Monday, January 13, 2014

Michel Chossudovsky warnt auf Berliner Rosa-Luxemburg-Konferenz vor "propagandistischer Schuldumkehrung"

"Gegen imperialistische Kriege" - dieses Konferenzmotto hätte es eigentlich erfordert, die Nahostregion ins Zentrum der Aufmerksamkeit  zu rücken und einen positiven Bezug herzustellen zu den  wichtigsten friedenspolitischen Impulsen der jüngsten Zeit.  So konnte  in der letzten Jahreshälfte gegenüber Syrien  - dank Russlands Initiative und dank Obamas Einlenken -  der offene Bombenkrieg nach dem Vorbild der Zerstörung Libyens vermieden werden. Die Regierungskräfte  konnten unter Präsident Assad in Syrien  an Terrain gewinnen. Gegenüber dem Iran ist nicht mehr von Atoms-Kriegsdrohungen die Rede,  vielmehr  werden die Sanktionen  demnächst gelockert, das Interimsabkommen beginnt zu greifen. Beides sind große Erfolge im Ringen um nicht kriegerische Lösungen. Leider kam das am Wochenende gar nicht zur Sprache.  Keine Erwähnung fand auch, dass der NATO-Verbündete Türkei derzeit von einer schweren Staatskrise heimgesucht wird. Eine Tatsache, die friedenspolitischen Kräften auch in unserem Land Auftrieb zu geben vermöchte. Die deutschen Patriot-Raketen, die von der türkisch-syrsichen Grenze aus, noch immer eine Drohkulisse gegen Syrien bilden und  deren dortige  Präsenz  die hiesige Politik gerade  wieder bekräftigt hat,wurden ebenfalls beiseite gelassen. Gerade diese böten aber einen wichtigen Anknüpfungspunkt gegen "imperialistische Kriegspolitik", die auch von unserem Land wieder ausgeht.

 Solch nahe liegende konkrete Anknüpfungspunkte helfen besser antimilitaristische Stimmungen zu fokussieren und zu artikulieren als die  viel zu weit greifende Forderung nach NATO-Austritt oder gar NATO-Auflösung. Solche Langezeitforderungen  zielen dagegen an den konkreten, sinnfälligen Möglichkeiten im Hier und  Heute vorbei.

 Wo die Lagebeurteilung zu kurz greift, da sind auch keine neuen friedenspolitischen Impulse zu erwarten, die die  kriegs- und militarismuskritische Mehrheit unseres Volkes aktivieren könnten.

Mit einem Happening gegen Kindersoldaten vor dem deutschen Reichstag, auf das Monty Schädel  orientierte,  macht man sich umgekehrt fast lächerlich. Der Krieg beginnt zwar hier, aber doch nicht mit Kindersoldaten.

Am Rande der überfrachteten Rosa-Luxemburg-Konferenz, die die Tageszeitung 'Junge Welt'  alljährlich veranstaltet, kam  aber auch der  sehr gut informierte franko-kanadische Wirtschaftswissenschaftler Michel  Chossudovsky (www.globalresearch.ca) zu Wort.
 Der weltbewanderte, unter anderem in Lateinamerika  geschulte Berater internationaler Organisationen
 legte in seinem rasanten  Vortrag den Finger in viele Wunden.  War  zuvor während der langen Konferenzstunden   immer wieder von "psychologischer Kriegsführung" die Rede gewesen, gegen die man sich wappnen müsse, so zeigte Chossudovsky   konkret wie das gehen kann.

Selbst Antikriegsbewegungen und progressive Medien seien nämlich nicht gefeit gegen die raffinierte Einflussnahme der offiziellen Pentagonpropaganda und ihrer "Intelligenzagenturen". Solange die Antikriegs-Opposition  auf der einen Seite  etwa Obamas Politik  anklage, den Regierungsagenturen  aber deren Propagandamuster im Sinne der "Responsibility to Protect"  abkaufe, so lange sei man in deren Fängen. Zu erkennen gelte es dagegen vielmehr: Al Quaida, Al Nusra und wie die islamistischen Gangs alle hießen, seien allesamt Kreaturen, also  Fußsoldaten des Westens. Sie agierten als Todeschwadronen, sie führten die Terrorakte aus, aber die Architekten des Terrors säßen in den Schreibstuben der  westlichen Imperien. Die Terrorakte, die von diesen Islamisten begangen würden, würden dann den Regierungskräften in die Schuhe geschoben.  Das sei propagandistischer Auftrag der Pentagonstrategen und ihrer Handlanger. Die massive Produktion von zivilen Toten sei erklärtes Ziel der Pentagon-Politik, nachzulesen etwa im PNAC-Strategiepaier (zu deutsch: Projekt für ein Neues Amerikanisches Jahrhundert).

Der globale "Krieg gegen den Terror" sei eine Fabrikation des Pentagon, der Terror gegen zivile Bevölkerung ihr Inhalt. Der Neoliberalimus beinhalte Krieg, sei Krieg. Es ginge ihm  gar nicht  darum, Kriege zu gewinnen. Er profitiere von der Zerstörung und vom "Wiederaufbau" ganzer Länder.
Antikriegsbewegungen seien aber immer noch anfällig dafür, Konzepte, wie das der "Schutzverantwortung", mittels derer  ja "humanitäre Interventionen" begründet würden, zu akzeptieren und auf ihrer Basis zu agieren. Damit sei man schon Opfer der Propagandamaschinerie, deren Aufgabe auch  darin bestünde zu entzweien.

Die neue Art der Kriegsführung müsse aber als solche erst einmal begriffen werden um ihr adäquat entgegentreten zu können. Am Beispiel Syriens könne man sehen, welchen "Charakter" diese neue Art der Kriegsführung  habe: Es handle sich eben nicht mehr um  eine Kriegsführung der konventionellen Art. Der "Cyber War" spiele eine erhebliche Rolle, das Konzept des "langandauernden Krieges"

, der mittels Söldnerbanden geführt würde, die als Todesschwadronen zum Einsatz kämen, zu deren Ausbildung auch  der Umgang mit Chemiewaffen gehöre, wofür  es erdrückende Beweise gebe,   damit müsse man sich auseinandersetzen. Diese Art der Kriegsführung müsse begriffen und konterkariert werden, sagte Chossudovsky. Viele seiner Gedanken enthielten  der aufklärenden Friedensarbeit Dienliches.

Sein Vortrag scheint mir lohnt es studiert zu werden, sonst wird er  kaum einen Nachhall finden, denn Chossudovsky sprach sehr schnell, hatte wenig Zeit und war eingekeilt  in ein  enges Programm .

Will die Friedensbewegung aber den notwendigen, neuen Aufschwung gewinnen, so muss sie sich von ihren falschen von Pentagon und  NATO imprägnierten  Konzepten befreien. Sie muss sich gegen  die in den Laboratorien des neoliberal verbrämten Imperialismus ausgeheckten Konzepte wie "Resposnibility to Protect" ("Schutzverantwortung zur Einmischung",  statt Gewaltverbot der  UNO-Charta und deren zur Gebot zur Achtung staatlicher Souveränität) richten. 
Sie muss  sich auch  ganz frei machen von der Fremdfinanzierung und damit der ideellen Gehirnwäsche, die damit einhergeht. 
Das Studium seines Vortrags und die eingehende Debatte darüber könnte einen wichtigen friedenspolitischen Nachtrag  im Sinne des  Konferenzmottos  leisten.

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