Tuesday, November 11, 2014

Mit Klassik und Rechtsbewusstsein wider den Ungeist des Opportunismus

Führende "Linke"  Politiker verurteilen pünktlich zum 25sten Jubiläum des Berliner Mauerfalls die  vermeintlich verbrecherische  Politik des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden. Sie verbeugen sich damit vor der Macht , in der trügerischen Hoffnung, sich auf solche Weise künftig einen Anteil an ihr zu erhaschen. Sie irren sich und ihr Irren zeitigt in Vergangenheit und Gegenwart verheerende Folgen.  Die lahmende Opposition gegen die fortschreitende Ausweitung der Kampfzonen, an deren  Unheil unser geeintes Vaterland völker- und grundgesetzwidrig beteiligt ist, ist nur die verhängnisvolle Spitze des Eisbergs.
Es ist daher unabdingbar, sich einer so charakterlos linken Haltung mutig und mit aller Entschiedenheit   zu widersetzen. Es ist gut, dass wir uns dabei auf völkerrechtliche Vorgaben, auf rechtsstaatliche Maximen und  auf  vernunftbegabte, weitsichtige  und gewichtige Stimmen der Vergangenheit und Gegenwart  auch aus dem bürgerlichen Lager stützen können.
So forderte der  große deutsche Dichter, der Literaturnobelpreisträger und  persönliche Freund von Franklin D. Roosevelt, Thomas Mann 1950 in einem Vortrag in Chicago:
"Die bürgerliche Revolution muss sich ins Ökonomische fortentwickeln und die liberale Demokratie zur sozialen werden. Jeder weiß das im Grunde. … Jeder vernünftige Mensch ist ein gemäßigter Sozialist."  Weiter meint Mann:
"Schon die Abkehr vom Aberglauben, man müsse über all in der Welt den Sozialismus niederhalten und  lieber sich mit dem Faschismus verbünden, als zuzulassen, dass irgendwo 'free enterprise'  Schaden nehme  - ich glaube, dass schon dies eine solche Veränderung der Atmosphäre mit sich bringen würde, dass dem russisch-amerikanischen Gegensatz viel, ja Entscheidendes  von seiner Schärfe  genommen wäre."
Thomas Mann war ein humanistisch gebildeter, ein lernfähiger Geist. Während er 1914 als deutscher Patriot noch mit dem intellektuellen Strom schwamm und  den Krieg guthieß, so distanzierte  er sich bereits 1923 vor  Münchner Studenten  klar und deutlich von seinen 1918 erschienenen "Betrachtungen eines Unpolitischen" und hielt ein kaum erwünschtes Plädoyer für die Republik.  Fünf  Jahre nach dem 2. Weltkrieg  und den  Atombombenabwürfen, als inzwischen  amerikanischer Staatsbürger, rief er leidenschaftlich :
"Aus der Tiefe der Menschenbrust löst sich heute der Schrei: Friede, um Gottes Willen Friede!"
Und weiter mahnt er seine jungen amerikanischen Zuhörer:
 "Das Bild des heißen  Krieges malt niemand sich aus. Dasjenige des kalten haben wir vor Augen und sehen, dass er zerstört, was er bewahren will: Die Demokratie. Denn sie unterliegt der Versuchung, den Teufel mit Beelzebub  auszutreiben und den Faschismus zum Weggefährten zu nehmen, ihn zu stützen und wieder großzuziehen."
Wie brennend aktuell sind diese Worte. Welch andere Stellungnahme in dieser Richtung   hätten wir von ehemaligen DDR -Bürgern und führenden Politikern einer Partei, die sich  'DIE LINKE' nennt ,zu dem unheilvollen Jahrestag der Deutschen erwarten müssen.
Was Thomas Mann und alle klassischen Autoren verbindet, ist das  altmodisch gewordene und  verpönte Ideal der Vernunft und des Humanismus. Er habe zu keiner Zeit "die Ehrfurcht vor der Idee, der höheren Berufung, der Würde des Menschen verleugnet", so Mann selbst im  obigen Vortrag "Meine Zeit" im Mai 1950.
Dessen ungeachtet wurde der Dichter, ganz anders als sein Zeit- und Leidensgenosse Brecht, niemals ein Parteigänger des Sozialismus, Er begründet seine Distanz mit dessen, wie er meint ,"prinzipiellen Unverhältnis zur Wahrheit", das ihm gegen seine tiefsten Instinkte gehe.
