Aus Sorge um den Frieden und mit Blick auf die
anhaltend kritische Lage in der und um die Ukraine wenden wir uns an
Bundesregierung, Parlament und Öffentlichkeit mit der dringenden
Bitte: Lassen Sie nicht zu, dass der Kampf um die Ukraine zu einem
Stellvertreterkrieg zwischen „dem Westen“ und Russland eskaliert!
Hundert Jahre nach Beginn des 1. Weltkrieges befindet
sich die Welt in einer selbstverschuldeten gefährlichen Lage, in der
sogar mit der Möglichkeit eines erneuten globalen Krieges
gespielt wird. Es ist höchste Zeit, dass alle Menschen,
die guten Willens und am Frieden interessiert sind, dem
verantwortungslosen Kampf um Einflusssphären, Gaspipelines und
geostrategische Positionen Einhalt gebieten. Wirtschaftssanktionen
und andere „Strafmaßnahmen“ der USA, der EU und Deutschlands
gegenüber Russland sind ein untaugliches Mittel zur Deeskalation,
zumal der Westen selbst nicht in der Lage oder Willens ist, seine
Verbündeten in der Kiewer „Übergangsregierung“ zur Einhaltung
der ausgehandelten Verträge, zuletzt der Genfer Vereinbarung, zu
bewegen. Sanktionen versperren den Weg zu Gesprächen und
Kompromissen und wirken somit krisenverschärfend.
In der Pariser Grundakte über Gegenseitige
Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen NATO und Russland vom Mai 1997
haben sich beide Seiten verpflichtet, „gemeinsam im
euro-atlantischen Raum einen dauerhaften und umfassenden Frieden“
zu schaffen. „Die NATO und Russland betrachten einander nicht als
Gegner. Sie verfolgen gemeinsam das Ziel, die Spuren der früheren
Konfrontation und Konkurrenz zu beseitigen“, heißt es dort. Beide
Seiten strebten „ein Europa ohne Trennlinien oder Einflusssphären“
an, die die Souveränität irgendeines Staates einschränken.
„Ungelöste Gebietsstreitigkeiten, die eine Bedrohung für unser
aller Frieden, Wohlstand und Stabilität darstellen“, sowie andere
„Meinungsverschiedenheiten“ sollten auf der Grundlage des
„gegenseitigen Respekts im Rahmen politischer Konsultationen“
beigelegt werden.
Zwei Jahre später öffnete die Nato mit ihrem ohne
UN-Mandat und gegen den russischen Willen geführten Krieg gegen
Serbien die Büchse der Pandora. Auch die vom Westen geführten
Kriege in Afghanistan, Irak und Libyen haben - bei katastrophalen
Opfern unter der einheimischen Zivilbevölkerung - ihre
selbstgesteckten Ziele gründlich verfehlt. Kriege lösen keine
Probleme - ein weiterer Beweis dafür ist mehr als entbehrlich.
Die hemmungslose
Osterweiterung der NATO, die seit Jahren über ihre Grenzen
hinausgreift und zur Ukraine enge Beziehungen aufbaut, ist nicht von
dem Russland zugesagten Respekt getragen. In der
Pariser „Grundakte“ wurde noch lobend hervorgehoben, dass
Russland „tiefe Einschnitte in seine Streitkräfte vorgenommen“
und „in beispielloser Weise Truppen aus den Ländern Mittel- und
Osteuropas sowie den baltischen Staaten abgezogen“ habe. Aber das
tat Russland doch nicht, damit die NATO nun ihrerseits sich in diesen
Ländern festsetzt und ihre Grenzen bis unmittelbar an die Russische
Föderation ausdehnt!
Wie der Website von Jazenjuks Stiftung „Open
Ukraine“ zu entnehmen ist, haben das US-Außenministerium und die
Nato seit Jahren Aktivitäten finanziert, die der ökonomischen und
militärischen Annäherung an den Westen dienten. Vor diesem
Hintergrund sind die Vorgänge um die Krim mit Vorwürfen wie den
Begriffen „Annexion“ oder „Invasion“ an die Adresse Moskaus
nicht hinreichend beschrieben. Statt die Ukraine in unlösbare
Alternativen zwischen Eurasischer Union und Europäischer Union zu
treiben und sich mit gegenseitigen Schuldzuweisungen zu
überbieten, sollten beide Seiten und alle um den Frieden Besorgten
neu darüber nachdenken, wie in der heutigen Staatenwelt vermehrt
auftretende Spannungsverhältnisse zwischen der territorialen
Unverletzlichkeit von Staaten und dem Selbstbestimmungsrecht von
Bevölkerungen und Minderheiten friedlich zu lösen sind.
