Interview mit Bashar Al-Assad, Präsident von Syrien
6. DEZEMBER 2014 / MAHNWACHE HAMBURG
Während der Krieg gegen den Terrorismus im Nahen Osten tobt und unsere Medien in regelmäßigen Abständen über die USA, Irak und IS berichten, kommt ein Land gar nicht zu Wort: Syrien.
6. DEZEMBER 2014 / MAHNWACHE HAMBURG
Während der Krieg gegen den Terrorismus im Nahen Osten tobt und unsere Medien in regelmäßigen Abständen über die USA, Irak und IS berichten, kommt ein Land gar nicht zu Wort: Syrien.
Die USA und die regionalen Mächte streiten bereits darüber, wer in Syrien und im Irak die Stellungen des Islamischen Staat bombardieren darf und wer nicht. In diesem Zusammenhang scheint es niemanden zu interessieren, dass Syrien ein souveräner Staat ist, welcher auch in der UN vertreten ist und bereits 200.000 Tote durch den von außen orchestrierten Krieg zu beklagen hat.
Am 28. November wurde der syrische Präsident Bashar Al-Assad vom französischen Journalisten Régis Le Sommier von Paris Match interviewt. In deutschen Medien ist davon kaum zu hören oder zu lesen. Höchstens alternative Nachrichtenseiten und Blogs haben davon berichtet.
Aus diesem Grund hier nun eine deutsche Übersetzung, damit auch Sie sich ein eigenes Bild machen können, wenn Sie der englischen Sprache nicht mächtig sind.
Paris Match: Herr Präsident, der Krieg herrscht nun schon seit über 3 Jahren, nach dem sich die ersten Anzeichen einer Revolution im März 2011 abspielten. Unter Anbetracht der Entwicklungen seit diesem Zeitpunkt, fühlen Sie sich verantwortlich für das, was geschehen ist?
Bashar Al-Assad: Schon in den ersten Tagen der Ereignisse gab es Märtyrer aus der Armee und der Polizei; ja, seit den ersten Tagen der Krise standen wir in Angesicht des Terrorismus. Es ist wahr, es gab Demonstrationen, jedoch gab es sie in keiner großen Anzahl. In einem solchen Fall gibt es keine andere Wahl, als Bürger gegen Terroristen zu verteidigen. Es gibt keine andere Wahl. Wir können nicht sagen, dass wir bedauern, den Kampf gegen den Terrorismus seit den frühen Tagen der Krise geführt zu haben. Allerdings bedeutet dies nicht, dass es keine Fehler in der Praxis gab. Es gibt immer wieder Fehler. Seien wir ehrlich: hätte Katar diese Terroristen zu dieser Zeit nicht finanziell ausgestattet, und hätte die Türkei sie nicht logistisch unterstützt und hätte der Westen keine politische Unterstützung gewährt, dann hätten sich die Dinge anders entwickelt. Wenn wir in Syrien Probleme und Fehler vor der Krise hatten, was übrigens normal ist, so bedeutet dies nicht unbedingt, dass die Ereignisse interne Ursachen hatten.
Paris Match: Der Syrisch Arabische Armee (SAA) wird vorgeworfen, exzessive Gewalt einzusetzen. Aus welchen Gründen werden Zivilisten bombardiert?
Bashar Al-Assad : Wenn Sie ein Terrorist mit Waffengewalt angreift, wie würden Sie reagieren? Mit Dialog?! Die Armee nutzt Waffen, die auch auf der anderen Seite genutzt werden. Für uns in Syrien ist es ein Ding der Unmöglichkeit, Zivilisten gezielt zu bombardieren. Es gibt keine Gründe Mitbürger zu bombardieren. Wenn wir Zivilisten töten würden, also unsere eigenen Bürger ermorden würden, und zugleich Terroristen bekämpfen, die wiederum von Staaten wie den Golfmonarchien, Türkei und dem Westen unterstützt werden, wie könnten wir dann vier Jahre lang bestehen? Wenn wir unsere Mitbürger nicht verteidigen, dann wären wir nicht in der Lage, dem Druck standzuhalten. Folglich macht es absolut keinen Sinn zu sagen, dass wir eigene Zivilisten bombardieren.
