Krieg und FriedenÖsterliche GedankenFriedensbehindernde Irrtümer grade rückenVon Irene Eckert
Eine vorgestanzten Klischees folgende Gleichsetzung von Nazifaschismus und „sozialistischen Diktaturen“ verstellt uns immer noch den Blick auf das verspielte Friedenspotential des realen Sozialismus. Solch gleichsetzende Etikettierung von Wesensfremdem ist nicht etwa auf mangelnde Erfahrung, sondern schlicht auf Unkenntnis der einstigen Realitäten zurückzuführen. Man muss nicht im realen Sozialismus gelebt haben, um zu wissen, dass diese Staaten Friedensfaktoren darstellten und Bremsklötze auf dem Wege zur Globalisierung der Kriege waren. Man muss auch keine Zeitreise ins Mittelalter machen oder in Saudi-Arabien gelebt haben, um sich ein Urteil über die dortigen Zustände erlauben zu dürfen, sonst wäre ja jeder wissenschaftliche Diskurs sinnlos bzw. unmöglich.
Plakat: arbeiterfotografie.com
„Teuflisches Tun“ in „theatralischer Sprache“
Darf man sinniger Weise das Wirken von ISIS, Al-Nusra und Kompanie als „teuflisches Tun“ qualifizieren? Ist es zulässig und wirklichkeitskompatibel in Bezugnahme auf die Vorgänge in Syrien seit 2011 von 'satanischen Vorgängen' zu sprechen, oder ist solche Sprechweise „Theatralik", weil sie die Realität überzeichnet und dramatisiert?
Die US-Hegemonialmacht sieht in Russland die Hauptgefahrenquelle, ja eine existentielle Bedrohung ihres Landes. Die Unterschätzung der Terror-Söldner-Heere hierzulande ist offensichtlicher Unkenntnis der Realitäten zuzuschreiben. Wer sich keinen realitätsnahen Begriff davon machen konnte, worin die Handlungsweise der terroristischen Akteure in Syrien sinnlich konkret besteht, mag die Kennzeichnung "teuflisches Tun" überzeichnet finden. Das wahrhaft mit gegenwärtig menschlichen Begriffen nicht mehr zu fassende Horrorszenario in Syrien, aber auch in der Ukraine, im Irak, in Libyen, in Afghanistan und anderswo ist aber satanischer Natur – von Gottes Beitrag keine Spur mehr. Das Wirken, Walten und Wollen der dortigen Akteure scheint vielen Menschen trotzdem noch ein Buch mit sieben Siegeln. Verständlicherweise schaut man dem Terror ungern bei seinem Tun über die Schultern. Man guckt lieber weg, wo man eigentlich genau hinschauen müsste, auch ich tue das.
Terrorhandwerk life ist „teuflischer“ Natur
Vor nunmehr drei Jahren war ich allerdings von syrischen Freunden in Genf zu einem Vortrag eingeladen, der mich und manch anderen in dieser Hinsicht zutiefst erschüttert hat. Es war übrigens ein Spießruten-Laufen durch einen bezahlten Mob hindurch nötig, um zum Vortragsaal zu gelangen – selbst im 'neutralen' Genf, Sitz der UN-Menschrechtskommission. Die Veranstalter waren hoch angesehene Genfer Bürger syrischer Provenienz. An Hand von Augenzeugenreportagen der russischen Kriegsberichterstatterin Anastasia Popova und ihres Kameramanns, sowie anhand des ebenfalls unter die Haut gehenden Berichts ihres turko-syrischen, in Belgien lebenden, Kollegen (bahar_kimyongur@yahoo.fr) wurde uns das ganze Ausmaß des grauenhaften Wirkens des Terrors im einst blühenden arabischen Land deutlich vor Augen geführt.
Für das, was dort in den Jahren seit 2011 geschehen ist, fehlen uns Nordlichtern die Worte, fehlt uns noch immer eine angemessene Sprache. Die von der blutjungen, mutigen Reporterin in Bild und Ton festgehaltenen Vorgehensweisen liegen jenseits des menschlich Vorstellbaren. Was dort von Menschen Menschen angetan wird, ist nur nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Saudis etwa ihre Gefängnistore geöffnet und verurteilte Mörder mit dem Auftrag entlassen haben, in Syrien aufzuräumen. Unter den Opfern ihres Wütens waren nicht nur alawitische „Gottlose“, sondern ur-christliche Gemeinden, die noch Aramaäisch, die Sprache Jesu sprachen, Heiligtümer antiker Provenienz, völlige unpolitische Nonnen und Mönche, Orden die seit Jahrhunderten dort angesiedelt waren, wurden ausgelöscht. Die Christenheit schwieg dazu. Völlig heruntergekommene, deklassierte und von jahrelangen Kriegen brutalisierte junge Männer aus dem ehemaligen Sicherheits- und Staatsapparat des Irak bilden einen weiteren Zustrom der Terrorsöldner, die bis zu 300 Dollar pro Tag kassierten, um ihr bestelltes Mordhandwerk an Christen und anderen „Ungläubigen“ auszuüben. Damals war an ein russisches militärisches Eingreifen noch lange nicht zu denken.
Zur hohen Schule der Diplomatie gibt es keine Alternative - außer Krieg
Dir Russen taten in den letzten fünf Jahren alles auf dem Felde der Diplomatie mögliche. Sie praktizierten damit die hierzulande von Friedenszirkeln stets geforderte gewaltlose Konfliktlösestrategie auf höchster staatlicher Ebene, um eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden. An der regionalen Ausweitung des Krieges kann und darf keiner interessiert sein. Am Ende führt ja kein Weg zum Frieden an den staatlichen Akteuren vorbei - an den Akteuren, die die Macht haben, politischen Konzeptionen Durchsetzungskraft zu verleihen. Die Alternative zur hohen Schule der Diplomatie ist nun mal menschheitsgeschichtlich Krieg! Noch einmal positiv ausgedrückt: wir wollen keinen Krieg, sind Anhänger friedlicher Konfliktlösungsstrategien, unser Ideal ist die Gewaltlosigkeit. Aber Lobbyarbeit ohne den Druck einer massenhaften Bewegung von der Strasse hilft uns da gar nichts. Wir Friedensarbeiter können nur durch Überzeugungsarbeit wirken, aufklären! Politisches, kenntnisreiches Denken zu fördern, ist unser Auftrag. Unsere Zielgruppe ist die Öffentlichkeit insgesamt und nicht die paar versprengten „Greise“ in den verkalkten und gekauften NGOs einer vermeintlichen, geschrumpften „Zivilgesellschaft“. Ich drücke mich hier drastisch aus, ich weiß das, aber die Geschichte wird mir recht geben, dafür lege ich Hände und Füße ins Feuer.
