Wednesday, December 9, 2015

Weihnachstbrief 2015 von Irene Eckert

Freunde, Kollegen, um den Weltfrieden Besorgte,  

 

verzeiht mir, wenn ich zur Weihnacht und zum Jahresende statt Persönliches anzumerken und zu berichten, grundsätzlich werde.
Natürlich ist auch das Persönliche politisch und das Politische persönlich, wie schon der gute alte Schweizer Dichter Gottfried Keller im 19. Jahrhundert wusste. Für ihn war alles politisch und zwar vom „Dachziegel bis zur Schuhsohle“. In Anbetracht all der Hiobsbotschaften, die uns das Jahr 2015 ins Haus brachte, möchte ich mit Bezug auf das bevorstehende Lutherjahr - hi gut protestantisch aller Wege - sagen:
„Und wenn die Welt voll Teufel wär,
und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr,
es soll uns doch gelingen“ (Martin Luther „Ein feste Burg ist unser Gott“)
Auch die Worte eines französisch-katholisch geschulten, kommunistischen Dichters seien in Erinnerung gerufen:
„Es ist nötig zu sprechen, es ist nötig zu sagen, was ist, selbst wenn viele Münder anders gesprochen haben – selbst wenn alle anders gesprochen haben“ Henri Barbusse, „Jesus“, Leipzig/Wien 1928, S.126
Das nahende Christfest mag auch den Bezug auf den älteren Teil der Bibel erlauben:
"Das Volk, das im Finstern lebt, sieht ein großes Licht; hell strahlt es auf über denen, die ohne Hoffnung sind. (...) Die Soldatenstiefel, die beim Marschieren so laut dröhnen, und all die blutverschmierten Kampfgewänder werden ins Feuer geworfen und verbrannt. Denn uns ist ein Kind geboren! Ein Sohn ist uns geschenkt! Er wird die Herrschaft übernehmen. Man nennt ihn 'Wunderbarer Ratgeber', 'Starker Gott', 'Ewiger Vater', 'Friedefürst'. Er wird seine Herrschaft weit ausdehnen und dauerhaften Frieden bringen." aus dem Alten Testament Jesaja 9, Verse 1, 4-6a
Diese Weihnacht könnten wir theoretisch mit Bezugnahme auf die alttestamentarische Botschaft als großes Friedensfest begehen. Wir feiern schließlich 70 Jahre Kriegsende und 70 Jahre Überwindung des mordbrennerischen Hitlerfaschismus.
Wir gedenken heuer auch der 70 langen Jahre einer völkerversöhnenden UN-Charta, eines universell gültigen Friedensinstruments. Wir können uns auf diese wertvollen völkerrechtlichen Grundlagen stützen und uns sogar auf die 2 700 Jahre alten Worte des biblischen Propheten Jessaja berufen, der die Ankunft des „Friedefürsten“ damals schon verkündet hat.
Als 'christliche Werte-Gemeinschaft', an dessen Spitze der bibelkundige Theologe Gauck und die Pfarrerstochter Merkel stehen, müssten wir uns redlicher Weise auf die ur-christliche Weihnachtsbotschaft vom Gerechtigkeit stiftenden Frieden beziehen. Wir müssten politisch dafür arbeiten, Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit in die Tat umzusetzen. Unser gemeinsames Bemühen müsste dahin gehen, den beiden meist genannten Vokabeln der Bibel praktisch Geltung zu verschaffen.
In den goldenen Zwischenkriegsjahren des vorigen Jahrhunderts legte uns der damals gefeierte französische Anti-Kriegsautor Henri Barbusse in zwei Jesus-Schriften eine moderne Deutung der Christusfigur nahe, aus der gar die Verwandtschaft zwischen Christentum und Kommunismus abzulesen ist.
Noch immer aber scheint selbst nach dem Zweiten Großen Völkermorden „das Gedächtnis der Menschen für erduldete Leiden erstaunlich kurz“, so Bertolt Brecht 1952. Wieder einmal legen die Mächtigen uns moderne Menschen mit Lügen herein. Jene, die noch stets vom Kriege profitiert haben, rechnen auch heute noch mit unserer Unkenntnis der Geschichte und der Gesetzestexte. Sie suchen uns "blinden Kätzchen" wie ehedem ein X für ein U vorzumachen. Sie appellieren an unser Angstgefühl und Mitleidsempfinden. Wofür einst im Kalten Krieg das Gespenst des Kommunismus herhalten musste, ist heute die unaufrichtige Terroristenhatz gut. Eigenartiger Weise wächst das Terrorgeschwür je mehr man es zu bekämpfen vorgibt.
Am Freitag, den 4. Dezember 2015 beschloss der deutsche Bundestag über die Köpfe der Mehrheit der deutschen Bevölkerung hinweg im Tornado-Tempo, sich an einem völkerrechts-und grundgesetzwidrigen Angriffskrieg zu beteiligen. Eine siebenfache Mutter und gelernte Medizinerin verbucht das Ergebnis in ihrer Eigenschaft als „Verteidigungsministerin“ als Erfolg.
„ … und das Gesetz, das die Reichen zu ihrem Erfolg erlassen und das Beispiel der Reichen verhängt den Krieg“ so spricht Jesus laut Henri Barbusse (ebd. „Jesus“ S. 67)
Deswegen lesen wir wohl in der Bibel wörtlich:„Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ – Markus 10,25
Aber die Mächtigen können nicht selber rechnen und sie scheinen auch jeder Vernunft verlustig. Sie rechnen vor allem nicht mit dem -  heute noch weitgehend passiven - Widerstand der Massen gegen ein neues Kriegsabenteuer. Die Flüchtlingsströme, die sie mit ihren Kriegen bereits breitgetreten haben, sorgen immerhin in Europa und auch in Deutschland entgegen aller staatstragenden Propaganda für erheblichen Unmut. Bedauerlicher- oder vielmehr sträflicher Weise werden  immer wieder  Täter und Opfer gleichgesetzt, werden entsprechend desorientierende Losungen ausgegeben und leider allzu oft befolgt .