Paris Match: Satellitenaufnahmen zeigen, dass die Städte Homs und Hama komplett zerstörte Nachbarschaften aufweisen. Die Vereinigten Nationen sprechen von ungefähr 190.000 Menschen, die im Krieg getötet wurden. Waren all die Menschen in diesen Nachbarschaften Terroristen?
Bashar Al-Assad : Zu aller erst müssen die von der UN bereitgestellten Aufnahmen verifiziert werden. Wie lauten die Quellen dieser Fotos? Diese Aufnahmen, die insbesondere in den Medien weltweit zirkulieren, sind übertrieben und unzutreffend. Zweitens werden solche Aufnahmen nicht durch Satelliten erstellt, sondern auch direkt vor Ort, welche wiederum akkurat sind. Wenn Terroristen eine bestimmte Region betreten und diese besetzen, dann hat die Armee diese zu befreien, somit gibt es Kämpfe. Somit ist es völlig klar, dass es Zerstörung gibt. In den meisten Fällen verlassen die Bürger jedoch diese Regionen, wenn Terroristen ihre Nachbarschaften erobern. Es ist Fakt, dass die meisten Opfer Anhänger des Staates sind, nicht anders herum und eine große Anzahl dieser Menschen starb durch Angriffe der Terroristen. Es ist klar, dass unschuldige Menschen sterben, wenn Krieg herrscht. Dies passiert überall auf der Welt. Jedoch ist es als Staat unmöglich auf eigene Bürger zu zielen.
Paris Match: Laut der UN gibt es ebenso drei Millionen syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern. Dies ist ein Achtel der syrischen Bevölkerung. Sind all diese Menschen Verbündete der Terroristen?
Bashar Al-Assad : Nein. Generell verlassen die syrischen Menschen ihr Land wegen dem Terrorismus. Das sind diejenigen, die den Terrorismus unterstützen. Ebenso gibt es Unterstützer des Staates, die ihr Land aus Sicherheitsgründen verlassen mussten. Es gibt ebenso eine große Anzahl an Bürgern, die keine Seite unterstützen.
Paris Match: Haben sie aus militärischer Sicht die Möglichkeiten, diesen Krieg zu gewinnen?
President Assad: Nun bekämpfen wir auch Staaten, nicht nur Banden. Milliarden von Dollars fließen in diese Banden. Sie erhalten Waffen aus verschiedenen Ländern, wie der Türkei. Aus militärischer Perspektive ist es somit kein leichter Krieg. Wie dem auch sei, gewinnt die Syrische Armee in vielen Ortschaften. Auf der anderen Hand kann niemand sagen wie oder wann dieser Krieg enden wird. Jedoch war das primäre Ziel dieses Krieges, die Herzen der syrischen Bevölkerung zu gewinnen; und diesen Teil haben sie verloren. Die Gemeinschaften, welche die Terroristen integrierten, wurden in der letzten Zeit sehr klein. Dies ist eine der Hauptursachen, weshalb die Armee gewinnt. Somit muss dieser Krieg nicht nur militärisch, sondern auch sozialistisch und politisch betrachtet werden.
Paris Match: Aber die Terroristen haben noch nicht verloren, denn die Hälfte Ihres Landes ist nicht mehr unter Ihrer Kontrolle.
Bashar Al-Assad : Die Syrische Armee hat ihre Präsenz nicht überall. Es ist unmöglich, überall zu sein. Somit ist es klar, dass Terroristen überall dort ansässig werden können, wo die Syrische Armee nicht vor Ort ist, um die Grenzübergänge zu schützen. Doch war die Armee in der Lage die Kontrolle über jede Region zurückzuerlangen, wo sie entschied, diese zu betreten. Dies ist kein Krieg wo sich zwei Armeen gegenüberstehen wo man sagen kann, dass sie einen bestimmten Teil eroberten oder wir es tun. Dieser Krieg ist anders. Wir sprechen hier über terroristische Gruppierungen, die plötzlich eine Stadt oder ein Dorf infiltrieren. Aus diesem Grund wird es ein langer und schwieriger Krieg.
