Tuesday, March 31, 2015

Der IWF bereitet sich auf das Ende der US-Dollar-Ära vor

 24.03.2015

Der Schritt des IWF signalisiert eine Zeitenwende

Am 12. März meldete die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, China und der IWF verhandelten derzeit über die Möglichkeit einer Beteiligung der chinesischen Währung Yuan am Währungskorb der Sonderziehungsrechte des IWF. 
"Wir hoffen, dass der IWF die Fortschritte bei der Internationalisierung des Yuan berücksichtigt, um ihn in absehbarer Zukunft in den Korb aufzunehmen, der den Sonderziehungsrechten unterliegt", sagte Yi Gang, Vizegouverneur der Chinesischen Zentralbank auf einer Pressekonferenz am Rande der alljährlichen Tagung des Volkskongresses in Beijing und ergänzte, China werde sich in Geduld üben, bis die Zeit reif sei. 
Das scheint kaum nötig. Knapp eine Woche nach Yi Gangs Auftritt gab Christine Lagarde, geschäftsführende Direktorin des IWF, anlässlich eines Besuches der Fudan-Universität von Schanghai bekannt, die Frage sei nicht "ob", sondern "wann" der Yuan in den Währungskorb aufgenommen werde. 
Die Mainstream-Medien schenkten der Meldung kaum Aufmerksamkeit und taten, als ginge es hier um eine unbedeutende und eher technische Angelegenheit. Das Gegenteil ist der Fall: Der Schritt des IWF signalisiert eine Zeitenwende. Die mächtigste Finanzorganisation der Welt reagiert auf eine Kette katastrophaler politischer Veränderungen für die USA und unternimmt erste sichtbare Schritte, um sich auf das bevorstehende Ende der Weltherrschaft des US-Dollars vorzubereiten. 
Christine Lagardes großzügiges Entgegenkommen entspringt nicht etwa gutem Willen, sondern der dringenden Notwendigkeit, angesichts einer rasanten internationalen Entwicklung schnell zu handeln. Die vergangene Woche war für die USA nämlich ein außenpolitisches Desaster von historischem Ausmaß. Nur drei Tage vor Lagardes Auftritt in Schanghai kündigten Deutschland, Frankreich und Italien an, sich an der von China und Russland beschlossenen Gründung der Asiatischen Infrastruktur Investment Bank (AIIB) beteiligen zu wollen. Zuvor hatte bereits Großbritannien offizielles Interesse angemeldet, inzwischen sind die Schweiz, Australien und Japan ebenfalls nachgezogen. 
Die USA hatten im Vorfeld alles versucht, die eigenen Verbündeten von diesem Schritt abzuhalten, da die AIIB in direkter Konkurrenz zu den von ihnen dominierten Institutionen Weltbank und Asiatische Entwicklungsbank steht und ihre Gründung den Zerfall des US-Dollars als weltweite Leit- und Reservewährung beschleunigt. Doch alle Appelle nützten nichts, selbst die engsten Verbündeten verweigerten die Gefolgschaft. Ihnen ist inzwischen klar, dass sie sich auf neue globale Machtstrukturen einstellen müssen, weil die Weltherrschaft des US-Dollars unerbittlich zu Ende geht. 

Das Ende der Leitwährung

Begonnen hatte die Ära des US-Dollars mit der Konferenz von Bretton Woods, auf der die USA ihn als Leitwährung festlegten, weil sie nach dem Zweiten Weltkrieg für ihre Überproduktion neue Märkte brauchten. Nach der Aufhebung des Bretton-Woods-Systems und der Abkoppelung des US-Dollars vom Gold kam es Mitte der Siebziger Jahre zu einem historischen Deal zwischen der US-Regierung und Saudi-Arabien. Gegen das saudische Versprechen, innerhalb der OPEC dafür zu sorgen, Öl weltweit nur noch in US-Dollar zu handeln, garantierte Washington dem Herrscherhaus Waffenlieferungen und militärischen Schutz vor seinen Nachbarn – die Geburtsstunde des Petro-Dollars. 
Da Öl die weltweit meistgehandelte Ware ist, waren sämtliche Zentralbanken (mit Ausnahme der Sowjetunion und des Ostblocks) von da an gezwungen, Devisenreserven in Dollar zu halten. Gedruckt werden durften die US-Dollar allerdings nur von der US-Zentralbank Federal Reserve, die auch für die Zinspolitik zuständig war - womit die gesamte westliche Welt endgültig der Finanzpolitik der USA unterworfen war. 
Ab Mitte der Siebziger Jahre setzte eine Entwicklung ein, die das Gesicht der Welt nachhaltig verändert hat und es heute bestimmt: Die zunehmend am Neoliberalismus orientierte Strategie Washingtons führte zur Globalisierung, die dem internationalen Großkapital enorme Gewinne bescherte, die US-Wirtschaft aber gleichzeitig wegen der Auslagerung von Millionen von Arbeitsplätzen (vor allem nach Asien) innerlich aushöhlte. Gleichzeitig führte die Deregulierung der Finanzmärkte zur Beherrschung der globalen Wirtschaft durch die Finanzindustrie, eine Entwicklung, die mit immer größeren Schuldenbergen und der Bildung immer neuer Blasen an den Märkten einherging. 
Mit der Jahrtausendwende beschleunigte sich der wirtschaftliche Abstieg der USA, und die internationale Bedeutung des Dollars begann abzunehmen. Hielten die Zentralbanken der Welt im Jahr 2000 noch 70 Prozent ihrer Währungsreserven in US-Dollar, waren es 2010 nur noch 60 Prozent. Derzeit wird die Marke von 50 Prozent angepeilt und es ist nicht auszuschließen, dass bei einem Unterschreiten dieser Marke eine Massenflucht aus dem Dollar einsetzen wird. 

