Thursday, January 28, 2016


Kurz vor dem Beginn der Verhandlungen in Genf trafen sich Gruppen der syrischen Opposition im "Hotel de la Paix" (Hotel des Friedens) in Lausanne, Schweiz, 27.  Januar 2016.
Kurz vor dem Beginn der Verhandlungen in Genf trafen sich Gruppen der syrischen Opposition im "Hotel de la Paix" (Hotel des Friedens) in Lausanne, Schweiz, 27. Januar 2016.
In Genf sollen am Freitag die Friedensgespräche zwischen den Konfliktparteien im syrischen Bürgerkrieg beginnen. Unmittelbar davor drohen die Parteien aus dem in Saudi-Arabien gegründeten „Hohen Verhandlungskomitee“ das Treffen abzusagen. Neben der Regierung und den unterschiedlichen Milizen sitzen auch deren ausländischen Schutzmächte am Tisch. Bis zum letzten Moment bleibt die Teilnehmerliste umkämpft. RT stellt die wichtigsten Akteure und ihre Ziele vor.
Unmittelbar vor den Friedensverhandlungen für Syrien drohen Oppositionsparteien aus dem in Saudi-Arabien gegründeten „Hohen Verhandlungskomitee“ erneut das Treffen abzusagen. Der Sprecher der Organisation, Salim al-Muslat, führte als öffentliche Begründung an, dass die reguläre syrische Armee ihre Kampfhandlungen nicht einstellt. Allerdings soll ein Waffenstillstand erst das Ziel der Gespräche sein, die die von Saudi-Arabien unterstützten Syrer nun erneut verzögern könnten.
Am Donnerstag erinnerte der Außenminister der USA, John Kerry, die syrischen Oppositionellen daran, dass es sich um eine "historische Möglichkeit" für Gespräche handelt, und dass sie ohne Vorbedingungen in die Verhandlungen gehen sollten. Die „Internationale Unterstützungsgruppe für Syrien“ verständigte sich Ende 2015 auf einen verbindlichen Fahrplan für das zerstörte Land. Der Gruppe gehören neben der Europäischen Union, der Russischen Föderation und den USA auch zahlreiche Staaten der Region an. Neben Saudi-Arabien, das seinen Einfluss in der arabischen Welt in den letzten Jahren aggressiv ausgeweitet hat, sind dies die etwa Türkei und Katar. Außerdem schicken der Iran und der Irak Vertreter in die Verhandlungen.
Für die UNO, deren Sicherheitsrat den Prozess mit der Resolution 2254 gebilligt hat, leitet der Sondergesandte Staffan de Mastura die Verhandlungen. Er orientierte am Montag darauf, kurzfristig einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen, der es ermöglicht, humanitäre Hilfe in das Land zu schicken und gemeinsam die Terrormiliz Daesh (IS) zu bekämpfen. Das sich diesem Ziel der Irak, Iran und die Russische Föderation anschließen, kann als gesichert gelten.
Die anderen Teilnehmer verfolgen jedoch Ziele, die teilweise weit über das UNO-Mandat hinausgehen. Um die Mehrheitsverhältnisse während der Verhandlungen von vornherein zu beeinflussen, versuchte insbesondere Saudi-Arabien zahlreiche terroristische Gruppen an den Tisch zu bringen. So bestehen die saudischen Herrscher darauf, dass mit Jaish al-Islam (Armee des Islam) und Ahrar al-Sham (Islamische Bewegung der freien Männer der Levante) zwei sunnitische Extremistenvereine am Tisch sitzen.
Der Türkei ist es besonders wichtig, die Nationale Syrische Koalition in den Verhandlungen zu haben, die seit Beginn der Unruhen vom türkischen Territorium aus Politik in Syrien macht. Andererseits will der türkische Regierungschef Rejib Erdogan unter allen Umständen verhindern, dass die kurdische PYD-Milizen anwesend sind. Sie betrachtet die bewaffneten kurdischen Verbände als Terroristen. Für Russland und die USA sind die PYD-Verbände hingegen der verlässlichste Partner gegen Daesh.
Die Resolution 2254 legt fest, dass „allein das syrische Volk über die Zukunft des Landes entscheidet“. Angesichts der Tatsache, die das gesamte aufständische Spektrum seit Jahren von ausländischen Mächten subventioniert wird, von Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten, aus der Türkei, den USA und den ehemaligen Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien, ist diese natürlich eine unrealistische Vorstellung.
Hinter der diplomatischen Formulierung versteckt sich jedoch der Umstand, dass die aktuelle Regierung und Präsident Bashar al-Assad bestenfalls nach Neuwahlen abtreten. Wenn sie nicht sogar im Amt bestätigt werden. Einen von außen erzwungenen Regierungswechsel wird es nicht geben. Auf diesen Punkt bestanden insbesondere die Russische Föderation, der Iran und der Irak.
Die Türkei, Saudi-Arabien und die Golfstaaten, aber auch die USA und die Europäer halten die islamistischen Extremistenverbände hingegen für das kleinere Übel. Sie wollen die Regierung Assad unter allen Umständen loswerden. Zwar besteht inzwischen Konsens, dass die Al-Qaida-Truppe al-Nusra und Daesh (IS) nicht an den Verhandlungen teilnehmen werden. All die Terrororganisationen haben jedoch seit 2011 vom umfangreichen Geldsegen aus den USA und den Golf-Staaten profitiert.
Insofern werden die Verhandlungen stark davon abhängen, ob sich deren internationale Paten mit den anderen Mächten ins Verhältnis setzen. Die Voraussetzungen dafür stehen nicht besonders gut. Saudi-Arabien, dass sich mit einem 34-köpfigen „Hohen Verhandlungskomitee“ inzwischen die Schirmherrschaft über die Opposition gesichert hat, brach vor kurzem die diplomatischen Beziehungen zum Iran ab.


