Der Einzelne ist nicht nur
Produkt seiner ihn prägenden Umwelt! Er gestaltete diese auch aktiv
mit, er verändert sie. Die von mir im letzten Schreiben zitierten geschichtsträchtigen Persönlichkeiten von Allende über
Castro bis Ghaddafi haben einen enormen Fußabdruck hinterlassen, ihr
Denken und Handeln ist wirksam bis über ihren Tod hinaus.Vielleicht
hat sogar der absichtlich herbeigeführte, tragische Tod einiger
unter ihnen, ihren Einfluss auf andere Menschen, ihren Einfluss auf
den Lauf der Geschichte potenziert. Solche ganz wesentlichen,
dynamischen Prozesse, die widerspruchsvolle Interaktion zwischen
Einzelnem etwa und Gesellschaft kann die bürgerliche Systemtheorie
nicht erfassen. Dies gesagt, erhebe ich aber keine grundsätzlichen
Einwände gegen Denken in systemischen Zusammenhängen, gegen eine
Betrachtungsweise, die die Interaktivität und das Zusammenspiel
aller mit allen in den Blick nimmt. Ganz im Gegenteil.
In meiner Betrachtungsweise sind
allerdings die Kollektive, auch große Kollektive nicht von den noch
herrschenden Mächtigen allerorten abhängig, sondern umgekehrt wird
ein Schuh draus. Das Problem ist ein Mangel an Erkenntnis und
Einsichtsfähigkeit in diese unumstößliche Tatsache. Es herrscht in
unserem Kulturkreis insgesamt ein Denken vor, das die wirkliche
Abhängigkeit der noch Mächtigen von ihren Völkern,
die ja lange von der kolonialen Ausbeutung erheblich mit profitiert
haben, negiert. Genauso wird die Tatsache unserer Abhängigkeit von
den unter der neokolonialen Knute stehenden Nationen des Südens von
deren Haut wir uns ernähren, auf deren Knochen unser Luxusleben
ruht, nicht in de nBlick genommen, sondern schlicht ausgeblendet oder
negiert. Die Widersprüche treiben die Entwicklung aber auch gegen
ein noch verharrendes Bewusstsein voran. Wenn ein bestimmter Grad an
Unterdrückung zunimmt, wie es etwa global gesprochen sich im
Nord-Süd-Gefälle ausrückt, dann wächst auch der kollektive Unmut,
dann wächst die Kraft zu kollekktiver Gegenwehr. Dann sprießen
auch Gedanken, die den Funken des Widerstandes zünden. Der eindeutig
im historischen Niedergang befindliche Kapitalismus in seinem
imperialistischen Stadium hat Gier und Eigennutz in der Tat als die
ihn treibenden Impulse zur Hypertrophie entwickelt, aber das heißt
noch lange nicht, dass diese mißgebildeten Charaktereigenschaften
das Wesen des Menschen ausmachen, ganz im Gegenteil. Der Mensch ist
von seiner Natur aus ein Gemeinschaftswesen und auf Zusammenarbeit
angewiesen. Keiner kann ohne den anderen existieren. Schöpfertum ist
dem Menschen eigen. Er ist begabt dafür, für alle auftretenden
Probleme Lösungen zu finden!!! Also kann er auch den ihn und seine
basialen Bedürfnisse negierenden Kapitalismus überwinden, den er ja
selber hervorgebracht hat. Quod erat demonstrandum, siehe
Sowjetrussland, siehe China, siehe Kuba, siehe Nordkorea, das wie
ein Phoenix wieder aus der Asche der völligen Zerstörung
aufgetaucht ist, siehe Vietnam das sich einigermaßen aus kolonialer
Unabhängigkeit befreit hat, siehe den Iran, dem dasselbe geglückt
ist, siehe alle die Bestrebungen in Lateinamerika, dessen Völker
nicht gewillt sind, sich dem US-imperialistischen Joch zu beugen.
