Friday, June 24, 2016

Der erste Austritt

 24.06.2016
LONDON/BERLIN (Eigener Bericht) - Das gestrige Votum der britischen Bevölkerung für den EU-Austritt ihres Landes erschüttert die EU und die Pläne Berlins, den Staatenbund für die eigene Weltmachtpolitik zu nutzen. Laut aktuellem Stand haben sich bei einer Wahlbeteiligung von 72 Prozent annähernd 52 Prozent der britischen Wähler für den Abschied aus dem Bündnis ausgesprochen. Das Votum wiegt für Berlin nicht nur deshalb schwer, weil nun die zweitgrößte Volkswirtschaft nach Deutschland und eine herausragende militärische Macht die EU verlässt und damit für eine über das europäische Bündnis operierende Weltpolitik nicht mehr zur Verfügung steht. Darüber hinaus droht eine Kettenreaktion: Auch in anderen EU-Staaten wird die Forderung nach einem Referendum laut; die zunehmende Unbeliebtheit der EU in einer ganzen Reihe von Mitgliedsländern stärkt zentrifugale Kräfte. Die schwedische Außenministerin warnt explizit vor einem "Spill-over-Effekt", der zum Beispiel zu einem schwedischen EU-Austritt führen könnte. In deutschen Medien wird die Forderung laut, das Referendum zu ignorieren und das britische Parlament für den Verbleib in der EU votieren zu lassen. Berlin leitet inzwischen erste Schritte ein, seine nationalen Positionen zu stärken - unabhängig von der EU.
Dynamik gebrochen
Am gestrigen Donnerstag haben sich bei einer Wahlbeteiligung von 72 Prozent annähernd 52 Prozent der britischen Wähler für den Austritt ihres Landes aus der EU ausgesprochen. Damit hat zum ersten Mal in der Geschichte des Staatenbundes die Bevölkerung eines Mitgliedslandes die Trennung von dem Bündnis beschlossen. Gelang es der EU bisher, sich stets zu erweitern, so ist diese Dynamik nun gebrochen.
Referenden gefordert
Außerhalb Großbritanniens hat die Abstimmung schon in den vergangenen Wochen nicht nur den Gedanken gefestigt, dass die EU tatsächlich zur Debatte gestellt werden kann, sondern auch konkrete Wünsche nach Referenden in anderen Staaten geweckt. Anfang Mai ergab eine Umfrage in neun EU-Staaten [1], die zusammen drei Viertel der EU-Bevölkerung und 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts repräsentieren, eine Zustimmung von 45 Prozent zu der Forderung, ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft des eigenen Landes abzuhalten. In Frankreich sprachen sich 55 Prozent, in Italien sogar 58 Prozent dafür aus. Ein Drittel der Befragten erklärten, sie würden bei einem Referendum für einen Austritt aus der EU stimmen. In Schweden äußerten dies 39 Prozent, in Frankreich 41 Prozent, in Italien sogar 48 Prozent der Befragten.[2] Anfang Juni ergab eine Umfrage in Dänemark, dass auch dort 42 Prozent ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft wünschen; im Februar waren es lediglich 37 Prozent gewesen. Gleichzeitig fiel die Zahl derjenigen, die bei einem Referendum für einen Verbleib in der EU stimmen würden, von 56 Prozent im November 2015 auf 44 Prozent, während die Zahl der Austrittsbefürworter von 31 Prozent im November 2015 auf 42 Prozent stieg.[3]
Negativ bewertet
Jenseits der Frage nach Referenden über die EU-Mitgliedschaft hat eine Anfang Juni publizierte Umfrage in zehn EU-Staaten [4] gezeigt, dass der Staatenbund immer negativer beurteilt wird. Klare positive Bewertungen des Bündnisses sind demnach vor allem noch in Polen (72 Prozent) und Ungarn (61 Prozent) anzutreffen. In Spanien hingegen bewerten nur noch 47 Prozent die EU positiv - 16 Prozentpunkte weniger als 2004 -, während 49 Prozent sie als negativ einstufen.[5] In Frankreich ist die Zustimmung von 2004 bis 2016 sogar um 17 Prozentpunkte auf 38 Prozent gefallen, während 61 Prozent die EU ablehnen. In Griechenland bewerten mittlerweile 71 Prozent der Bevölkerung die EU negativ, während lediglich 27 Prozent ihr das Attribut "positiv" verleihen. Niederschmetternde Zustimmungswerte erhält die EU demnach besonders in Antworten auf die Frage, wie ihr Vorgehen in der Wirtschaftskrise bewertet wird. Faktisch handelt es sich dabei um eine Bewertung der deutschen Austeritätsdiktate. Lediglich in zwei der zehn Staaten, in denen die Umfrage durchgeführt wurde, überwiegt eine positive Bewertung - in Deutschland sowie in Polen (47 zu 38 respektive 47 zu 33 Prozent). In Spanien lehnten 65 Prozent der Befragten die EU-Krisenpolitik ab, in Frankreich 66 Prozent, in Italien 68 Prozent und in Griechenland 92 Prozent.
"Den Volkswillen ignorieren"