Das mag daran liegen, dass unsere Gesellschaft als Ganzes von der Ausbeutung fremder Kontinente, die wir bekriegen helfen, profitiert. Allerdings ist die Dividende sehr ungleich verteilt. Auch bei uns gibt es Massen-Elend. Auch bei uns klafft ein Abgrund zwischen dem akkumulierten Reichtum der Wenigen und der verbreiteten Not vieler in mitten des Konsumrausches.
Am schlimmsten wirkt sich derweilen die öffentliche Armut aus. Die Vernachlässigung unserer einst hervorragenden Infrastruktur trifft uns alle. Ein neues Raubrittertum zieht dem Bürger den letzten Groschen aus der Tasche, während korrupte Eliten für Banken und Rüstungskonzerne allzeit bereit die Hand heben. Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Brücken verkommen, während der private Reichtum immer weiter wächst. Das Versagen einer die Mehrheitsinteressen längst nicht mehr angemessen repräsentierenden Opposition führt allerorten zum Erstarken populistischer, ja faschistischer Kräfte.

Dagegen muss immer wieder betont werden: Nicht der unfreiwillige Hartz IV Empfänger oder die unfreiwillig lohndrückenden arbeitslosen Massen noch die hereinströmenden Flüchtlinge sind unsere Gegner. Unser aller Gegner ist eine kriegstreibende Politik, eine Politik, die den Terror züchtet und zwar mit tatkräftiger Unterstützung unseres Landes und seiner Eliten. Aber selbst unter jenen gilt es noch zu differenzieren. Es gilt unter ihnen die Stimmen der Vernunft auszumachen und zu unterstützen.
Es ist vor allem an der Zeit, sich neu zu organisieren. Überall müssen wir uns auf die Vernunft, auf Recht und Gerechtigkeit, auf völkerrechtliche Vorschriften berufen. Alte Etiketten haben ausgedient. Nicht überall ist nämlich drin, was drauf steht. Nur auf neuer Basis organisiert haben wir als Mehrheit eine Chance gegen die Wenigen.  Dafür  müssen wir uns verbünden mit den neuen, sich weltweit formierenden Widerstandskräften gegen Terrorismus und gegen kriegerische Einmischung in fremde Hoheitsbelange.
Diese neuen globalen Kräfte sind beim Namen zu nennen und aktiv zu unterstützen. Es sind dies allen voran Staaten, die einen eigenen Weg beschritten haben. Das kleine Cuba und das volkreiche moderne China mit seiner uralten Kulturtradition und mit seiner Erfahrung im Widerstand gegen koloniale Versklavung sind – bei aller Unvollkommenheit - Vorbilder im Kampf gegen imperiale Bevormundung. Es gilt deren Unterstützung der Völker Afrikas auf dem Wege zu einer unabhängigen Entwicklung positiv zur Kenntnis zu nehmen. Es gilt China als umzingelter Nation Beistand zu zollen und ihm nicht kleinkariert krittelnd in den Rücken zu fallen.  Es gilt die Nationen Lateinamerikas gerade jetzt - wenigstens in Geist und Wort - solidarisch zu unterstützen. Dort. wo das Imperium wieder Erfolge zu verzeichnen scheint, so in Argentinien und jüngst in Venezuela ist unsere argumentative Unterstützung der Gegenkräfte dringend geboten.
Es gilt, sich in Europa vor allem auch schützend vor die Russische Föderation zu stellen, die wieder einmal fast allein, stellvertretend auch für uns, gegen das Krebsgeschwür eines noch barbarischeren, faschistischen Terrors ankämpft. Die Russische Nation weiß um die strategische Bedeutung seines Bündnispartners Syrien. Russland stellt sich aus gutem Grund an dessen Seite. Unter Führung des im Ausland heute verleumdeten, legalen Präsidenten Bashar Al Assad hält die Landes-Armee seit vier Jahren gegen ein räuberisches Gesindel aus 84 Staaten stand. Dieser Söldnerabschaum - man kann die sich auf syrischem Boden austobenden, zu jedem Verbrechen bereiten Gangster nicht vornehmer bezeichnen - wird vom Ausland immer wieder neu