Friday, March 11, 2016

«Vergiftung der Debattenkultur»

Ein besorgter Blick nach Deutschland

von Karl Müller
1952, nur wenige Jahre nach dem Krieg und nur ein Jahr nach seiner Arbeitsaufnahme, hat das deutsche Bundesverfassungsgericht das erste Mal in seiner Geschichte eine Partei verboten: die Sozialistische Reichspartei SRP. Diese Partei sah sich selbst in der Nachfolge der NSDAP. Vier Jahre später, im Jahr 1956, folgte das bislang einzige weitere Parteiverbot, nämlich das der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD. Das Bundesverfassungsgericht versuchte, mit beiden Verboten dem zu entsprechen, was das noch junge Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in seinen Bestimmungen über Parteien (Artikel 21 Grundgesetz) als wehrhafte Demokratie vorgab, nämlich dass «Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, […] verfassungswidrig [sind]». Und: «Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.» Insbesondere die letztgenannte Bestimmung sollte sicherstellen, dass der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit kein Mittel des Wahlkampfes und der Diffamierung unerwünschter politischer Gegner wird und dass der Feststellung der Verfassungswidrigkeit eine gründliche rechtliche Prüfung vorausgeht.
Vielen ist unbekannt, wie das Bundesverfassungsgericht damals Verfassungswidrigkeit definierte und dabei insbesondere den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (FDGO), der ja im Artikel 21 genannt wird, klärte. An diese Definition kann auch heute nicht oft genug erinnert werden:
«Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 II GG ist eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmässigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmässige Bildung und Ausübung einer Opposition.» (BVerfGE 2, 1; Leitsatz 2, 12 f.)
Nichtsdestoweniger hat es in Deutschland mittlerweile überhandgenommen, unerwünschte politische Meinungen und Aktivitäten unter das Verdikt des politischen «Extremismus» und damit der Verfassungswidrigkeit zu stellen. War es während vieler Jahrzehnte während des Kalten Krieges opportun, vor allem vor dem «Linksextremismus» zu warnen und sehr viele gesellschaftskritische Regungen so zu etikettieren, so wurde dies in den ersten Jahren nach 1990, unmittelbar nach dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes und den in vielerlei Hinsicht katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieses Beitritts für die Menschen im Osten Deutschlands, und auch jetzt wieder seit ein paar Jahren von interessierter Seite aus gewendet: In den Jahren nach 1990 und jetzt wieder wird von der grossen Gefahr des «Rechtsextremismus» gesprochen. Und auch jetzt wieder zielt dies vor allem auf die Bürger im Osten Deutschlands.
Der ehemalige Präsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, stellte die Menschen in Ostdeutschland erneut unter einen Generalverdacht. Er hatte sich geäussert, nachdem in einer ostdeutschen Stadt die Insassen eines Busses von rund 100 Menschen mit dem laut skandierten Ruf «Wir sind das Volk» am Aussteigen vor einer Flüchtlingsunterkunft gehindert werden sollten und nachdem in einer anderen ostdeutschen Stadt eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Brand gesetzt worden war. Thierse wusste das Geschehen sofort einzuordnen und sagte, die Menschen im Osten seien «empfänglicher für menschenfeindliche Botschaften» und «weniger gefestigt in [ihren] demokratischen und moralischen Überzeugungen». Das erinnert an die 90er Jahre, als Gewalttaten von Jugendlichen in Ostdeutschland mit absurden Thesen erklärt werden sollten, die vor allem eines bezweckten: die Erziehung und die Schulen der ehemaligen DDR in ein schiefes Licht zu rücken.
Wie gross der Unterschied zwischen Fremd-Etikettierung und Selbstwahrnehmung in Ostdeutschland ist, zeigt ein vor ein paar Wochen erschienenes Buch von einem Pegida-Teilnehmer (Sebastian Hennig: «Pegida. Spaziergänge über den Horizont. Eine Chronik»). Im Vorwort des Buches heisst es: «Es ist nicht zu leugnen: Die Mehrheit der Pegida-Demonstranten sind Menschen, die bereits im Herbst 1989 auf den Strassen waren. […] Der Aufbruch bei Pegida von 2014/15 ist nicht die Fortsetzung der Revolution von 1989/90. Aber es gibt Parallelen: Bei näherer Betrachtung sogar erstaunlich viele Parallelen. Es haben sich Probleme angestaut, deren ganze Dimension mit den Sprachregelungen des herrschenden politischen Systems nicht ausgesprochen werden kann. Diejenigen, die als erste die offenen Fragen in einer eigenen, volksnahen Sprache öffentlich zu artikulieren suchten, wurden von der gleichgeschalteten – oder sich so gebenden – Presse als Nazis diffamiert. Die bornierte Reaktion der Medien hat die Proteste angestachelt und somit als Mobilisierungsfaktor gewirkt. Und die Rede vom ‹Naziaufmarsch› ist auch heute ein Ausdruck der Hilflosigkeit der ­politischen Verantwortungsträger, deren eingeschliffene Denkmuster angemessene Antworten auf die neue Wirklichkeit weder kennen noch zulassen. Der erste Satz des ersten Aufrufs des Neuen Forum vom September 1989 hat heute wieder eine erstaunliche Aktualität: ‹In unserem Lande ist die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft offensichtlich gestört›.»