Die wachsende Ablehnung gegenüber der EU ist insbesondere deswegen von Bedeutung, weil die bisherige erprobte Methode, EU-kritische Milieus über die EU-orientierten Funktionärsriegen der großen politischen Parteien zu neutralisieren, bei Referenden nicht mehr funktioniert. In Großbritannien etwa haben gestern traditionelle Labour-Hochburgen klare Mehrheiten für einen Austritt hervorgebracht, während in der Labour-Fraktion im britischen Unterhaus lediglich sieben Abgeordnete klar für den Abschied von der EU eintreten, 215 jedoch den Verbleib teils energisch befürworten. In Deutschland werden nun Forderungen laut, das Referendum einfach zu ignorieren. So hat der Londoner Korrespondent der Tageszeitung "Die Welt", Thomas Kielinger, am Dienstag erklärt, der Premierminister sei möglicherweise an das Referendum gebunden, nicht jedoch das Parlament: "Ist es denkbar, dass ... das Unterhaus bei einem möglichen Brexit überlegen könnte, den Volkswillen zu ignorieren und den Abschied von der EU zurückzuweisen?" Kielinger urteilt, das sei "nicht nur denkbar, sondern sogar wahrscheinlich".[6] "Von den 650 Abgeordneten sind 455 für Remain, 130 für einen Brexit, 65 unentschieden. In Prozenten ausgedrückt: 70 Prozent por Remain, 20 Prozent pro Leave, zehn Prozent nicht festgelegt." Mit einer Parlamentsabstimmung könne die EU gerettet werden. In diesem Sinne haben deutsche Medien sich schon kürzlich offen gegen Referenden ausgesprochen: So hieß es etwa, die Ansicht, "direkte Demokratie sei per se eine gute Sache", sei falsch (german-foreign-policy.com berichtete [7]).
Eine Kettenreaktion
Anlass der Äußerungen war das niederländische Referendum zum EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine am 6. April. In der Abstimmung wurde das Assoziierungsabkommen tatsächlich mehrheitlich abgelehnt. Wenige Tage später reagierte das niederländische Parlament darauf, indem es das Votum schlicht ignorierte und entschied, sich nicht danach zu richten; das Referendum sei "nicht bindend" gewesen, hieß es zur Begründung.[8] Damit sind die Sorgen des EU-Establishments jedoch nicht ausgestanden. In den Niederlanden ist es zur Zeit möglich, ein Referendum zu erzwingen, wenn es gelingt, in sechs Wochen 300.000 Unterschriften zu sammeln; dies wird als kein unüberwindliches Hindernis eingeschätzt. Wenngleich die Referenden sich lediglich auf neue Gesetze beziehen dürfen, nicht aber etwa auf die EU-Mitgliedschaft, so stellen Beobachter dennoch fest, dass derzeit nur noch 45 Prozent der niederländischen Bevölkerung für den Verbleib in der EU sind, 48 Prozent jedoch dagegen.[9] Damit bröckelt die Mehrheit bei einem Gründungsmitglied der EU. Nach dem gestrigen Votum der britischen Bevölkerung ist darüber hinaus eine Kettenreaktion nicht auszuschließen. So hat beispielsweise vor wenigen Tagen eine Umfrage gezeigt, dass in Schweden, einem Land, das in EU-Fragen Großbritannien in vielen Fragen nahesteht, im Falle eines britischen EU-Austritts lediglich 32 Prozent der Bevölkerung in der EU verbleiben, 36 Prozent hingegen ebenfalls austreten wollen.[10] Die schwedische Außenministerin hat vor wenigen Tagen explizit vor einem "Spill-Over-Effekt" gewarnt, sollte das britische Referendum in ein "leave"-Votum münden.[11] Letzteres ist nun eingetreten.
Nationale Positionen
Berlin beginnt sich darauf einzustellen, dass die EU erodiert und sich zumindest vorläufig nicht im gewünschten Maß für die deutsche Weltpolitik nutzen lässt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat in der vergangenen Woche in einem Namensbeitrag in der US-Zeitschrift "Foreign Affairs" geäußert, die EU stecke "in inneren Auseinandersetzungen" fest und sei "gestrauchelt"; bis sie sich konsolidiert und "die Fähigkeit entwickelt" habe, "eine stärkere Rolle auf Weltebene zu spielen", werde Deutschland "sein Bestes geben, um sich so umfassend wie möglich zu behaupten". Bundeskanzlerin Merkel hat am Dienstag Abend angekündigt, der deutsche Militäretat müsse sich demjenigen der Vereinigten Staaten annähern. Damit beginnt Berlin seine nationalen Positionen zu stärken.[12]
Gegen das Abbröckeln
Dem steht nicht entgegen, dass die Bundesregierung in den kommenden Tagen versuchen wird, Maßnahmen gegen ein weiteres Abbröckeln in der EU zu ergreifen; über die Errichtung eines "Kerneuropa" wird längst diskutiert.[13]german-foreign-policy.com berichtet in der kommenden Woche.
[1] Die Umfrage wurde in Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, Schweden, Spanien und Ungarn durchgeführt.
[2] Half of people in nine European countries believe UK will vote to leave the EU. www.ipsos-mori.com 09.05.2016.
[3] Lisbeth Kirk: More Danes want referendum on EU membership.euobserver.com 08.06.2016.
[4] Die Umfrage wurde in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Polen, Schweden, Spanien und Ungarn durchgeführt.
[5] Oliver Kühn: Europäer wünschen keine engere Union. www.faz.net08.06.2016.
[6] Thomas Kielinger: Beim Brexit dürfte das Parlament das Volk ignorieren.www.welt.de 21.06.2016.
[7] S. dazu Referenden als Tyrannei.
[8] Meg Hilling, Hanne Cokelaere: Netherlands sticks with EU-Ukraine deal despite referendum No vote. www.politico.eu 19.04.2016.
[9] Europa: Kommt nach dem Brexit der Nexit? www.uni-muenster.de 23.06.2016.
[10] Maddy Savage: EU referendum: Could Brexit lead to Sweden "Swexit"? bbc.co.uk 18.06.2016.
[11] Lizzie Dearden: EU referendum: Swedish foreign minister warns Brexit "could cause break-up of European Union". www.independent.co.uk 11.06.2016.
[12] S. dazu Auf Weltmachtniveau.
[13] S. dazu Nach dem Brexit.