Das „Koordinierungskomitee“ vertritt die syrischen oppositionellen Gruppen, die in Damaskus aktiv sind. Sein Sprecher ist der alte Oppositionelle Hassan Abdel Azim. Es besteht aus etwa zehn zumeist linken Parteien, kurdischen und aramäischen Gruppen. Außerdem unterstützen zahlreiche unabhängige Aktivisten das „Koordinierungskomitee“. Es handelt sich um den Teil der syrischen Opposition, der sich im Jahr 2011 nicht in den gewalttätigen Widerstand hat verwickeln lassen.
Seine Mitglieder plädieren für eine Verhandlungslösung mit der Baath-Regierung und lehnen jede militärische Einmischung von außen ab. Außerdem treten sie entschieden gegen religiöses Sektierertum auf. Das Bündnis, dessen Sitz sich in Damaskus befindet, wird von der Regierung zwar toleriert. Einzelne Mitglieder werden allerdings immer wieder schikaniert oder sogar verhaftet.


Die wichtigste syrisch-kurdische Gruppe ist die „Demokratische Unionspartei“ (Partiya Yekitîya Demokrat, PYD). Sie ist Teil des „Koordinierungskomitee“, spielt aber wegen ihrer Präsenz im Nordosten Syriens eine besondere Rolle. Sie gilt als Ableger der kurdischen Arbeiterpartei PKK aus der Türkei, die in den USA und Europa als Terrororganisation eingestuft ist. Ihr bewaffneter Arm, die Volksverteidigungseinheiten (YPG) sind der mit Abstand stärkste Gegner von Daesh (IS).
Mit dem Beginn des Volksaufstands im Jahr 2011 organisierte die PYD in Rojava lokale Räte und Selbstverteidigungseinheiten. Zum Schutz der kurdischen Gebiete gründete die PYD im Oktober 2011 die Volksverteidigungseinheiten (YPG). Nach dem Abzug großer Teile des syrischen Militärs aus den kurdischen Gebieten konnte die PYD mithilfe der YPG zahlreiche kurdische Städte in Nordsyrien unter ihre Kontrolle bringen. Ihre Kämpfer errangen im Jahr 2015 im syrisch-kurdischen Bezirk Rojava wichtige militärische Erfolge gegen Daesh (IS). Auf russischen Druck wird nun auch der PYD-Vorsitzende Saleh Muslim in Genf dabei sein.


