"Ja, was man so erkennen heißt!
Wer darf das Kind beim rechten Namen
nennen?
Die wenigen, die was davon erkannt,
Die töricht g’nung ihr volles Herz
nicht wahrten,
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen
offenbarten,
Hat man von je gekreuzigt und
verbrannt.“
Faust I. Teil, Nacht, Gespräch mit Wagner
"O kommt, daß euer, euer die Freude sei,
Ihr alle, daß euch segne der Sehende!" (Hölderlin, der blinde Sänger, 1801)
Eine Reise ins Heilige Land kann Blinde durchaus sehend machen, aber sie kann auch blenden.
"Die Blinden führen die Blinden" ist eine Metapher in der Antike verwendet, insbesondere durch Jesus bei Matthäus 15:13-14 und Lukas 6:39-40, wie auch in den nicht-kanonischen Evangelien.
"Die Blinden führen die Blinden" ist eine Metapher in der Antike verwendet, insbesondere durch Jesus bei Matthäus 15:13-14 und Lukas 6:39-40, wie auch in den nicht-kanonischen Evangelien.
Bei
Johannes (8,31) heißt es „Die Wahrheit wird euch frei machen“
und weiter unten Vers 37 „.. ihr sucht mich zu töten, denn meine
Wort findet bei euch keinen Raum“ und Vers 59 „da hoben sie
Steine auf, dass sie auf ihn würfen.“
Unter
Vers 9, 'Heilung der Blindgeborenen' heißt es „ich muss wirken
die Werke des, der mich gesandt hat, solange Tag ist; es kommt die
Nacht, da niemand wirken kann.“ und schließlich in Vers 39 „Ich
bin zum Gericht in diese Welt gekommen, auf dass die da nicht sehen,
sehend werden und die da sehen, blind werden.“ Das heißt im
Klartext doch, die Binden werden sehen und die vermeintlich Sehenden
werden als Blinde dastehen.
Es
war nicht zuletzt meine Reise ins Heilige Palästina im letzten
Frühsommer, die mich zu verstärkter Bibellektüre anhielt. Henri
Barbusse mit seinem Jesus-Poem lehrte mich überdies, wenn Jesu
jemals eine historische Gestalt war, dann war sie die Inkorporation
eines Revolutionärs. Gleiches hatte mich in den 80iger, den
friedensbewegten Jahren eine US-amerikanische Nonne namens Marjorie
Tuite gelehrt.
Meine
Liebe zur klassischen Literatur lehrte mich weiter erkennen, dass
alle unsere Klassiker an der Bibel geschult sind, ganz besonders Bert
Brecht.
Meine
jahrzehntelange Forschungstätigkeit über Feindbilder und deren
nicht nur psychosoziale, sondern auch hochpolitische Funktion lehrten
mich u.a., dass große Weltrevolutionäre wie etwa Fidel Castro oder
Stalin an Jesuiten- Colleges ihre Bildung hatten erwerben müssen.
Die früh begonnene Befassung mit der Feindbildthematik lehrte
mich außerdem das vom Literaturnobelpreisträger Harald Pinter in
seiner Laudatio beklagte mediale Lügengespinst radikaler
durchdringen als manch anderer. Meine weltweite Erfahrung als
NGO-Repräsentantin im Schoß der Vereinten Nationen gab mir die
seltene Möglichkeit immer wieder die Perspektive zu wechseln.
Meine
eigene, im weitesten Sinne bildungsferne, Sozialisation brachte es
mit sich, dass mein Religionslehrer und unser Stadtpfarrer in meiner
süddeutsche Heimat prägenden Einfluss auf mich ausübte.
Ich
bitte herzlich darum, mir nicht mangelnden Tiefgang zu unterstellen.
Die
großen Motive der Weltliteratur haben unser Dilemma, das
offenkundig auch das ihrer großen Denker und Dichter, war aufs Treffendste ins Bild gesetzt.
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- Das antike Motiv des blinden Sehers (Teresias bei Ödipus ) verweist darauf, dass die alten Griechen meinten, dass Blinde mehr wahrzunehmen im Stande sind als Menschen, die ihr Augenlicht besitzen.
- Ihre Weissagungen werden aber tragischer Weise in den Wind geschlagen oder missdeutet. Ödipus blendet sich wahnwitziger Weise selbst, anstatt zu begreifen und Schlüsse zu ziehen.
- Kassandra war nicht blind, sondern sehr wohl sehend, aber auch ihren Weissagungen wurde nicht geglaubt, mit tragischen Folgen verharrten die ihrigen im Dunkeln, konnten trotz ihrer Warnungen ihre Scheuklappen nicht ablegen, ihre Blendung nicht überwinden. Die Folgen waren verhängnisvoll.
Siehe auch Hölderlins "blinder Sänger" aus dem Jahre 1801Mögen wir mutiger sein als die antiken Menschen und die Bewahrer des Ancien Regime:
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