene „Linke“ den neokolonialen Charakter der
Regimewechsel-Bestrebungen schon lange nicht mehr durchschaut und
daher nicht anprangert.
Entschieden
völkerrechtswidrig war bereits der 1999 West-Europa aufgezwungene
NATO-Krieg gegen Jugoslawien, ein militärisch brutal erzwungener
„Regime-Change“,
der fast drei Monate Bombardierungen mit sich
brachte, einschließlich der Verwendung von abgereichertem Uran, ein
Krieg der tausende Menschen-Opfer zur Folge hatte.
Kein UN-Mandat half das Vorgehen der NATO-Mächte verschleiern,
trotzdem wurde die Intervention allgemein irriger Weise als
humanitäre Notwendigkeit angesehen. Genauso völkerrechtswidrig war
vier Jahre später der US-seitig erschlichene, angeblich von einer
'Koalition der Willigen' geführte Krieg 2003 gegen den Irak.
Ebenso im
Widerspruch zu internationalem Recht befand sich der Krieg gegen
Libyen 2011, nur eine missdeutete UN-Sicherheitsratsresolution
verschaffte ihm eine fragwürdige Scheinlegitimität. Ganz und gar
völkerrechtswidrig war auch das nachfolgende Bombardement im
vorgeblichen Anti-Terrorkrieg gegen Syrien. Unzweideutig
völkerrechtswidrig bleibt die Bombardierung syrischer Stellungen
nach den vorgeschobenen Giftgasangriffen „des Assad Monsters gegen
die eigene Bevölkerung“5.
Ebenso völkerrechtswidrig bleibt die Missachtung syrischer
Souveränität, die Verletzung seiner territorialen Integrität bis
heute. Auch die Anwendung von Sanktionen gegenüber Russland unter
frei erfundenem, konstruiertem Vorwand ist mit internationalem Recht
inkompatibel. Das gleiche gilt natürlich für die einseitige
Aufkündigung des UN-Vertragswerk mit dem Iran.
So verstieß die
imperiale Hauptmacht zusammen mit ihren Zwangsverbündeten, auf die
laut Obama hin und wieder ein wenig Druck ausgeübt werden musste6,
immer wieder gegen die nach zwei Weltkriegen geschaffenen,
friedenssichernden, völkerverbindlichen Rechts-Grundlagen. Der Unmut
dem gegenüber wird nun endlich offen ausgesprochen, nachdem der –
die vielen Wirtschaftsinteressen weltweit bedienende Iran-Deal,
offiziell JCPOA – US-seitig einseitig aufgekündigt wurde. Der Nahe
Osten ist ein Pulverfaß. Israel wurde damit mit einem Federstrich
signalisiert, daß der Iran nun vogelfrei sei. Iranische Stellungen
auf syrischem Gebiet wurden von der „einzigen Demokratie im Nahen
Osten“ umgehend bombardiert, angeblich ging dem eine iranische
Provokation voraus. Die Lage ist prekär und erinnert in mancherlei
Hinsicht an das Szenario vor dem II.Weltkrieg. Allerdings erscheinen
die Vorzeichen heute verkehrt und es gibt starke, von realistisch
denkenden Politikern geführte Zentren in der Welt, die an Stabilität
ein herausragendes Interesse haben.
Ist der kapitulationsbereite Ungeist
von München 1938 überwindbar?
Es ist die
Beschwichtigungsbereitschaft gegenüber einer bis an die Zähne
bewaffneten Macht, die man mit dem Geist des Münchner Abkommens von
1938 zur Zerschlagung der Tschecheslowakei verbindet. Dieses
Abkommen öffnete dem damals sehr mächtig scheinenden
Hitler-Deutschland die Türe weit zu weiteren Aggressionsakten.
Österreich wurde rasch dem „Reich“ einverleibt, die
“Rest-Tschechei“ zerschlagen und nur ein Jahr später erfolgte
der Angriff auf Polen, mit dem der Zweite Weltkrieg eröffnet wurde.
Das Objekt der Begierde war von Anfang die Sowjetunion.
Im Mai 2018 – 75
Jahre nach Stalingrad - wird nicht friedensgefährdend ein
internationales Abkommen geschlossen, sondern eines gebrochen! Der
Akteur ist diesmal nicht das verpönte Nazideutschland, sondern jene
Macht, die der Legende nach gemeinsam mit der Union der
Sozialistischen Sowjetrepubliken Hitler besiegen half und der Legende
nach dabei die meisten Opfer erbrachte. Allerdings wurde der imVolk
populäre, dreimal wieder gewählte Präsident der Vereinigten
Staaten, der für die Anti-Hitler-Koalition mit Sowjetrussland die
Verantwortung trug, im eigenen Land von massgeblichen Kreisen dafür
und für seinen Sozialausgleich durch den New Deal als „schmutziger
Kommunist verunglimpft und gehasst. Sein Vize Truman stellte sofort
nach Franklin D. Roosevelts plötzlichem, unerwartetem Tod die
Weichen auf Aggressiv-Strategie gegen die Sowjets um. Das
kriegsgebeutelte Russland sollte in die Knie gezwungen werden. Der
als „guter Krieg“ in den Geschichtsbüchern verankerte Waffengang
gegen Hitler hatte seinen Zweck vorerst erfüllt. Die Deutschen
haben 27 Millionen Sowjetbürger umgebracht, tausende von Dörfern
und Städten unbewohnbar gemacht, die Aufbauarbeit einer Generation
zerstört, aber wer hat sie wieder groß gemacht nach dem
I.Weltkrieg, wer ihre rasante Aufrüstung völkervertragswidrig
ermöglicht?