Antisemitismus, Philosemitismus und der Palästina-Konflikt - Hitlers langer verhängnisvoller Schatten

Vortrag von Arn StrohmeyerJournalist und Buchautor

Ort: München  Zeit:  MITTWOCH, 29.6.2016   19.00 Uhr
Seminar: DONNERSTAG, 30.6.2016   19.00 Uhr

Im Seminar werden einzelne Aspekte des Themas vertieft.
 Die Teilnahme lohnt sich gewiß auch für dender den Vortrag am Mittwoch nicht gehört hat.
Veranstaltungsort: Das Theaterzelt DAS SCHLOSS
                               Schwere Reiter Straße 15
                               Tram 12/Bus 53 Haltestelle Infanteriestr.
                               Tram 20,21 Haltestelle Leonrodplatz
Eintritt je 5.- Euro, Vortrag und Seminar zusammen: 8.- Euro

Die Themen, um die es hier geht, scheinen mir ganz zentral: eine nicht wirklich, meist nur oberflächlich aufgearbeitete Nazi-Vergangenheit, die falschen Konsequenzen als unvermeidliche Folge dieser Feigheit und/oder Gedankenlosigkeit - es geht eben nicht nur darum, Betroffenheit zu kultivieren -, konkret: die falsche Politik gegenüber einem Staat, dessen wahre Natur man nicht zur Kenntnis nehmen bzw. nicht wahrhaben möchte. 
In diesen Veranstaltungen mit Arn Strohmeyer, die wir begreifen als weitere Kurse zur geistigen Selbstverteidigung gegen Manipulation und Kontrolle“ (Noam Chomsky), werden wir versuchen, neu nachzudenken über das deutsch-israelische Verhältnis und inwiefern die Palästinenser ein Teil dieser Schicksalsgemeinschaftsind. Es geht dabei um Erkenntnisprozesse, an Grabenkämpfen besteht kein Bedarf.
Im Anhang zwei zum Thema hinführende, aufschlußreiche Texte. Der erste stammt von Rolf Verleger, Professor der Psychologie und ehemaliges Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland, , heute v. a. aktiv in der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, der zweite von der jungen israelischen Kriegsdienstverweigerin Tair Kaminer.

Herzlichst
Jürgen  Jung / Siehe Anlagen:



Rolf Verleger
Die Politik Israels ­ Wo hört Kritik auf, wo fängt Antisemitismus an?
In der jüdischen Gemeinschaft gibt es zu dieser Frage mindestens zwei Sichtweisen.
A u s e i n e r P o s i t i o n d e r Ve r a n t w o r t u n g is t e s u n s e r e P f l i c h t , K r i t i k z u ä u ß e r n , w e n n i s r a e l i s c h e Politik gegen ethische Gebote verstößt. Diese Position interpretiert die jüdische Tradition, Gottes auserwähltes Volk zu sein, als eine Verpflichtung: Vorbild für ethisches Handeln zu sein, die Menschenrechte universell zu achten und durch unser Handeln den Zustand der Welt zu verbessern. In Deutschland standen für diese Tradition Moses Mendelssohn, Martin Buber, Leo Baeck.
In der Tat: Wie sind die folgenden Punkte ethisch zu verantworten?
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Vertreibung:750.000 Palästinenser wurden 1948 mit Gewalt und Drohungen aus ihrer Heimat vertrieben.
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Enteignung:Grundbesitz, Immmobilien und beweglicher Besitz dieser Vertriebenen wur­ den vom israelischen Staat entschädigungslos enteignet.
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Verdrängung:Seit 1967 baut Israel in den besetzten Gebieten Städte ("Siedlungen") und Straßen auf palästinensischem Land für inzwischen ca. 400.000 jüdische Staatsbürger .
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Mi s s a c h t u n g : D i e i s r a e l i s c h e S e i t e b o y k o t t i e r t s e i t J a h r z e h n t e n d i e V e r t r e t u n g d e r P a l ä s t i ­ nenser, aktuell die nach freien, allgemeinen und geheimen Wahlen von der Hamas gebildete Autonomiebehörde.
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Einkesselung:Israel verhindert gewaltsam freien Personen­ und Güterverkehr aus und in den Gazastreifen. Im Westjordanland werden die Palästinenser durch den Bau der Trennungs­ barriere (Mauer und Zaun) und der „Siedlungen“ in voneinander getrennten Enklaven einge­ sperrt. Der Verkehr zwischen diesen „Inseln“ wird durch über 600 Checkpoints lahmgelegt.
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Ve r s t o ß g e g e n d a s V ö l k e r r e c h t : M i t s e i n e r P o l i t i k d e r e t h n i s c h e n S ä u b e r u n g , d e s S i e d ­ lungsbaus, der Häuserzerstörung, der Kollektivstrafen etc.verstößt Israel gegen fundamentale Grundsätze des Völkerrechts. Das Gutachten des internationalen Gerichtshofs (2004), das es zum Abriss der völkerrechtswidrigen Mauer verpflichtet, wird ignoriert. Ignoriert werden auch so gut wie alle UN­Resolutionen seit 1948.
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Ge f a n g e n n a h m e : T a u s e n d e P a l ä s t i n e n s e r s i n d o h n e r e c h t l i c h e A n h ö r u n g i n i s r a e l i s c h e n Gefängnissen interniert.
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Tötung:Verdächtige Personen werden „gezielt getötet“. Bei der letzten Gazainvasion (2008/09) wurden über 1400 Menschen umgebracht.
Aus einer Perspektive der Verantwortung beschädigen solche Handlungen und ihre Rechtfer­tigung das Judentum in seiner Substanz. Daher müssen diese Handlungen kritisiert werden.
Darf sich Israel doch so verhalten?
Nach der Shoah hat in der jüdischen Gemeinschaft eine ganz andere Position die Oberhand gewonnen: Eine Position der Stärke statt der Verantwortung. Diese Position möchte auf alle Fälle verhindern, dass Juden noch einmal zu Opfern werden. Deswegen will sie, dass Israel sich stark verhält. Ob das jeweils mit dem Recht vereinbar ist, hält sie für zweitrangig: In dieser Welt sei der Mensch dem Menschen ein Wolf, und wer nicht gefressen werden wolle, müsse selbst fressen. Daher müsse es einen wehrhaften Staat in einem eigenen Land geben. Kritik am jüdischen Staat gefährdet für Befürworter dieser Position das jüdische Überleben und ist daher nur Ausdruck einer tiefer liegenden Gegnerschaft zum Judentum ­ Antisemitismus.
Wo sollten die Grenzen einer Kritik liegen?
F ü r d i e P o s i t i o n d e r St ä r k e l i e g t d i e S a c h e g a n z e i n f a c h : M i l d e K r i t i k a n I s r a e l i s t m i l d e r Antisemitismus, grundsätzliche Kritik ist grundsätzlicher Antisemitismus. Taktisch gesehen, mag es allerdings manchmal geboten sein, milde Kritik zu akzeptieren, um grundsätzlichere Kritik nicht aufkommen zu lassen.
Fast am schlimmsten ist für diese Sicht eine Kritik, die mit dem Ziel von Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn daherkommt. Denn Frieden ist aus der Sicht dieser Position nicht möglich in einer Wolfswelt: Wer von Frieden spricht, ist ein Wolf im Schafspelz.
Eine Position der Verantwortung bewertet Kritik an Israels Politik primär danach, ob sie den Tatsachen entspricht oder nicht. Wer die Bewertung von Fakten davon abhängig machen will, ob die Kritisierenden "für uns" oder "gegen uns" sind, flüchtet sich vor der eigenen
V erantwortlichkeit.

