Sunday, June 14, 2015

Der Kairos-Palästina-Tag in Stuttgart - ein Ereignis von großer Bedeutung

Fordert öffentlich und solidarisch Freiheit für Palästina damit auch Israel frei sein kann“ (Teil I)

Dieses Wort richtete Bischoff Tutu an den Evangelischen Kirchentag, der Anfang Juni in Stuttgart stattfand  in Ergänzung zum Evangelischen Kirchentag. Der offene Brief des südafrikanischen Nobelpreislaureaten, verfasst und abgesandt am 30. April 2015 blieb unbeantwortet, bis dato.
Aber das Kairos – Palästina - Netzwerk folgte dem Aufruf und organisierte in Zusammenarbeit mit Pax Christi und der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen  einen Thementag zu „Israel -Palästina“, Motto : „Das Schweigen brechen – Gerechtigkeit schafft Frieden in Palästina und Israel“ Die international us-amerikanisch-deutsch-israelisch-palästinensisch besetzte Referentenliste war beeindruckend. Sie reichte vom promovierten Theologen und Pfarrer der Weihnachtskirche im besetzten Bethlehem, Mitri Raheb über Professor Helga Baumgarten von der Bir Zeit Universität in Ramalah, den israelisch - US-amerikanischen Anthropolgen Jeff Halper, den jüdisch-amerikanischen Psychologen Mark Bravermann, Autor des Buches „Verhängnisvolle Scham“ (Über das Schweigen der Christen zu Israels Politik), die Bischöffe Thomas Maria Renz (katholisch) und Eberhard Renz (a.D. evangelisch) hin zum ehemaligen Mitglied des Zentralrats der Juden,  Professor Rolf Verleger und zu den Bundestagsabgordneten Rainold Arnold (SPD), Anette Groth (Die Linke) und Uwe Kekeritz (Grüne). Hunderte von Teilnehmern drängten am 6. Juni den ganzen heißen Sommertag über in den viel zu kleinen Saal des Ruprecht Mayer Hauses im Hospitalviertel ganz nah bei der Synagoge, dem Zentrum jüdischen Lebens in Württemberg. Sie kamen, sahen und hörten aufmerksam zu und nahmen regen Anteil an den Gesprächen. Sie kauften die reichlich angebotene aktuelle Literatur zum Thema Nahost, versorgten sich mit der ACK-Arbeitshilfe1 zum „Kairos-Dokument der Chistinnen und Christen in Palästina“ , fanden Informationen zur BDS-Kampagne2 der palästinensischen Zivilgemeinschaft.

Möglicherweise stießen sie unter den vielen Links auch auf folgenden Gedankenstrom:

Das palästinensische Volk hat uns den Krieg erklärt und wir müssen mit Krieg antworten. Nicht ... mit einer Operation niedriger Intensität, nicht mit einer kontrollierten Eskalation, nicht mit der Zerstörung der Infrastruktur der Terroristen, nicht mit gezielten Tötungen. … Es ist kein Krieg gegen den Terror und kein Krieg gegen Extremisten ... nicht einmal ein Krieg gegen die Palästinensische Autonomiebehörde. ... Dies ist ein Krieg zwischen zwei Völkern.  Der Feind ist das palästinensische Volk.
Warum?
Fragt sie selbst, sie haben doch angefangen. […]
In einem Krieg ist der Feind normalerweise ein ganzes Volk, somit auch seine Alten und seine Frauen, seine Städte und seine Dörfer, sein Eigentum und seine Infrastruktur. … Der Moral des Krieges gemäß ist es nicht möglich, zivile Opfer zu vermeiden. … Und in unserem Krieg ist das siebenmal richtiger, denn die feindlichen Soldaten verbergen sich in der Bevölkerung, und nur mit deren Unterstützung können sie überhaupt kämpfen. Hinter jedem Terroristen stehen Dutzende Männer und Frauen, ohne die sie ihre Terrorakte nicht verüben könnten. Die Akteure in diesem Krieg sind jene, die in Moscheen hetzen, die mörderische Lehrpläne für die Schulen schreiben, die den Terroristen Unterschlupf und Fahrzeuge gewähren, all jene, die sie ehren und moralisch unterstützen. Sie alle sind feindliche Kämpfer und sie werden dafür bluten. Dazu zählen auch die Mütter der Märtyrer. ... Sie sollten ihren Söhnen nachfolgen – nichts wäre gerechter. Sie müssen verschwinden, ebenso die Häuser, in denen sie diese Schlangen großzogen. “

