In allen Farben
Vor 60 Jahren starb die Malerin Frida Kahlo. Ein Besuch in ihrem Wohnhaus in Mexiko-Stadt
Von Matthias Krauß
Die bedeutendste Malerin Mexikos, Frida Kahlo, starb am 13. Juli 1954 in Mexiko-Stadt. Sie wurde 47 Jahre alt. Die letzten 25 Jahre ihres Lebens lebte sie mit ihrem Mann, dem Maler Diego Rivera, in dem Stadtteil Coyoacán, in dem Haus, in dem auch schon ihre Eltern gewohnt hatten. Seit 1959 ist hier ein Museum eingerichtet.
Wer sich übers Bett die Porträtgalerie Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao hängt, der muß es politisch ernst meinen. Der Gedanke könnte zornig machen, wie »überlegen« sich viele Besucher ihr gegenüber dünken werden.
Irgendwo steht Fridas Korsett, sie mußte eine solche Stütze tragen, weil sie von einem schweren Busunfall ein Skelettleiden davontrug, das ihr zeitlebens ungeheure Schmerzen verursacht hatte. Ihre vielen ernsten Selbstporträts geben das Elend dieser Frau wieder, ihr Damenoberlippenbart ist deutlich zu sehen, sie versteckte ihn nicht auf ihren Selbstporträts. Das Fotografierverbot muß übertreten werden. Viel zu beziehungsreich ist, was hier versammelt ist, vor den Grundfarben Weiß, Blau, und Rot. Überall leuchten Blumen, die gibt es wie in vielen armen Ländern auch in Mexiko in verschwenderischer Fülle und rätselhafter Größe. Und im ganzen Hause stehen Skulpturen, kleine und Kleinstausgaben aztekisch-mexikanischer Kunst. Vor dem Haus hatte sie sich eine Art Kleinpyramide aus Zement errichten und rot anstreichen lassen. Die Stufen sind mit kleinen Plastiken aus der Zeit vor der spanischen Eroberung bedeckt.
Fridas Küche ist in Blau-Weiß gehalten. Auf der weißen Wand wurden mit kleinen Steinchen Muster »gemalt«. Aus dem gleichen Material gelegt steht das Wort »Frida« über dem Herd. Sowjetplakate – Hammer und Sichel in vielen Varianten – schmücken die Wand. Was mag das Ehepaar Kahlo und Rivera gedacht haben, als Trotzki, der Gründer der Roten Armee 1940 in ihrer Nachbarschaft, ein paar Straßen weiter, mit einem Eispickel erschlagen wurde?
Frida Kahlo hatte entgegen des ärztlichen Rates 1954 an einer Demonstration gegen die USA-Invasion gegen die linke Regierung in Guatemala teilgenommen. Das war zuviel für sie gewesen, sie bekam eine Lungenentzündung, von der sie sich nicht mehr erholen sollte.
Nicht ihr Tod, »der Tod« wird gefeiert in ihrem Garten. Vor blauer Wand hängen Folklore-Gerippe in vielen Größen. Wir sind in Mexiko, dem Land, das einen lebendigen Umgang mit dem Tod pflegt. Seine Symbole werden nicht schwarz angemalt, sondern in allen Farben lackiert. Im Garten wurden lebensgroße Gerippe in Arbeitskleidung zu einer Sonderschau aufgebaut, zu sehen beispielsweise als Ärzte oder als Sekretärinnen. Sie grinsen sich gegenseitig an in ihrer schwungvollen Reglosigkeit. Dazwischen Blumen, Schmetterlinge, Bierflaschen und Früchteschalen. Eine Art Erntedankfestaltar.
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