Michael Beleites, der Verfasser des Vorwortes zum Buch, war immerhin 10 Jahre lang, von 2000 bis 2010, Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen. Könnte es nicht sein, dass viele Menschen in Ostdeutschland ein ausgeprägteres Sensorium für Lug und Trug in der Politik und diktatorische Tendenzen haben?
Ein Parteikollege von Wolfgang Thierse, der deutsche Justizminister Heiko Maas, ging noch weiter als jener. Er rückte alle diejenigen, die an der Rechtmässigkeit der derzeitigen deutschen Asyl- und Flüchtlingspolitik zweifeln, in die Nähe von «geistigen Brandstiftern». Auch der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Udo Di Fabio, der ein Rechtsgutachten für die Bayerische Staatsregierung verfasst hatte, blieb da offensichtlich nicht ausgenommen, so dass selbst eine Mainstream-Zeitung wie der «Kölner Stadt-Anzeiger» am 15. Februar 2016 schrieb: «Die Vergiftung der Debattenkultur gipfelte zuletzt darin, dass Justizminister Heiko Maas (SPD) Di Fabio in die Ecke geistiger Brandstiftung rückte.» Nur kurze Aufmerksamkeit fand eine totale verbale Entgleisung des CDU-Politikers und EU-Kommissars Günther Oettinger gegenüber der Vorsitzenden der Partei Alternative für Deutschland (AfD), Frauke Petry. In normalen Zeiten müssten solche Ehrverletzungen einen Rücktritt zur Folge haben.
Aber diese «Vergiftung der Debattenkultur» ist kein Zufall. Sie zielt auf Diffamierung und eine Schwächung der Demokratie. Eine breite «verfassungsmässige Bildung und Ausübung einer Opposition» soll verhindert werden. Das Prinzip heisst: «Teile und herrsche!» Das kann nur eine Folge davon sein, dass die politische Klasse des Landes gegen die Mehrheit des Volkes regieren will und eine Politik mit dem Argument nicht mehr möglich scheint. Und das in einer Zeit tatsächlich grosser Aufgaben. In der Tat steckt die deutsche Politik schon längere Zeit in einer Vielzahl tiefer realer Krisen. Das bestätigt selbst ein aufmerksamer Blick in die Massenmedien. Diese Krisen werden allerdings nicht lösungsorientiert angegangen, sondern tatsächlich (und bewusst?) verschärft. Anstatt mit den Bürgern des Landes gemeinsam nach Lösungen zu suchen, denen die Mehrheit der Bürger dann auch Vertrauen entgegenbringen könnte, werden Ausnahmezustände konstruiert, wird von «Alternativlosigkeit» gesprochen, wird exekutiv durchregiert, wird gegen die Bürger regiert – alles sekundiert von vielen Medien, aber auch von ausserhalb des Landes mit scheinbar noblen Namen von Persönlichkeiten und internationalen Organisationen. Eines ist schon sicher: Lösungen und Ergebnisse im Sinne des Bonum commune wird es so nicht geben.
William F. Engdahl hat in seinem Buch «Mit der Ölwaffe zur Weltmacht» ein Kapitel mit «Das ‹Projekt Hitler›» überschrieben. Hier wird nachgezeichnet, wie Kreise der Finanzwelt aus den USA und Grossbritannien in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts alles daran setzten, europäische Demokratien zu schwächen und Diktatoren an die Macht zu bringen. Andere Bücher wie das des britischen Historikers Antony C. Sutton, «Wallstreet und der Aufstieg Hitlers», das 2001 erschienene Buch des Schweizer Historikers Walter Hofer und des US-amerikanischen Historikers Herbert R. Reginbogin, «Hitler, der Westen und die Schweiz 1936–1945» oder das erst vor wenigen Jahren erschienene Buch von Hermann Ploppa, «Hitlers amerikanische Lehrer. Die Eliten der USA als Geburtshelfer des Nationalsozialismus» untermauern und vertiefen die These von Engdahls Buch.
Heute muss kein neuer Hitler kommen, aber die Gefahr der Diktatur, auch die einer erneuten Diktatur in Deutschland – dieses Mal wahrscheinlich mit einer anderen weltpolitischen Stossrichtung und anderen Propagandaformeln als in den 12 Jahren zwischen 1933 und 1945 – besteht. Was sonst soll der Sinn des heraufbeschworenen Chaos’ sein? Sind es lediglich Unwissen, Ignoranz und Abgehobenheit, die der politischen Klasse in Deutschland den demokratischen Weg versperren? Oder steckt ein Plan dahinter?
Von Martin Niemöller, dem von den Nationalsozialisten verfolgten evangelischen Theologen, sind folgende Sätze überliefert: «Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.»
Haben diese Sätze in Anbetracht der «Vergiftung der Debattenkultur» und der sozialen Ausgrenzungsversuche in Deutschland heute wieder an Aktualität gewonnen?    •
QUelle:http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2393
  • Republican U.S. presidential candidate Donald Trump. © Carlo Allegri
    When running for the presidency of the United States, candidates are often asked what kind of foreign policy leader they would be. In this election cycle, being a foreign policy hawk is very much in vogue. Donald Trump is singled out as being a...
https://www.rt.com/shows/crosstalk/335214-trump-us-presidency-candidate/

