Schon wieder: Von der Leyen will mit Russland aus „Position der Stärke“ umgehen – Kommentar
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Die von den Staats- und Regierungschefs umjubelte mögliche Juncker-Nachfolgerin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch beim Auftritt im EU-Parlament erneut betont, mit Russland aus der „Position der Stärke“ sprechen zu wollen. Damit demonstriert sie eine beneidenswerte Prinzipientreue, die schon einmal für Diskussionen sorgte.
„Ich bin Europäerin mit Herz und Überzeugung“, sagte die deutsche Noch-Verteidigungsministerin, als sie sich zum ersten Mal seit ihrer Nominierung für die Präsidentin der EU-Kommission an die Presse in Brüssel wandte. „European by heart“, steht nun in Englisch auf ihrer Twitter-Seite, wo zuvor „Europäerin und Transatlantikerin“ geschrieben war. Auf die Frage, ob es Zeit für eine Neuausrichtung der Beziehungen zu Russland sei, antwortete sie: „Russland ist unser Nachbar und wird unser Nachbar bleiben, Punkt. Der Kreml verzeiht keine Schwäche. Aus einer Position der Stärke, die wir in den letzten Jahren aufgebaut haben, können wir jederzeit in den Dialog treten.“
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Eine Prinzipientreue, die einen schon staunen lässt. Denn eigentlich war es gerade der noch amtierende Präsident Juncker, der sich Ende April gegenüber der holländischen Zeitung „Trouw“ für eine Position der Gleichgestellten im Umgang mit Russland ausgesprochen hatte: Europa und Russland sollten die Rhetorik des Kalten Krieges eigentlich wegschieben.
„Wir müssen lernen, mit den Russen gleichberechtigt zu sprechen. Russland ist ein wichtiger Akteur, und ohne es kann es keine Sicherheitsagenda für Europa geben“, so Juncker.
Er bemängelte, dass Ex-US-Präsident Barack Obama Russland einmal als eine regionale Macht pur bezeichnet hatte, und erinnerte daran, dass die Europäer sich oft für die Herren der Welt halten würden, obwohl sie nur ein kleiner Teil des Universums seien.
Geht Sprache der Ultimaten mit Russland?
Ursula von der Leyen aber bleibt bei einer ganz anderen Meinung – und das schon seit langem. Auch während des Nato-Gipfels in Warschau im Sommer 2016 betonte sie, aus einer „Position der Stärke“ lasse sich besser mit Moskau sprechen. Dies fordert sie seit der Ukraine-Krise. Schon damals war sie für mehr Engagement vonseiten der Nato und die Modernisierung des mächtigen Militärbündnisses eingetreten. Sie betonte auch immer wieder, dass die „östlichen Partner Schutz vor Russland erwarteten“.
Eine „Position der Stärke“ wird in Russland offenbar eindeutig verstanden. 2016 sagte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, nach allem, was Deutschland Russland angetan habe, sollte Von der Leyen noch 200 Jahre lang nichts zu diesem Thema sagen. Er schlug Berlin auch vor, über die Geschichte nachzudenken. Als der US-Botschafter in Moskau, Jon Huntsman, 2018 im Interview mit „Deseret News“ über die „Inkulanz“ der Russen staunte, meinte er, dass er die von US-Präsident gewünschten Bedingungen rund um die Atomwaffen nicht durchsetzen konnte. Der erste stellvertretende Leiter des Verteidigungsausschusses der russischen Duma, Alexander Scherin, kommentierte damals gegenüber der Presse: „Die Arroganz und Ungenauigkeit, mit denen die USA den Ländern ihre Bedingungen vorschreiben, ist schon bemerkenswert.“
Die Russische Föderation sei kein Land, mit dem man die Sprache der Ultimaten sprechen kann. Mit Russland könne man schon lange nicht mehr aus einer Position der Stärke reden. Huntsman lebe von den Stereotypen der neunziger Jahre.
Sympathien der baltischen Staaten
Ursula von der Leyen war übrigens diejenige, die im April 2019 vor einer Reise in die USA die Union aufgerufen hatte, „mit langem Atem“ für eine weitere Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben zu streiten. Ihre Stärke-Rhetorik entspricht wohl auch der der baltischen Staaten: Auch Estlands Außenminister Sven Mikser sprach 2018 gegenüber der australischen Zeitung „The Sydney Morning Herald“, Russland könne man nur aus der Position der Stärke und der Macht etwas entgegensetzen.
Der Nato-Expansionskurs in den Osten brachte ihr offenbar auch die Sympathien der baltischen Staaten ein, die auf dem EU-Gipfel von der Leyen entschlossen unterstützen. „Wir kennen die deutsche Verteidigungsministerin gut, und sie ist gut für Litauen und hat sehr zur Entstehung eines von Deutschland angeführten Bataillons beigetragen“, sagte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite der Agentur BNS zufolge nach dem EU-Gipfel. Unter Von der Leyen erhielt Deutschland das Kommando für den Panzeraufmarsch in Litauen – deutsche Panzer stehen damit erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg auf dem ehemaligen Territorium der Sowjetunion.
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