Allerdings kann Kritik auch Ausdruck von Doppelmoral sein: Dann, wenn man an Anderen Dinge kritisiert, die man an sich selbst nicht kritisiert. Eine solche Kritik kannn nicht ernst­ genommen werden. Dies bringt uns zur nächsten Frage.
Dürfen Deutsche an Israels Politik Kritik üben?
Bezüglich der Juden ist das heutige Deutschland wie der Erbe eines Mannes, der im eigenen und im Nachbar­Haus fast alle Personen umbrachte und beraubte und dann den wenigen Überlebenden sagte: "Ach, tut mir schrecklich leid. Ihr geht am besten ins nächste Haus und schmeißt dort die Leute raus": Deutschland hat erstens in der Vorgeschichte große Schuld auf sich geladen und ist zweitens dadurch für die aktuelle Situation mitverantwortlich.
Sollten Deutsche sich daher mit Kritik an Israel zurückhalten?
Für die Position der Stärkehaben die konkreten Verbrechen Deutschlands an Gewicht verlo­ ren: Juden müssen sowieso die Stärkeren sein, sonst werden sie Opfer, die Täter können wechseln. Der "neue Hitler" wird je nach Lage definiert. Kritik aus Deutschland wird daher in der Tat als "antisemitisch" bewertet, aber nicht anders ergeht es Kritik aus z.B. Frankreich, England oder den USA (s. die Broschüre von A.H. Rosenfeld im Ölbaum­Verlag Augsburg, 2007).
A u s Ve r a n t w o r t u n g s ­S i c h t i s t d i e Z u r ü c k h a l t u n g d e s o f f i z i e l l e n D e u t s c h l a n d s s c h l i c h t Beihilfe zu neuem Unrecht. Dass dies aus schlechtem Gewissen geschieht, macht es nicht besser. Kritik ist vielmehr wünschenswert. Israel muss zu einer Position der Verantwortlich­ keit gebracht werden. Die meisten nichtjüdischen Deutschen, die sich mir hierzu mitteilten, sind keine Leute mit Doppelmoral, keine Nazis, keine Antisemiten, keine Hasser. Sie sind vielmehr Leute, die aus den Verbrechen der Nazizeit die Konsequenz gezogen haben, dass man frühzeitig gegen Unrecht aufstehen muss und dass eine Position der Stärke aufgrund der Überzeugung, das ewige Opfer zu sein, in Wirklichkeit eine Position der Schwäche ist und in den Abgrund führen kann.
Ist dieser Aufsatz antisemitisch?
Aus Sicht der Position der Stärke:Ja. Aus Sicht der Verantwortung:Nein.
Er ist vielmehr Ausdruck einer universellen Achtung der Menschenrechte und der traditionel­ len Ethik des Judentums. Das Judentum war etwas und soll etwas sein, worauf wir stolz sein können. Daher muss der jüdische Staat nach Gerechtigkeit streben. Er muss Leben, Besitz, Kultur und Würde all seiner Bewohner und Nachbarn achten. Dahin müssen wir ihn bewegen.

Quelle:Neues Deutschland 11.9.2009
Rolf Verleger, Professor der Psychologie und Essayist, ehemaliges Mitglied im Zentralrat der J u d e n i n D e u t s c h l a n d ,V o r s i t z e n d e r d e r Jü d i s c h e n G e m e i n s c h a f t S c h l e s w i g ­ H o l s t e i n u n d heute aktiv imVerein Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost.
SALAM SHALOM Arbeitskreis Palästina­Israel e. V. www.salamshalom­ev.desalamshalom.ak@googlemail.com