"Der NATO-Angriff auf Jugoslawien 1999 war ein Verbrechen" Cathrin Schütz

"Der NATO-Angriff auf Jugoslawien 1999 war ein Verbrechen" Cathrin Schütz

»Das war der Türöffnerkrieg«

Der NATO-Angriff auf Jugoslawien 1999 war ein Verbrechen. Anklage erhob das UN-Tribunal in Den Haag aber gegen die Opfer der Aggression, an der Spitze Präsident Slobodan Milosevic. Heute vor zehn Jahren starb er in der Haft. Ein Gespräch mit Cathrin Schütz

Interview: Arnold Schölzel
Cathrin Schütz, Diplompolitologin und jW-Autorin, war ab 2002 Mitglied im Verteidigungsteam von Slobodan Milosevic vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY). Unter ihrer Mitarbeit erschien dazu 2006 im Zambon-Verlag das Buch »Die Zerstörung Jugoslawiens – Slobodan Milosevic antwortet seinen Anklägern« (4. Auflage 2014, 263 Seiten, 10,00 Euro)
Am heutigen Freitag, dem zehnten Todestag von Slobodan Milosevic, findet eine Mahnwache vor dem Jugoslawien-Tribunal (ICTY) in Den Haag statt. Im Aufruf wird verlangt, dass diese Einrichtung ihre Tätigkeit einstellt. Sie vertreten diese Forderung schon seit längerem, warum?
1993 hatte der UN-Sicherheitsrat mit der Gründung des ICTY – jetzt »Restmechanismus« genannt – der UN-Charta hohngesprochen. Er kann als höchstes Exekutivorgan der UN kein Justizorgan unter seiner Schirmherrschaft einrichten. Im Statut des Internationalen Gerichtshofs (IGH), der höchsten Rechtsinstanz im UN-System, wird erklärt, dass nur Staaten als Parteien vor dem Gerichtshof auftreten können, aber das Statut des ICTY baut auf das Prinzip der »persönlichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit«. Damit wurde dem damals noch bestehenden Jugoslawien und auch den neu gegründeten Teilstaaten ohne ihre Zustimmung das souveräne Recht auf ihre Justizhoheit entrissen. So spielte das ICTY schon durch seine Gründung eine bedeutende Rolle bei der Auflösung des bestehenden internationalen Rechtssystems zugunsten einer »neuen Weltordnung«. Das ICTY agiert als verlängerter Arm der NATO und versucht der Gewaltanwendung gegen Jugoslawien den Anschein des Rechts zu verleihen. Es schützt jene Staaten, die die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien zerschlagen, die kroatischen und bosnisch-muslimischen Kriegsparteien bewaffnet und 1999 einen Angriffskrieg gegen Jugoslawien geführt haben.
Warum halten die USA, Deutschland und die anderen NATO-Mächte bis heute am ICTY fest?
Der NATO-Angriff auf Jugoslawien muss als Türöffnerkrieg für die unzähligen Aggressionen gesehen werden, die ihm folgten. Hier wurde alles erprobt, was wir heute sehen: die Zerstörung des Völkerrechts, die Aushebelung der Vereinten Nationen, die NATO-Aggression ohne UN-Mandat, die Zerstörung souveräner Staaten, massive Kriegspropaganda zur Rechtfertigung angeblich »humanitärer Kriegsgründe«. Jene, die damals zu Kriegsverbrechern erklärt wurden, gilt es zu verurteilen, um die Legende aufrechtzuerhalten, wonach das Eingreifen der NATO unvermeidbar war.