Paris Match: Viele Menschen sagen, dass Ihr Rücktritt die Lösung dieser Krise wäre. Glauben Sie, dass Ihr Rücktritt die Lösung darstellt?
Bashar Al-Assad : Der Präsident eines jeden Staates dieser Welt nimmt sein Amt durch Maßnahmen der jeweiligen Verfassung ein und verlässt dieses auch wieder durch dessen Maßnahmen. Kein Präsident kann durch Chaos installiert oder abgesetzt werden. Der handfeste Beweis dafür ist das Ergebnis der französischen Politik, als sie Gaddafi angegriffen haben. Was war das Ergebnis? Chaos brach nach der Entmachtung Gaddafis aus. Also war diese Entmachtung die Lösung? Hat sich die Lage gebessert und Libyen ist zur Demokratie geworden? Der Staat ist wie ein Schiff. Wenn es einen Sturm gibt, dann rennt der Kapitän nicht davon und verlässt das Schiff, um es sinken zu lassen. Wenn sich die Passagiere des Schiffs dazu entschließen, dieses zu verlassen, dann sollte der Kapitän der letzte sein, der es verlässt, nicht der erste.
Paris Match: Das heißt, dass der Kapitän bereit ist zu sterben. Sie sprachen über Gaddafi. Fürchten Sie dasselbe Schicksal und den Tod, wie bei Saddam Hussein und Gaddafi?
Bashar Al-Assad : Ein Kapitän macht sich keine Gedanken über Leben und Tod. Er denkt über die Rettung seines Schiffes. Wenn das Schiff sinkt, dann würde jeder sterben, also möchten wir lieber das Land retten. Jedoch möchte ich hier einen wichtigen Punkt ansprechen. Es war niemals mein Ziel als Präsident im Amt zu bleiben, weder vor, während noch nach der Krise. Aber die syrischen Bürger werden niemals akzeptieren, dass Syrien eine Puppe der Westmächte wird. Dies ist eines unserer wichtigsten Ziele und auch Prinzipien.
Paris Match: Lassen Sie uns über ISIS sprechen. Einige sagen, dass das syrische Regime die Erschaffung islamischer Extremisten gefördert hat, um die Opposition zu spalten. Wie reagieren Sie darauf?
Bashar Al-Assad : In Syrien haben wir einen Staat, kein Regime. Lassen Sie mich dies zuerst klarstellen. Zweitens, angenommen Sie sagen die Wahrheit, dass wir ISIS unterstützten. Das heißt, dass wir diese Organisation darum baten, uns zu attackieren, militärische Flughäfen anzugreifen, Hunderte von Soldaten zu töten und ganze Städte und Siedlungen zu besetzen. Wo ist da die Logik? Was wäre unser Vorteil davon? Die Opposition zu spalten und zu schwächen, wie Sie sagen? Wir brauchen diese Elemente der Opposition nicht zu untergraben. Der Westen selbst sagt, dass es eine Fake-Opposition war. Das hat Obama selbst gesagt. Somit ist diese Annahme falsch, doch was ist die Wahrheit? Die Wahrheit ist, dass ISIS im Jahre 2006 im Irak gegründet wurde. Es waren die Vereinigten Staaten, die den Irak besetzten, nicht Syrien. Abu Bakr al-Baghdadi war in amerikanischen Gefängnissen, nicht in syrischen. Also wer erschuf ISIS? Syrien oder die Vereinigten Staaten?
Paris Match: Die Syrer, die wir in Damaskus trafen, sprachen mehr über dschihadistische Schläferzellen im Westen, als über ISIS. Ist das nicht merkwürdig?