Solche Befreiungsprozesse dauern natürlich lange und sie werden
nur möglich durch kollektive Zusammenarbeit! Völker, die ihre
eigene nationale Identität bewahrt haben, die ihre Kultur für wert
erachten, die können sich wehren. Ein Vorzeigebeispiel dafür ist
heute Syrien. Selbst das geknebelte und geknechtete palästinensische
Volk, das nach 70 Jahre währender Unterdrückung seine nationale
Identität nicht preisgegeben hat, das sich immer noch gegen Goliath
in Davids-Gewande zur Wehr setzt, mag uns dies vor Augen führen.
Hoffnungsvoll kann natürlich nur derjenige die gegenwärtig
ablaufenden kolossalen Veränderungsprozesse wahrnehmen, der ohne
Furcht, vorurteilsfrei auf die großen geschichtsbildenden Nationen
China, Russland, Iran und letztlich auch Lateinamerika blickt. Nur
der vermag nämlich zu schauen, welch positiven Beitrag diese Völker
nicht nur für ihre eigenen Nationen, sondern für die ganze Erde
gegenwärtig erbringen. Allen voran hat das kommunistisch geführte
China mit dem völkerverbindenden Infrastrukturinvestitionsprojekt
der Neuen Seidenstraße eine positive Vision, die allen zugute kommt,
eine Win-Win-Win Idee.
Der bürgerliche Mensch in seiner
Beschränktheit auf die eigenen Stadtmauern ist nicht der Mensch an
sich, auch nicht der Mensch der Zukunft. Er ist unfrei, ein Produkt
der bürgerlichen, der kapitalistischen Gesellschaft und als solcher
denkt er. Aber Menschen sind eben Menschen, weil sie in der Lage
sind, sich aus solcher vorgestanzten Prägung zu befreien. Das ist
so, weil als einzige Spezies mit Vernunft begabt und mit
schöpferischen Kräften ausgestattet sind. Trotz aller Gehirnwäsche
gelingt es daher immer wieder einzelnen sich aus vorgestanzter
Mentalumklammerung zu befreien.
Natürlich gibt es Menschenmassen, wie
es auch den Masse-Menschen gibt, aber die bürgerliche
Friedensbewegung, die Kirchentage oder auch johlende, zu
Gewaltexzessen neigende Fußballzuschauergemeinden und andere
Menschenansammlungen großen Stils sind nicht zu verwechseln mit
Streik-Versammlungen etwa oder mit den Menschenmassen auf den großen
Demos gegen die Kriegsgefahr. Dort gibt es Bewegung von unten und
viel kreative Lebendigkeit, dort ist das Potential zu echter
Veränderung. Ich habe noch keine rauschhafte Friedensdemo
erlebt, sondern mich immer wieder über die kreativen Spruchbanner
und die interessanten Begegnungen mit den unterschiedlichsten,
ungewöhnlichsten Menschen dort gefreut.
Natürlich wissen die Herrschenden um
dieses Potential sehr genau Bescheid, weswegen sie auch ihre Agenten
dort ansetzen, Führungskräfte einkaufen und sich allerlei einfallen
lassen um dieses zu immunisieren. Aber auf Dauer wird ihnen das eben
nichts helfen. Der Niedergang des US-Imperialismus beschleunigt sich
gerade im Turbotempo. Im gleichen Tempo erstarken die
hoffnungsstiftenden Gegenkräfte. Wer sich natürlich nicht auf diese
in konstruktiver Weise zu beziehen vermag, weil sie zum erklärten
Feindbildarsenal gehören, der ist verloren, schwankt wie ein Rohr
imWind, sieht nur schwarz, bringt sich am Ende um, weil er die
Katastrophe heraufziehen sieht und stiftet ein sehr schlechtes
Vorbild
Dort wo keine Hoffnung ist, ist kein
lebendiges, kein dynamisches Denken am Werk, ist keine Zukunft. Die
rechten Scheinalternativen sind auch deswegen keine, weil sie am
Alten klammern und meinen, sie könnten das Alte beibehalten und
bessern. Trotzdem ist es freilich absurdes Affentheater, wenn dauernd
gegen die Faschismusgefahr von Rechts getrommelt wird. Der Faschismus
hat seine Keim-Zellen woanders und es wird viel Zeit, viel Analyse-
und Aufklärungsarbeit notwendig sein, um diese Zellen schadlos zu
machen und am Ende auszumerzen. von Irene Eckert
Irene Eckert
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