Für den 24. März, den 17. Jahrestag des Beginns des NATO-Angriffskrieges gegen Jugoslawien, ist die Verkündung des ICTY-Urteils gegen Radovan Karadzic angekündigt. Wie beurteilen Sie den Verlauf dieses Prozesses?
Ich habe in meiner Zeit am ICTY viele Prozesse erlebt. Alle sind Schauprozesse. Karadzic wird wegen Völkermords in Srebrenica verurteilt werden. Wer die Bücher von Alexander Dorin kennt, der die Ungereimtheiten wie kein anderer aufdeckt, wird wissen, wie das einzuordnen ist.
Im Aufruf zur Mahnwache ist davon die Rede, dass die NATO-Staaten immer noch »monströs die Dämonisierung der Serben« betreiben. Wo liegen die Gründe dafür? Immerhin bemüht sich die jetzige serbische Führung um Einvernehmen mit EU und NATO.
Hier geht es in erster Linie darum, dass die Verbreitung der Propagandalügen von damals, die längst als solche entlarvt werden konnten, bis heute forciert wird und diese gar Einzug in die Schulbücher halten. Nach Lesart der NATO-Kriegstreiber sind die Serben das Tätervolk, ist Milosevic der zweite Hitler. Das heutige Bemühen um Serbien ist Teil der aggressiven Politik gegen Russland, dessen Einfluss es zu verdrängen gilt.
Der Publizist Otto Köhler sagte auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar 2015 in Berlin : »Unsere Intellektuellen, Hans Magnus Enzensberger an der Spitze, haben Slobodan Milosevic zum Hitler ernannt, damit die Bundeswehr endlich 1999 den Krieg gegen Jugoslawien fortführen konnte, den Hitler 1941 begonnen hatte.« An der Haltung gegenüber dem früheren jugoslawischen Präsidenten Milosevic, die Leute wie Enzensberger und die großen deutschen Medien 1999 einnahmen, hat sich nichts geändert. Hat er nach Ihrer Kenntnis auf Derartiges reagiert?
Slobodan Milosevic hat sich vor dem ICTY selbst verteidigt. Weil er das Tribunal als politisches Machtinstrument erkannt und die Anklage gegen ihn als politische, nicht juristische bewertet hat, hat er sich ebenso politisch verteidigt. Ähnlich wie Georgi Dimitroff hat auch Milosevic nicht nur sich selbst verteidigt, sondern sein Volk und die Wahrheit. Er hat seinen Prozess genutzt, um die NATO auf die Anklagebank zu stellen, um die Rolle Deutschlands bei der Zerschlagung Jugoslawiens aufzuzeigen und die fatale Einmischung der USA zu beweisen. Umgeben wurde er von jenen, die den Mut hatten, zu seinen Gunsten öffentlich für ihn einzutreten. Darunter fand sich Peter Handke mit seinem unermüdlichen Einsatz für »Gerechtigkeit für Serbien« wie auch viele westliche und auch aus Deutschland stammende Politiker, Journalisten, Polizisten, Militärs, die in das Kriegsgeschehen als Augenzeugen involviert waren und die beschlossen, ihrem Gewissen zu folgen und nicht ihren Auftraggebern und das Schweigen zu brechen. Viele von ihnen haben, unbeachtet von den westlichen Medien, als Zeugen der Verteidigung im Prozess ausgesagt und die Anklage tief erschüttert.
Die Todesumstände von Slobodan Milosevic in der Haft waren dubios. Gibt es neue Erkenntnisse?