Bashar Al-Assad : Terrorismus ist eine Ideologie, keine Organisation oder Struktur. Eine Ideologie erkennt keine Grenzen an. Vor 20 Jahren war es allgemein gültig, dass Terrorismus aus unserer Region exportiert wurde, insbesondere aus den Golfländern, wie Saudi-Arabien. Nun kommt der Terrorismus zu uns aus Europa, speziell Frankreich. Der größte prozentelle Anteil an Terroristen, die nach Syrien reisen, kommen aus Frankreich. Ebenso hatten Sie einige Vorfälle in Ihrem Land. Es gab auch einen Angriff in Belgien auf ein jüdisches Museum. Somit ist der Terrorismus in Europa nicht mehr am Schlafen, er ist bereits erwacht.
Paris Match: Die Amerikaner sind im Kampf gegen ISIS taktische Verbündete. Denken Sie weiterhin, dass deren Intervention eine Verletzung der nationalen Souveränität darstellt?
Bashar Al-Assad : Es ist ein wichtiger Punkt, dass Sie dies aus einer taktischen Perspektive sehen. Wissen Sie, Taktik ohne Strategie sorgt für keinerlei Ergebnis, also wird es den Terrorismus nicht bekämpfen. Es ist eine illegale Intervention. Erstens, da sie nicht durch eine Resolution des Sicherheitsrates genehmigt wurde und zweitens, da sie nicht die Souveränität des syrischen Staates berücksichtigt. Somit ist es eine illegale Intervention, die eine Verletzung der Souveränitätsrechte darstellt.
Paris Match: “Agence France Presse” nach zu urteilen flog Ihre Luftwaffe mindestens 2.000 Einsätze in 40 Tagen. Dies ist eine enorme Menge. Wenn Ihre Flugzeuge die Maschinen der Allianz kreuzen, wie z.B. auf dem Weg nach Raqqa, koordinieren Sie sich dann untereinander oder haben Sie einen Nichtangriffspakt?
Bashar Al-Assad : Es gibt keine direkte Koordination. Wir attackieren den Terrorismus überall, unabhängig davon, was die Vereinigten Staaten oder die Allianz, die sie führt, tun. Sie mögen es merkwürdig finden, dass die Anzahl der Luftangriffe der Syrischen Luftwaffe wesentlich höher ist, als die der Allianz. Es gibt keine Koordination. Und zur selben Zeit sollten Sie erkennen, dass die Luftangriffe der Allianz eher kosmetischer Natur sind.
Paris Match: Aber diese Luftangriffe helfen Ihnen und ein Grund weshalb der US-Verteidigungsminister Chuck Hagel zurückgetreten ist, da er glaubte Ihre Regierung und Position zu unterstützen.
Bashar Al-Assad : Sehen Sie nicht, dass diese Frage im Widerspruch zu Ihrer vorherigen Frage steht, in der Sie sagten, dass wir ISIS unterstützen? Folglich sind wir die Feinde von ISIS.
Paris Match: Ich sagte, dass einige Menschen manchmal sagen, dass Sie ISIS unterstützen, um die Opposition zu spalten.
Bashar Al-Assad : Und ich meinte nicht “Sie” durch meine Bemerkung, sondern “diese” Menschen”.
Paris Match: Ein Ergebnis der Luftschläge der Allianz ist, aus amerikanischer Perspektive, der Rücktritt von Chuck Hagel. Denken Sie, dass die Luftangriffe der Allianz Ihnen helfen?
Bashar Al-Assad : Terrorismus kann nicht über die Luft zerstört werden. Ebenso können keine Erfolge erzielt werden, wenn sich die Bodenstreitkräfte, die sich mit den geographischen Gegebenheiten auskennen, nicht im Tandem mit den Luftangriffen bewegen. Aus diesem Grund gibt es nach den zweimonatigen Bombardierungen der Allianz keine spürbaren Ergebnisse am Boden. Und aus diesem Grund sage ich, dass die Luftschläge der Allianz uns nicht helfen. Wären diese Luftschläge ernsthaft und effektiv, dann würde ich sagen, dass uns dies durchaus hilft. Doch sind wir diejenigen, die ISIS am Boden bekämpfen. Und wir haben bisher keine Änderung festgestellt, insbesondere da die Türkei ihre Unterstützung für ISIS in diesen Regionen weiterhin ausbaut.
