Sunday, August 5, 2018

Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg- Nie wieder Hiroshima ! Ein Beitrag zur Überwindung der Rechts-Links-Verwirrung

Potsdam Neufahrland am 5. August am Vorabend des Hiroshima-Gedenkens 2018

Liebe Firedensfreundin,
danke für Deine Antwort auf unseren elektronischen Briefwechsel zum Thema patriotisches Gedenken anlässlich des ZEIT-Fragen Beitrags über das „Neue Hambacher Fest“ vom 19. Juni 2018, organisiert von Kräften  aus der Bürgerlichen Mitte, meist konsensuell als „Rechte“ tituliert. Es geht dabei um Fragen der Bewertung unseres nationalen Erbes, der Bewertung von Patriotismus, um den Umgang mit regierungskritischen, oppositionellen Stimmen aus dem Bürgerlichen Lager. Es geht um Werte der Aufklärung, um Meinungsvielfalt, Toleranz und Fairness im Umgang mit einem nicht dem Mainstream entstammenden Denken, es geht um ein kritisches Verhältnis gegenüber der uns verordneten „politischen Korrektheit“. Wir sind gefordert den Balken im eigenen Auge wahrzunehmen, bevor auf die „Anderen“ mit dem Finger des Faschismusverdachts zeigen, der im Umgang mit „Rechts“ schon lange in der Luft liegt.
Das unserem Diskurs zugrunde liegende Problem scheint mir nun zuerst einmal in der medial grassierenden und politisch von den Mächtigen gewollten „Rechts-Links-Verwirrung“ zu liegen, die ganz aufzulösen noch keinem Analysten gelungen scheint, zumindest nicht soweit ich das überblicke.

Ich höre Dich vor diesem Hintergrund schon die bekannten, vorgestanzten Einwände vortragen gegen meine oben vorgenommen Charakterisierung der Hambacher-Fest-Organisatoren als „Bürgerliche Mitte“, weil Du möglicherweise der Überzeugung bist, das genannte politische Lager anders als ich, auf der extremen, NS-nahen Rechten einzustufen zu müssen.

Meines Erachtens liegt der uns untergeschobenen Begriffsverwirrung eine absichtlich von imperialer Seite infiltrierte, kulturpolitische Strategie zugrunde, die weit zurückreicht bis in die Entstehungszeit des von den selben Kreisen so genannten 'Nationalsozialismus', der eben keines von beiden war, das heißt, er war weder national noch sozialistisch. Die ehemals starke und revolutionäre und international orientierte Arbeiterbewegung musste aus Sicht der Konzernherren und der Strategen des Imperialismus, von innen und außen zerstört werden. Dafür kopierte man äußerlich die Bolschewiki und stahl der sozialistischen Bewegung ihre Embleme. Im offenen Kampf mussten die Faschisten allerdings unterliegen, was der Sieg, der vorläufige Sieg der Sowjets über sie eindrücklich dokumentiert. Weniger leicht waren dagegen die inneren Feinde zu überwinden. Mit Ihrer Hilfe gelang langfristig die gründliche und nachhaltige Zerstörung des sozialistischen Projekts. Das Ergebnis war eine Bruchlandung mitten in der Barbarei, deren Zeuge wir gegenwärtig sind. Auf internationaler Ebene, insbesondere in Nah- und Fernost, aber auch in Afrika und Lateinamerika und auf den Territorien ehemals sozialistisch geführter Länder erleben wir die komplette auch kriegerische Zerstörung ganzer Staatswesen. Im inneren unseres eigenen Staates sind wir unmittelbar betroffen von der kulturellen Barbarei und den konzertierten Bemühungen von jenseits des Atlantik, unsere Nation zu unterminieren und unsere demokratische Verfassung vollkommen auszuhöhlen. Das geschieht bei gleichzeitiger Überhöhung der uns in NATO-Europa zugedachten Führungsrolle. Unser ehemals vorbildliches Bildungswesen ist unter dem Pisa-Hammer und mithilfe von Bologna bereits weitgehend zerschmettert, unseren Medien sind eingekauft. Du fragst, ob ich die Faschismusgefahr übersehe oder etwa verharmlose? Nein, beileibe nicht, nur verorte ich sie weder bei den Organisatoren des 'Neuen Hambacher Festes' noch etwa bei der AFD, im Gegenteil. Weil die Linke aufgeweicht und ihre „Antifa“ das genaue Gegenteil von dem ist, was sie zu sein vorgibt, gibt es oppositionelle Stimmen gegen die Russlandphobie, gegen die Trump-Phobie, der eben nicht den faschistoiden militärisch industriellen Komplex Nordamerikas repräsentiert oder vertritt, gegen die Preisgabe unserer Nation, gegen den übergriffigen Kurs des Imperialismus gegenwärtig nur von „Rechts“, mit all den dort vorhanden bürgerlichen Defiziten und Scheuklappen. Auf die Linke aber ist ganz und gar kein Verlaß, sie ist gelb und bestenfalls wuschig. Die LINKS-Vertreter von Grün über SPD bis weiter 'links' haben fast unisono weniger verstanden von der Bedrohungslage in der wir uns befinden als hellsichtige Menschen aus dem einst „rechten“ Lager .