Hinauszögern der Katastrophe

Mit seiner Annäherung an China versucht der IWF nun, auf diese Entwicklung und auf die Abkehr der Verbündeten von Washington zu reagieren. Um die Bedeutung des Schritts zu verstehen, muss man einen kurzen Blick auf die Geschichte der Sonderziehungsrechte werfen. 
Sie wurden 1969 vom IWF als künstliche Währung eingeführt, nachdem die Goldvorräte der USA Ende der Sechziger Jahre immer weiter abgenommen hatten und das bis dahin fast unbegrenzte Vertrauen in den US-Dollar erste Risse zeigte. Zunächst waren sie wie der US-Dollar an Gold gebunden, doch diese Bindung wurde 1973 aufgehoben und durch einen Währungskorb ersetzt, der heute aus US-Dollar, Euro, Yen und britischem Pfund besteht. Bislang wurden die Sonderziehungsrechte nur in den Krisenjahren 1970-72, 1979-81 und im August und September 2009 eingesetzt, also immer in solchen Phasen, in denen das Vertrauen in den Dollar eine kritische Grenze unterschritt. 
Dass die Sonderziehungsrechte jetzt wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden, zeigt, dass der IWF erkennt, wie kritisch die gegenwärtige Situation ist. Mit seinem Entgegenkommen gegenüber China versucht er, sich mit einem Gegner, den er zurzeit nicht besiegen kann, zu arrangieren - aus einer deutlichen Position der Schwäche heraus, denn sein Zugeständnis ist das eines Vertragspartners, dem die Verbündeten scharenweise davonlaufen und dessen ökonomische Macht beständig abnimmt. 
Warum aber ist China daran interessiert, mit dem IWF zu verhandeln? Der Grund liegt darin, dass beide Länder innerhalb der globalisierten Finanzwirtschaft eng miteinander vernetzt sind. China hält zwei Drittel seiner Devisenreserven in Dollar und ist nach Japan der zweitgrößte Inhaber von US-Staatsanleihen. Ende 2014 betrug ihr Wert immerhin 1,2 Billionen US-Dollar. Zwar versucht China seit einiger Zeit, diesen Berg immer zügiger abzubauen, aber die Führung in Peking weiß, dass das noch eine Weile dauern wird. Während der IWF durch seine Verhandlungsbereitschaft indirekt das kommende Ende des Dollars anerkennt, versucht die chinesische Führung ganz einfach, sich durch die Annäherung an den IWF Zeit zu erkaufen. 
Sowohl die Führung in Beijing, als auch die in Washington fürchten den drohenden Kollaps des US-Dollars und den damit einhergehenden Zusammenbruch des Weltfinanzsystems, haben aber keine Lösung für die anstehenden Probleme und schieben sie daher nur vor sich her. Diese Politik des Hinauszögerns der Katastrophe hat einige Kommentatoren dazu verleitet, eine Phase neu einsetzender Harmonie zwischen China und den USA zu erkennen. Nichts könnte falscher sein, denn es handelt sich nur um ein vorübergehendes Manöver zweier Länder, die beide mit gigantischen Problemen zu kämpfen haben – die USA mit der historischen Staatsverschuldung, dem Niedergang der Industrie und der Abkehr der Bündnispartner, China mit der Immobilienblase, den Schattenbanken, der Überproduktion und dem Fehlen eines Binnenmarktes. 
Um zu erfahren, auf welche weiteren Optionen die beiden Supermächte im Kampf gegeneinander setzen, sollte man einen Blick auf ein anderes Feld werfen: Die USA und China verfügen über die größten Militäretats der Welt, erhöhen sie von Jahr zu Jahr und befinden sich derzeit in einem Rüstungswettlauf, wie ihn die Welt seit Jahrzehnten nicht erlebt hat. 

