Friday, May 18, 2018

Weder Pessimismus noch Ratlosigkeit angesagt

Angesichts der aktuellen, zugespitzten politischen Weltlage sind weder Ratlosigkeit noch Pessimismus angebracht. Wer genau hinschaut, die ganze Welt nüchtern und vorurteilsfrei im Blick hat, der sieht schon in mitten der Trümmer des Niedergangs die letztlich konstruktiven Veränderungsprozesse am Werk.


Die Persönlichkeit des gegenwärtigen US-Präsidenten und seiner scheinbar erratischen Entscheidungen scheinen uns überbewertet im Guten wie im Schlechten. Überhaupt halten wir nicht viel von der Personalisierung von Politik, wenngleich Individuen unter bestimmten historischen Bedingungen viel zur Verbesserung der allgemeinen Lage beitragen können.

Die Rolle des im Niedergang befindlichen US-Imperiums seit 1945

Das US-Imperium spielt allerspätestens seit 1945 mit dem bisher weltweit einzigen Abwurf von zwei Atombomben über japanischen Städten eine friedens- und umweltpolitisch verheerende Rolle in der Weltpolitik. Es folgte die Zerstörung Nord-Koreas, seiner Städte, seiner zivilen Infrastruktur, von Millionen nordkoreanischen Menschen. Dem folgte der Krieg gegen Vietnam, die Entlaubung seiner Vegetation, die Verstümmelung seiner gegenwärtigen und künftigen Bewohner, seiner entschieden antikolonialen Bemühungen. Es folgte die tiefe Demütigung des iranischen Volkes mit Hilfe des von US-Gnaden installierten Schah-Regime nach dem Sturz Mossadhegs im Jahr 1953. Seit der Revolution von 1979, die diesem blutigen Regime ein Ende setzte, versuchten die USA auf mannigfache Weise, ein solches Unterdrücker-System von US-Gnaden zu re-inthronisieren. Weiter ging es in Mittelost mit der Zerstörung Afghanistans 2001 unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung und zuvor schon seit 1979 unter dem geheuchelten Vorwand der Sowjetbekämpfung. Kein Zufall ist die voraufgegangene Befreiung der Iraner von ihrem US-Vormund. Der Krieg gegen den Irak ab 1990, offen geführt spätestens ab 2003, unter dem geheuchelten und verlogenen Vorwand der Eliminierung von Massenvernichtungswaffen, zog eine weitere Blutspur durch den Nahen und Mittleren Osten. Weiter ging es mit der Zerstörung des blühendsten afrikanischen Landes, Libyen 2011 und der bestialischen Ermordung seines Staatschef Gaddafi. Der Versuch Syrien ebenso zu zerstückeln und zu vernichten ist zwar mit russischer, iranischer und chinesischer Hilfe misslungen, das Hochkultur-Land aber doch weitgehend kaputt gebombt und durch forcierte Massenflucht wertvoller geistiger Ressourcen beraubt. Noch unerwähnt ist dabei das Kardinal-Verbrechen, das mit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 die Welt des Nahen und Mittleren Ostens heimsuchte. Dessen ständige US-gestützte Kriege terrorisieren alle seine Nachbarn und fügen dem palästinensischen Volk seit nunmehr über 70 Jahren unermessliches Leid zu, das in der Gegenwart auf entsetzliche Weise kulminiert1. Die Inthronisierung des frühgeborenen israelischen Zwillingsbruders Saudi Arabien im Jahre 1932, dessen letzte US-geführte Schandtat der Krieg gegen Jemen ist, geht letztlich auch auf das Anglo-amerikanische Konto. Beiseite blieb noch die Anglo-amerikanische Einmischung in den griechischen „Bürgerkrieg“ von 1946 - 49 mit Hilfe des Einsatzes von Napalm. Das alles und noch viel mehr hat nicht Meister Trump zu verantworten, sondern seine Vorläufer. Wer gegen solch hypertrophe imperialistische Politik im Zeichen der Vernunft hielt, der wurde eliminiert. Siehe John F. Kennedy, oder aus dem Amt gedrängt wie Nixon. Letzterer hatte den Ausgleich mit China gesucht. Er setzte auf Kooperation mit dem Ostblock – trotz des vor ihm ermordeten Amtskollegen John F. Kennedy für ähnliche Unterfangen.