Wer führte die
Feder bei Herrn Hitlers Rassengesetzgebung? Das Vorbild war
amerikanisch7,
die Einflussnahme der Vereinigten Staate auf Nachkriegsdeutschland
und auf die Geschicke Europas und der ganzen Welt seit 1918 ist
gewaltig. Dank eines weltumspannenden Propagandanetzwerks haben es
die US-Amerikaner ein Jahrhundert lang geschafft als Wiege der
freiheitlichen Demokratie angesehen zu werden. Der Ungeist von
München wurde bisher niemals auf die Kapitulationsbereitschaft
seiner sogenannten Verbündeten gegenüber der US-Übermacht und
ihrer neokolonialen Weltpolitik bezogen. Das Einknicken gegenüber
der imperialen Aggressionstaktik der NS-Regierung in München 1938
gilt seither als Musterbeispiel für Appeasement gegenüber einem
machtvollen Aggressor. Der Friedensbewegung der 80iger Jahre des
vorigen Jahrhunderts wurde München vorgehalten, als feiges
Einknicken gegenüber dem Feinde „ROT“, weil die Deutschen nicht
auf dem atomaren Schlachtfeld geopfert werden wollten. Kaum ein
Friedensbewegter oder gar Verantwortlicher drehte jemals den Spieß
um, forderte ein Ende der Aggression gegen Russland und den
Aufstand gegen die imperiale US-Bevormundung.
Ende der Kapitulationsbereitschaft?
Die
Kapitulationsbereitschaft gegenüber dem Aggressor nimmt aber in
dem Maße ab, wie dieser die Sicherung der eigenen kapitalen
Interessen nicht mehr gewährleisten kann und sich alternative
Machtzentren entwickeln, die dem Hegemon die Stirn zu bieten
vermögen. Genau dieser Prozess schreitet im Jahre 2018 im Turbotempo
voran. Syrien könnte sich als das Stalingrad des 21. Jahrhunderts
erweisen. Israel kann trotz des Besitzes seiner Atomwaffen die ihm
zugedachte Rolle des Kettenhundes des US-Imperialismus nicht mehr
erfüllen. Die Gewichte in Nahost verschieben sich zu seinen
Ungunsten. Im Libanon wurde durch Wahlen der Einfluss der mit dem
Iran verbündeten Hizbollah gestärkt. Syrien steht, wenn auch
erheblich geschwächt. Der Sturz des Dollars ist eingeleitet. Die
europäischen „Verbündeten“ sind zunehmend vergrault und durch
interne Konflikte geschwächt. Unbeugsam, aber ruhig und flexibel
handeln die Russen im Bunde mit China und dem Iran. Der
NATO-“Partner“ Türkei nähert sich zunehmend durch starke
Interessen gebunden dem Dreierbund.
Es gibt also gute
Chancen dafür, dass der Un-Geist von München aus der Geschichte
verschwindet und das amerikanische Jahrhundert seinem Ende
entgegensieht.
Irene Eckert,
Pfingsten 2018
1„...if
the Euro-poodles do manage to hang tough, break with the US,
and stand with Russia and China, it would be declaration
of independence of historic proportions.“ James
Jatras
https://www.strategic-culture.org/news/2018/05/18/is-wrecking-ball-trump-undermining-america-global-clout-let-hope-so.html
2“It
seems that screaming, shouting, insulting and bullying,
systematically destroying and dismantling everything that is already
in place, is the mood of our times… This impulse to destroy is not
leading us anywhere good … It is not solving any of our problems.”
Frederica Mogherini EU-Auslandschefkommissarin zu der Aufkündigung
des Iranbakommens
3
http://www.deutschlandfunk.de/vereinte-nationen-heftige-kritik-an-usa-und-israel.1773.de.html?dram:article_id=41803Palästinenser
wurden erschossen und die USA meinen, Israel hätte sich
zurückgehalten
watson
4Am
heutigen Freitag, den 18. Mai ist Frau Merkel in Sotschi und gibt
eine gemeinsame Pressekonferenz mit Putin auf der sie auftritt, als
habe sie Kreide gefressen.
5So
Präsident Trump als er die Bombardierung anordnete
6„We
have to twist arms when countries don't do what
we need them to do " Obama The Arm Twister
https://www.youtube.com/watch?v=T9aIHopGntE
7Siehe
James Q. Whitman „Hitlers Amerikanisches Vorbild – Wie die USA
die Rassengesetze der Nationalsozialisten inspirierten“, C.H.Beck
München 2018