In Taiyibeh gibt es eine besondere Touristenattraktion: Eine palästinensische Mikro-Bierbrauerei, wir kosten dort den nach deutschem Reinheitsgeboten hergestellten Weizentrunk. Er schmeckt "taybeh", also zu gut deutsch "lecker". Auch ein jährliches Oktoberfest veranstaltet man im - nur dem Scheine nach - autonomen Palästina natürlich, allerdings ohne Lederhosen, ortsüblicher Tracht ist angesagt. Makabrer Werbeslogan der Bierhersteller: "Test the Revolution - drink Palestinian!" ... and get drunk, möchte man hinzufügen. Bot man in einer anderen Kolonie zu einer anderen Zeit den Ureinwohnern nicht auch Feuerwasser an, um ihren Widerstandsgeist zu lähmen ? Das Kapital für die alkoholische Brause mitten in einer mehrheitlich muslimischen Umwelt kommt immerhin aus jener Welt der Ideengeber, von einer Hausverpfändung in Brooklyn, wie uns der Werbefilm des pfiffigen Familienunternehmens wissen lässt. Die Gründerzeit liegt in der hoffnungsschwangeren Nach-Oslo-Periode.
Von der Bierbrauerei noch leicht angesäuselt geht es direkt in die benachbarte lateinische St. Georgskirche, wo uns der famose und sehr unterhaltsame Pfarrer Raed begrüßt, bewirtet und schließlich mit Friedensvögeln aus Olivenholz beschenken wird. Der humorvolle, römische Katholik verspricht uns die ganze biblische Geschichte anhand von 5 Episoden in einem 800, nein 2000 Jahre alten Steinhaus innerhalb von 10 Minuten zu erläutern. Wir hängen alle an seinen Frohsinn ausstrahlenden Lippen. Der gute Hirte setzt seinen ganzen Witz ein, um uns locker-floppig und scheinbar ganz nebenbei die Grundwahrheiten über die gegenwärtige Tragik des palästinensischen Volkes kund zu tun.
Der noch junge Mann ist in Jenin geboren, ist ein palästinensischer Araber, ist Christ und Katholik und stets guter Laune. 'Vater' Raed hat über Friedensarbeit promoviert. Dem Dienst am Frieden ist seine ganze Energie und Kreativität gewidmet. "Wir arbeiten hier mit allen Sinnen", sagt er "und wirken in der multireligiösen Gemeinde integrativ durch gemeinsames Musizieren, durch gemeinsames Singen von Liedern aus allen Traditionen im Lande". Ein Drittel seiner Schüler sind muslimischen Glaubens. Wir leben hier gemeinsam schon 14 Jahrhunderte lang. Wir basteln heute zusammen Friedenslampen und - Tauben aus Keramik und verschicken sie in alle Himmelsrichtungen. 80 000 Kirchen erreichen wir mit unseren friedvollen Symbolen.
Der Caritasverband aus Jerusalem hat als Antwort auf die Separationsmauer hier ein offenes Gästehaus eingerichtet. In unserem Lande, in Samaria, wurde die Gastfreundschaft schon immer hochgehalten. Mit Gastfreundlichkeit und Mut ermöglichen wir das Unmögliche. Jetzt müssen wir halt zu unserer "letzten 'Waffe' Zuflucht nehmen, zum Gebet. "
Stolz zeigt der katholische Geistliche uns auch die wertvolle Ikone im Kirchenschiff, die Heilige Jungfrau von Ephraim verkörpernd. Sie hält in der Hand einen Granatapfel, das Symbol der Unsterblichkeit, während das Jesukind versöhnlich einen Olivenzweig darbietet. An uns soll Friedenspolitik nicht scheitern, betont Raed. Es gibt auch gar keine militärische Lösung in diesem 'Konflikt'. 8 Millionen Palästinenser stehen 7 Millionen Israelis gegenüber, dazu gehören auch die russischen und äthiopischen Einwanderer im sich hebräisch definierenden Staatswesen, unter diesen befinden sich zahlreiche Christen. Die Demographie spricht für sich.
Ja, und selbstverständlich hält er das von allen christlich-palästinensischen Kirchen verfasste Kairos-Palästina-Dokument für sehr wichtig, es verdient mehr Beachtung. "Christen müssen sich für ein Ende der Besatzung einsetzen . Beten Sie wenigstens für die Freiheit Palästinas und tun Sie es öffentlich."
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