Wer das umfängliche AFD Programm vor den Wahlen gründlich gelesen hat, konnte unschwer erkennen, wo es da Anknüpfungspunkte für eine anti-imperiale, anti-militaristische, russlandfreundliche, nationalen Interessen dienliche Politik gab. Einfach auf sie einzuprügeln von linker Seite war und ist blind. Ernstzunehmen im vollumfänglichen Sinne dagegen ist die Stimme eines Willy Wimmer, der ganz und gar zu erkennen vermag, was die Stunde geschlagen hat.
Wer aber dagegen gleich die NS-Keule gegen Rechts schwingt, wenn es gilt politische Konkurrenz dort zu diskreditieren, der muss sich fragen lassen, ob er nicht bewusst oder unbewusst die Relativierung des NS-Faschismus betreibt. Selbst eine Sahra Wagenknecht, die ja nun einmal mit Oskar Lafontaine verheiratet ist, verhält sich unklug und undifferenziert gegenüber der AFD. Sie hat sich außerdem mächtig am Russland-Bashing beteiligt, spricht nach wie vor von der „Annexion“ der Krim und setzte die völkerrechtlich einwandfreien Einsätze der Russen in Syrien mit den dort niedergehenden NATO-Bomben gleich. So bekämpft man nicht den Faschismus, der immer auch Militarismus, Krieg und Rechtlosigkeit heißt.

Früher gab es auf der Linken einmal die Parole „Von den Russen lernen, heißt siegen lernen“, daran wären die heutigen Linken mit Nachdruck zu erinnern.

Mit kämpferischen Wünschen für das morgige Gedenken an Hiroshima Irene Eckert

Kommentar:Am 6. August 2018 um 11:23 schrieb monika.n
Hallo, Irene,
nur 2 Bemerkungen:
- Die  von Dir am Schluß zitierte Parole gab es so nie - dagegen heißt es historisch korrekt: Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.
und damit befinden wir uns schon im Dilemma Deiner Argumentation: Du "prügelst" auf alles und jedes Linke ein, aktive Kommunisten kommen eh nicht mehr vor - dafür werden Rechte und Rechtsnationale egal welcher Couleur (ob aus dem national-konservativen oder neuerdings völkischen bis Faschismus-affinen Lager) und ihre Ideologien immer wieder hofiert und schöngeredet. 
- der kürzlich verstorbene kommunistische Philosoph und Historiker Domenico Losurdo wurde von Dir in einem Nachruf heftig betrauert und gleichzeitig eine abwertende Kritik an Schölzels Nachruf in der  jW mitgeliefert. 
Vermutlich hätte sich Losurdo eher "im Grabe herumgedreht" als sich mit Berlusconi-,  MSI-Rechten oder gar Casa Pound Neofaschisten zusammen zu tun, weil "die Linke fehlt". 
Er hat hingegen - bis zuletzt - nach linken  Auswegen gesucht und kurz vor seinem Tod noch eine neue kommunistische Bewegung mitbegründet.
Trotz alledem. liebe Irene,  grüßt Dich In alter Freundschaft,
Monika

Replik:

Natürlich war der Bezugspunkt der zum Sieg  führenden Parole die Sowjetunion, wie könnte ich es nicht wissen. Wie oft wurde allerdings das Pars Pro Toto "Russland" dafür verwendet und ich habe bewusst an dieser Stelle von Russland gesprochen. Heute ist nämlich  Putins und Lawrows und Shoigus Russland das großartige diplomatische weltpolitische Vorbild und zwar an der Seite der siegreichen kommunistisch geführten  Volksrepublik China. Ich kenne nicht einen Linken oder Kommunisten in unserem Lande oder in Europa, der das  klar  genug begriffen hätte, um daraus Politik, erfolgreiche Polititk machen zu können und das ist schlecht und nicht gut. Losurdo war ein einsames Vorbild und auch er sah nicht in allen Punkt alles ganz deutlich oder er war zu diplomatisch um mehr Deutlichkeit zu wagen. Ach ja, fast hätte ich Jeremey Corbin den britischen Laborführer vergessen, der rudert auch aus taktischen Gründen zurück, aber der ist natürlich unterstützenswert.
Was der von mir hochgeschätzte Losurdo zu meiner Argumentation gesagt hätte, sei dahin gestellt, er ist leider tot. Seine Gedanken aber leben und ich habe sein Buch "Wenn die Linke fehlt"  mit großem Gewinn ganz durch gearbeitet. Für mich ist er ein Bündnispartner im Geiste.
Ich rede keinen Faschismus schön, schon gar nicht den staatstragenden, NATO-tragenden, kriegstreibenden, US-Imperialismus geführten, auch  den israelischen nenne ich bei seinem wahren Namen. Ich habe einiges  bei dem von mir  hochverehrten Georgi Dimitrov  gelernt,vor allem aber, dass gegen den  Faschismus nur die Volksfront hilft!
Sei herzlich aus Neufahrland gegrüßt von Deiner alten Irene