Der Gipfel in Elmau beginnt mit einer Reihe von Peinlichkeiten: Angela
Merkel wirft sich vor US-Präsident
Obama rhetorisch in den Staub. Dieser macht plumpe Späßchen über die eingeborenen Bayern und ihre Lederhosen. Der polnische EU-Präsident droht mit schärferen Sanktionen gegen Russland. Der ganze Spaß wird vom deutschen Steuerzahler mit 360 Millionen Euro finanziert.
Die Welt als Kulisse für die Mächtigen: Angela Merkel und Barack Obama im bayrischen Krün mit einer Gruppe von Einheimischen in ihren farbenfrohen Kostümen. (Foto: dpa)
Da waren’s nur noch sieben: Das Foto, das 2015 um die Welt gehen soll. (Foto: dpa)
Da waren es noch acht: Das Foto, dass 2007 aus Heiligendamm um die Welt ging – damals mit Russlands Wladimir Putin. (Foto: dpa)
Die G7 vor der ersten Arbeitssitzung in Schloss Elmau. (Foto: dpa)
Karneval der Kulturen in Bayern. (Foto: dpa)
360 Millionen Euro müssen die deutschen Steuerzahler für den Gipfel in Elmau berappen. Selbst wenn dort sachliche Politik gemacht würde, wäre das zu viel.
Doch der Gipfel beginnt mit einer Reihe von schwer erträglichen Peinlichkeiten: Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte US-Präsident Barack Obama mit dem brutalstmöglichen Kotau. Die USA seien «ein so wesentlicher Partner, dass wir eng kooperieren, weil wir es im gegenseitigen Interesse brauchen, weil wir es wollen und weil wir gemeinsame Werte teilen», sagte Merkel am Sonntag bei der Begrüßung Obamas kurz vor Beginn des G7-Treffens auf Schloss Elmau. Obama sagte: «Heute morgen feiern wir eines der stärksten Bündnisse, das die Welt je gekannt hat.»
Merkel ließ in ihrer Rede vor dem Rathaus von Krün keinen Zweifel an ihrer Treue zur US-Regierung: «Trotz mancher Meinungsverschiedenheiten, die wir heute haben, ist Amerika, sind die Vereinigten Staaten von Amerika unser Freund, unser Partner.»
Die ausufernde Spionage durch die US-Geheimdienste oder die Russland-Sanktionen, die der deutschen Wirtschaft schweren Schaden zufügen, laufen bei Merkel demnach unter der Rubrik von zu vernachlässigenden «Meinungsverschiedenheiten».
Obama sagte: «Ich bin in Dankbarkeit für die gemeinsame Geschichte hierher gekommen.» Er verwies auf die große Zahl bayerischer Einwanderer in seiner Heimatstadt Chicago. Der US-Präsident war sich nicht zu schade, die dümmlichsten Klischees auszugraben. Die Bemühungen der bayrischen Landesregierung, der Welt ein modernes Bild von Bayern zu vermitteln, scheinen nicht bis zu den Obama-Beratern durchgedrungen zu sein. So hatte der bayrische Finanzminister Söder im September 2014 auf
Facebook geschrieben: «
Venusgrotte Schloss Linderhof wird für 25 Mio renoviert. Nächstes Jahr ist es Ausflugsziel beim G7 Gipfel in Elmau: Michelle Obama, you’re welcome».
Doch das Damenprogramm war aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Das einzige, was Obama zum Gastland daher zum Besten geben konnte, war die Bemerkung, dass er leider seine Lederhose vergessen habe: «Aber ich hoffe, dass ich die Möglichkeit haben werde, eine Lederhose zu kaufen». Im Anschluss setzten Merkel und Obama sich zu einer bayerischen Brotzeit mit Weißwürsten und Weißbier zusammen.
Die Kanzlerin hatte schon vor Tagen gesagt, sie werde mit Obama nicht über die Herausgabe der umstrittenen Suchbegriffe sprechen, die der Bundesnachrichtendienst (BND) der NSA zur Ausforschung von deutschen und europäischen Politikern und Unternehmen zugespielt hatte.
Auf dem Gipfel dürfte es dann erneut gegen Russland gehen. EU-Ratspräsident Donald Tusk hätte am liebsten eine mögliche Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Russland. «Wenn jemand eine Diskussion über Änderungen am Sanktionsregime beginnen will, dann wäre das eine Diskussion über eine Verschärfung», sagte er vor Gipfelbeginn. Doch Tusks Meinung ist unerheblich.
Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, hatte im Vorfeld angekündigt, dass der G7 eine Russland-Linie festlegen werden.
Kurz vor dem Gipfel hat Obama Merkel jedoch offenbar erklärt, dass man
gegen Russland nun etwas das Tempo rausnehmen wolle. Washington braucht Moskau vor allem im Krieg gegen den Terror
Dagegen werden die Amerikaner die EU drängen, Griechenland mit weiteren Steuer-Milliarden im Euro zu halten. EU-Präsident Jean-Claude Juncker bestätigte, es solle am Mittwoch ein neuerliches Treffen mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras in Brüssel am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels geben. Griechenland steht zwar nicht auf der Gipfel-Tagesordnung, soll aber laut Diplomaten am Rande zur Sprache kommen. Die Amerikaner verlangen den Verbleib Griechenlands im Euro, um die Nato-Südflanke nicht zu gefährden.
Gegen den Gipfel gab es am Sonntag weitere Proteste und kleineren Blockaden. In Garmisch-Partenkirchen blockierte ein Dutzend Aktivisten eine Bundesstraße. Die Polizei beendete die etwa einstündige Blockade und trug einige G7-Gegner weg. Rund 300 Gegner des G7-Gipfels starteten einen Marsch vom Bahnhof in Garmisch-Partenkirchen in Richtung Elmau. Auch aus Mittenwald und Klais setzten sich G7-Gegner in Bewegung.
Mehrere G7-Gegner wurden am Samstag nach Angaben ihres Aktionsbündnisses bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei verletzt. Eine Frau liege auf der Intensivstation eines Krankenhauses, sagte einer der Sprecher von «Stop G7 Elmau».
Der Tagungsort, das Luxushotel Schloss Elmau, ist weiträumig abgesperrt. Mehr als 20.000 Polizisten sind in Südbayern im Einsatz. Die Behörden haben Proteste in direkter Nähe Gipfelorts untersagt. Ein bayrisches Höchstgericht hatte noch am Samstag verfügt, Proteste dürften weder in Hör- und Sichtweite geäußert werden.
Nach Angaben der Polizei wurden bereits Dutzende Demonstranten festgenommen. Die G7-Gegner gehen zur Gefangenen-Sammelstelle, um gegen die Festnahmen zu protestieren.
Kurz nach 16 Uhr hat sich die Polizei die
Demonstration für beendet erklärt und sich bei den Demonstranten für das weitgehend friedliche Verhalten bedankt. Die Demonstranten riefen „Heuchler, Heuchler“ und lösten sich anschließend auf.