Verstehen, was läuft, ist der Schlüssel zu seiner Veränderung

Verständlich wird die Weltpolitik aber nur mit Hilfe der Kapitalanalyse und noch genauer mithilfe von Lenins Imperialismus-Theorie. Die Weigerung das zur Kenntnis zu nehmen, hat sträfliche Folgen. Die Zertrümmerung der Linken, die völlige Aufweichung ihrer Analysefähigkeit2 auf Grund des Wegwurfs ihrer wertvollsten Instrumente, hat zur Folge, dass die Menschen nicht mehr begreifen, was von wem und warum gespielt wird. Das wiederum führt zu Pessimismus und Politikverdrossenheit und lähmt die entschiedensten Geister. Es sind nicht die vermeintlich bösen Charaktereigenschaften von Donald Trump oder etwa Angela Merkel, die die Welt in die Dunkelheit zerren. Es ist letztlich die Logik des Kapitals, die aber von charakterlichen Menschenlarven umgesetzt wird. Es kann aber dieser Logik, die ins Verderben für alle Erdbewohner führt, die Wirksamkeit genommen werden, in dem man sie ganz einfach durchschaut und folglich in ihre menschengemachten (!) Prozesse eingreifen kann.

Klägliche Rolle einer opportunistischen Intelligenz ist anzuprangern

Die meisten Intellektuellen ziehen es aus Bequemlichkeitsgründen vor, falsche Erklärungsmuster zu verbreiten, die ihnen ungefährlich scheinen. Trump anzuprangern ist billig. Er ist inzwischen jedermanns Feind. Damit wird die verbrecherische Politik des US-Imperialismus, die übrigens seine eigene Geburtsstunde begleitet hat mit der Ausrottung der indigenen Bevölkerung und der die Fortsetzung des britischen Imperialismus war und ist, personalisiert und entschärft. In Wirklichkeit ist es der „Tiefe Staat“, das Pentagon, die Interessen einer scheinbar ewig herrschenden Pseudo-Elite, die dem jeweiligen Präsidenten die Politik diktiert, mit der sie im Zweifelsfall nichts zu tun haben will. Wer dagegen an-denkt, an-schreibt und dagegen an-spricht, der hat schlechte Karten. Widerständiges Denken und folgerichtiges Handeln wird nicht mit Karriereaussichten belohnt.
Widerstand erfordert innere Unabhängigkeit, Klarheit im Denken und den Mut, kurzfristige Nachteile in Kauf zu nehmen.

Worauf unser Optimismus gründet

Menschen sind keine Lemminge3, Menschen haben kein eingebautes Selbstmord-Gen, sie wollen leben, sie wollen keine Sklaven sein, sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt, wie es in der UN-Charta festgehalten ist. Daraus folgt, dass Menschen die Voraussetzung mitbringen, Lösungen für die von ihnen geschaffenen und von der Natur auferlegten Probleme zu finden, gemäß dem Grundsatz, dass keiner mit ruhigem Gewissen gut leben kann, wenn es dem Nachbarn schlecht geht.
Wenn wir uns die Geschichte und die Kultur der Menschheit zu eigen machen, können wir wissen:

  1. So wie es ist, bleibt es nicht“! „Am Grunde der Moldau da liegen die Steine, das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine ...“ Bert Brecht, an Marx, Lenin und Hegel geschulter deutscher Dichter und Dramatiker.
  2. Dass Russland sich im 20. Jahrhundert in kürzester Zeit vom Holzpflug ins Industriezeitalter katapultiert hat, mittels der Planwirtschaft unter Führung der bolschewistischen Arbeiter- Partei.
  3. Dass der Imperialismus die große UdSSR zwar von innen und außen zu zerstören fähig war, aber seine Macht nach dem Höhenflug von 1989 im jähen Absturz begriffen ist.

