Im Westen nichts Neues: Verschärfung des NATO/EUSA-Aggressionskurses gen Ost - Ausbau auch der Atombewaffnung - Einbindung der "Zivilgesellschaft"in Kalte Kriegsführung!
Es wird der "Transatlantischen Westlichen Wertgemeinschaft" aber nichts nützen, ihr Niedergang ist mit Hilfe solcher Politik vorprogrammiert. Hoffnung kommt aus dem SÜD-OSTEN und buchstabiert sich Aufklärung und BRICS. Stein auf Stein wird an einer neuen, alternativen Weltordnung mit Hochdruck gebaut - besser wir beteiligen uns, meint Irene Eckert
Die Renaissance des Westens (I)
Es wird der "Transatlantischen Westlichen Wertgemeinschaft" aber nichts nützen, ihr Niedergang ist mit Hilfe solcher Politik vorprogrammiert. Hoffnung kommt aus dem SÜD-OSTEN und buchstabiert sich Aufklärung und BRICS. Stein auf Stein wird an einer neuen, alternativen Weltordnung mit Hochdruck gebaut - besser wir beteiligen uns, meint Irene Eckert
Die Renaissance des Westens (I)
07.05.2015
BERLIN/BRÜSSEL
(Eigener
Bericht) - Deutsche Außenpolitik-Experten fordern eine "Renaissance"
des transatlantischen Bündnisses zur Verteidigung der globalen
westlichen Hegemonie. Die EU müsse in Zukunft ungeachtet gewisser
Differenzen wieder enger mit den Vereinigten Staaten kooperieren,
heißt es in einem Strategiepapier zweier deutscher Autoren, das der
Think-Tank der Europäischen Volkspartei (EVP) unlängst
veröffentlicht hat. Demnach lasse sich die "liberale
Weltordnung", die den westlichen Ländern seit dem Ende des
Kalten Kriegs weltweit die Vormacht gesichert hat, nur bewahren, wenn
Europa und Nordamerika sich wieder enger zusammenschlössen -
wirtschaftlich, politisch und militärisch. Jegliche Bemühungen, mit
Russland enger zu kooperieren, müssten eingestellt werden.
Stattdessen schlägt das Papier die stärkere Einbindung von
Nicht-Regierungsorganisationen und von religiösen Gemeinschaften in
Osteuropa in die prowestlichen Einflussaktivitäten vor. Zudem soll
die innere Formierung der europäischen Gesellschaften forciert
werden; "Desinformation" zugunsten Russlands gelte es
systematisch "bloßzustellen". Einer der Autoren verlangt
darüber hinaus, "wir" müssten "bereit" sein,
"in den Krieg zu ziehen", und schlägt eine neue nukleare
Aufrüstung in Europa vor.
"Islamismus,
Russland, China"
Eine
"Renaissance des Westens" fordern die deutschen Autoren
eines Strategiepapiers, das das "Wilfried Martens Centre for
European Studies" unlängst veröffentlicht hat. Demnach sei
eine Stärkung des transatlantischen Bündnisses unumgänglich, wolle
man auf Dauer eine "liberale Weltordnung" bewahren. Gemeint
ist das Weltsystem der beiden ersten Jahrzehnte nach dem Ende des
Kalten Kriegs, in dem die globale Hegemonie der westlichen Staaten
praktisch unangefochten war. Diese "liberale Weltordnung"
habe es "den Europäern" erlaubt, "sicherer, freier
und in den meisten Fällen auch in größerem Wohlstand zu leben als
in jeder anderen Phase ihrer Geschichte", heißt es in dem
Papier.[1] Jetzt aber entstünden "Herausforderungen" für
die "liberale Weltordnung". Als solche stufen die Autoren
ausdrücklich islamistische Strömungen, Russland sowie das
erstarkende China ein. Gegen sie gelte es sich nun enger
zusammenzuschließen. Das Papier verschweigt die Differenzen nicht,
die sich in den letzten Jahren zwischen der EU und den USA entwickelt
haben - etwa Uneinigkeiten in der Mittelost-Politik (Irak-Krieg 2003)
oder der Unmut über die umfassende Spionage der NSA.[2] Dies müsse
nun aber angesichts der äußeren Bedrohung in den Hintergrund
treten. Die Autoren fordern eine Intensivierung der politischen, der
ökonomischen (TTIP) und der militärischen (NATO) Zusammenarbeit.
