Die hohe Wahlbeteiligung, der hohe Stimmanteil für die CDU-geführte Regierung Merkel, das schwache Abschneiden der LINKEN dürfen uns nicht niederschmettern und auch nicht völlig an der Klugheit unseres Volkes zweifeln lassen. Man muss auch nicht unbedingt mit der Tageszeitung 'Junge Welt' schlussfolgern: "80% für die Kriegsparteien!"
Wenngleich objektiv betrachtet SPD und Grüne genauso kriegsbefürwortende Parteien sind wie die CDU/CSU, so wird das eben leider in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen. Die Menschen wählen nach ihrem sozialen Empfinden. Alle Umfragen zeigen aber, dass es klare Mehrheiten gegen Auslandseinsätze und Kriegsbeteiligung gibt. Sehr deutlich wird die Anti-Kriegsoption selbst bei der Direkt-Wahl des Grünen Christian Ströbele im Berliner Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain, der als 'Antikriegs-Kandidat' im Bewusstsein der Wähler verankert ist.
Die 'Dennoch-Stimmen' für die LINKEN wurden für diese Partei trotz ihrer neoliberalen Politik im Falle einer Regierungsbeteiligung und trotz ihres viel zu schwachen, halbherzigen Antikriegs-Kurses abgegeben. LINKE-Stimmen sind subjektiv gewollte Stimmen gegen Krieg und Sozialabbau. Es sind leider auch Sympathiestimmen für so unterschiedliche, ja gegensätzliche Kandidaten wie Sara Wagenknecht und Gregor Gysi.
Das in Anbetracht der Verhältnisse insgesamt viel zu schwache Abschneiden der gesamten Linken ist ihrer sozial- und außenpolitischen Halbherzigkeit zu verdanken. Stimmen für die Linke sind deswegen 'Dennoch-Stimmen' und es sind Stimmen für einen Politikwandel.
Der offen Neoliberale und GAZA-Kriegsbefürworter Klaus Lederer wurde als Direktkandidat im 'Roten Osten' abgelehnt. Ein Zeichen immerhin.
Machen wir uns darüber hinaus bewusst, wie massiv und konkurrenzlos die Wahlpropaganda für Merkel war. Ihr Sieg wurde ja als unaufhaltsam prognostiziert, seit Monaten schon. Und trotzdem hat sie nicht wirklich gewonnen. Sie braucht einen neuen Partner. Sie steht erst einmal allein da.
Wenn SPD und Grüne wirklich 'Rot-Grün' wären und nicht 'Schwarz-Gelb' zuneigten, könnten sie zusammen ein Gegengewicht bilden. Wenn diese Parteien ihrer ursprünglichen Tradition verpflichtet wären und wenn sie gemäß ihren Gründer-Werten sozial, umwelt- und friedensbewusst handeln würden, dann gäbe es keine Merkel geführte Regierung, sondern eine Dreierkoalition: Rosa-Rot-Grün.
Das ist aber natürlich beim Stand der Dinge illusorisch, entspräche aber durchaus dem Wählerwillen.
Erstaunlich bleibt gleichwohl die hohe Wahlbeteiligung. Allerdings gilt nicht zu wählen und damit dem System die Legitimationsgrundlage zu entziehen, den meisten mündigen Bürgern als unpolitisch und verantwortungslos. Die massive Kampagne gegen die Nichtwähler tat ihr übriges. Die Menschen wollen eben irgendwie doch Verantwortung übernehmen. Eine massenmediale Pseudopolitisierung und Verwirrungsstrategie machte die Menschen orientierungslos. Das schlägt sich im Wahlergebnis nieder. Die hohe Wahlbeteiligung muss also vor allem als Sehnsucht nach Stabilität und damit auch nach Frieden gedeutet werden.
Erfreulich bleibt, dass die gefühlten Linksstimmen die Mehrheit haben. (SPD/Die Linke/ die Grünen). Eine echte Alternative stand ja eben nicht zur Wahl, ist derzeit auch nicht erkennbar.
