Zu Ghandi
Der Friede als Weg genügt mir nicht,
ich will auch das Ziel. Ich arbeite für eine humanere, gerechtere,
friedliche Weltwirtschaftsordnung, wie sie auf der Agenda der
Blockfreien angedacht war. Wie Du weißt, liebe Freundin bemühe ich
mich dabei im Rahmen meiner Natur und meiner intellektuellen und
schöpferischen Möglichkeit um genau jene Prinzipien, die Du mir,
entschuldige, vorbetest, so als kenntest Du mich nicht. Wir wollen
beide das Hinhören, die Begegnung, den Dialog, nicht wahr?. Wir
bemühen uns darum einander zu verstehen.
„Zulassung von
Verteidigungskriegen“
Die Formulierung nach
der „ich Verteidigungskriege zulasse“ und folglich auch „rüsten
müsse“, während ich logisch weitergedacht doch meine Ressourcen
besser für die Abschaffung von Armut, Krankheit, Gerechtgkeit etc.
einsetzen könne, klingt sehr von der Kanzel herabgesprochen.
Natürlich sollten Staaten nicht ihr Geld für Rüstung
verschwenden. Selbstverständlich nicht, aber da genau sitzt
doch das Problem. Sollen alle kuschen vor dem US-amerikanischen, Weltherrschaftssanspruch erhebenden Regiment? Sollen jene Völker, die vom
Terror niedergewalzt werden, kampflos kapitulieren? Sollen die
Palästinenser etwa jeden Versuch sich zu wehren aufgeben, nur weil
sie gegenüber der Übermacht chancenlos sind. Wir sind uns einig,
dass das unsinnig ist und nicht hinnehmbar, denke ich. Wie aber wehrt
man sich gegen Mächte, deren erklärtes Ziel es ist, andere zu
zerstören, niederzuwalzen und gefügig zu machen?
Ich lasse die Antwort bewusst offen.
Hast Du mal jüngste Bilder des zerstörten Kulturlandes Syrien
gesehen? Soll man mit den Barbaren, die dort wüten dialogisieren?
Historisch und global denken
Der postmoderne
Dekonstruktivismus schüttet mit seiner Ablehnung des Positivismus
und seiner Ablehnung der Überprüfbarkeit von Fakten das Kind mit
dem Bade aus. Historisch und wissenschaftsgeschichtlich betrachtet
war der Positivismus ein Fortschritt, wenn auch nicht das Ende. Der
historische und dialektische Materialismus ging einen Schritt weiter.
Um historische
Vorgänge adäquat beurteilen zu können, bedarf der Kenntnis
jenseits ideologiegefärbter Behauptungen. Es bedarf des intensiven,
unvoreingenommenen Quellenstudiums! Die Geschichtswissenschaft kann
als solche betrieben menscheitlich bedeutende Dinge zu Tage fördern.
Du unterstellt nun einfach sämtlichen „vergangenen Revolutionen
einen blutigen Charakter“ und übernimmst damit unkritisch und ohne
exaktes Wissen anzuführen das Urteil der Herrschenden, die uns immer
weiter in den Ruin treiben mit ihrer Realtitätsverleugnung.
Aus herrschender
Sicht sind alle jene Revolutionen unblutig, in denen die ihnen
unterlegene Seite kapituliert hat. Als friedlich gilt die
KONTER-Revolution, die sich auf den Gebieten sämtlicher ehemaliger
sozialistischer Osteuropas Staaten zugetragen hat. Die Entwicklungen, die dort
das Rad der Geschichte zurückgedreht haben, waren aber menscheitlich
betrachtet Rückschritte. Sie haben das Zeitalter neuer, immer
barbarischerer Kriege eingeleitet.
Die von der
bürgerlichen Geschichtsbetrachtung gemeinhin als „blutig“
klassifizierten Revolutionen waren es aber als solche gar nicht!