Verwilderte und verwahrloste Elemente kassieren fürs Morden und Brandschatzen
Für das, was verwilderte und verwahrloste Elemente in Syrien, im Irak, in Libyen, in Afghanistan, in Nigeria, in Mali, in Somalia, in der Ukraine heute für Drogen, Geld und bösen Zuspruch leisten, ist der Begriff „teuflisch“ noch viel zu milde. Auch mit Vokabeln wie „satanisch“ oder „barbarisch“ ist das mörderische Handwerk der Hals-Absäger, der Kulturzertrümmerer, der Menschenschinder nicht zureichend zu kennzeichnen. Der Teufel ist als „Teufelskerl“, als ein Teil von jener Kraft, die Böses meint und Gutes schafft, als gefallener Engel, als ein mit Gott dialogisierender immer noch ein Abfallprodukt des Göttlichen und ein gewissermaßen produktives, vorantreibendes oder warnendes Element. Er kommt übrigens nicht nur als Metapher, sondern ganz realistisch geschildert, beim Klassiker Goethe ebenso vor wie beim Klassiker Dostojewski in den „Gebrüdern Karamasow“ und in den „Dämonen“ oder etwa beim Literaturnobelpreisträger Thomas Mann in dessen Roman „Dr. Faustus über das Leben des Tonsetzers Adrian Leverkühn“, einer Abrechnung mit dem deutschen Faschismus. Die Terroristen unter dem Logo ISIS und Co sind aber keine einfachen Widersacher mehr, keine Rebellen oder schlicht Oppositionellen. Sie wollen die Menschlichkeit ausrotten, und sie spielen bewusst mit dem nuklearen Inferno. Mit ihnen kann man nicht dialogisieren, ihnen muss man das Handwerk mit allen Mitteln legen.
Teufelsmetaphorik leider zeitgeistgemäß
Die Teufelsmetaphorik ist aber ein durchaus modernes Bild, mit der sich heutiges unheilvolles Wirken zumindest annähernd charakterisieren lässt, wenn auch nicht zureichend. Ähnliches gilt übrigens, wenn auch auf andere Weise, für die wahrhaft teuflischen “Satanischen Verse“ von Salman Rushdie, der sich mit seinem gleichnamigen Roman als geistiger Brandstifter und Vorläufer der Islamo-Faschisten betätigt.
Mittelaltermethoden haben Konjunktur
Mit mittelalterlichen, ja vorsintflutlichen, vorgesetzlichen Methoden haben wir es leider im 21. Jahrhundert schon lange wieder zu tun. Die bedrohliche Ignoranz gegenüber dem Recht, vor allem das Beiseiteschieben des Völkerrechts, hat zu einer größenwahnsinnigen Selbstüberhebung der Macht geführt, der mit Sandkastenspielen in Sachen Gewaltlosigkeit nicht beizukommen ist. Die Folterpraktiken und die Ikonisierung derartiger Praktiken seitens der US-Amerikaner, vorgeführt in ihren Folterhöllen Abu Ghraib/Irak, Guantanamo/Cuba und Baghram/Afghanistan sind hier als Negativbeispiele menschlicher Verirrung doch wahrhaftig mittelalterlich-teuflisch zu nennen. Sie erinnern an die Methoden der ebenfalls einst über dem Recht stehenden, staatlich aber geschützten Inquistion und an die Ketzerverfolgungen. Der moderne Kreuzzug gegen den Islam, der Hand in Hand geht mit der Erschaffung des Islamo-Faschismus in den Brutstätten US-amerikanischer Geheimdienste ist eine Neuauflage der jahrhundertelangen Kreuzzüge des Hochmittelalters, angeblich geführt zur Befreiung des Grabmals Christi aus den Klauen der Ungläubigen. Es ging also vorgeblich um ein hehres Ziel, hinter dem sich schnöder Mammon verbarg, damals wie heute: Same procedure as last time.
Um mir eine Detailbeschreibung der Vorgehensweisen der Terrorsöldner zu ersparen, nenne ich also ihre Handlungsweise „teuflisch“. Die postmodernen Teufel verbergen übrigens keineswegs, was sie tun. Ihre Kopfabschneide'arbeit' und andere kriminell-inhumane Akte haben sie ja stolz in den so genannten sozialen Netzwerken dargeboten. Augenzeugenberichte von Opferseite gibt es ebenfalls jede Menge, ebenso wie Aussagen von Ex-CIA-Analysten. In den Mainstream-Medien oder in der Konzernpresse, um ein deutsches Wort zu gebrauchen, finden solche Stimmen natürlich keinen Widerhall. Man projeziert statt dessen das eigene teuflische Tun auf die legitimen Regierungen, denen man die eignen Verbrechen anhaftet. Zynischer geht es kaum.
Dialoge mit dem Teufel führen?
Die von mir als teuflisch charakterisierten Verbrecherbanden haben den Auftrag zu töten und nicht zu verhandeln. Entsprechend haben sie bzw. ihre Sprachrohre sich bei allen Verhandlungsrunden in Genf aufgeführt. Daher der indirekte Charakter der Verhandlungen, die de Mistura, der UN-Syrienbeauftragten und seine US-amerikanischen Auftraggeber erfunden haben, um den Anschein der Gesprächsbereitschaft der 'Opposition', der 'Rebellen', ihrer Kreaturen also zu wahren. Im Klartext: Die syrischen 'Oppositionellen', wie sie schönfärberisch genannt werden, weigern sich konstant, mit der in ihren Augen 'illegitimen syrischen Regierung' auch nur Kontakt aufzunehmen, auch nur in einem Raum zu sitzen, weswegen die so genannte „Shuttlediplomatie“ eingeführt wurde.
Von mir aus kann man nun auch mit dem Teufel persönlich reden. Das tut selbst Gott laut Goethe im Faustschen Vorspiel auf dem Theater, und die Russen versuchen es auch... Die Frage ist nur, ob der Teufel das will und wohin es am Ende führt, wenn man den schwächeren Part hat. Der Volksmund weiß sehr gut, dass, wer mit dem Teufel frühstücken will, einen langen Löffel haben muss. Dies gesagt habend, spreche ich diesen Akteuren und Unterhändlern des Terrors keineswegs ihr Menschsein ab, im Gegenteil, ich fordere, sie und ihre Hintermänner zur Rechenschaft zu ziehen! Das ist etwas anderes.