Tair Kaminer  Warum ich den Dienst in der israelischen Armee verweigere
MEIN NAME ist Tair Kaminer, ich bin 19. Vor ein paar Monaten habe ich ein freiwilliges Jahr bei den israelischen Pfadfindern in Sderot [1] beendet. In ein paar Tagen werde ich ins Gefängnis gehen.
Ein ganzes Jahr lang habe ich in Sderot als Freiwillige mit Kindern gearbeitet, die in einem Kriegs-gebiet leben, und dort habe ich beschlossen, den Dienst beim israelischen Militär zu verweigern. Ich will damit meinen Beitrag für meine Gesellschaft zu leisten und sie zu einem besseren Ort zu machen. Meine Verweigerung ist Teil eines fortlaufenden Kampfes für Frieden und Gleichheit. 
DIE KINDER, mit denen ich gearbeitet habe, sind im Herzen des Konfliktes aufgewachsen und haben von klein auf schwierige Erfahrungen gemacht, Erfahrungen, durch die bei vielen von ihnen großer Hass erzeugt wurde, ein Hass, den man – besonders bei kleinen Kindern – verstehen kann. So wie sie, lernen viele Kinder, die im Gazastreifen und im Rest der besetzten palästinensischen Gebiete in einer noch schwierigeren Realität leben, die andere Seite zu hassen. Auch ihnen kann man daraus keinen Vorwurf machen. Wenn ich all diese Kinder zusammen betrachte, die nächste Generation auf beiden Seiten, und die Realität in der sie leben, dann sehe ich kein Ende dieses Traumas und dieses Schmerzes. Und ich sage: Es reicht!
Seit Jahren schon gibt es keine Perspektive für einen politischen Friedensprozess und es gibt keinen Versuch, Frieden nach Gaza oder Sderot zu bringen. Aber solange der Weg militärischer Gewalt weiter beschritten wird, erzeugen wir Generationen voller Hass, die alles nur noch schlimmer machen werden. Wir müssen dem jetzt Einhalt gebieten.
Deshalb verweigere ich: Ich will mich nicht aktiv an der Besatzung der palästinensischen Gebiete beteiligen, nicht an dem Unrecht, das dem palästinensischen Volk unter dieser Besatzung zugefügt wird. Ich will nicht mitwirken an dem Kreislauf des Hasses in Gaza und Sderot.
DER TERMIN für meine Einberufung wurde auf den 10. Januar 2016 festgelegt. An diesem Tage werde ich bei der Einberufungsstelle in Tal Hashomer vorsprechen und erklären, dass ich mich weigere, Militärdienst zu leisten, und dass ich zur Ableistung eines zivilen Ersatzdienstes bereit bin.
IN GESPRÄCHEN mit mir nahestehenden Menschen wurde ich beschuldigt, die Demokratie zu schädigen, indem ich den Gesetzen des Staates nicht Folge leiste. Aber die Palästinenser in den besetzten Gebieten leben unter der Herrschaft der israelischen Regierung, obwohl sie diese gar nicht gewählt haben. Ich bin überzeugt, dass sich Israel, solange es ein Besatzerstaat bleibt, auch immer weiter von der Demokratie entfernen wird. Und deshalb betrachte ich meine Verweigerung als Teil des Kampfes für Demokratie und nicht als einen Akt gegen Demokratie.
Man sagte mir, dass ich mich meiner Verantwortung für die Sicherheit des Staates Israel entziehe. Aber als eine Frau, in deren Augen alle Menschen gleich sind und das Leben aller Menschen gleich wichtig ist, kann ich das Sicherheitsargument nicht gelten lassen, solange es nur bei Juden ange-wendet wird. Gerade jetzt, bei der anhaltenden Welle des Terrors, zeigt sich ganz klar, dass das Militär nicht einmal Juden zu schützen vermag, weil es in einer Besatzungssituation eben keine Sicherheit geben kann. Wirkliche Sicherheit wird es erst dann geben können, wenn das palästinen-sische Volk in Freiheit und Würde in einem unabhängigen Staat an der Seite Israels lebt.
Es gab auch Menschen, die sich über meine persönliche Zukunft in einem Staat Sorgen machten, in dem die Ableistung des Militärdienstes eine so große Bedeutung hat. Sie schlugen vor, dass ich den Militärdienst trotz meiner Überzeugungen ableisten oder ihn zumindest nicht öffentlich verweigern solle. Aber trotz all der zu erwartenden Schwierigkeiten und begründeten Besorgnisse bin ich zu der Entscheidung gelangt, meine Verweigerung öffentlich zu machen. Dieser Staat, dieses Land, diese Gesellschaft sind mir zu wichtig, um mich auf ein Schweigen einzulassen. Ich bin nicht so erzogen worden, dass ich mich nur um mich selbst zu kümmern habe; bis heute ging es in meinem Leben [stets auch] um Geben und um soziale Verantwortung.
ICH WÜNSCHE MIR, dass meine Verweigerung, auch wenn ich für meine Person einen Preis dafür zahlen muss, dazu beitragen wird, dass die Besatzung in Israel ein Thema des öffentlichen Diskurses wird, weil so viele Israelis von der Besatzung nichts mitkriegen und sie in ihrem tägli-chen Leben vergessen - einem Leben, das im Vergleich zu dem der Palästinenser oder sogar im Vergleich zu dem der Israelis im Westen des Negev (in der Nähe des Gazastreifens) so sicher ist.
MAN SAGT UNS, dass es keinen anderen Weg gibt als den der militärischen Gewalt. Aber ich glaube, dass das der destruktivste Weg ist und dass es sehr wohl andere Wege gibt. Ich möchte uns alle daran erinnern, dass es Alternativen gibt: Verhandlungen, Frieden, Optimismus, den aufrichti-gen Willen, in Gleichheit, Sicherheit und Freiheit zu leben. 
Man sagt uns, dass das Militär nichts mit Politik zu tun hat. Aber den Militärdienst zu leisten, ist eine politische Entscheidung von großer Bedeutung, genau wie seine Verweigerung.
Wir, die jungen Leute, müssen die Bedeutung dieser Entscheidung in ihrer ganzen Tragweite verstehen. Wir müssen die daraus folgenden Konsequenzen für unsere Gesellschaft verstehen. Nachdem ich diese Bedeutung erfasst habe, lautet meine Entscheidung: ich verweigere. Das Militärgefängnis schreckt mich sehr viel weniger als die Vorstellung, dass unsere Gesellschaft ihre Menschlichkeit verliert.


Die Übersetzung wurde von amnesty international angefertigt und von SALAM SHALOM leicht überarbeitet. 

[1] Sderot ist eine Stadt im südlichen Israel, im Westteil der Negev-Wüste, unweit des nördlichen Gaza-streifens. Sie wurde 1951 auf dem Land des palästinensischen Dorfes Nadschd gegründet. Dessen Einwohner waren 1948 von jüdischen Truppen nach Gaza vertrieben worden. Das Dorf selbst war seinerzeit vollständig zerstört worden. Die ehemaligen Bewohner und ihre Nachkommen leben bis heute als Flüchtlinge im Gazastreifen.

Am 3.Mai 2016 wurde Tair zum fünften Mal verurteilt, diesmal zu 30 Tagen Gefängnis.

SALAM SHALOM Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.  www.salamshalom-ev.de salamshalom.ak@gmail.come Verantwortung.




