Internationale
Palästinakonferenz in Stuttgart von Al Jazeeras begleitet
Veranstalter:
Palästinakomitee Stuttgart 10. - 12. Mai 2013
Die
Syrienfrage, d.h. der drohende Krieg gegen Syrien und die nunmehr
seit zwei Jahren andauernde bewaffnete Destabilisierung des
jahrzehntelangen Unterstützers der palästinensischen Sache, war von
seiten der Veranstalter eigenartiger Weise ausgeblendet worden.
Unerwähnt blieb bei der Eröffnung auch der jüngste bewaffnete
Angriff Israels auf die Hauptstadt des Nachbarlands. Dies scheint
unverständlich, da die permanente, auch kriegerische Bedrohung des
palästinensischen Volkes nicht von der Bedrohung Syriens zu trennen
ist. Das sieht auch die in Genf ansässige Anwältin Frau Rania Madi
so, die das BADIL-Zentrum auf der Konferenz vertrat. Das unermüdliche
Ringen gegen die jahrzehntelang andauernde israelische Besatzung,
das entschiedene Eintreten für das von der UN in Resolution 194
garantierte Rückkehrrecht für die von Israel und seinen
Hintermännern verursachten palästinensischen Flüchtlinge, kann
losgelöst von der syrischen Sache nicht zum Erfolg führen. Die von
Israel verweigerte Anerkennung einer von der UN-Vollversammlung
unterstützten palästinensischen Staatsgründung muss angeprangert
werden auch von jenen, die als weiterreichende Vision einen
säkularen, demokratischen Staat auf palästinensischem Gebiet, der
allen Bürgern, Israelis wie Arabern, gleiche Rechte zubilligen
würde, einfordern. Abgetrennt von der unmittelbar drohenden Gefahr
eines Angriffs-Krieges gegen Syrien wirkt eine solche Forderung
allerdings zwiespältig. Der Einsatz für ein
Staatswesen, das die Menschenrechte aller seiner Bürger
ebenso achtet wie seine zivilen Rechte, scheint dann nicht
überzeugend, wenn die Bedrohung des Bruderlandes Syrien
durch genau den Staat, der diese Rechte der palästinensischen
Bevölkerung täglich missachtet, völlig außen vor bleibt.
Unglaubwürdig wirkt der Einsatz für ein neues säkulares,
demokratisches Staatswesen, das auf den Prinzipien des humanitären
Völkerrechts gründet, während die gegenwärtige,
fortgesetzte Schaffung neuen Flüchtlingselends im Nachbarland, ein
Elend, an dem Israel ja führend beteiligt ist, nicht zur Kenntnis
genommen, geschweige denn verurteilt wird. Die seit 1967 andauernden
Besatzung der syrischen Golanhöhen und der Sheebafarmen durch
Israel hat ja gerade in diesem Zusammenhang srategische Bedeutung.
Auch das Übersiedeln der Hamas aus Syrien nach Katar im Angesicht
der Bedrohung des befreundeten Staates müsste doch zumindest in
Augenschein genommen und reflektiert werden. Ähnlich ambivalent
steht es um den Applaus für den "Arabischen Frühling",
dessen gewalthaltige, kriegerische Folgen eher zu einer Schwächung
des Anliegens der Palästinenser geführt haben. Die fundamentlische
Islamisierung der von den Aufständen erschütterten Länder darf
kaum als hoffnungsvoller Aufschwung in Richtung von mehr Demokratie
und Gerechtigkeit gewertet werden. Die palästinensische Frage wurde
ja auch konsequent in jenem Frühling ausgeblendet. In diesem
Zusammenhang wirkt die Anwesenheit des Senders, der das
frühlingshafte Treiben von Katar aus angeheizt hatte, geradezu
alarmierend. Dass eben dieser dieser Sender den gesamten
Konferenzverlauf filmen darf, ungefragt auch die
Publikumsteilnehmer, erscheint daher kaum begrüßenswert, sondern
wirft vielmehr Fragen auf. Wenn darüber hinaus noch “einer der
bekanntesten Journalisten des Fernsehsenders Al Jazeeras, der die
arabischen Aufstände begleitet hat”, der tunesische Mitarbeiter
Mhamed Krichen, als Redner vom Podium herab die "politischen
Gefangenen" in Syrien mit den von Israel in "Gewahrsam"
gehaltenen palästinensischen Gefangenen gleichsetzen darf, ist
Alarmstufe drei geboten. Allein schon die Präsenz dieses Redner auf
dem Podium wirft einen schweren schwarzen Schatten auf das große,
völkerrechtliche Anliegen, das die Zweite Internationale
Solidaritätskonferenz in Stuttgart auf ihr Programm geschrieben hat.
Die
Forderung für einen politischen Systemwechsel im historischen
Palästina wirkt vor diesem Kontext doch recht trügerisch. Ob
damit - wie von der Konferenzleitung beabsichtigt – “ein
alternativer Weg zu einem gerechten Frieden” aufgezeigt worden ist,
sei vorerst dahingestellt.
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