Dabei könne "die Konfrontation mit Putins Russland"
helfen, die notwendige Formierung der EU zu beschleunigen.
Gegen
Moskau
Entsprechenden
Stellenwert nehmen in dem Strategiepapier Vorschläge für die
konkrete Ausgestaltung der neuen Konfrontation mit Russland ein.
Sämtliche Bemühungen, enger mit Moskau zu kooperieren, müssten
eingestellt werden, heißt es in dem Dokument - nicht zuletzt mit
Blick auf deutsche Versuche vor allem im Jahrzehnt ab 2000, durch
eine gewisse Kooperation mit Russland die eigene Stellung
machtpolitisch gegenüber den Vereinigten Staaten zu stärken
(german-foreign-policy.com berichtete [3]). Stattdessen fordern die
Autoren beispielsweise einen Ausbau der Erdöl- und Erdgasbezüge aus
der westlichen Welt - vor allem aus den USA - und eine umfassendere
Schiefergasförderung in der EU, um künftig weniger auf russische
Rohstofflieferungen angewiesen zu sein. Daneben müsse die EU ihre
Zusammenarbeit mit Russlands unmittelbaren Grenznachbarn
intensivieren, heißt es; dies gelte insbesondere für die Ukraine,
Moldawien und Georgien, die sich für die Assoziierung an die EU
geöffnet hätten. Sie müssten nicht nur ökonomisch, sondern auch
militärisch gestärkt und fest an den Westen angebunden werden.
NGOs
und Kirchen
Darüber
hinaus schlagen die Autoren verschiedene Maßnahmen vor, die direkt
gegen Russland und seine osteuropäischen Verbündeten (etwa Belarus)
gerichtet sind. Die "Östliche Partnerschaft" [4] solle
sich in Zukunft erheblich stärker "auf die Zivilgesellschaft
fokussieren", heißt es in dem Strategiepapier. Die EU müsse in
Osteuropa stärker "mit Nicht-Regierungsorganisationen ...,
unabhängigen Medien und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft"
kooperieren.[5] Auch mit religiösen Gemeinschaften gelte es enger
zusammenzuarbeiten. Nur durch eine intensive Anbindung der nicht
unmittelbar in die staatlichen Aktivitäten eingebundenen
Funktionseliten könne es gelingen, Kräfte heranzuziehen, "die
wirklich an (prowestlicher, d. Red.) Transformation interessiert
sind". Die Forderung läuft auf eine Stärkung der alten
deutschen Praxis hinaus, mit Hilfe von Organisationen wie den
parteinahen Stiftungen Einfluss auf bestimmte Spektren der
Bevölkerung fremder Länder zu gewinnen - und diese faktisch in den
Dienst der deutschen Außenpolitik zu stellen.
Innere
Formierung
Umgekehrt
sprechen sich die Autoren für Maßnahmen aus, mit denen die
Opposition gegen antirussische Aggressionen in der EU geschwächt und
nach Möglichkeit ausgeschaltet werden soll. "Think-Tanks,
Berater und NGOs mit finanziellen Bindungen an russische Stellen"
müssten "in Analysen und öffentlichen Debatten zur Rede
gestellt werden", heißt es beispielsweise. Auch solle
"Desinformation durch russische Medien und ihre Verbündeten in
den EU-Mitgliedstaaten bloßgestellt" werden. Darüber hinaus
gelte es "die Zivilgesellschaft in der EU besser zu
organisieren" - beispielsweise mit Hilfe von "Netzwerken
aus politischen Parteien, Think-Tanks, NGOs und Individuen", die
im Meinungskampf gegen angebliche "russische Desinformation"
zukünftig "die Hauptlast" zu tragen hätten.[6] Damit
schlägt das Strategiepapier explizit die Formierung der
Gesellschaften Europas gemäß staatlichem Interesse sowie die
Isolierung und gegebenenfalls auch Ausgrenzung der inneren Opposition
vor.