Paris Match: Am 14. Juli 2008 standen Sie am Präsidialpodium im Champs-Élysées am Rande des Mittelmeer-Gipfels. Heute sieht Sie die französische Regierung als Außenseiter an. Was halten Sie davon?
Bashar Al-Assad : Die guten Beziehungen, welche von 2008 bis 2011 ausgebaut worden sind, gingen nicht aus einer französischen Initiative hervor. Das Ganze hat zwei Seiten: die erste war ein amerikanischer Entwurf, um die französische Regierung dazu zu bewegen, die syrische Rolle zu beeinflussen. Die andere Seite war ein Ergebnis aus Katar, welches Frankreich dazu anregte, die Beziehungen zu Syrien zu verbessern. Somit hatten die guten Beziehungen zu Frankreich amerikanische und katarische Motive und waren kein Produkt eines unabhängigen Willens. Heute gibt es keinen Unterschied zwischen beiden Administrationen, also zwischen Sarkozy und Hollande. Beide sind nicht unabhängig.
Paris Match: Francois Hollande sieht Sie weiterhin als Gegner. Denken Sie, dass Sie die Beziehungen zu ihm in naher Zukunft wiederbeleben können?
Bashar Al-Assad: Diese Angelegenheit hat nichts mit persönlichen Beziehungen zu tun. Es hat etwas mit den Beziehungen zwischen Staaten und Institutionen zu tun, die die Interessen zweier Staaten abbilden. Falls eine französische Amtsperson, oder die französische Regierung, gegenseitige Interessen ersucht, dann werden wir damit umgehen. Jedoch handelt diese Administration gegensätzlich zu unseren Interessen der Bevölkerung und auch gegen die Interessen der Franzosen. Es macht für mich keinen Sinn, weswegen er mich als persönlichen Feind ansieht. Ich stehe mit Hollande in keinerlei Konkurrenz. Ich denke, dass Hollandes Gegner nun ISIS in Frankreich ist, denn seine Popularität ist ähnlich der ISIS.
Paris Match: Gibt es heute Chemiewaffen in Syrien, ja oder nein?
Bashar Al-Assad : Nein. Als wir dies ankündigten, war es eine klare Ankündigung. Unsere Entscheidung war final, als wir uns dazu entschlossen haben, alle chemischen Waffen zu zerstören.
Paris Match: Aber US-Außenminister John Kerry wirft Ihnen vor, dass Sie die Vereinbarung gebrochen haben, da Sie Chlor nutzten. Ist das wahr?
Bashar Al-Assad : Sie können Chlor in jedem syrischen Haushalt vorfinden. Jeder hat Chlor und jeder kann es nutzen. Jedoch haben wir es nicht genutzt, da wir traditionelle Waffen besitzen, die wesentlich effektiver sind, als Chlor es ist. Wie bekämpfen Terroristen. Und dazu nutzen wir traditionelle Waffen ohne dies zu verstecken oder uns dafür zu schämen. Somit brauchen wir kein Chlor. Diese Anschuldigungen überraschen uns nicht. Wann sagten die Amerikaner überhaupt etwas Wahres über die Krise in Syrien?
Paris Match: Haben Sie chemische Waffen genutzt?
Bashar Al-Assad : Wir haben diese Art von Waffen nicht genutzt, und hätten wir diese Waffen irgendwo eingesetzt, dann wären Zehn- oder sogar Hunderttausende von Menschen gestorben. Es ist unmöglich diese Waffen in dieser Art und Weise einzusetzen, um nur Ein- oder Zweihundert Menschen zu töten, wie es behauptet wurde. Insbesondere in diesen Regionen, in denen Hunderttausende oder sogar Millionen von Syrern leben.