Hören wir auf, ständig an der Ukraine
herumzuzerren! Niemand ist berechtigt, sein Gesellschaftsmodell
anderen Staaten zu oktroyieren. Es kann nicht hingenommen werden,
dass sich eine Politik zugunsten von reichen Minderheiten auf Kosten
einer dramatischen sozialen Spaltung der Weltbevölkerung ausweitet.
Es wäre ein Verbrechen, dafür den Weltfrieden zu gefährden. Wehren
wir uns, bevor es erneut zu spät ist!
Von der Bundesregierung verlangen wir, dass sie eine
Politik zum Abbau der aufgebauten Spannungen und zur Deeskalation der
militärischen Konfrontation betreibt. Wir setzen
auf gemeinsame
Sicherheit: In den
internationalen Beziehungen, insbesondere in den historisch so
belasteten Beziehungen zwischen dem Westen und Russland, müssen die
berechtigten Sicherheitsinteressen aller Staaten des „gemeinsamen
Hauses Europa“ Berücksichtigung finden.
Wir fordern von Politik und Medien,
die Nato-Staaten und Russland daran zu messen, wie sie die von beiden
Seiten unterzeichnete Pariser Grundakte einhalten. Die Verantwortung
der Medien liegt in sachgerechter Berichterstattung und rhetorischer
Abrüstung. Der Rückfall in alte Feindbilder schürt den überwunden
geglaubten Kalten Krieg.
Wir fordern den Stopp von
ökonomischen "Strafmaßnahmen", die letztlich auf
Kosten der Lebensbedingungen der Völker gehen und nicht nur in der
Ukraine Rechtsextremen in die Hände arbeiten.
Wir fordern alle diplomatischen
Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Konflikte in der Ukraine zu
lösen. Die baldige Einberufung einer europäischen
Sicherheitskonferenz unter Einbeziehung der Konfliktparteien könnte
deeskalierend wirken und Vertrauen schaffen.
Für Gemeinsame
Sicherheit statt Konfrontation
Unterzeichner/innen:
Dr. Rudolph Bauer, Bremen, Prof.
i.R.
Rolf Becker, Hamburg, Schauspieler
Prof. Dr. Klaus-Jürgen Bruder, Berlin, Psychologe
Daniela Dahn, Berlin, Schriftstellerin
Kai Ehlers, Hamburg, Autor und Journalist
Willi Gerns, Bremen, Journalist
Lühr Henken, Berlin, Frriedensaktivist
Prof. Dr. Arno Klönne, Paderborn, Sozialwissenschaftler
Reinhard Lauterbach, Berlin, Redakteur
Prof. Dr. Norman Paech, Hamburg, Völkerrechtler
Gerhard Schäfer, Berlin, Sozialwissenschaftler
Dr. Ulrich Schneider, Kassel, Historiker
Ingo Schulze, Berlin, Schriftsteller
Eckart Spoo, Berlin, Journalist
Dr. Peter Strutynski, Kassel, Friedensforscher und –aktivist
Prof. Dr. Jörg Wollenberg, Bremen, Historiker
Rolf Becker, Hamburg, Schauspieler
Prof. Dr. Klaus-Jürgen Bruder, Berlin, Psychologe
Daniela Dahn, Berlin, Schriftstellerin
Kai Ehlers, Hamburg, Autor und Journalist
Willi Gerns, Bremen, Journalist
Lühr Henken, Berlin, Frriedensaktivist
Prof. Dr. Arno Klönne, Paderborn, Sozialwissenschaftler
Reinhard Lauterbach, Berlin, Redakteur
Prof. Dr. Norman Paech, Hamburg, Völkerrechtler
Gerhard Schäfer, Berlin, Sozialwissenschaftler
Dr. Ulrich Schneider, Kassel, Historiker
Ingo Schulze, Berlin, Schriftsteller
Eckart Spoo, Berlin, Journalist
Dr. Peter Strutynski, Kassel, Friedensforscher und –aktivist
Prof. Dr. Jörg Wollenberg, Bremen, Historiker
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