"Als Schriftsteller, als Psycholog, als Darsteller des Menschlichen bin ich der Wahrheit verschworen  und auf sie angewiesen. Ich liebe ihren Reiz, wie ich durchdrungen bin von ihrer Würde und von der Verächtlichkeit des Unwahren." 
Nun, so weit ist ihm bedingungslos zuzustimmen.
Wenn er aber nun ganz im Sinne der Totalitarismus-Theorie beide Systeme gleichsetzt und gar noch die eigene Erfahrung mit einem totalen Staat auf einen anderen,  ihm nur durch die deutsch-amerikanische Brille bekannten, überträgt, dann müssen wir aus heutiger Sicht Einspruch erheben. Allerdings gilt die Nachsicht, die wir einem  Thomas Mann immerhin entgegenbringen, der 1950 vor einem US-amerikanischen Publikum spricht,  und zwar kurz bevor sich die  antikommunistische Massenhysterie des McCarthyismus voll entfaltet hat, nicht für  die LINKS-Politiker unserer Tage. Sie gilt auch nicht für die naiv- unhistorisch auftretenden Schrifstteller-Kaste  der DDR, die mithalf die DDR zu Grabe zu tragen und schon gar nicht für das Versagen der heutigen Intelligenz gegenüber  dem Krieg und  dem schon gar nicht mehr schleichend daher kommendem Faschismus.
Der Feigheit des heutigen Geistes ist vielmehr mit Thomas Mann entgegenzutreten, der immerhin an obiger Stelle auch klar und deutlich zu verstehen gibt, wo seine Sympathien liegen:
" Ich möchte keinen Zweifel lassen an meiner Ehrerbietung, vor dem  … historischen Ereignis der Russischen Revolution. Sie hat in ihrem  Lande längst unmöglich gewordene, anachronistische Zustände beendet, ein zu 90% analphabetisches Volk intellektuell gehoben, das Lebensniveau der Massen unendlich menschlicher gestaltet. Sie ist die große Revolution nach der von 1789 und wird wie diese ihre Spuren hinterlassen in allem unmenschlichen Zusammenleben. Wenn nichts anderes mir für sie  Achtung geböte, so wäre es ihre unveränderliche Gegenstellung zum Faschismus italienischer oder deutscher Färbung - dieser rein reaktiven und läppischen Nachäffung des Bolschewismus, einer Afterrevolution ohne jede Beziehung zur Idee der Menschheit und ihrer Zukunft."  ...
"Wer wollte Russland, dem ewigen Russland, die Menschlichkeit absprechen."
"Zu viel verdanke ich ihnen von meiner Bildung", hatte einst Goethe seine "kalte Haltung" gegenüber den Befreiungskriegen  erklärt  und Thomas Mann fährt fort:
"Von meiner Bildung zuviel verdanke ich dem  russischen Gedanken, der russischen Seele, als dass die Machtpolitik es fertig brächte, mich zum Hass auf Russland zu bewegen, und was den Kommunismus betrifft, der mir fremd ist, der aber tiefe Wurzeln hat im russischen Menschentum, so war es erst gestern, dass die westliche Demokratie um ihr Leben zu wahren, mit dem russischen Kommunismus zusammenstand im Kriege gegen den Nazi-Fascismus. Heute glaubt man, die  Notwendigkeit, die letzten Erinnerungen an dieses Gestern als hochverräterisch auszutreten; und doch meine ich, dass aus dem Fortbestehen dieser Kampfgemeinschaft … für die Menschheit Großes und Gutes hätte erwachsen können …"
Thomas Manns Anliegen war und bleibt es für die Vermenschlichung des Menschengeschlechts zu wirken und so endet der  75igjährige seinen Vortrag  mit  einem zu uns Heutigen gesprochenen Appell:
So gönnt es den Menschengeschlechtern, die droben durchs Licht ziehen , dass ihr Los nicht Elend sei und die Schmach der Vertierung, sondern Friede und Freude.

Mit Klassik und Rechtsbewusstsein wider den Ungeist des Opportunismus

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