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Tair Kaminer Warum ich den Dienst in der israelischen Armee verweigere


MEIN NAME ist Tair Kaminer, ich bin 19. Vor ein paar Monaten habe ich ein freiwilliges Jahr bei den israelischen Pfadfindern in Sderot [1] beendet. In ein paar Tagen werde ich ins Gefängnis gehen.
Ein ganzes Jahr lang habe ich in Sderot als Freiwillige mit Kindern gearbeitet, die in einem Kriegs-gebiet leben, und dort habe ich beschlossen, den Dienst beim israelischen Militär zu verweigern. Ich will damit meinen Beitrag für meine Gesellschaft zu leisten und sie zu einem besseren Ort zu machen. Meine Verweigerung ist Teil eines fortlaufenden Kampfes für Frieden und Gleichheit.
DIE KINDER, mit denen ich gearbeitet habe, sind im Herzen des Konfliktes aufgewachsen und haben von klein auf schwierige Erfahrungen gemacht, Erfahrungen, durch die bei vielen von ihnen großer Hass erzeugt wurde, ein Hass, den man – besonders bei kleinen Kindern – verstehen kann. So wie sie, lernen viele Kinder, die im Gazastreifen und im Rest der besetzten palästinensischen Gebiete in einer noch schwierigeren Realität leben, die andere Seite zu hassen. Auch ihnen kann man daraus keinen Vorwurf machen. Wenn ich all diese Kinder zusammen betrachte, die nächste Generation auf beiden Seiten, und die Realität in der sie leben, dann sehe ich kein Ende dieses Traumas und dieses Schmerzes. Und ich sage: Es reicht!
Seit Jahren schon gibt es keine Perspektive für einen politischen Friedensprozess und es gibt keinen Versuch, Frieden nach Gaza oder Sderot zu bringen. Aber solange der Weg militärischer Gewalt weiter beschritten wird, erzeugen wir Generationen voller Hass, die alles nur noch schlimmer machen werden. Wir müssen dem jetzt Einhalt gebieten.
Deshalb verweigere ich: Ich will mich nicht aktiv an der Besatzung der palästinensischen Gebiete beteiligen, nicht an dem Unrecht, das dem palästinensischen Volk unter dieser Besatzung zugefügt wird. Ich will nicht mitwirken an dem Kreislauf des Hasses in Gaza und Sderot.
DER TERMIN für meine Einberufung wurde auf den 10. Januar 2016 festgelegt. An diesem Tage werde ich bei der Einberufungsstelle in Tal Hashomer vorsprechen und erklären, dass ich mich weigere, Militärdienst zu leisten, und dass ich zur Ableistung eines zivilen Ersatzdienstes bereit bin.
IN GESPRÄCHEN mit mir nahestehenden Menschen wurde ich beschuldigt, die Demokratie zu schädigen, indem ich den Gesetzen des Staates nicht Folge leiste. Aber die Palästinenser in den besetzten Gebieten leben unter der Herrschaft der israelischen Regierung, obwohl sie diese gar nicht gewählt haben. Ich bin überzeugt, dass sich Israel, solange es ein Besatzerstaat bleibt, auch immer weiter von der Demokratie entfernen wird. Und deshalb betrachte ich meine Verweigerung als Teil des Kampfes für Demokratie und nicht als einen Akt gegen Demokratie.
Man sagte mir, dass ich mich meiner Verantwortung für die Sicherheit des Staates Israel entziehe. Aber als eine Frau, in deren Augen alle Menschen gleich sind und das Leben aller Menschen gleich wichtig ist, kann ich das Sicherheitsargument nicht gelten lassen, solange es nur bei Juden ange-wendet wird. Gerade jetzt, bei der anhaltenden Welle des Terrors, zeigt sich ganz klar, dass das Militär nicht einmal Juden zu schützen vermag, weil es in einer Besatzungssituation eben keine Sicherheit geben kann. Wirkliche Sicherheit wird es erst dann geben können, wenn das palästinen-sische Volk in Freiheit und Würde in einem unabhängigen Staat an der Seite Israels lebt.
Es gab auch Menschen, die sich über meine persönliche Zukunft in einem Staat Sorgen machten, in dem die Ableistung des Militärdienstes eine so große Bedeutung hat. Sie schlugen vor, dass ich den Militärdienst trotz meiner Überzeugungen ableisten oder ihn zumindest nicht öffentlich verweigern solle. Aber trotz all der zu erwartenden Schwierigkeiten und begründeten Besorgnisse bin ich zu der Entscheidung gelangt, meine Verweigerung öffentlich zu machen. Dieser Staat, dieses Land, diese Gesellschaft sind mir zu wichtig, um mich auf ein Schweigen einzulassen. Ich bin nicht so erzogen worden, dass ich mich nur um mich selbst zu kümmern habe; bis heute ging es in meinem Leben [stets auch] um Geben und um soziale Verantwortung.
ICH WÜNSCHE MIR, dass meine Verweigerung, auch wenn ich für meine Person einen Preis dafür zahlen muss, dazu beitragen wird, dass die Besatzung in Israel ein Thema des öffentlichen Diskurses wird, weil so viele Israelis von der Besatzung nichts mitkriegen und sie in ihrem tägli-chen Leben vergessen - einem Leben, das im Vergleich zu dem der Palästinenser oder sogar im Vergleich zu dem der Israelis im Westen des Negev (in der Nähe des Gazastreifens) so sicher ist.
MAN SAGT UNS, dass es keinen anderen Weg gibt als den der militärischen Gewalt. Aber ich glaube, dass das der destruktivste Weg ist und dass es sehr wohl andere Wege gibt. Ich möchte uns alle daran erinnern, dass es Alternativen gibt: Verhandlungen, Frieden, Optimismus, den aufrichti-gen Willen, in Gleichheit, Sicherheit und Freiheit zu leben.
Man sagt uns, dass das Militär nichts mit Politik zu tun hat. Aber den Militärdienst zu leisten, ist eine politische Entscheidung von großer Bedeutung, genau wie seine Verweigerung.
Wir, die jungen Leute, müssen die Bedeutung dieser Entscheidung in ihrer ganzen Tragweite verstehen. Wir müssen die daraus folgenden Konsequenzen für unsere Gesellschaft verstehen. Nachdem ich diese Bedeutung erfasst habe, lautet meine Entscheidung: ich verweigere. Das Militärgefängnis schreckt mich sehr viel weniger als die Vorstellung, dass unsere Gesellschaft ihre Menschlichkeit verliert.