Bereit,
in den Krieg zu ziehen
Parallel
zur gewünschten inneren Formierung plädieren die Autoren für
Kriegsvorbereitungen im großen Stil. Es gelte nicht nur, die
Fähigkeiten der EU-Mitgliedstaaten zur Territorialverteidigung
auszubauen, schreiben sie; auch seien die Kapazitäten für
Interventionen jenseits des NATO-Bündnisgebiets zu stärken. Neben
der Schaffung neuer Strukturen wie der NATO-"Speerspitze"
[7] müsse die NATO "dauerhafte Stationierungen auch von
Bodentruppen in größerer Nähe zu den östlichen Grenzen des
Bündnisses" vornehmen.[8] Dies käme einem vollständigen Bruch
der NATO-Russland-Grundakte gleich und würde von Moskau entsprechend
als schwere Provokation eingestuft; die Gefahr unkontrollierter
Konflikteskalation nähme deutlich zu. Eine Äußerung des Ko-Autors
Roland Freudenstein belegt, dass dies billigend in Kauf genommen
wird. Vor einigen Tagen erklärte Freudenstein auf einer Tagung der
Europäischen Volkspartei (EVP): "Wir müssen klarstellen, dass
wir bereit sind, für das, was wir als existenzielle Prinzipien von
Europas Zukunft betrachten, in den Krieg zu ziehen." Dabei sei
es nachteilig, "dass die nukleare Abschreckung der NATO aus 20
rostenden freifallenden Bomben des Typs B-61 besteht, die mit einem
einzigen Schlag der russischen Streitkräfte ausgeschaltet werden
können". Freudenstein äußerte dazu: "Das sind Dinge, die
wir ändern müssen."[9]
Strategische
Weichen
Freudenstein
hat in der Vergangenheit für die Deutsche Gesellschaft für
Auswärtige Politik (DGAP), die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung
sowie den außenpolitischen Planungsstab der EU-Kommission
gearbeitet. Sein Ko-Autor Ulrich Speck veröffentlicht regelmäßig
in der DGAP-Zeitschrift "Internationale Politik".
Gegenwärtig wirkt Freudenstein als stellvertretender Direktor und
Forschungsleiter am Wilfried Martens Centre for European Studies, das
das Papier zur "Renaissance des Westens" herausgegeben hat.
Dem Martens Centre gehören 29 Stiftungen aus 22 europäischen
Staaten innerhalb und außerhalb der EU an, darunter die
Konrad-Adenauer-Stiftung sowie die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU). Im
Vorstand des Zentrums ist die CDU mit dem früheren
Europaparlaments-Präsidenten Hans-Gert Pöttering vertreten. Als
Think-Tank der EVP stellt das Martens Centre strategische Weichen für
die Entwicklung konservativer Parteien in ganz Europa.
[1] Roland Freudenstein, Ulrich Speck: The
Renaissance of the West. How Europe and America can Shape Up in
Confronting Putin's Russia. Brussels
2015.
[2] S. dazu Noch nicht auf Augenhöhe und Noch nicht auf Augenhöhe (II).
[3] S. dazu Hemisphären, Keine Angst vor Moskau! und Eine neue Grand Strategy.
[4] Im Rahmen der "Östlichen Partnerschaft" kooperiert die EU mit Belarus, der Ukraine, Moldawien, Georgien, Armenien und Aserbaidschan.[5], [6] Roland Freudenstein, Ulrich Speck: The Renaissance of the West. How Europe and America can Shape Up in Confronting Putin's Russia. Brussels 2015.
[7] S. dazu Kriegsführung im 21. Jahrhundert (I) und Kriegsführung im 21. Jahrhundert (II).
[8] Roland Freudenstein, Ulrich Speck: The Renaissance of the West. How Europe and America can Shape Up in Confronting Putin's Russia. Brussels 2015.
[9] EPP: EU should tell Russia we are ready to go to war. www.euractiv.com 22.04.2015.
[2] S. dazu Noch nicht auf Augenhöhe und Noch nicht auf Augenhöhe (II).
[3] S. dazu Hemisphären, Keine Angst vor Moskau! und Eine neue Grand Strategy.