Ich würde die Umstände nicht als dubios bezeichnen. Dubios war vielmehr die Untersuchung, die erfolgte. Milosevics Herzkrankheit war weithin bekannt. Ärztlicher Rat, der ausreichende Schonung und adäquate Behandlung forderte, wurde regelmäßig ignoriert, sein Arbeitsvolumen durch enge Prozesstermine und den kurzfristigen Austausch von Zeugen massiv erhöht. Schon Monate vor seinem Tod haben wir davor gewarnt, dass man ihn zermürben und schwächen will, um seiner Verteidigung zu schaden. Wie wir später über Wikileaks erfahren haben, hat man über seinen Gesundheitszustand aus dem Gefängnis heraus stetig an die US-Regierung berichtet. Milosevic hat schließlich eine Behandlung in einer Herzspezialklinik in Russland beantragt. Man sagte, diese sei nur möglich, wenn die nötigen Sicherheitsgarantien seitens Russlands vorlägen. Als diese vorlagen, hat man ihm die Behandlung untersagt. Wenige Tage darauf wurde er tot in seiner Zelle gefunden. Obwohl Milosevic kurz vor seinem Tod in einem Brief an die russische Botschaft die Befürchtung geäußert hat, dass man ihn vergifte, wurden die Todesumstände bis heute nicht unabhängig untersucht. Das ist dubios! Das ICTY hat den Fall mit einem internen Bericht, der die Beteiligten jeder Verantwortung entbindet, abgeschlossen. Milosevics Familie hat den kanadischen Anwalt Chris Black mit weiteren Untersuchungen beauftragt. Unklar bleibt u. a., wie zwei im ICTY-Bericht genannte Substanzen in Milosevics Körper gelangen konnten. Blacks Bemühungen sind jedoch im Sand verlaufen, weil die beteiligten Behörden und forensischen Institute mit Verweis auf ein Abkommen mit dem ICTY keine Informationen herausgeben. Gelungen ist es jedenfalls, einen sich selbst verteidigenden Milosevic, der es wagte, die wahren Motive der NATO aufzudecken, zum Schweigen zu bringen. Sein Agieren widersprach dem Sinn der Erfindung des ICTY und durfte nicht sein.
Vor zwei Jahren bekannte Exbundeskanzler Gerhard Schröder freimütig, er habe 1999 mit dem Jugoslawien-Krieg Völkerrechtsbruch, also ein Kriegsverbrechen begangen. Er sagte damals auf einem Forum der Zeit, »unsere Flugzeuge, unsere Tornados« seien nach Serbien geschickt worden, »und die haben zusammen mit der NATO einen souveränen Staat gebombt – ohne dass es einen Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte«. Gab es Versuche, Schröder juristisch zu belangen?
Bei der Bundesanwaltschaft gingen 1999 viele Strafanzeigen wegen der Vorbereitung eines Angriffskrieges bzw. der Aufstacheln zum Angriffskrieg ein. Es wurden jedoch keine Ermittlungen eingeleitet. Begründet wurde es damit, dass Anhaltspunkte für eine Straftat fehlten. Auch vor dem ICTY wurden Strafanzeigen gestellt. Dabei ging es um die als »Kollateralschäden« bekannt gewordene Bombardierung von Zivilisten, Krankenhäusern, Schulen u. s. w. Das ICTY hat ebenfalls und nicht überraschend keine Anklagen erhoben, weil man den NATO-Staaten keine Absicht nachweisen könne. Aus dem entsprechenden Bericht geht hervor, dass sich die Ermittler des ICTY bei ihrer Untersuchung fast ausschließlich auf NATO-Quellen berufen haben.