Die Übersetzung wurde von amnesty international angefertigt und von SALAM SHALOM leicht überarbeitet.

[1] Sderot ist eine Stadt im südlichen Israel, im Westteil der Negev-Wüste, unweit des nördlichen Gaza-streifens. Sie wurde 1951 auf dem Land des palästinensischen Dorfes Nadschd gegründet. Dessen Einwohner waren 1948 von jüdischen Truppen nach Gaza vertrieben worden. Das Dorf selbst war seinerzeit vollständig zerstört worden. Die ehemaligen Bewohner und ihre Nachkommen leben bis heute als Flüchtlinge im Gazastreifen.

Am 3.Mai 2016 wurde Tair zum fünften Mal verurteilt, diesmal zu 30 Tagen Gefängnis.

SALAM SHALOM Arbeitskreis Palästina-Israel e.V. www.salamshalom-ev.de salamshalom.ak@gmail.come Verantwortung.






‘Shanghai Cooperation Organization expands, commands respect worldwide’ – Putin to Xinhua

Published time: 23 Jun, 2016 07:02

Russian President Vladimir Putin has welcomed the expansion of the Shanghai Security Organization in an interview with Xinhua, noting that the association is gaining relevance outside the region and inspiring respect worldwide.
President of Xinhua News Agency Cai Mingzhao:Mr. President,
I am greatly honored and pleased to have this opportunity to interview you in your hometown prior to your visit to the People's Republic of China.
First of all, I would like to express on behalf of the Xinhua Agency our sincere respect.
President of Russia Vladimir Putin: Thank you.
Cai Mingzhao:With your – and President of the People's Republic of China Xi Jinping's  active involvement and support Chinese-Russian relations have already reached an extremely high level.
I would like to ask you some questions, if I may.
Last year, you met with the Chinese President five times. With your engagement and assistance, as well as through the efforts made by you and Mr. Xi Jinping Chinese-Russian collaboration has been constantly deepening and enhancing.
In your opinion, what areas of cooperation between Beijing and Moscow would you describe as priority ones at the moment? What areas are to be developed in the future? And what do you think of the expectations related to your upcoming visit to China?
Vladimir Putin: In fact, you already defined our relations when you said they were at a very high level.
I would now draw the attention of our readers to two dates. 25 years ago, we announced the launch of new relations, those of strategic partnership, and 15 years ago, we signed a friendship and cooperation treaty. Since then, hard work has been done resulting in an unprecedented level of mutual trust on which our collaboration is built.
As we had never reached this level of relations before, our experts have had trouble defining today's general state of our common affairs. It turns out that to say we have strategic cooperation is not enough anymore. This is why we have started talking about a comprehensive partnership and strategic collaboration. "Comprehensive" means that we work virtually on all major avenues; "strategic" means that we attach enormous inter‑governmental importance to this work.
You mentioned my interaction with the President of the People's Republic of China. This is very true. Of course, our joint work, work at this level gives positive momentum to our relations. At our level, we discuss the key strategic aspects of our cooperation.
Mr. Xi Jinping devotes much of his personal attention to the development of Russia-China relations. He is a very good friend and a reliable partner.
Nonetheless, our efforts alone would have been insufficient for the successful development of ties between Russia and China. Naturally, this called for the establishment of a mechanism to ensure cooperation between the governments of the Russian Federation and the People's Republic of China. The heads of Governments of both states hold regular meetings. Over two dozen subcommittees – I believe there are 26 of them – and intergovernmental commissions have been created and are operating very effectively and intensely. It is not always possible to agree on complex matters from the outset, but we address all the issues, however complex they might be, with the common goal in mind of fostering our cooperation - and we always find solutions.
The existing problems in the world economy have also had an impact on our collaboration, leading to a certain drop in the total trade turnover, but we are convinced that it is a temporary phenomenon resulting from the current situation with certain goods and the exchange rate.
Nevertheless, we manage to settle the key issues. We manage to take major steps to improve our trade structure.
I am not sure about the exact figures, here we should consult the relevant reports, last year has seen a considerable increase, of 44 per cent, I believe, in our export of engineering products to the People's Republic of China. That is highly important for us. We have been discussing this issue with our Chinese partners for years. I would like to thank our friends for our success in establishing such collaboration in this essential area and achieving the set goals. Those were our common goals. We agreed upon them, and we are now moving in the right direction.
In this regard, one of the most important directions is of course the diversification of our ties, making them more sophisticated, paying more attention to the high-tech area of our collaboration.
We also work together on space programs, in the sphere of aviation, on the construction of a wide-body aircraft and a heavy helicopter. We collaborate on environmental issues, and carry on with large-scale energy projects, including in nuclear energy.
Cai Mingzhao: The Russian side has very good competitive advantages in this area.
Vladimir PutinThat is true. Our Rosatom has a large stock of orders. The two units of the Tianwan Nuclear Power Plant have been operating for 8 years now, and have proved reliable.
We are currently working on another two units, and I think more could be done. We should enhance our cooperation not only in terms of increasing the number of nuclear power plants in China but also by expanding our scientific and technical collaboration in this area.
China is increasing its presence in our energy market, it is a major shareholder in one of our significant projects, Yamal LNG, and it has acquired 10 percent of the shares in one of our leading chemical holdings, SIBUR. We welcome these Chinese investments not only as a means of placing financial resources but also as a means of further developing our partnership.
Intensive work is underway on the famous Moscow-Kazan High-Speed Rail Line Project. Some railway sections will allow for a train speed of up to 400 kilometers per hour. We pay considerable attention to these prospects; this can be only the beginning of our large-scale infrastructure cooperation.
Our interaction in the humanitarian field is no less important. Thus, we have held cross‑years of China in Russia and Russia in China, the Year of Youth Exchange, the Year of the Russian Language and, accordingly, the Year of the Chinese Language, the Year of Tourist Exchange, etc. Some events were initiated by the Russian side, and others – by the Chinese side; but they all have been very successful and will undoubtedly contribute to building an atmosphere of confidence between our peoples. These projects are as important as, for example, those in the energy sphere, such as the huge Power of Siberia project to supply up to 38 billion cubic meters of Russian gas per annum via a newly established eastern route from Russia to China. Add to this diplomatic, military, and military-technical cooperation.
We usually discuss all these issues at our joint meetings. As you see, the agenda is extensive if not huge. Therefore, I am looking forward to substantive negotiations, intensive ones. They are always held in an atmosphere of amity and mutual trust.