[4] Im Rahmen der "Östlichen Partnerschaft" kooperiert die EU mit Belarus, der Ukraine, Moldawien, Georgien, Armenien und Aserbaidschan.[5], [6] Roland Freudenstein, Ulrich Speck: The Renaissance of the West. How Europe and America can Shape Up in Confronting Putin's Russia. Brussels 2015.
[7] S. dazu Kriegsführung im 21. Jahrhundert (I) und Kriegsführung im 21. Jahrhundert (II).
[8] Roland Freudenstein, Ulrich Speck: The Renaissance of the West. How Europe and America can Shape Up in Confronting Putin's Russia. Brussels 2015.
[9] EPP: EU should tell Russia we are ready to go to war. www.euractiv.com 22.04.2015.
Die
Renaissance des Westens (II)
13.05.2015
BERLIN
(Eigener
Bericht) - Deutsche Militärpolitiker eröffnen die Debatte über
eine neue nukleare Aufrüstung innerhalb der NATO. Wie ein
hochrangiger Mitarbeiter der Berliner "Bundesakademie für
Sicherheitspolitik" in einem aktuellen Diskussionsbeitrag
schreibt, habe das westliche Kriegsbündnis im Rahmen des
Ukraine-Konflikts "wieder an Bedeutung" gewonnen. In diesem
Zusammenhang müsse nun auch die "nukleare Abschreckung"
neu thematisiert werden. Zum "Gesamtpaket der Abschreckung",
das auf die Tagesordnung zu setzen sei, gehörten neben der
Nuklearbewaffnung allgemein auch speziell die US-Atombomben, die in
Europa gelagert seien - nicht zuletzt in Deutschland. Auch jenseits
der wieder heraufziehenden Atomkriegsgefahr zeichnet sich im Schatten
der westlichen Neuformierung eine weitere Brutalisierung künftiger
Kriege ab. Wie ein ehemaliger Chef des Planungsstabes im
Bundesverteidigungsministerium erklärt, müsse Berlin die
Beschaffung von Uranmunition durch die Bundeswehr in Betracht ziehen,
um russische Panzer bekämpfen zu können. Uranmunition ist auch nach
ihrer Nutzung höchst schädlich; weite Gebiete etwa im Irak, in
denen sie von NATO-Staaten eingesetzt wurde, sind bis heute
verseucht.
Atomare
Aufrüstung
Eine
Debatte über eine neue nukleare Aufrüstung eröffnet Karl-Heinz
Kamp, ein ehemaliger Research Director am NATO Defense College in Rom
(2009 bis 2013) und seit 2013 "Direktor Weiterentwicklung"
an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) in Berlin. Seine
diesbezüglichen Thesen stellt Kamp in der jüngsten Ausgabe der
Fachzeitschrift "Internationale Politik" zur Diskussion.
Das Blatt wird von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige
Politik (DGAP) herausgegeben und richtet sich an eine breitere
interessierte Öffentlichkeit.
Die
Zukunft der Abschreckung
Wie
Kamp schreibt, hat Russland "seit dem Georgien-Krieg 2008 nicht
nur seine konventionellen Streitkräfte modernisiert, sondern auch
das Atomwaffenarsenal verstärkt und verbessert".[1] Es begreife
sein Nuklearpotenzial "als Kompensation für fehlende
konventionelle Kräfte gegenüber einer NATO, deren Stärke durch den
Beitritt ehemaliger Mitglieder des Warschauer Paktes gewachsen ist".
In der Tat betrachtet Moskau seine Atomwaffen als Rückversicherung,
um die gewachsene und stets aufrüstende NATO von etwaigen
Angriffsplänen abschrecken zu können. Wie Kamp ausdrücklich
bestätigt, habe der russische Staatspräsident Wladimir Putin "in
mehreren Reden" gewarnt, "der Westen solle nicht vergessen,
dass Russland eine Atommacht sei". Der Mitarbeiter der
Bundesakademie für Sicherheitspolitik erklärt nun, mit der blutigen
Eskalation des Machtkampfs um die Ukraine habe "die klassische
Rolle der NATO als Instrument der Selbstverteidigung wieder an
Bedeutung" gewonnen. In diesem Zusammenhang stelle sich jetzt
auch "die Frage, wie künftig nukleare Abschreckung glaubwürdig
geleistet werden kann".