Dialogbereitschaft und gemeinsame Agenda vorausgesetzt
Begegnung und Dialog setzen also Bereitschaft auf beiden Seiten voraus. Ohne den politischen Willen kann gar nichts geschehen. Das war an den stagnierenden Genfer „Friedensverhandlungen“ so lange zu sehen, bis die Russen mit Bomben den Terror zurückgedrängt haben. Diese handelten damit nicht nur im Sinne einer 'verengten Staatslogik', sondern im Interesse der ganzen Region und der Menschheit überhaupt. Ihnen gebührt Dank. Gleiches gilt für das syrische Volk und seine Armee, die lange Zeit ziemlich allein dem Terror die Stirn boten.
Erfolgreiches Verhandeln setzt mit gegnerischen Kräften setzt klar definierte Ziele und ein bestimmtes Kräfteverhältnis voraus, das zur Kompromissbereitschaft zwingt. Hoffen wir, dass die Genfer Gespräche diesmal weiterführen. Voraussetzung ist, dass die USA auf ihre Maximalforderung „Assad muss gehen“ verzichten und dass sie und ihre Marionetten Türkei und Saudi-Arabien die Finanzierung des Terrors einstellen. Keiner kann wünschen, dass die Russen ihr militärisch zum Glück(!) hervorragendes Militärpotential ein weiteres Mal einsetzen müssen. Das Problem ist, dass die US-Militärstrategen der ausdrücklich erklärten Auffassung sind, dass nicht der Terror, sondern die Russen die größte Gefahr für den Weltfrieden darstellten. Darin besteht das Haupthindernis für einen Verhandlungserfolg. Deshalb hat F. Cunningham Recht, wenn er sagt, die relative Waffenruhe ist noch nicht der Friede.
Worauf ein 'staatsfernes', immer wieder vorgebrachtes zivilgesellschaftliches Argument zielt, ist der Einsatz von Mediatoren und in Gewaltfreiheit geschulter Leute. Diese können aber nur eingesetzt werden auf der Ebene der Individual- oder Gruppenpsychologie, vielleicht auch in der Diplomatenschulung. Dieses Personal und ihre Methodik können da greifen und erfolgreich wirken, wo Verständigung politisch gewollt wird. Wo ein Wille ist, da ist immer auch ein Weg.
Der Friede muss verteidigt werden, zur Not auch militärisch
Im politischen Raum, in dem wir uns nunmal bewegen, geht es immer und von allen Seiten um die Abklärung von Interessen, um das Abtasten von Handlungsspielräumen, die gleich starke Akteure voraussetzen. Der Schwache wird gnadenlos niedergemacht, wie allseits zu beobachten ist. Siehe immer wieder Palästina!! und andere zertrümmerte Staaten der südlichen Hemisphäre.
Deswegen kann ich auch nicht darüber lamentieren, dass sich die Russen, nach langem Zögern und nach reiflichem Überlegen sich entschlossen haben, ihr Atomwaffenarsenal wieder zu aktualisieren. Es ist schließlich offensichtlich, dass ihr Kernland nicht nur konventionell, sondern auch nuklear bedroht ist. Wozu dient denn die Vervierfachung der US-NATO-Militärausgaben für Osteuropa und auf wen sind die modernisierten Atomwaffen, die vertragsbrüchig in Büchel stationiert sind, gerichtet? Der amtierende US-NATO Ober-Kommandeur Breedlove1 ist der Meinung, dass die Russen die Amerikaner existentiell bedrohen. Darauf muss sich doch die russische Verteidigungsstrategie einstellen, alles andere wäre fahrlässig und verantwortungslos. Schließlich ist es nicht der erste Krieg mit Hilfe dessen das große Russland niedergerungen werden soll. Gegen solchen Wahnwitz sich auszusprechen und die westliche Aggressionspolitik anzuprangern, das ist aktive Friedenspolitik, das ist ein Beitrag zur Gewaltlosigkeit.
Grau ist alle Theorie
Theorieentwicklung, die sich zu weit von der Realität entfernt, die sie erklären will, bleibt grau und bestenfalls blutleer. Im schlimmeren Fall dient sie der falschen Sache.
Die Geisteswissenschaft hat sich leider nach der welthistorisch verhängnisvollen Wende 1989 rückwärts und nicht vorwärts entwickelt. Die sozialen Wissenschaften dienen heute kriegerischen Zwecken, der militärisch-industrielle Komplex bestimmt im Westen die Forschungsrichtung und das Instrumentarium mittels dessen geforscht wird, das lässt sich empirisch nachweisen. Der Begriff „Zivilgesellschaft“ meint die ganze NGO-Community, eben anstelle der allumfassenden Öffentlichkeit, er ist ein verengender Begriff. Mit seiner/ihrer Hilfe soll die „zivile“ Welt eben dem militärstrategisch für nötig gehaltenen untergeordnet werden, bestenfalls beigeordnet. Deswegen liebe ich das Wort von der Zivilgesellschaft nicht. Früher sprach man stattdessen von Zivilcourage, davon hört man heute im öffentlichen Diskurs nur noch selten.
Wer zahlt, schafft aber immer noch an. Man muss also nur schauen, woher und wohin die Gelder fließen, um zu begreifen, wer, warum welche Position vertritt und wem damit ein Nutzen verschafft wird. Erkenntnisgewinne mögen ja vielleicht nach 1990 noch erzielt worden sein, aber wem haben sie Nutzen gebracht. Das Qui Bono ist für mich die alles entscheidende Frage. Welches Problem haben die Sozialwissenschaften seither lösen helfen?
„Andere“, erfolgreichere Methoden in der Friedensarbeit?
Wenn man mit den falschen Voraussetzungen an die Problemlösung geht, wenn man die Lage falsch einschätzt, dann wird man niemals zu erfolgversprechenden Lösungen kommen. Die Analyse muss stimmen, muss mit den Realitäten mithalten. Die Friedensbewegung gibt schon lange ein jämmerliches Bild ab. Da bewegt sich nichts mehr, da krümmt sich etwas und dreht sich um die eigene Achse. Der Grund für diesen beklagenswerten Zustand ist nicht das fehlende Training in Sachen Gewaltfreiheit. Der Grund ist der fehlende politische Begriff. Wer seinen Feind nicht kennt, wie soll der sich schützen? Er wird ihn gar noch zum Frühstück einladen und ihm sein Bett anbieten, wie bei Max Frisch in dessen Drama vom „Biedermann und den Brandstiftern“.