Paris Match: Bei Ihrem letzten Besuch in Paris im November 2010 interviewte ich Ihre Frau, Asmaa Al-Assad. Vermissen Sie es, außerhalb der Grenzen Ihres Landes zu reisen?
Bashar Al-Assad : Das Reisen ist nicht eines meiner Hobbies. Meine Staatsbesuche waren kein Tourismus sondern Arbeit. Was ich wirklich vermisse ist das Syrien, wie es einst war. Das ist, was wir vermissen. Und natürlich vermissen wir die Existenz einer anderen Welt, eine Welt die für Logik und moralische Beziehungen steht. Zu dieser Zeit hatten wir großartige Erwartungen für die Entwicklungen unserer Region, auch für mehr intellektuelle Aufgeschlossenheit. Wir haben daran geglaubt, dass Frankreich mit seinem Kulturerbe diese Rolle im Nahen Osten gemeinsam mit Syrien einnehmen wird.
Paris Match: Ihre Frau sah sich als Botschafter der Modernität. Wie lebt sie nun in Syrien und was fühlt sie über die aktuellen Entwicklungen, die sie daran hindert, das Land zu verlassen?
Bashar Al-Assad : Sie fühlt Schmerz, wie alle Syrer. Beide von uns fühlen den Schmerz über die Zerstörung und das Blut, das wir in Syrien sehen. Wir sehen wie Syrien Jahrzehnte und nicht nur Jahre zurückgeworfen wurde. Es ist schmerzhaft das Land so zu sehen, welches zu den fünf sichersten Ländern der Welt gezählt hat und nun zu einem Zufluchtsort für Terroristen wird. Auch ist es für meine Frau und mich sehr schmerzhaft, anzusehen, zu was der Glauben an die Hilfe des Westens geführt hat. Das Gegenteil der versprochenen Entwicklung und Offenheit ist eingetreten. Und was noch schlimmer ist, ist anzusehen, dass der Westen Verbündete unter diesen mittelalterlichen Staaten im Golf hat, wie Saudi-Arabien und Katar.
Paris Match: Die Menschen beschreiben, dass Sie eine sehr enge Beziehung zu Ihren Kindern pflegen. Wie erklären Sie ihnen was mit Ihrem Land geschieht, wenn Sie abends nach Hause kommen?
Bashar Al-Assad: Natürlich, diese Diskussion findet in jedem syrischen Haushalt statt. Das schwierigste an dieser Diskussion ist der Umgang mit Kindern, wessen soziales Bewusstsein sich während der Krise entwickelt hat. Es werden dort generell zwei Basisfragen gestellt, nicht nur bei uns sondern in vielen Familien. Die erste Frage: Wie können Menschen, die glauben, dass sie Gott und den Islam verteidigen, andere Menschen töten und ermorden? Dies ist nicht einfach zu erklären und die Kinder fragen, ob diese Menschen wissen, dass sie falsch liegen. Die Antwort darauf ist, dass es Menschen gibt, die dies Wissen, aber die Religion dazu ausnutzen, um ihre privaten Zwecke zu erfüllen. Und dann gibt es die ignoranten Menschen, die nicht wissen, dass Religion gut ist. Sie denken stattdessen, dass Religion meint zu töten.
Die zweite Frage: Warum startet der Westen eine Aggression gegen uns und warum unterstützt er Terroristen und Zerstörung? Natürlich sagen sie nicht „der Westen“ im Allgemeinen. Sie nennen gewisse Länder, wie die Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien. Warum tun sie das? Haben wir etwas getan um sie zu verletzen? Ebenso erklären wir ihnen, dass Völker und Staaten etwas verschiedenes sind.
Autor und Übersetzung: Robin, Quelle: http://www.mahnwache-hamburg.de/2014/12/06/interview-mit-bashar-al-assad-praesident-von-syrien/
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