Steadfast
Noon
Tatsächlich
ist die Drohung mit Atomschlägen seit je fester Bestandteil der
NATO-Kriegsszenarien - darunter der Abwurf von Atombomben, die in
Europa, zum Teil auch in Deutschland stationiert sind. Dem Training
entsprechender Angriffe dient das regelmäßig abgehaltene
NATO-Manöver "Steadfast Noon", das zuletzt im Oktober 2014
durchgeführt wurde - mit deutscher Beteiligung. Im Rahmen von
"Steadfast Noon" "probt die Nato den Einsatz von
US-Atomwaffen, die im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Europa
stationiert sind", erläuterte Ende vergangenen Jahres die
Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).[2] "Steadfast Noon"
war nicht die einzige Atomkriegsübung der NATO-Staaten im letzten
Jahr (german-foreign-policy.com berichtete [3]). Planungen, die in
Europa gelagerten Atomwaffen zu modernisieren und den Bestand an
Kampfflugzeugen zu sichern, von denen sie abgeworfen werden können,
reichen mehrere Jahre zurück. Bereits im Jahr 2012 ist die
Modernisierung der B61-Atombomben in Arbeit gewesen - Kostenpunkt: 25
Millionen US-Dollar pro Stück.[4] Noch im selben Jahr kündigte ein
Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums an, am deutschen
Atomstützpunkt Büchel (Eifel) würden Tornado-Kampfflugzeuge, die
die Bomben zum Einsatzziel tragen könnten, noch über ihr
ursprünglich geplantes Betriebsende im Jahr 2025 hinaus
einsatzbereit gehalten.[5] "Die in Europa stationierten
amerikanischen B-61-Bomben werden derzeit technisch überholt und in
einigen Teilkomponenten heutigen technologischen Standards
angepasst", bestätigt Kamp.[6]
Nuklearfronten
"Langfristig"
werde "die NATO nicht umhinkommen", eine neue
Nukleardebatte aufzunehmen, fährt der Bundesakademie-Mitarbeiter,
den neuen Kalten Krieg als Vorwand nutzend, fort. Dabei werde es "um
weit mehr gehen als um die amerikanischen Atombomben in Europa":
"Da es sich bei dem Konflikt mit Russland nicht um eine bloße
Schlechtwetterfront, sondern um einen grundlegenden Klimawandel
handelt, muss das Gesamtpaket der Abschreckung in einen neuen
Zusammenhang gestellt werden."[7] Dazu gehörten "die
konventionellen Fähigkeiten der NATO" - etwa der Aufbau der
NATO-"Speerspitze", bei dem Deutschland eine maßgebliche
Rolle innehat [8] -, aber auch "die Nuklearwaffen (in Europa und
in den USA)". Auf diese Weise entstünden die Nuklearfronten des
ersten Kalten Kriegs, die nie vollständig aufgelöst, aber in ihrer
Bedeutung seit 1990 doch deutlich geschmälert waren, in vollem
Umfang neu.
Uranmunition
Auch
jenseits der neu heraufziehenden Atomkriegsgefahr zeichnet sich im
Schatten der westlichen Neuformierung eine weitere Brutalisierung
selbst konventioneller Kriege der Zukunft ab. So ist Ende April der
ehemalige Chef des Planungsstabes im Bundesverteidigungsministerium
Hans Rühle mit einem Plädoyer für die Beschaffung von Uranmunition
durch die Bundeswehr an die Öffentlichkeit getreten. Rühle
schreibt, die Munition DM63, "eine Pfeil-Munition auf
Wolframbasis", die den deutschen Leopard 2-Panzern gegenwärtig
zur Bekämpfung feindlicher Panzer zur Verfügung stehe, reiche
"nicht aus, die neueren Varianten der (russischen, d. Red.) T80-
und T90-Panzer zu durchschlagen".[9] Dies gelte "wohl umso
mehr für den ab 2020 zulaufenden einsatzbereiten russischen
Kampfpanzer vom Typ Armata". Das Problem sei altbekannt; es sei
bereits in den 1980er Jahren - während Rühles Amtszeit als
Verteidigungs-Planungsstabschef - ausführlich diskutiert worden. Es
gebe nur eine Lösung, die in den 1980er Jahren allerdings wegen der
damals starken Friedensbewegung schließlich abgelehnt worden sei:
Die Bundeswehr müsse "schnellstmöglich mit Pfeil-Munition auf
der Basis abgereicherten Urans ausgerüstet werden". Deren
Durchschlagskraft genüge, um russische Panzer jeglichen Typs zu
zerstören.