Die Friedensarbeit braucht vor allem Menschen mit wachem politischem Verstand, mit Kenntnissen und Durchblick. Der Friede braucht unabhängige Köpfe, Menschen mit Zivilcourage, Menschen, die um die Ecke denken können und die sich frei geschaufelt haben von der bürgerlichen Propaganda. Naivität könnte hierbei im Sinne von Ursprünglichkeit, im Sinne von nicht vorgestanzten Denkmustern folgend, eingebracht werden. Aber meist handelt es sich bei naiven Menschen doch einfach um ahnungslos Gutgläubige.
Das Pochen auf der Gewaltfreiheitslehre und auf dem sie implizierenden Wertesystem, auf der hohen Vision, die mit ihr einherginge, beinhaltet neben der Naivität, mit der sich das vorträgt auch den Aspekt der latenten Überheblichkeit. Die überwältigende Mehrheit der Erdbewohner ist für eine Gesellschaft in der Konflikte friedlich ausgetragen werden können. Es gehört durchaus nicht zum Wertekanon einfacher Leute, Interessen mit der Faust oder gar mit der Knarre in der Hand auszutragen. Die meisten ducken sich feige oder resigniert weg. Viele kämpfen einen harten, kräftezehrenden Kampf ums Dasein. Millionen Bewohner der südlichen Hemisphäre sind Muslime. Sie haben vor Generationen den Islam als eine Religion des Friedens kennen gelernt.
Ich selbst bin in einer christlichen Umgebung im katholischen Süden Deutschlands sozialisiert, habe von einem protestantischen Pfarrer meine Bergpredigt gelernt und meine Zehn Gebote, wie auch das Vaterunser. Ich stehe zu dem Mann aus Nazareth, der als Kritiker seiner Zeit eines gewaltsamen Todes sterben musste. Ich halte mich keineswegs für „ideologiefrei“. Ich weiß um meine Prägungen, die ich teils abgearbeitet habe und zu denen ich mich teils auch positiv bekenne. Mein Ideal ist eine Gesellschaft der Gleichen und Gebildeten, eine Gesellschaft in der Recht und Vernunft ein hohes Gut darstellen. Das Recht bindet auf Grundlage der Vernunft alle. Ich bin dafür, dass nach einem Plan gewirtschaftet wird zum Wohle aller und nicht dafür, die Taschen der Gier zu füllen. In einer solchen Gesellschaft wird das Gewaltpotential, das sich heute angesammelt hat, schmelzen und allmählich werden friedvolle Zustände einkehren.
Von Bildern, Ideologien, Metaphern und Spitzfindigkeiten
Die Wahrheit ist immer konkret. Konkret und damit überprüfbar sind auch die Früchte, die ein bestimmtes Tun zeitigt. Ob sie giftig sind oder eben genießbar und bekömmlich, das lässt sich sehr leicht auch vor dem Verzehr nachweisen, spätestens nach Tische aber weiß man, woran man ist. Die Sprache der Luther-Bibel ist eine sehr schöne und daher zum Volksgut geworden. Sie ist voll der wunderbarsten Gleichnisse, die leider oft nicht verstanden werden, obwohl sie doch auf der Hand liegen.
Mit der Spaltung von Haaren ist kein Staat zu machen. Im Gegenteil ist der Spliss von Übel. Mit Worten lässt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten, am Ende aber stoßen sich dann halt doch eng im Raum die Gegensätze. Sprich wenn einer mit dem Messer auf dich oder deinen Partner losgeht, dann kommst du mit deinem Gewaltfreiheitstraining nur so weit, wie du es verstehst, den Angreifer geschickt unschädlich zu machen und ihn an der Ausführung seiner bösen Tat zu hindern. Karate mag hilfreich sein, ein Pfefferspray in der Tasche, wenn rechtzeitig zur Hand, auch.
Es ist interessant, dass liebe, geschätzte Freunde oft der Konkretion ausweichen. Auf konkrete Beispiele antworten sie mit einer Vision. Was aber ist, wenn einer ihr Haus in Brand steckt, ihre Nachbarn ermordet, ihre Enkelkinder vergewaltigt? All solche Dinge geschehen in Syrien. Zwar geschehen sie nicht nur dort, aber dort zentriert sich gerade das Problem und es geht dabei auch um Gefahren, die uns bald überall blühen könnten. Diese brutalen Vorkommnisse sind aber mitnichten zu verantworten von der legitimen Regierung der arabischen Republik (2), diese versucht vielmehr ihnen militärisch (!) und durch kluge Diplomatie Einhalt zu gebieten. Die Menschen in den vom Terror befreiten Gebieten jubeln den Russen zu und sie danken der syrischen Armee. Was sagt der friedliebende Bürger eines NATO-Staates nun dazu?
Grenzen der Gewaltlosigkeit
Das Konzept der Gewaltlosigkeit hilft in der konkreten Situation nicht das Problem zu lösen, es führt zum Versagen einer Hilfeleistung für den Not geratenen und kann die Situation im Sinne einer Ausuferung der Gewalt verschlimmern. Flucht vor der Realität ist die Folge. Mediation, Einfühlungsvermögen und gute Worte versagen da, wo keine Bereitschaft zum Kompromiss oder zur Verständigung vorhanden ist.
Nun gut, der Worte sind genug gewechselt...
Mögen wir der „Auferstehung des Herrn“ und dem österlichen Friedensgeschehen positiv entgegensehen. Frühling liegt in der Luft, die Erde belebt und begrünt sich wieder. Die Sonne wird unser aller Gemüter erhellen. Das Leben regt sich und bewegt sich auf Ostern zu und die Menschheit wird nicht sich nicht unterkriegen lassen, niemals solange da Leben ist. Nehmen wir die Bauziegel der BRICS-Staaten als Zeichen des Aufbruchs wahr. Mit ihrer Hilfe können wir an einer ausgeglicheneren, multipolaren Weltordnung mitwirken. Es wird schon eifrig gebaut daran und in ihr liegt Hoffnung auf eine bessere, friedlichere Welt. Feiern wir in diesem Sinne das Richt-Fest der Auferstehung im Bewusstsein politisch-gesellschaftlicher Verantwortung.
Fussnoten:
1 http://www.strategic-culture.org/news/2016/03/15/america-keeps-moving-towards-war.html
2 Die Kritik an Assad, auch wenn sie vom US-Friedensrat vorgetragen wird, ist vollkommen deplaziert. dem Opportunismus geschuldet. Kritisieren wir die Politik unserer respektiven Regierungen und zeigen zuhause Flagge, auf solcher Grundlage können wir uns international die Hand reichen darauf kommt es an.