  1. Dass Russland unter Putin und seinem Kollegenstab, mithilfe seiner Verbündeten dank kluger Führung dem schon fast besiegte Land trotz der Feindschaft des Westens zu neuem globalen Ansehen verhalf, alle Auslandschuld gegenüber dem IWF beglichen hat und sich wirtschaftlich ungeachtet aller Sanktionen stabilisierte.
  2. Dass die Chinesen Marx, Engels und Lenin eifrig studiert haben und die Geschichte des Niedergangs des sozialistischen Welt. Als großes Kulturvolk verkörpern sie jetzt die Avantgarde in der Welt, aber nicht sie alleine, sondern im Bunde mit Russland und dem Iran und einigen weniger mächtigen Verbündeten.
  3. Ex Oriente Lux! Jetzt nach der Aufkündigung des Iran-Abkommens spätestens und nach der unheilvollen Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Die Tage des Imperiums sind angezählt. Wir gehen einer multipolaren Weltordnung entgegen, die sich in absehbarer Zukunft nicht mehr den Willen einer angeblich „von Gott auserwählten Nation“ beugen wird. Man könnte auch sagen: Das Ende der Herrschaft des Imperialismus wird schon sichtbar am Horizont.
Unsere Betrachtungen mögen vorerst noch auf Granit stoßen. Die Intelligenzia. geht mit den Mächtigen, „was man Dir auch sage“.4 Zu grausam verfuhr man mit den wenigen „Aufsässigen“, mit den Quer- und Vordenkern zu allen Zeiten. Sie aber sind unser wertvollstes Erbe. Trotz all der mit dem Strom schwimmenden Skeptiker: Die Zukunft wird sein und sie wird human sein. Es leben unsere Klassiker5 und unsere gute revolutionäre Tradition. Wir ehren sie und helfen die Wende, die zunächst eine geistige sein muss, mit vorbereiten, indem wir sie studieren, indem wir ihre Lehren weiterverbreiten und folgerichtiges Handeln für eine realistische, eine pragmatische, der Zukunft und der Gerechtigkeit dienende Friedens-Politik der Gegenwart daraus ableiten.


Irene Eckert, Potsdam, Pfingsten 2018

1UN halten Gazastreifen für unbewohnbar | ZEIT ONLINE https://www.zeit.de › Gesellschaft 11.07.2017 - In einem neuen Bericht mit dem Titel Gaza – zehn Jahre später hat die UN die Lebensbedingungen der zwei Millionen Menschen im Gazastreifen ... Ein normales Leben in dem Gebiet sei so laut Piper nicht mehr möglich.


2 Siehe auch Losurdo, Domenico: „Wenn die Linke fehlt“, 2017 PapyRossa Verlag | Shop
3Allerdings sind auch die Lemminge keine „Massenselbstmörder“ wie es die typischerweise von Disneyland erfundene Legende unterstellt http://www.sueddeutsche.de/panorama/lemminge-todessturz-einer-legende-1.921458
4 „Über das Niederträchtige niemand sich beklage, es ist das Mächtige, was man Dir auch sage“ Goethe, Rendsch Nameh - Buch des Unmuts Wanderers Gemütsruhe aus dem West-Östlichen Diwan

5Unser klassisches und revolutionäres Erbe würdigen, das heißt Schiller und Goethe, Heine und Freiligrath, den ganzen Vormärz inklusive Marx und Engels. Karl Marx wurde am 5. Mai 1818 in Trier geboren, nur 30 Jahre später erschien das Kommunistische Manifest. Die Klassiker ehren, heißt aber auch Thomas Mann und Bert Brecht und all die großen Schriftsteller des vorigen Jahrhunderts lesen und den Beitrag des deutschen Geistes zur positiven Weltveränderung wieder hervorkehren.

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