bestückt, trainiert, finanziert, orchestriert. Russland weiß, wenn das säkulare, kulturell einst hochstehende Land fällt, dann ist auch der Iran, dann ist auch die Südflanke Russlands nicht mehr sicher. Dann ist der Weg nach China offen. Deswegen bekämpfen Iraner und Russen mit stillschweigender Unterstützung der Chinesen gemeinsam, ohne Unterstützung des Westen den brandgefährlichen Terror. Auch dem seit Jahrzehnten diffamierten Hochkulturland Iran müssen wir in seinem antikolonialen Bestreben endlich vorurteilsfrei begegnen. Das gleiche gilt für die vom Westen aus durchsichtigen Gründen stigmatisierten Kämpfer der libanesischen Hisbollah. Zu danken ist ganz besonders der hohen Diplomatie des großen, ruhig und besonnen agierenden Russland. Mithilfe einer klugen Führungsmannschaft hat sich die russische Nation seit 1999 wieder auf die Beine gestellt und sich auf seine besten Traditionen besonnen. Es steht heute an Seite der fortschrittlichen Nationen der Welt. Gegenüber Völkern, die einen anti-imperialen Kampf führen, hat Russland die richtige, konstruktive Haltung. Es kämpft an der Seite des leidgeprüften palästinensischen Volk, an der Seite der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Der russische Vielvölkerstaat führt, ungeachtet seiner „kapitalistischen Unvollkommenheit“, den Friedenskampf in enger Zusammenarbeit mit den BRICS-Staaten und mit seinen lokalen Verbündeten. Diesen Staaten gebührt der Dank der Menschheit und nicht die ihnen vom Westen unisono dargebotene Verächtlichkeit.
Erinnern wir uns heute, aus gegebenem Anlass an die mahnenden Worte der beiden US-amerikanischen investigativen Journalisten Michael Sayers und Albert E. Kahn in ihrem 1946 zuerst in Amerika erschienen Buch
'Die große Verschwörung gegen Russland'
„Der Zweite Weltkrieg begann 1931 mit dem Überfall der Japaner auf die Mandschurei, der als Rettungsaktion gegen den nach Asien vordringenden Kommunismus hingestellt wurde. Zwei Jahre später stürzte Hitler die deutsche republikanische Regierung unter dem Vorwand, Deutschland vor dem Kommunismus zu retten. 1935 fiel Italien in Abessinien ein, um das Land vor 'Bolschewismus und Barbarei'' zu bewahren. Im April 1939 setzte Mussolini über das Adriatische Meer und fiel in Albanien ein...
In einer Rede am 10. März 1939 in Moskau erklärte Stalin, der in Europa und Asien von den Achsenmächten unter dem Deckmantel des Antikominternpaktes ohne Kriegserklärung geführte Krieg richte sich nicht nur gegen Sowjetrussland, sondern ebenso gegen die Interessen Englands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten.“
aus Michael Sayers/Albert E. Kahn „Die grosse Verschwörung gegen Russland“, Berlin 1949

Am 22. Juni 1941 griff Hitlerdeutschland die Sowjetunion an. Am 8. Mai 1945 endete der II.Weltkrieg mit einer Bilanz von über 60 Millionen Toten weltweit. Annähernd die Hälfte davon waren Bürger der ehemaligen Sowjetunion. Daraus wären für heute wichtige Lehren zu ziehen.
Leider ist uns das Feiern eines Friedensfestes zur Weihnacht - 70 Jahre nach Kriegsende - nicht vergönnt, auch wenn wir hierzulande von den Bomben, die wir zielgerecht anderswohin schicken, so gut wie (noch) nichts merken. Die neuerliche Entwicklung ist kriegerisch bedrohlich. Es hilft aber niemandem, wenn wir den Kopf hängen lassen oder in den Sand stecken.
Feiern wir also, um neue Kräfte zu sammeln, nutzen wir die Feiertage zu ideelen und physischen Ertüchtigung und Besinnung.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen - trotz alledem und alledem - eine frohe Weihnacht und einen entsprechend engagierten Neustart im Zeichen einer von uns neu zu belebenden internatioanlen Solidarität im Jahr 2016