Erstveröffentlichung am 18.3.2016 mit dem Titel "Österliche Gedanken von Irene Eckert - Friedensbehindernde Irrtümer grade rücken und die Dinge bei ihren wirklichen Namen nennen" bei pwlasowa.blogspot.de
Online-Flyer Nr. 554 vom 23.03.2016
Eine vorgestanzten Klischees folgende Gleichsetzung von Nazifaschismus und „sozialistischen Diktaturen“ verstellt uns immer noch den Blick auf das verspielte Friedenspotential des realen Sozialismus. Solch gleichsetzende Etikettierung von Wesensfremdem ist nicht etwa auf mangelnde Erfahrung, sondern schlicht auf Unkenntnis der einstigen Realitäten zurückzuführen. Man muss nicht im realen Sozialismus gelebt haben, um zu wissen, dass diese Staaten Friedensfaktoren darstellten und Bremsklötze auf dem Wege zur Globalisierung der Kriege waren. Man muss auch keine Zeitreise ins Mittelalter machen oder in Saudi-Arabien gelebt haben, um sich ein Urteil über die dortigen Zustände erlauben zu dürfen, sonst wäre ja jeder wissenschaftliche Diskurs sinnlos bzw. unmöglich.
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„Teuflisches Tun“ in „theatralischer Sprache“
Darf man sinniger Weise das Wirken von ISIS, Al-Nusra und Kompanie als „teuflisches Tun“ qualifizieren? Ist es zulässig und wirklichkeitskompatibel in Bezugnahme auf die Vorgänge in Syrien seit 2011 von 'satanischen Vorgängen' zu sprechen, oder ist solche Sprechweise „Theatralik", weil sie die Realität überzeichnet und dramatisiert?
Die US-Hegemonialmacht sieht in Russland die Hauptgefahrenquelle, ja eine existentielle Bedrohung ihres Landes. Die Unterschätzung der Terror-Söldner-Heere hierzulande ist offensichtlicher Unkenntnis der Realitäten zuzuschreiben. Wer sich keinen realitätsnahen Begriff davon machen konnte, worin die Handlungsweise der terroristischen Akteure in Syrien sinnlich konkret besteht, mag die Kennzeichnung "teuflisches Tun" überzeichnet finden. Das wahrhaft mit gegenwärtig menschlichen Begriffen nicht mehr zu fassende Horrorszenario in Syrien, aber auch in der Ukraine, im Irak, in Libyen, in Afghanistan und anderswo ist aber satanischer Natur – von Gottes Beitrag keine Spur mehr. Das Wirken, Walten und Wollen der dortigen Akteure scheint vielen Menschen trotzdem noch ein Buch mit sieben Siegeln. Verständlicherweise schaut man dem Terror ungern bei seinem Tun über die Schultern. Man guckt lieber weg, wo man eigentlich genau hinschauen müsste, auch ich tue das.
Terrorhandwerk life ist „teuflischer“ Natur
Vor nunmehr drei Jahren war ich allerdings von syrischen Freunden in Genf zu einem Vortrag eingeladen, der mich und manch anderen in dieser Hinsicht zutiefst erschüttert hat. Es war übrigens ein Spießruten-Laufen durch einen bezahlten Mob hindurch nötig, um zum Vortragsaal zu gelangen – selbst im 'neutralen' Genf, Sitz der UN-Menschrechtskommission. Die Veranstalter waren hoch angesehene Genfer Bürger syrischer Provenienz. An Hand von Augenzeugenreportagen der russischen Kriegsberichterstatterin Anastasia Popova und ihres Kameramanns, sowie anhand des ebenfalls unter die Haut gehenden Berichts ihres turko-syrischen, in Belgien lebenden, Kollegen (bahar_kimyongur@yahoo.fr) wurde uns das ganze Ausmaß des grauenhaften Wirkens des Terrors im einst blühenden arabischen Land deutlich vor Augen geführt.
Für das, was dort in den Jahren seit 2011 geschehen ist, fehlen uns Nordlichtern die Worte, fehlt uns noch immer eine angemessene Sprache. Die von der blutjungen, mutigen Reporterin in Bild und Ton festgehaltenen Vorgehensweisen liegen jenseits des menschlich Vorstellbaren. Was dort von Menschen Menschen angetan wird, ist nur nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Saudis etwa ihre Gefängnistore geöffnet und verurteilte Mörder mit dem Auftrag entlassen haben, in Syrien aufzuräumen. Unter den Opfern ihres Wütens waren nicht nur alawitische „Gottlose“, sondern ur-christliche Gemeinden, die noch Aramaäisch, die Sprache Jesu sprachen, Heiligtümer antiker Provenienz, völlige unpolitische Nonnen und Mönche, Orden die seit Jahrhunderten dort angesiedelt waren, wurden ausgelöscht. Die Christenheit schwieg dazu. Völlig heruntergekommene, deklassierte und von jahrelangen Kriegen brutalisierte junge Männer aus dem ehemaligen Sicherheits- und Staatsapparat des Irak bilden einen weiteren Zustrom der Terrorsöldner, die bis zu 300 Dollar pro Tag kassierten, um ihr bestelltes Mordhandwerk an Christen und anderen „Ungläubigen“ auszuüben. Damals war an ein russisches militärisches Eingreifen noch lange nicht zu denken.
Zur hohen Schule der Diplomatie gibt es keine Alternative - außer Krieg
Dir Russen taten in den letzten fünf Jahren alles auf dem Felde der Diplomatie mögliche. Sie praktizierten damit die hierzulande von Friedenszirkeln stets geforderte gewaltlose Konfliktlösestrategie auf höchster staatlicher Ebene, um eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden. An der regionalen Ausweitung des Krieges kann und darf keiner interessiert sein. Am Ende führt ja kein Weg zum Frieden an den staatlichen Akteuren vorbei - an den Akteuren, die die Macht haben, politischen Konzeptionen Durchsetzungskraft zu verleihen. Die Alternative zur hohen Schule der Diplomatie ist nun mal menschheitsgeschichtlich Krieg! Noch einmal positiv ausgedrückt: wir wollen keinen Krieg, sind Anhänger friedlicher Konfliktlösungsstrategien, unser Ideal ist die Gewaltlosigkeit. Aber Lobbyarbeit ohne den Druck einer massenhaften Bewegung von der Strasse hilft uns da gar nichts. Wir Friedensarbeiter können nur durch Überzeugungsarbeit wirken, aufklären! Politisches, kenntnisreiches Denken zu fördern, ist unser Auftrag. Unsere Zielgruppe ist die Öffentlichkeit insgesamt und nicht die paar versprengten „Greise“ in den verkalkten und gekauften NGOs einer vermeintlichen, geschrumpften „Zivilgesellschaft“. Ich drücke mich hier drastisch aus, ich weiß das, aber die Geschichte wird mir recht geben, dafür lege ich Hände und Füße ins Feuer.