Nicht verwunderlich ist daher auch der hohe Stimmanteil für die brandneue, bieder auftretende rechte AfD. Die Mehrheit ihrer Wähler sind Protestwähler, auch wenn die "Alternative für Deutschland" keine ist, sondern eine noch radikalere Variante des Gegenwärtigen, das nach deutscher Alleinherrschaft strebt, wie ehedem.
Als positiv ist zu verbuchen, dass das zumindest das Herz der Berliner links schlägt. Ihren Einspruch gegen die Kriegspolitik der Regierung trugen sie an die Urne. In Kreuzberg - Friedrichshain siegt trotz seines Alters zum vierten Mal in Folge Christian Ströbele, ein zumindest gefühlter Anti-Kriegskandidat. Im Osten wählen über 30 Prozent die LINKE, in ganz Berlin immerhin auch noch über 19 Prozent, und das trotz der schlechten Politik der Linken als ehemaliges Regierungsmitglied in der Hauptstadt. Das ist ein deutliches Antikriegsbekenntnis, wenngleich sich dieses dank der haarsträubenden Haltung sämtlicher offiziöser Berliner "Friedenszirkel" nicht in politisches Handeln umsetzen kann.
Friedenskräfte müssen endlich sehen, auf welche unheilvolle Weise die Gegner einer am Völkerrecht orientierten Friedenspolitik gerade in der Hauptstadt ihre Schwerpunkte setzen. Bis dato gelang es ihnen unerkannt jedes nach außen wirksam werdende Anti-Kriegsengagement nachhaltig zu lähmen. Erkenntnis ist aber der erste Schritt für eine echte friedenpolitische Weichenstellung, die über den Schritt zur Wahlurne hinaus wirksam werden kann.
Ein Ausdruck der Verblendung ist letztlich doch der über 40% Anteil der abgegebenen Wählerstimmen bundesweit für die CDU/CSU. Erklärbar ist er aber durch die generelle, gezielt betriebene Entpolitisierung, den Muttchen-Streuselkuchen Merkel-Effekt und die tiefsitzende und begreifliche bürgerliche Sehnsucht nach Stabilität. Diese ist aber kurzsichtig und in der Folge verhängnisschwanger.
Trotz alledem hat sich doch nur ein rundes Drittel der bundesweiten Wählerschaft für die Merkel-Union ausgesprochen. Das ist natürlich aus friedenspolitischer Perspektive viel zu viel. Es ist aber weit entfernt vom Wunschergebnis des militärisch-industriellen Komplexes. Frau Merkel hat alleine keine Mehrheit, Sie braucht einen Königsmacher.
Realistischer Weise müssen wir allerdings auch erkennen. Es gibt derzeit in Deutschland keine wirkliche alternative politische Kraft. Die "Alternative für Deutschland" ist ganz und gar keine.
Bedauerlicher Weise würden wir auch mit Rosa-Rot-Grün das selbe Politikergebnis erhalten. Das ist so, weil die SPD schon lange nur noch nach der Macht schielt und schon lange ihre Wurzeln in der Arbeiterbewegung gekappt hat. Das ist so, weil spätestens seit Joschka Fischer als Außenminister die GRÜNEN Kriegspartei sind. Das ist so, weil auch die LINKEN nach der Macht schielen. Auch sie sind bereit, sich um den Preis der Selbstverleugnung anzupassen, trotz des damit drohenden Verlusts ihrer sozialen Basis. Ihr Führungspersonal ist bereit sich anzupassen an die 'staatstragende' SPD und gegebenenfalls auch an die GRÜNEN. Eine desaströse Situation also. Der obige Weg führt eben in eine eine Sackgasse.
Für eine echte Alternative brauchen wir einen sehr langen Atem und müssen Kraft und vorerst auch die nötige Hoffnung schöpfen aus den internationalen tektonischen Verschiebungen.
De facto fühlen sich jetzt die Kriegsparteien im Aufwind. Dem müssen wir uns nach Kräften widersetzen, nach der Wahl um so entschiedener.
Eine Hilfeleistung dafür bietet der neue Rundbrief des "Arbeitskreises für Friedenspolitik" mit Schwerpunkt Syrien. Er kann bestellt werden bei: Rudolf-Andreas Palmer, Gardeschützenweg 27/29, 12203 Berlin
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