Es sind dies Worte des verstorbenen Eliad Elitzur, eines Siedlerfunktionärs, vor zwölf Jahren geschrieben, aber unveröffentlicht geblieben. Frau Ayelet Shaked3 , meinte am 1. Juli 2014 diese Überlegungen seien jetzt  relevanter denn je und postete sie auf ihrer Facebook-Seite. Ayelet Shaked, 39 Jahre jung, seit 2 Jahren Knesset Mitglied, ist die neue israelische Justizministerin.
Wenige Tage nach Veröffentlichung ihres Facebookeintrages begann im letzen Sommer  ein neuer Akt in der Tragödie des palästinensischen Volkes.
Am 8. Juli genau heute vor einem Jahr startete der 50 Tage-Krieg gegen Gaza, der dritte in einer Reihe.
 „Fels in der Brandung“ nannten die ausführenden israelischen Sreitkräften ihre Operation. Sie kostete etwa 700 Tonnen Sprengstoff, 2.188 tote Palästinenser, davon mindestens 1.658 Zivilisten, daruner zwei Drittel Frauen und Kinder. Verletzt wurden 11. 231 Bewohner von Gaza. 18 000 Wohnheiten des Küstenstreifens wurden zerstört und große Teile der zivilen Infrastruktur. Aus israelischen Quellen werden 18 tote Soldaten der eigenen Streitkräfte und  weniger als 20 zivile Menschenopfer aus Israel gemeldet.
 Zur Begleichung der angerichteten materiellen Schäden  im nach wie vor hermetisch abgeriegelten GAZA wären  7, 8 Milliarden US Dollar notwendig. So das außerodentliche Russel Tribunal in Brüssel bereits am 25. September. Das vielleicht profilierteste Jurymitglied des juristisch und international hochkarätig besetzten Gremiums war Professor emeritus Richard Falk aus Princeton, USA, von 2008-2014 UNO- Sonderberichterstatter für die von Israel besetzten Gebiete.
Da die deutsche Staatsraison seit November 2008 alle Parteien auf die Verteidigung israelischer Sicherheitsinteressen einschwört, übernehmen alle Leit-Medien die israelische Darstellung, nach der die Hamas auf Grund von Raketenbeschuss den neuerlichen Gewaltausbruch zu verantworten hat, ebenso wie die in regelmäßigen Abständen erfolgenden  Bombenangriffe auf den völkerrechtswidrig unter einer Totalblockade stehenden Küstenstreifen. Die zerbombte Infrastruktur ist bis heute  nicht wieder hergestellt. Die 1,8 Bewohner Gazas, insbesondere die Kinder sind schwer trraumatisiert. Ein Ende der sich  seit 1948 währenden und ständig verschärften NAKBA, der Katastrophe für Palästina, ist nicht in Sicht. Mit dem 6 -Tage Krieg von 1967 und das danach einsetzende Besatzungs-und Siedler-Regime und seit den Osloer-Verträgen (1993ff) ging es stetig bergab.

Am 11. Mai 2015, 12:04 meldet  nun der österreichische „Der Standard“.at:

Israel kauft vier deutsche Korvetten
Marine will Schiffe zu Sicherung von Gasfeldern nützen.
Israel hat einen Vertrag zum Kauf vier deutscher Kriegsschiffe im Wert von 430 Millionen Euro unterzeichnet. Das israelische Verteidigungsministerium teilte am Montag mit, an der Unterzeichnungszeremonie in Tel Aviv habe unter anderem Andreas Burmester teilgenommen, Vorsitzender der Geschäftsführung von ThyssenKrupp Marine Systems.“ und das ist längst nicht alles, wie auf der Stuttgarter Kairos-Palästina-Tagung zu erfahren war. Neun nuklear bestückbare U-Boote versprach unser Land an den Kriegsführer Israel zu übergeben, sechs davon sind schon angekommen, ein glatter Verstoß gegen das Grundgesetz und das ABM Abkommen. Waffenexport in Kriegsgebiete ist untersagt. Der Atomwaffensperrvertrag verpflichtet die Signatar-Staaten Atomwaffen nicht zu verbreiten, schon gar nicht in Krisenregionen.
Der Respekt vor der Achtung auch der palästinensischen Menschenrechte geböte die Aussetzung des EU-Israel Assozierungsabkommen, das in Artikel 2 die Vertragspartner zu Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Die Aussetzung wäre durchaus möglich, meint Annette Groth, es gäbe Präzendenzfälle. Stattdessen, so Frau Groth, wurde noch während des GAZA-Krieges das sechste U-Boot-Geschenk an Israel ausgeliefert. Und damit nicht genug, Frau von der Leyen will noch in diesem Herbst deutsche Soldaten nach Israel schicken, um sie dort im Tunnelkampf ausbilden zu lassen. Auch für Drohnenforschung werde Israel mit deutschen Steuergeldern unterstützt.
Nicht alle ins Ruprecht Mayer Haus gekommene Politiker sehen die Notwendigkeit, die deutsche  Politik gegenüber Israel zu verändern.