Verwilderte und verwahrloste Elemente kassieren fürs Morden und Brandschatzen
Für das, was verwilderte und verwahrloste Elemente in Syrien, im Irak, in Libyen, in Afghanistan, in Nigeria, in Mali, in Somalia, in der Ukraine heute für Drogen, Geld und bösen Zuspruch leisten, ist der Begriff „teuflisch“ noch viel zu milde. Auch mit Vokabeln wie „satanisch“ oder „barbarisch“ ist das mörderische Handwerk der Hals-Absäger, der Kulturzertrümmerer, der Menschenschinder nicht zureichend zu kennzeichnen. Der Teufel ist als „Teufelskerl“, als ein Teil von jener Kraft, die Böses meint und Gutes schafft, als gefallener Engel, als ein mit Gott dialogisierender immer noch ein Abfallprodukt des Göttlichen und ein gewissermaßen produktives, vorantreibendes oder warnendes Element. Er kommt übrigens nicht nur als Metapher, sondern ganz realistisch geschildert, beim Klassiker Goethe ebenso vor wie beim Klassiker Dostojewski in den „Gebrüdern Karamasow“ und in den „Dämonen“ oder etwa beim Literaturnobelpreisträger Thomas Mann in dessen Roman „Dr. Faustus über das Leben des Tonsetzers Adrian Leverkühn“, einer Abrechnung mit dem deutschen Faschismus. Die Terroristen unter dem Logo ISIS und Co sind aber keine einfachen Widersacher mehr, keine Rebellen oder schlicht Oppositionellen. Sie wollen die Menschlichkeit ausrotten, und sie spielen bewusst mit dem nuklearen Inferno. Mit ihnen kann man nicht dialogisieren, ihnen muss man das Handwerk mit allen Mitteln legen.
Teufelsmetaphorik leider zeitgeistgemäß
Die Teufelsmetaphorik ist aber ein durchaus modernes Bild, mit der sich heutiges unheilvolles Wirken zumindest annähernd charakterisieren lässt, wenn auch nicht zureichend. Ähnliches gilt übrigens, wenn auch auf andere Weise, für die wahrhaft teuflischen “Satanischen Verse“ von Salman Rushdie, der sich mit seinem gleichnamigen Roman als geistiger Brandstifter und Vorläufer der Islamo-Faschisten betätigt.
Mittelaltermethoden haben Konjunktur
Mit mittelalterlichen, ja vorsintflutlichen, vorgesetzlichen Methoden haben wir es leider im 21. Jahrhundert schon lange wieder zu tun. Die bedrohliche Ignoranz gegenüber dem Recht, vor allem das Beiseiteschieben des Völkerrechts, hat zu einer größenwahnsinnigen Selbstüberhebung der Macht geführt, der mit Sandkastenspielen in Sachen Gewaltlosigkeit nicht beizukommen ist. Die Folterpraktiken und die Ikonisierung derartiger Praktiken seitens der US-Amerikaner, vorgeführt in ihren Folterhöllen Abu Ghraib/Irak, Guantanamo/Cuba und Baghram/Afghanistan sind hier als Negativbeispiele menschlicher Verirrung doch wahrhaftig mittelalterlich-teuflisch zu nennen. Sie erinnern an die Methoden der ebenfalls einst über dem Recht stehenden, staatlich aber geschützten Inquistion und an die Ketzerverfolgungen. Der moderne Kreuzzug gegen den Islam, der Hand in Hand geht mit der Erschaffung des Islamo-Faschismus in den Brutstätten US-amerikanischer Geheimdienste ist eine Neuauflage der jahrhundertelangen Kreuzzüge des Hochmittelalters, angeblich geführt zur Befreiung des Grabmals Christi aus den Klauen der Ungläubigen. Es ging also vorgeblich um ein hehres Ziel, hinter dem sich schnöder Mammon verbarg, damals wie heute: Same procedure as last time.
Um mir eine Detailbeschreibung der Vorgehensweisen der Terrorsöldner zu ersparen, nenne ich also ihre Handlungsweise „teuflisch“. Die postmodernen Teufel verbergen übrigens keineswegs, was sie tun. Ihre Kopfabschneide'arbeit' und andere kriminell-inhumane Akte haben sie ja stolz in den so genannten sozialen Netzwerken dargeboten. Augenzeugenberichte von Opferseite gibt es ebenfalls jede Menge, ebenso wie Aussagen von Ex-CIA-Analysten. In den Mainstream-Medien oder in der Konzernpresse, um ein deutsches Wort zu gebrauchen, finden solche Stimmen natürlich keinen Widerhall. Man projeziert statt dessen das eigene teuflische Tun auf die legitimen Regierungen, denen man die eignen Verbrechen anhaftet. Zynischer geht es kaum.
Dialoge mit dem Teufel führen?
Die von mir als teuflisch charakterisierten Verbrecherbanden haben den Auftrag zu töten und nicht zu verhandeln. Entsprechend haben sie bzw. ihre Sprachrohre sich bei allen Verhandlungsrunden in Genf aufgeführt. Daher der indirekte Charakter der Verhandlungen, die de Mistura, der UN-Syrienbeauftragten und seine US-amerikanischen Auftraggeber erfunden haben, um den Anschein der Gesprächsbereitschaft der 'Opposition', der 'Rebellen', ihrer Kreaturen also zu wahren. Im Klartext: Die syrischen 'Oppositionellen', wie sie schönfärberisch genannt werden, weigern sich konstant, mit der in ihren Augen 'illegitimen syrischen Regierung' auch nur Kontakt aufzunehmen, auch nur in einem Raum zu sitzen, weswegen die so genannte „Shuttlediplomatie“ eingeführt wurde.
Von mir aus kann man nun auch mit dem Teufel persönlich reden. Das tut selbst Gott laut Goethe im Faustschen Vorspiel auf dem Theater, und die Russen versuchen es auch... Die Frage ist nur, ob der Teufel das will und wohin es am Ende führt, wenn man den schwächeren Part hat. Der Volksmund weiß sehr gut, dass, wer mit dem Teufel frühstücken will, einen langen Löffel haben muss. Dies gesagt habend, spreche ich diesen Akteuren und Unterhändlern des Terrors keineswegs ihr Menschsein ab, im Gegenteil, ich fordere, sie und ihre Hintermänner zur Rechenschaft zu ziehen! Das ist etwas anderes.