Der vollständige Name des Bündnisses lautet: Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte. Sie wurde im November 2012 in der katarischen Hauptstadt Doha gegründet. Es gründete eine „Übergangsregierung“, die von den Staaten des Golf-Kooperationsrates als „legitime Vertretung des syrischen Volkes“ anerkannt wurde. Das sahen allerdings nicht alle gegen die Regierung engagierten Gruppen so. Die meisten der in Syrien aktiven Gruppen lehnen einen Führungsanspruch der Nationale Syrische Koalition ab.
Die Nationale Syrische Koalition besteht vor allem aus Exil-Syrern und hat ihren Sitz schon seit längerem in Istanbul. An ihrer Spitze steht der 50-jährige Khaled Khoja. Die stärkste Gruppe ist die von der Türkei unterstützte Muslimbruderschaft. Mit dabei sind auch einige kleinere Kurdengruppen, wie der „Kurdische Nationalkongress“, die der Barzani-Partei KDP im Nordirak nahestehen. Die Nationale Syrische Koalition fordert den Rücktritt von Präsident Bashar al-Assad. Von dieser Position rückte sie erst im Dezember auf Druck ihrer internationalen Geldgeber ab.


Zu Beginn des bewaffneten Aufstands gegen die Regierung stellte die Freie Syrische Armee einen der stärksten militärischen Verbände. Teilweise handelte es sich um Deserteure aus der regulären Armee, wie die Bewegung Freier Offiziere. Zwischenzeitlich soll sie bis zu 75.000 Militante organisiert haben. Auch in der FSA kämpften zahlreiche Söldner aus dem Ausland, insbesondere aus dem Libanon und Libyen. Seit spätestens Mai 2012 wurden Kämpfer der Freien Syrischen Armee und andere Einheiten der syrischen Opposition vom türkischen Geheimdienst trainiert und bewaffnet.
Im Jahr 2013 verlor die FSA den größten Teil des von ihr kontrollierten Territoriums an Daesh (IS). Zwischenzeitlich galt die Gruppe als vollständig aufgelöst. Seit der Offensive der Volksverteidigungseinheiten (YPG) und mit dem Kampf gegen Daesh wurde die Organisation wieder stärker, auch weil der Westen sie als Gegengewicht zu den Islamisten versteht.


Die Islamische Front ist ein Bündnis aus islamistischen Milizen. Sie wurde im November 2013 gegründet. Zusammen sollen die verschiedenen Gruppen damals bis zu 45.000 Kämpfer kontrolliert haben, darunter unzählige ausländische Söldner. Ihre Kämpfer sind salafistisch geprägt, zu Al-Qaida gibt es fließende Übergänge. Gründungsmitglieder sind die islamistische Ahrar asch-Scham, die Syrische Islamische Befreiungsfront, die At-Tauhid-Brigade aus Aleppo und die in Damaskus operierende Dschaisch al-Islam.
Ihr erklärtes Ziel ist der Sturz der Assad-Regierung und die Errichtung eines islamischen Staates. Als wichtigster Unterstützer der Gruppen in der Islamischen Front gelten das Königreich Saudi-Arabien und die Golf-Staaten. Ihr Anführer ist Ahmed Issa al-Scheich. Zwar ist das Bündnis inzwischen nicht mehr so stark, aber die Islamische Armee (Dschaisch al-Islam) und die Islamische Bewegung der Levante (Ahrar al-Sham) verfügen zusammen immer noch über 27.500 Bewaffnete und gehören damit zu den stärksten Milizen in Syrien
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