Im Gedenken an den Zehnten Todestag von Slobodan Miloševic 


Erinnerung an  alle Opfer des völkerrechtswidrigen NATO-Krieges gegen Jugoslawien

Erklärung des Internationalen Komitees "Slobodan Miloševic" (ICSM) - für nationale Souveränität und soziale Gerechtigkeit   


Aufruf an alle Friedensfreunde und NATO-Gegner!

Am Freitag, den 11. März 2016, jährt sich der Todestag des früheren serbischen und jugoslawischen Präsidenten Slobodan Miloševic zum zehnten Mal. Im März 2006 wurde Miloševic Opfer der NATO-Siegerjustiz in Gestalt des völkerrechtswidrigen Haager Tribunals für das ehemalige Jugoslawien! Slobodan Miloševic entlarvte vor dem Tribunal die Lügen der Anklage und deckte die wahren Motive der NATO-Kriegstreiber auf. Nach unzähligen Schikanen wurde er schließlich vom Tribunal durch unzureichende medizinische Versorgung fahrlässig zu Tode gebracht und damit für immer mundtot gemacht. Hieran wollen wir vor Ort erinnern.

Ebenfalls soll an alle anderen Opfer dieser Haager Unrechtsjustiz erinnert werden, die in der Haft verstorben sind, verstreut über Europa in Gefängnissen einsitzen oder gegen die Verfahren anhängig sind. Der ehemalige Präsident der Srpska Krajina, Milan Martic, droht wegen ungenügender medizinischen Versorgung in Estland an Diabetes zu sterben. Vor wenigen Wochen ist mit dem bosnisch-serbischen General Zdravko Tolimir ein weiterer, schwer erkrankter Gefangener in Den Haag zu Tode gekommen. Die Urteilsverkündung im Prozess gegen den ehemaligen Präsidenten der bosnischen Serben, Radovan Karadžic, hat das Haager Tribunal ebenso geschichtsträchtig wie zynisch auf den 24. März 2016 angesetzt, den Jahrestag des NATO-Angriffs auf Jugoslawien. Das zu erwartende Lebenslang gegen Dr. Karadžic soll die von den NATO-Staaten monströs betriebene Dämonisierung der Serben ein weiteres Mal scheinbar belegen. Tatsächlich aber handelt es sich um einen weiteren progagandistischen Höhepunkt eines inszenierten Prozesses, der wie alle Prozesse des Haager Tribunals als Schauprozess qualifiziert werden muss. Wir fordern deshalb die umgehende Freilassung von Dr. Karadžic und aller vom Haager Tribunal verurteilten oder gefangen gehaltenen Personen! Wir verlangen, dass das zwar durch einen – gegen die UN-Charta verstoßenden! - Beschluss des UN-Sicherheitsrats gegründete, tatsächlich aber vor allem als williger NATO-Helfer fungierende Tribunal seine Tätigkeit umgehend einstellt. Es muss endlich Schluss sein mit dieser missbräuchlich unter dem Deckmantel der Vereinten Nationen stattfindenden NATO-Gerichtsbarkeit.

Wir treffen uns um 12:00 Uhr in Den Haag am Tribunalsgebäude am Rooseveltplantsoen. Dort, unmittelbar am Ort des Unrechts, bringen wir unseren Protest in Form einer bis auf 16:00h angesetzten Mahnwache zum Ausdruck. Infos zu Mitfahrgelegenheiten:
 hajo.kahlke@gmx.de