Dialogbereitschaft und gemeinsame Agenda vorausgesetzt
Begegnung und Dialog setzen also Bereitschaft auf beiden Seiten voraus. Ohne den politischen Willen kann gar nichts geschehen. Das war an den stagnierenden Genfer „Friedensverhandlungen“ so lange zu sehen, bis die Russen mit Bomben den Terror zurückgedrängt haben. Diese handelten damit nicht nur im Sinne einer 'verengten Staatslogik', sondern im Interesse der ganzen Region und der Menschheit überhaupt. Ihnen gebührt Dank. Gleiches gilt für das syrische Volk und seine Armee, die lange Zeit ziemlich allein dem Terror die Stirn boten.
Erfolgreiches Verhandeln setzt mit gegnerischen Kräften setzt klar definierte Ziele und ein bestimmtes Kräfteverhältnis voraus, das zur Kompromissbereitschaft zwingt. Hoffen wir, dass die Genfer Gespräche diesmal weiterführen. Voraussetzung ist, dass die USA auf ihre Maximalforderung „Assad muss gehen“ verzichten und dass sie und ihre Marionetten Türkei und Saudi-Arabien die Finanzierung des Terrors einstellen. Keiner kann wünschen, dass die Russen ihr militärisch zum Glück(!) hervorragendes Militärpotential ein weiteres Mal einsetzen müssen. Das Problem ist, dass die US-Militärstrategen der ausdrücklich erklärten Auffassung sind, dass nicht der Terror, sondern die Russen die größte Gefahr für den Weltfrieden darstellten. Darin besteht das Haupthindernis für einen Verhandlungserfolg. Deshalb hat F. Cunningham Recht, wenn er sagt, die relative Waffenruhe ist noch nicht der Friede.
Worauf ein 'staatsfernes', immer wieder vorgebrachtes zivilgesellschaftliches Argument zielt, ist der Einsatz von Mediatoren und in Gewaltfreiheit geschulter Leute. Diese können aber nur eingesetzt werden auf der Ebene der Individual- oder Gruppenpsychologie, vielleicht auch in der Diplomatenschulung. Dieses Personal und ihre Methodik können da greifen und erfolgreich wirken, wo Verständigung politisch gewollt wird. Wo ein Wille ist, da ist immer auch ein Weg.
Der Friede muss verteidigt werden, zur Not auch militärisch
Im politischen Raum, in dem wir uns nunmal bewegen, geht es immer und von allen Seiten um die Abklärung von Interessen, um das Abtasten von Handlungsspielräumen, die gleich starke Akteure voraussetzen. Der Schwache wird gnadenlos niedergemacht, wie allseits zu beobachten ist. Siehe immer wieder Palästina!! und andere zertrümmerte Staaten der südlichen Hemisphäre.
Deswegen kann ich auch nicht darüber lamentieren, dass sich die Russen, nach langem Zögern und nach reiflichem Überlegen sich entschlossen haben, ihr Atomwaffenarsenal wieder zu aktualisieren. Es ist schließlich offensichtlich, dass ihr Kernland nicht nur konventionell, sondern auch nuklear bedroht ist. Wozu dient denn die Vervierfachung der US-NATO-Militärausgaben für Osteuropa und auf wen sind die modernisierten Atomwaffen, die vertragsbrüchig in Büchel stationiert sind, gerichtet? Der amtierende US-NATO Ober-Kommandeur Breedlove1 ist der Meinung, dass die Russen die Amerikaner existentiell bedrohen. Darauf muss sich doch die russische Verteidigungsstrategie einstellen, alles andere wäre fahrlässig und verantwortungslos. Schließlich ist es nicht der erste Krieg mit Hilfe dessen das große Russland niedergerungen werden soll. Gegen solchen Wahnwitz sich auszusprechen und die westliche Aggressionspolitik anzuprangern, das ist aktive Friedenspolitik, das ist ein Beitrag zur Gewaltlosigkeit.
Grau ist alle Theorie
Theorieentwicklung, die sich zu weit von der Realität entfernt, die sie erklären will, bleibt grau und bestenfalls blutleer. Im schlimmeren Fall dient sie der falschen Sache.
Die Geisteswissenschaft hat sich leider nach der welthistorisch verhängnisvollen Wende 1989 rückwärts und nicht vorwärts entwickelt. Die sozialen Wissenschaften dienen heute kriegerischen Zwecken, der militärisch-industrielle Komplex bestimmt im Westen die Forschungsrichtung und das Instrumentarium mittels dessen geforscht wird, das lässt sich empirisch nachweisen. Der Begriff „Zivilgesellschaft“ meint die ganze NGO-Community, eben anstelle der allumfassenden Öffentlichkeit, er ist ein verengender Begriff. Mit seiner/ihrer Hilfe soll die „zivile“ Welt eben dem militärstrategisch für nötig gehaltenen untergeordnet werden, bestenfalls beigeordnet. Deswegen liebe ich das Wort von der Zivilgesellschaft nicht. Früher sprach man stattdessen von Zivilcourage, davon hört man heute im öffentlichen Diskurs nur noch selten.
Wer zahlt, schafft aber immer noch an. Man muss also nur schauen, woher und wohin die Gelder fließen, um zu begreifen, wer, warum welche Position vertritt und wem damit ein Nutzen verschafft wird. Erkenntnisgewinne mögen ja vielleicht nach 1990 noch erzielt worden sein, aber wem haben sie Nutzen gebracht. Das Qui Bono ist für mich die alles entscheidende Frage. Welches Problem haben die Sozialwissenschaften seither lösen helfen?
„Andere“, erfolgreichere Methoden in der Friedensarbeit?
Wenn man mit den falschen Voraussetzungen an die Problemlösung geht, wenn man die Lage falsch einschätzt, dann wird man niemals zu erfolgversprechenden Lösungen kommen. Die Analyse muss stimmen, muss mit den Realitäten mithalten. Die Friedensbewegung gibt schon lange ein jämmerliches Bild ab. Da bewegt sich nichts mehr, da krümmt sich etwas und dreht sich um die eigene Achse. Der Grund für diesen beklagenswerten Zustand ist nicht das fehlende Training in Sachen Gewaltfreiheit. Der Grund ist der fehlende politische Begriff. Wer seinen Feind nicht kennt, wie soll der sich schützen? Er wird ihn gar noch zum Frühstück einladen und ihm sein Bett anbieten, wie bei Max Frisch in dessen Drama vom „Biedermann und den Brandstiftern“.
Die Friedensarbeit braucht vor allem Menschen mit wachem politischem Verstand, mit Kenntnissen und Durchblick. Der Friede braucht unabhängige Köpfe, Menschen mit Zivilcourage, Menschen, die um die Ecke denken können und die sich frei geschaufelt haben von der bürgerlichen Propaganda. Naivität könnte hierbei im Sinne von Ursprünglichkeit, im Sinne von nicht vorgestanzten Denkmustern folgend, eingebracht werden. Aber meist handelt es sich bei naiven Menschen doch einfach um ahnungslos Gutgläubige.
