Wednesday, July 9, 2014

Wieder Angriffe auf GAZA im Schatten der WM

Offensive gegen Gaza

Israel startet Militäraktionen gegen das 2005 geräumte Gebiet. Wohnhäuser gezielt zerstört. Einsatz von Bodentruppen droht. Regierungspolitiker fordern Wiederbesetzung

Von Knut Mellenthin 09.07.2014  http://www.jungewelt.de/2014/07-09/059.php
Rauchsäulen und Flammen steigen am Dienstag nach einem isra
Rauchsäulen und Flammen steigen am Dienstag nach einem israelischen Luftangriff über der palästinensischen Stadt Rafah auf
Israel hat in der Nacht von Montag zu Dienstag eine neue Militäroperation gegen das palästinensische Gazagebiet begonnen. Der offizielle Name lautet auf hebräisch »Zuk Eitan«, was wörtlich »Fester Felsen« bedeutet. Die auch in Israel gebräuchliche, im Ausland allgemein verbreitete englische Bezeichnung »Protective Edge«, für die eine Vielzahl von Übersetzungen möglich ist, wie etwa »Schützende Begrenzung«, entspricht dem hebräischen Namen überhaupt nicht.

Welchen Umfang »Zuk Eitan« annehmen wird, war am Dienstag zunächst noch nicht zu erkennen. Anonyme israelische Militärquellen sprachen von einer »langen Operation«, die gerade erst begonnen habe. Das deutet darauf hin, daß Israel wieder einmal, wie zwischen Dezember 2008 und Januar 2009 und zuletzt im November 2012, den Einsatz von Bodenkräften im Gazastreifen plant. Während der Offensive 2008/2009 töteten die israelischen Streitkräfte mindestens 1400 Palästinenser, darunter zahlreiche Zivilisten. Die Militäraktionen im November 2012 hatten einen erheblich geringeren Umfang.

Israelische Truppen sind schon seit Tagen einsatzbereit an der Grenze zum Gazagebiet konzentriert. Die Streitkräfte gaben am Montag die Einberufung von 1500 Reservisten bekannt. Diese Zahl erscheint zwar niedrig, doch handelt es sich dabei großenteils nicht um einfache Soldaten, sondern um Führungskräfte. Mehrere Regierungsmitglieder haben sich in gewollt aggressiver Tonart öffentlich dafür ausgesprochen, das vor neun Jahren geräumte Gazagebiet zumindest vorübergehend wieder militärisch zu besetzen und, so wörtlich, »die Ställe auszumisten«. In diesem Sinn äußerten sich vor allem Außenminister Avigdor Lieberman und Geheimdienstminister Juval Steinitz. Dagegen schien Premier Benjamin Netanjahu am Dienstag zunächst noch die Entwicklung der Lage und die palästinensischen Reaktionen abwarten zu wollen.

Nach eigenen Angaben griff die israelische Luftwaffe am Montag und in der Nacht zum Dienstag 47 »Terrorziele« im Gazastreifen an. Drei weitere wurden von See aus beschossen. Mindestens 17 verletzte Palästinenser wurden in Krankenhäuser eingeliefert. Unter anderem zerstörten die Israelis vier Wohnhäuser, in denen angeblich »Hamas-Terroristen« gelebt hatten. Den Familien wurden nur wenige Minuten Zeit gelassen, vorher zu flüchten. In mehreren Fällen riefen israelische Dienststellen die Betroffenen an, um sie zu »warnen«. Es soll aber auch die traditionelle Methode des »Dachklopfens« angewendet worden sein. Dabei wird zunächst ein kleines Geschoß eingesetzt, um die Bewohner auf die kurz bevorstehende Vernichtung ihres Hauses aufmerksam zu machen. Die Luftangriffe sollen, so hieß es offiziell am Dienstag, auch in den nächsten Tagen fortgesetzt werden.

Die israelische Regierung rechtfertigt ihre Militäraktionen als »Selbstverteidigung« gegen Raketen aus dem Gazastreifen. Nach ihren Angaben wurden seit dem 12. Juni – an diesem Tag waren im besetzten Westjordanland drei jüdische Jugendliche entführt worden – bis zum frühen Dienstag rund 200 Raketen auf israelisches Territorium abgeschossen. Zu einem erheblichen Teil waren das allerdings Reaktionen auf die israelischen Luftangriffe, die schon in der Woche zuvor begonnen hatten. Die oft selbstgebastelten Raketen haben nur geringe Sprengkraft, eine kleine Reichweite und sind nicht steuerbar. Bei den Raketenschüssen der letzten Wochen wurde ein Israeli leicht verletzt.
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