Verseuchtes
Land
Die
Folgen des Einsatzes von Uranmunition hat erst kürzlich eine
Fernsehdokumentation des Bayerischen Rundfunks (BR) beschrieben - am
Beispiel des Irak. Dort sind laut Schätzungen des UN-Umweltprogramms
UNEP in den Kriegen der Jahre 1991 und 2003 bis zu 2.000 Tonnen
Munition mit abgereichertem Uran verschossen worden. Weite Gebiete
vor allem im Süden des Landes sind bis heute verseucht. Die
BR-Dokumentation ("Leiser Tod im Garten Eden") schildert
den dramatischen "Anstieg an Krebserkrankungen, Todgeburten und
erschreckende(n) Fehlbildungen bei Neugeborenen" in den
betroffenen Gebieten im Südirak.[10] Wissenschaftliche Studien
führen ihn auf Verstrahlung durch die Überbleibsel der Uranmunition
zurück, deren Beschaffung durch die Bundeswehr deutsche
Militärpolitiker nun fordern.
[1]
Karl-Heinz Kamp: Nukleare Kompensation. Mit der Krise in Russland
gewinnen Kernwaffen wieder an Bedeutung. Internationale Politik
Mai/Juni 2015.
[2] Oliver Meier: Die nukleare Dimension der Ukraine-Krise. SWP-Aktuell 66, Oktober 2014.
[3] S. dazu Die neue nukleare Eskalationsdynamik.
[4] Dana Priest: The B61 bomb: A case study in needs and costs. www.washingtonpost.com 16.09.2012.
[5] Otfried Nassauer: Erhöhtes Unfallrisiko? Taktische US-Atomwaffen in Europa. NDR: Streitkräfte und Strategien, 06.10.2012.
[6], [7] Karl-Heinz Kamp: Nukleare Kompensation. Mit der Krise in Russland gewinnen Kernwaffen wieder an Bedeutung. Internationale Politik Mai/Juni 2015.
[8] S. dazu Kriegsführung im 21. Jahrhundert (I) und Kriegsführung im 21. Jahrhundert (II).
[9] Hans Rühle: Warum die Politik dem Leo Urangeschosse verweigerte. www.welt.de 26.04.2015.
[10] Karin Leukefeld: Leiser Tod im Garten Eden: Die Folgen der Golfkriege. www.br.de 01.04.2015.
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59110
[2] Oliver Meier: Die nukleare Dimension der Ukraine-Krise. SWP-Aktuell 66, Oktober 2014.
[3] S. dazu Die neue nukleare Eskalationsdynamik.
[4] Dana Priest: The B61 bomb: A case study in needs and costs. www.washingtonpost.com 16.09.2012.
[5] Otfried Nassauer: Erhöhtes Unfallrisiko? Taktische US-Atomwaffen in Europa. NDR: Streitkräfte und Strategien, 06.10.2012.
[6], [7] Karl-Heinz Kamp: Nukleare Kompensation. Mit der Krise in Russland gewinnen Kernwaffen wieder an Bedeutung. Internationale Politik Mai/Juni 2015.
[8] S. dazu Kriegsführung im 21. Jahrhundert (I) und Kriegsführung im 21. Jahrhundert (II).
[9] Hans Rühle: Warum die Politik dem Leo Urangeschosse verweigerte. www.welt.de 26.04.2015.
[10] Karin Leukefeld: Leiser Tod im Garten Eden: Die Folgen der Golfkriege. www.br.de 01.04.2015.
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59110
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