Ernst Wolff ist freiberuflicher Journalist und Autor des Buches "Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs", erschienen im Tectum-Verlag, Marburg.
Quelle:http://www.heise.de/tp/artikel/44/44461/1.html

Neue Ära nimmt Gestalt an in Form einer neuen Infrastrukturbank unter Chinas Federführung

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  • Krieg gegen GAZA 2014, ein Journalist vor einem Jahr:


    “Fünf Jahre später” oder “Wie der Gaza-Konflikt in den Redaktionen versandet”


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    “Free Palestine means Killing Jews” stand auf dem Plakat. Ein sonniger Donnerstagabend, München, Sendlinger Tor. Ich war gerade auf dem Weg zu einer Grillparty, als mir gut 200 Demonstranten, vielleicht mehr, entegenkamen. Begleitet von Zivil-Polizei und Sondereinheiten, um die Pro-Israel-Demonstration abzuschirmen. Ein paar Meter weiter ein kleiner Stand mit riesiger Israel-Flagge, an dem ein junger Kerl in kurzen Hosen und mit “Ordner”-Binde kleine Israel-Fähnchen verschenkte. Wenn es etwas gratis gibt, dann ist der Deutsche gern dabei. Ein älterer Herr nahm gleich zwei, steckte sie in den Fahrradkorb und radelte davon. Die Fähnchen flatterten im Wind. Überkreuz. Ein paar Meter weiter drei junge Herren mit Vollbart und Palästinenser-Schals. Bestimmt Islamisten, mag sich der Radler gedacht haben. Fünf Jahre nach der Operation “Gegossenes Blei”. 
    Ich kann mich noch gut an 2009 erinnern, als Israel die Operation “Gegossenes Blei” ausrief und man auf n24 die Explosionen in der Nacht beobachten konnte. Wie ein großes Feuerwerk, das da am Horizont tanzte. Ein solches Farbenspiel kenne ich bis heute nur aus Offenburg, als ich an Silvester auf dem Balkon stand und einen Blick bis nach Straßburg und über das halbe Ortenau-Weingebiet hatte. Pure Romantik hier, dort der Tod.
    Dort stand damals ein Reporter des Nachrichtensenders, weit entfernt vom Geschehen und moderierte mit wahrer Inbrunst, wie es knallte und schoss und traf und sprengte. Davor und danach wurde diskutiert und gestritten, auch im Internet. Auf Facebook stapelten sich die Meinungen. Zumindest was meinen Account betraf. Und Anne Will, Maybrit Illner, Frank Plasberg luden fleißig ein.
    Michel Friedman und Norbert Blüm stritten sich bis es beleidigend wurde. Blüm erzählte von demütigenden Grenzkontrollen und davon, wie Müll und Fäkalien über Zäune auf die benachbarten Palästinenser gekippt werden, während draußen, in den Siedlungsgebieten, bei Nacht die Bulldozer anrollen. Friedman plädierte für die Angriffe, zum Schutz der Israelis, als Bollwerk gegen antisemitische Extremisten und echauffierte sich fürchterlich, als Blüm ein “Ihr” in seine Richtung herausrutschte. Geladene Stimmungen, die sich nicht selten durch versteckte Antisemitismus-Vorwürfe entluden, nicht selten in der Verallgemeinerung, Israel betreibe einen Genozid an den Palästinensern. Ein flammender Diskurs.
    Und heute? Fünf Jahre danach. Diskutiert und geschrieben wird nur wenig. All die Toten, die Angst, der Krieg versandet weitestgehend in den Redaktionen. Ein Krieg gegen ein Fleckchen Erde, halb so groß wie Hamburg, auf dem 2,5 Millionen Menschen leben. Es gibt Wichtigeres: Wulff beklagt den Umgang der Medien mit seiner Person, Hartmann gönnt sich bisschen Crystal Meth, Genitalien-Gate von Airbnb, das MH17-Drama, Putin, eine Eilmeldung, Karl Albrecht ist tot. Wenigstens scheint der Hype um Heftig.co sich wieder etwas gelegt zu haben. Trotzdem bleibt diese eine quälende Frage: “Tritt Jogi Löw zurück oder nicht?”
    In der Suchfunktion eines großen deutschen Online-Magazins gebe ich “Israel” ein. Eine Meldung, bereitgestellt von einer Nachrichtenagentur, nicht von der Redaktion eingespeist, sondern bei Nacht automatisch online gegangen: “Der Gaza-Krieg hat in zwei Wochen schon mehr als 500 Tote gefordert und droht immer blutiger zu werden. Zusehends entwickelt sich die israelische Bodenoffensive gegen militante Palästinenser im Gazastreifen zu einem verlustreichen Häuserkampf”, schreibt die Agentur. Auf der Startseite wird im Aufmacher um Karl Albrecht getrauert.
    Wäre ich am Donnerstag nicht auf die Grillparty gegangen, ich hätte fast vergessen, dass Israel erneut knallt und schießt und trifft – und tötet.

    Quelle:https://medienland.wordpress.com/2014/07/21/funf-jahre-spater-oder-wie-der-gaza-konflikt-in-den-redaktionen-versandet/


    das-ende-der-moral-oder-der-absturz-des-journalismus