Cai Mingzhao:You have just mentioned important projects in the economic area between Russia and China. We are greatly inspired by these big projects. Cooperation between Russia and China has an immense potential. You often stress the need to converge integration processes, in particular regarding the Eurasian Economic Union and China's Silk Road project. Our business circles also pay attention to this issue.
What concrete steps will be taken to develop this cooperation? And how will this cooperation help improve the Russian-Chinese trade and economic interaction?
Vladimir Putin: You have touched on a very interesting and complex subject. As we know, President Xi Jinping has launched an initiative to revitalize the very idea of the Great Silk Road. We believe it is a very timely, interesting and promising initiative aimed at increasing cooperation with all countries of the world, but primarily with neighbours, because wherever the road goes, it first runs through neighbouring territories.
We are engaged in negotiations on two tracks: China-Russia, bilaterally, and China-Eurasian Economic Union. A short while ago, at a meeting in Astana with my counterparts from the Eurasian Economic Union, which currently comprises five countries, we discussed this possibility and came out in favour of enhancing cooperation with China, drawing on President Xi Jinping's idea to develop the Silk Road Economic Belt.
To put it bluntly, these issues clearly call for expert examination. We certainly care about the interests of our national producers. However, there is a common understanding that the general development path in a global economy, as well as in our cooperation with China, should involve a gradual removal of all barriers to open collaboration. In the initial stages, it could imply the establishment of a free-trade zone.
Being realists, we understand that at the beginning there will inevitably be faults and exceptions. Still, we should outline the way forward. While progressing towards this goal, we will pave the way for what I have called today “cooperation in Eurasia”, since an increasing number of countries in the region show interest in such collaboration. At the same time, we will seek to avoid shaping exclusive trade and economic blocs.
Cai Mingzhao:The Shanghai Cooperation Organization will shortly hold its regular summit in Tashkent. Russia and China actively cooperate within various international organizations, primarily within the SCO, which was established 15 years ago. The SCO is an essential element in ensuring stability and security in the region.
What is your vision of the further development of this Organization? What role, in your opinion, will it play in the future, both regionally and globally?
Vladimir Putin: This Organization, when it was first created, set itself quite modest goals, which I would say were important but at the same time practical. These included the settlement of various issues of cross-border cooperation, complex as well as simple ones. As we know, such border issues may remain in limbo for decades if goodwill is lacking, and are promptly settled when there is enough goodwill. This most likely depends on the mood, on the philosophy adopted by a state in its international relations.
It is thanks to this very goodwill that Russia and China, as well as other members of the Shanghai Cooperation Organization, have fulfilled the tasks they set themselves in this area. We came to understand that such a mechanism, along with its valuable outputs and the level achieved in relations between our countries, should not be wasted. Therefore, we actually began using the established mechanism to address other issues, first of all developing our cooperation in various areas, such as political cooperation and cooperation in infrastructure development. We also launched discussions on security, on combatting the drug threat and other issues.
I would not say that we have made astonishing progress or carried out any high-profile activities; yet the Organization has become highly demanded and attractive in the region, and many countries of the world have expressed their willingness to join it.
At the summit held last year in Ufa, Russia, we decided to admit to the SCO another two states, India and Pakistan. We are to formalize this decision at the Tashkent meeting. We will also consider the intentions of other countries to join our work.
Indeed, as the Shanghai Cooperation Organization expands its areas of operation and its membership through the participation of the powerful countries I have just mentioned, it turns into a very powerful international association that commands respect and is relevant both in the region and worldwide.
The international environment is complicated and multifaceted, and issues are not resolved by the mere fact that countries with different approaches to and views on various international challenges join our Organization. However, as we expect, their accession does create conditions for the issues to be resolved.
Cai Mingzhao:Mr. President, I know that your schedule is tight and your time is of high value. I have a rare opportunity to interview you personally. May I ask you one more question?
Vladimir Putin: Fine.
Cai Mingzhao:Crises abound in the modern world. We face economic downturns, serious terrorism-related problems, and challenges caused by climate change. Russia and China are responsible major powers addressing international issues. What other efforts in your view could our countries make in order to safeguard peace and reform global governance?
Vladimir Putin: You know, today the very fact that China and Russia collaborate in international affairs contributes to the stability of world affairs.
Let me remind you of the statement made by the President of the People's Republic of China at the 70th anniversary of the United Nations. Think back and recall it. That statement called for resolving all contentious issues only by peaceful means on the basis of international law. Furthermore, the President was among the few who declared that they were ready to help those in need and even specified those proposals. It is such approaches that unite us in international affairs, not merely the geographic proximity of our countries.
Apart from our joint work in the Shanghai Cooperation Organization, we cooperate within BRICS, which in fact was jointly established by us, and we actively collaborate at the UN.
I would take the liberty to recall that it was this country, the Soviet Union at that time, which made every effort to give the People's Republic of China its deserved place among the permanent members of the Security Council. We have always believed that this is the place for the People's Republic of China. Today, we are particularly pleased that this has happened, since our views on international affairs, as diplomats say, are either very similar or coincide. At the same time, this similarity or coincidence is backed by concrete work, including efforts on the technical level. We are in constant contact and we consult on global and regional issues. Since we consider each other close allies, naturally, we always listen to our partners and take into account each other’s interests.
I am certain that our joint work during my visit to the People's Republic of China will proceed in the same way.
Cai Mingzhao:Mr President, thank you very much. We also look forward to your visit to China. We would like to wish you every success during your upcoming visit to the PRC.
I would also like to inform you that the Xinhua Chinese News Agency and the TASS News Agency are to sign a new agreement on cooperation during your visit to China.
Vladimir Putin: Thank you for your assistance in this area since media support is just as important as the substantive work done by diplomats in the modern world, as they say.