Während Frau Groth die Situation insbesondere in GAZA seit dem letztjährigen Krieg unbeschreiblich findet und das Schweigen der Politik dazu als  nicht länger hinnehmbar bezeichnet, sieht das ihr Kollege Rainer Arnold, SPD Bundestaagsabgeordneter für den Wahlkreis Nürtingen ganz anders. „Einfache Gewissheiten“ nennt er die Foderungen der Linken Abgeordneten nach Waffenlieferungsstopp, nach Siedlungsbaustopp, nach Blockadeaufhebung und nach Achtung der Menschenrechte. Seine Antwort? Wir hätten die demokratischen Wahlergebnisse unseres befreundeten Partnerlandes zu respektieren. Wir müssten den Sicherheitsbedürfnissen des Staates Israel gerecht handeln, das einer gesicherten Zweitschlagskapazität bedürfe. Dafür seien die U-Boote gedacht. Das sei im Sinne der Staatsraison, die auf Sicherheit bedacht sei unumgänglich. Mit einsseitigen Fingerzeigen auf Israel erziele man keine Lösung.
Demgegenüber führte Jeff Halper vom ICAD, dem israelischen Komitee gegen Häuserabriss aus, dass der Stärkere zu Rechenschaft zu ziehen sei. Selbst der ehemalige Botschafter seines Landes Primo Levi meinte kürzlich in Bremen, dass Druck von außen auf Israel unumgänglich sei.
Halper weist daraufhin, dass dass eines der von Deutschland gelieferten Atom-U-Boote gegenwärtig entlang der Küste des Iran patroulliere, wohl um das Land Israel dort vor den Palästinensern zu schützen.
Auch Professor Helga Baumgarten fordert eine härtere Gangart gegenüber Israel und artikulierte ihr Unverständnis gegenüber dem Heischen um Verständnis für die Fehler der Politiker, wie es  Bundespräsident  Gauck auf dem Kirchentag eingefordert hatte.
Selbst der Vatikan habe vor zwei Wochen Palästina als Staat anerkannt. Das sei eine wichtige Geste in einer Zeit fortschreitender kolonialer Landnahme und immer brutaler werdender Gewalt gegen palästinensische Menschen auch im Westjordanland, die sowohl struktureller Natur sei, aber auch geistiger und unmittelbar physischer Natur. Die Anerkennung des Staates Palästina seitens der EU sei  unbedingt vonnöten. Produkte aus den Siedlergebieten fielen nicht unter EU-Bevorzugung und müssten bykottiert werden. Genau wie Bischoff Tutu, meint auch die deutsche Politologin, dass Neutralität im Nahost-Konflikt keine Option sei.
Pfarrer Mitri Raheb unterstrich die Notwendigkeit der Kaufverweigerung von Siedlerprodukten, bei denen  es ich im Grunde um Hehlerware handele. So lange die EU unter deutschem Druck sich weigere, die Kennzeichnung für Siedlerware einzuführen, könne man den Kauf der Produkte mit der Nummer 7294 unterlassen, das sind Waren aus Israel, darunter fallen auch Sielderprodukte, wie etwa Wein aus Bethlehem, Aahawa-Kosmetika aus dem Toten Meer, oder Soda-Club-Produkte.
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1ACK = Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden Württembergackbw@t-online.de
2BDS = Boykott, Desinvestition. Sanktion eine von Kairos und auch von Bischoff Tutu untersützte gewaltfreie Methode des Widerstands gegen die Verletzung palästinensischer Menschenrechte siehe http://www.salamshalom-ev.de/bds.html
Die ehemalige Computeringenieurin Shaked selbst, in Tel Aviv geboren und wohnhaft, mit einem Reserve-Kampfpiloten verheiratet und Mutter von zwei Kindern, ist nicht religiös. Nach einer Tätigkeit in der Privatwirtschaft kam die studierte IT-Frau 2006 als Büroleiterin von Likud-Chef Benjamin Netanjahu in den Dunstkreis der Politik. Für Netanjahu arbeitete damals auch ihr nunmehriger Mentor Naftali Bennett, mit dem Shaked dann gemeinsame Wege nach rechts ging, bis er 2012 bei den Nationalreligiösen ans Ruder kam. 2013 wurde Shaked erstmals ins Parlament gewählt.
In den letzten Jahren ist sie durch Aussagen aufgefallen, die wie Verhetzung gegen Palästinenser klangen. Insbesondere zitierte sie 2014 auf Facebook einen Artikel eines Siedlerfunktionärs, der als Mordaufruf interpretiert wurde. Shaked sagte später, ihr Text sei aus dem Zusammenhang gerissen und falsch übersetzt worden.
A. Shaked hat sich für antidemokratische Gesetze stark gemacht, durch die der Einfluss des Obersten Gerichtshofs zurückgedrängt würde.
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