Das Pochen auf der Gewaltfreiheitslehre und auf dem sie implizierenden Wertesystem, auf der hohen Vision, die mit ihr einherginge, beinhaltet neben der Naivität, mit der sich das vorträgt auch den Aspekt der latenten Überheblichkeit. Die überwältigende Mehrheit der Erdbewohner ist für eine Gesellschaft in der Konflikte friedlich ausgetragen werden können. Es gehört durchaus nicht zum Wertekanon einfacher Leute, Interessen mit der Faust oder gar mit der Knarre in der Hand auszutragen. Die meisten ducken sich feige oder resigniert weg. Viele kämpfen einen harten, kräftezehrenden Kampf ums Dasein. Millionen Bewohner der südlichen Hemisphäre sind Muslime. Sie haben vor Generationen den Islam als eine Religion des Friedens kennen gelernt.
Ich selbst bin in einer christlichen Umgebung im katholischen Süden Deutschlands sozialisiert, habe von einem protestantischen Pfarrer meine Bergpredigt gelernt und meine Zehn Gebote, wie auch das Vaterunser. Ich stehe zu dem Mann aus Nazareth, der als Kritiker seiner Zeit eines gewaltsamen Todes sterben musste. Ich halte mich keineswegs für „ideologiefrei“. Ich weiß um meine Prägungen, die ich teils abgearbeitet habe und zu denen ich mich teils auch positiv bekenne. Mein Ideal ist eine Gesellschaft der Gleichen und Gebildeten, eine Gesellschaft in der Recht und Vernunft ein hohes Gut darstellen. Das Recht bindet auf Grundlage der Vernunft alle. Ich bin dafür, dass nach einem Plan gewirtschaftet wird zum Wohle aller und nicht dafür, die Taschen der Gier zu füllen. In einer solchen Gesellschaft wird das Gewaltpotential, das sich heute angesammelt hat, schmelzen und allmählich werden friedvolle Zustände einkehren.
Von Bildern, Ideologien, Metaphern und Spitzfindigkeiten
Die Wahrheit ist immer konkret. Konkret und damit überprüfbar sind auch die Früchte, die ein bestimmtes Tun zeitigt. Ob sie giftig sind oder eben genießbar und bekömmlich, das lässt sich sehr leicht auch vor dem Verzehr nachweisen, spätestens nach Tische aber weiß man, woran man ist. Die Sprache der Luther-Bibel ist eine sehr schöne und daher zum Volksgut geworden. Sie ist voll der wunderbarsten Gleichnisse, die leider oft nicht verstanden werden, obwohl sie doch auf der Hand liegen.
Mit der Spaltung von Haaren ist kein Staat zu machen. Im Gegenteil ist der Spliss von Übel. Mit Worten lässt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten, am Ende aber stoßen sich dann halt doch eng im Raum die Gegensätze. Sprich wenn einer mit dem Messer auf dich oder deinen Partner losgeht, dann kommst du mit deinem Gewaltfreiheitstraining nur so weit, wie du es verstehst, den Angreifer geschickt unschädlich zu machen und ihn an der Ausführung seiner bösen Tat zu hindern. Karate mag hilfreich sein, ein Pfefferspray in der Tasche, wenn rechtzeitig zur Hand, auch.
Es ist interessant, dass liebe, geschätzte Freunde oft der Konkretion ausweichen. Auf konkrete Beispiele antworten sie mit einer Vision. Was aber ist, wenn einer ihr Haus in Brand steckt, ihre Nachbarn ermordet, ihre Enkelkinder vergewaltigt? All solche Dinge geschehen in Syrien. Zwar geschehen sie nicht nur dort, aber dort zentriert sich gerade das Problem und es geht dabei auch um Gefahren, die uns bald überall blühen könnten. Diese brutalen Vorkommnisse sind aber mitnichten zu verantworten von der legitimen Regierung der arabischen Republik (2), diese versucht vielmehr ihnen militärisch (!) und durch kluge Diplomatie Einhalt zu gebieten. Die Menschen in den vom Terror befreiten Gebieten jubeln den Russen zu und sie danken der syrischen Armee. Was sagt der friedliebende Bürger eines NATO-Staates nun dazu?
Grenzen der Gewaltlosigkeit
Das Konzept der Gewaltlosigkeit hilft in der konkreten Situation nicht das Problem zu lösen, es führt zum Versagen einer Hilfeleistung für den Not geratenen und kann die Situation im Sinne einer Ausuferung der Gewalt verschlimmern. Flucht vor der Realität ist die Folge. Mediation, Einfühlungsvermögen und gute Worte versagen da, wo keine Bereitschaft zum Kompromiss oder zur Verständigung vorhanden ist.
Nun gut, der Worte sind genug gewechselt...
Mögen wir der „Auferstehung des Herrn“ und dem österlichen Friedensgeschehen positiv entgegensehen. Frühling liegt in der Luft, die Erde belebt und begrünt sich wieder. Die Sonne wird unser aller Gemüter erhellen. Das Leben regt sich und bewegt sich auf Ostern zu und die Menschheit wird nicht sich nicht unterkriegen lassen, niemals solange da Leben ist. Nehmen wir die Bauziegel der BRICS-Staaten als Zeichen des Aufbruchs wahr. Mit ihrer Hilfe können wir an einer ausgeglicheneren, multipolaren Weltordnung mitwirken. Es wird schon eifrig gebaut daran und in ihr liegt Hoffnung auf eine bessere, friedlichere Welt. Feiern wir in diesem Sinne das Richt-Fest der Auferstehung im Bewusstsein politisch-gesellschaftlicher Verantwortung.
Fussnoten:
1 http://www.strategic-culture.org/news/2016/03/15/america-keeps-moving-towards-war.html
2 Die Kritik an Assad, auch wenn sie vom US-Friedensrat vorgetragen wird, ist vollkommen deplaziert. dem Opportunismus geschuldet. Kritisieren wir die Politik unserer respektiven Regierungen und zeigen zuhause Flagge, auf solcher Grundlage können wir uns international die Hand reichen darauf kommt es an.
Erstveröffentlichung am 18.3.2016 mit dem Titel "Österliche Gedanken von Irene Eckert - Friedensbehindernde Irrtümer grade rücken und die Dinge bei ihren wirklichen Namen nennen" bei pwlasowa.blogspot.de
Online-Flyer Nr. 554 vom 23.03.2016
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