Monday, August 6, 2012

Ephraim, Bier und die Biblische Geschichte in Kurzfassung



Taiyibeh,  das biblische Epraim ist ein  palästinensisches Dorf nahe Jerusalem und Bethlehem in schöner Höhenlage mit überwiegend christlicher Bevölkerung.  In biblischen Zeiten nannte man es  wohl Ephraim. Jesu soll - anlässlich eines  Pessahfestes - hierher  mit seinen Anhängern einen Landausflug gemacht haben.  Das war leicht  zu Fuß möglich damals. Heute ist  eine  solche Freizeitaktivität für die einheimische Bevölkerung   der Trenn-Mauer und der Apartheitsraßen wegen selbst motorisiert  wesentlich  schwieriger, wenn nicht unmöglich geworden.

In Taiyibeh gibt es eine besondere  Touristenattraktion: Eine palästinensische  Mikro-Bierbrauerei, wir kosten dort  den  nach deutschem Reinheitsgeboten hergestellten Weizentrunk.  Er schmeckt "taybeh", also zu gut deutsch "lecker". Auch ein  jährliches Oktoberfest veranstaltet man  im - nur dem Scheine nach  - autonomen Palästina natürlich, allerdings  ohne Lederhosen,  ortsüblicher Tracht ist angesagt.  Makabrer Werbeslogan der Bierhersteller: "Test the Revolution - drink Palestinian!" ... and get drunk, möchte man hinzufügen. Bot  man in einer anderen Kolonie  zu einer anderen Zeit den Ureinwohnern nicht auch Feuerwasser an, um ihren Widerstandsgeist zu lähmen ? Das Kapital für die alkoholische Brause  mitten in einer  mehrheitlich muslimischen  Umwelt kommt  immerhin  aus jener Welt der Ideengeber, von einer Hausverpfändung  in Brooklyn, wie uns der Werbefilm des pfiffigen  Familienunternehmens wissen lässt. Die Gründerzeit liegt in der hoffnungsschwangeren Nach-Oslo-Periode.

Von der Bierbrauerei noch leicht angesäuselt geht es direkt in die  benachbarte lateinische St. Georgskirche, wo uns der famose und sehr unterhaltsame Pfarrer Raed begrüßt, bewirtet und  schließlich mit Friedensvögeln aus Olivenholz beschenken wird.  Der  humorvolle, römische Katholik verspricht uns die ganze biblische Geschichte anhand von  5 Episoden  in einem  800, nein 2000 Jahre alten Steinhaus innerhalb von 10 Minuten zu erläutern. Wir hängen alle an seinen Frohsinn ausstrahlenden Lippen.  Der gute Hirte setzt seinen ganzen Witz ein, um uns locker-floppig und scheinbar ganz nebenbei  die Grundwahrheiten über die gegenwärtige Tragik des palästinensischen Volkes  kund zu tun.

Der noch junge Mann ist in Jenin geboren, ist ein palästinensischer Araber,  ist Christ und Katholik und stets  guter Laune. 'Vater' Raed hat über Friedensarbeit promoviert. Dem Dienst am Frieden ist seine ganze Energie und Kreativität gewidmet. "Wir arbeiten hier mit allen Sinnen", sagt er  "und wirken  in der multireligiösen Gemeinde integrativ  durch  gemeinsames Musizieren, durch gemeinsames Singen von Liedern aus allen Traditionen im Lande". Ein Drittel seiner Schüler sind muslimischen Glaubens. Wir leben hier gemeinsam schon 14 Jahrhunderte lang. Wir basteln heute  zusammen  Friedenslampen und -  Tauben aus Keramik und verschicken sie in alle Himmelsrichtungen. 80 000 Kirchen erreichen wir mit unseren friedvollen Symbolen.
Der Caritasverband aus Jerusalem hat als Antwort auf die Separationsmauer  hier ein offenes Gästehaus eingerichtet. In unserem  Lande,  in  Samaria, wurde die Gastfreundschaft  schon immer hochgehalten.  Mit Gastfreundlichkeit und Mut  ermöglichen wir das  Unmögliche.  Jetzt müssen wir halt  zu unserer  "letzten 'Waffe'  Zuflucht nehmen, zum Gebet. "

Stolz zeigt der katholische Geistliche uns auch die wertvolle Ikone im Kirchenschiff, die Heilige Jungfrau von Ephraim verkörpernd. Sie hält in der Hand einen Granatapfel, das Symbol der Unsterblichkeit, während das Jesukind versöhnlich  einen Olivenzweig darbietet. An uns soll Friedenspolitik  nicht scheitern, betont Raed. Es gibt auch gar  keine militärische Lösung in diesem 'Konflikt'. 8 Millionen Palästinenser stehen 7 Millionen Israelis gegenüber, dazu gehören auch die russischen und äthiopischen Einwanderer im  sich hebräisch definierenden Staatswesen, unter diesen befinden sich zahlreiche Christen. Die Demographie spricht für sich.

Ja, und selbstverständlich hält er das von allen christlich-palästinensischen Kirchen verfasste Kairos-Palästina-Dokument für sehr wichtig, es verdient mehr Beachtung. "Christen müssen sich für ein Ende der Besatzung einsetzen . Beten Sie wenigstens für die Freiheit Palästinas und tun Sie es  öffentlich."

"Es gibt nichts Heiliges in einem besetzten Land"  lesen wir  auf einer großen Plakatfläche, während wir durch Bethlehems Vororte  zurück  in unsere heile Enklave Talitha Kumi gefahren werden.

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