Weder die Französische bürgerliche Revolution noch die
Arbeiterrevolution in Russland begannen unfriedlich. Zu Blutvergissen
kam es weil die Weißen, die Bürgerlichen und im ersten Fall der
einheimische und der mit ihm Verbündete ausländische Adel die
Konterrevolution aufmarschieren ließ. Der französische König
ermutigte seine Brüdern und Schwestern in den Nachbarländern dem
revolutionären Frankreich den Krieg zu erklären. In Russland lagen
die Dinge noch viel deutlicher zutage, die Zeit liegt uns näher,
zeitgenössiche Quellen liegen uns vor. Der spätere blutige Verlauf
ist in allererster Linie ausländischer Subversion und
Militär-Intervention (!) geschuldet, genauso wie man es heute am
Beispiel Syriens beobachten kann, life!
Die Metapher von
den „Fressenden Kindern“ stammt ja wohl Leonhard, einem
aggressiven Antikommunisten, von einer verräterischen Stimme also.
Sie klingt nicht nur falsch, sie ist es auch.
Der Aufbau der
Sowjetunion nach dem Sieg der Bolschewiki im Bürgerkrieg war eine
welthistorische Tat von menschheitlicher vorwärtsweisender
Bedeutung, auch wenn sich keiner traut, das heute so einzuschätzen.
Darüber gibt es Quellen die Menge aus allen Sprachen der Welt. Diese
Aussage ist ebenso überprüfbar, wie der Fakt, dass mit dem
Niedergang und der Zerstörung der SU weltgeschichtlich ein
vorläufiger Niedergang eingeleitet wurde, eine weltgeschichtliche
Tragödie ihren Anfang nahm. Dass kaum einer das wahrzunehmen bereit
ist, ändert nichts an der Richtigkeit dieser Feststellung.
Vor 1989 ging es
erheblich friedlicher zu in der Welt, das Schlimmste stand uns noch
bevor:
1991 Krieg gegen
den Irak mit Duldung von Russland.
1999 der erste
Nachkriegs-Krieg in Europa mit deutscher Beteiligung und die
Zerstörung der einer demokratischen Republik.
2001 Krieg und
fortlaufende Zerstörung in, nein gegen Afghanistan
2003 Zerstörung
der Staatlichkeit des Irak und Verberietung eines um sich greifenden
Terrors
2011 Libyen und
Syrien und weiter Zerschlagung von Staaten in Afrika, etwa
Zerteilung des Sudan...
Ganz allmählich
bildet sich nun unter Putins Anleitung in Russland ein Gegenpol
heraus, der mit China kooperiert und mit den progressiven Staaten
Lateinamerikas.
Wie stellst Du,
liebe Freundin Dir denn Veränderungen in der Welt vor, die nicht von
nationalstaatlicher Seite ausgehen? Nur auf dem Boden souveräner
Nationalstaaten können sich Widerstandsformen bilden, die
schließlich zu einer kooperativeren Weltordnung führen können.
Warum bloß verweigert man seitens US-EU-Israels den Palästinensern
so entschieden die Anerkennung als Staat?
Da wo es keine
eigene nationale Ordnung gibt, da herrscht Besatzungs- un-recht, da
dirigiert der Stärkere, der militärisch überlegene.
Wer solche
Zustände verändern will, der muss mit den eigenen Leuten
zusammenarbeiten und eine Ordnung bilden. Ob das Gebilde später
einmal Staat oder Gemeindordnung heißen wird oder Polis, eine
Ordnung, eine Administration muss es auch in der Zukunft geben, sonst
herrscht eben das Chaos und im Chaos bestimmt der Mächtigste ohne
Rücksicht auf Verluste. Genau das Erleben die Menschen in Libyen, in
großen Teilen Syriens und im Irak.
Wenden wir uns
also diesen heutigen Tatsachen zu und tun wir das Unsere, um sie
einer Besserung zuzuführen.
Herzlichst Deine
Irene