Tuesday, January 23, 2018

Parteivorsitzende der Linken Kipping gibt Russland Hauptschuld an türkischer Invasion in Arfin


23.01.2018 • 15:41 Uhr

Parteivorsitzende der Linken Kipping gibt Russland Hauptschuld an türkischer Invasion in Arfin
Türkische Soldaten auf ihren Leopard-Panzern aus deutscher Produktion in der Nähe der türkisch-syrischen Grenze in der Provinz Hatay, 23. Januar 2018
Wann immer etwas gegen die eigenen Wunschvorstellungen läuft, ist heute "der Russe schuld". Diese bequeme Binsenwahrheit hat sich von Washington über Paris, London und Berlin inzwischen auch in der Führungsspitze der deutschen Linkspartei herumgesprochen. 
Vor allem in Kreisen der "Linken", wo es traditionell zahlreiche Unterstützer der YPG-Kurden gibt, verfolgt man die Invasion der türkischen Armee in die von Kämpfern der YPG besetzte nordsyrische Region um die Stadt Afrin mit großer Anteilnahme, auch die Rolle Russlands. Diese hat jedoch lediglich darin bestanden, dass sich Moskau seit Wochen in vielen Gesprächen mit allen Parteien vergeblich darum bemüht hat, eine diplomatische Lösung zu finden.
Die Führung der YPG hatte es selbst in der Hand, über die angebotene diplomatische Brücke zu gehen und die türkische Invasion abzuwenden. Aus Hochmut, Verblendung und in der Annahme, jetzt auf der Siegerseite zu stehen, wies sie alle Kompromissvorschläge zurück. Daraufhin zogen die Russen kurz vor der türkischen Invasion ihre Unterhändler aus der Region Afrin zurück.
Nun verbreitete die Vorstandsvorsitzende der Partei "Die Linke", Katja Kipping, über Twitter die Nachricht, in der sie an erster Stelle ausgerechnet Russland des "Verrats" an den YPG-Kurden bezichtigt und Russland als vermeintlichen Hauptschuldigen für die Tragödie in Afrin als einziges Land beim Namen nannte.
Unter den Kommentaren auf diese Twitter-Nachricht von Kipping findet sich jedoch bereits der Hinweis, dass die russischen Bemühungen an der Sturheit der YPG-Führung gescheitert sind. Dort heißt es in der sehr einseitigen Erklärung des hochrangigen Vertreters der YPG-Kurden, Aldar Xelil:
Gestern hat uns Russland gebeten, unsere Region dem syrischen Regime auszuhändigen. Das haben wir nicht akzeptiert. Wir werden unser Territorium nicht übergeben. Wir werden alle unsere Gebiete verteidigen.
Was aber ist tatsächlich in Afrin geschehen? Alles hat damit zu tun, dass die USA ihre Strategie, Syrien aufzuteilen, doch noch nicht aufgegeben haben. Dazu wollen sie die von YPG-Kurden kontrollierten syrischen Gebiete, einschließlich der Enklave Afrin, von Damaskus abspalten. Diesbezüglich hatte Washington bereits offiziell angekündigt, eine 30.000 Mann starke, mit modernen Waffen ausgestattete YPG-Armee aufzubauen. Zugleich sollte diese YPG-Armee laut jüngsten US-Erklärungen auch zum Regime-Wechsel in Damaskus eingesetzt werden, auf den die Interventionisten in Washington offensichtlich immer noch nicht verzichten wollen.
Muss nicht lange überlegen, im Zweifelsfall ist der Russe schuld: Die Vorsitzende der Linkspartei Katja Kipping

YPG vertraute den USA – Erdogan nicht

Die Türkei sah jedoch in dem US-Vorhaben einer modernen YPG-Armee an ihren Grenzen eine nicht hinnehmbare sicherheitspolitische Herausforderung, denn für Ankara ist die YPG nichts anderes als eine Terrororganisation. Die US-Argumente, dass sich die YPG unter US-Aufsicht nicht gegen türkische Interessen wenden würde, konnten Ankara nicht beruhigen. Nicht zu Unrecht fürchtet die Türkei angesichts der geostrategischen Spielchen der USA um ihre eigene territoriale Integrität.
Mit der Türkei verbündete FSA-Kämpfer.
Da der NATO-Verbündete USA nicht von seinem Plan ablassen wollte, wurde die Invasion der Türkei in die YPG-Regionen immer unausweichlicher. Ankara ist fest entschlossen, das US-Projekt einer hochgerüsteten YPG-Armee entlang der türkischen Grenze bereits im Keim zu ersticken. Dafür scheint Präsident Erdogan sogar bereit, sich auf einen Konflikt mit dort stationierten US-Soldaten einzulassen, falls diese sich in Afrin der türkischen Offensive in den Weg stellen.
Und warum sind nun die Russen schuld? Obwohl die Führung der YPG sich dem Bündnis des Westens und seiner Verbündeten gegen das syrische Volk und dessen rechtmäßige Regierung angeschlossen hatte, hat sich die russische Regierung von Anfang auch in Afrin um eine friedliche Lösung bemüht. Es gab mehrere Geheimtreffen russischer Diplomaten mit Führern der syrischen YPG-Kurden, aber auch mit den Türken.
Um eine drohende Offensive der Türkei auf Nordsyrien abzuwenden, brachten die Russen den mit Ankara abgestimmten Vorschlag aufs Tapet, die Grenze von Afrin zur Türkei durch syrische und russische Truppen sichern zu lassen. Das hätte die US-Pläne für eine YPG-Armee blockiert und der Türkei eine gewisse Garantie gegen potenzielle Grenzverletzungen durch YPG-Kämpfer gegeben. Die YPG in Afrin hätte zugleich eine Garantie gegen eine türkische Grenzüberschreitung erhalten, denn eine solche hätte zu einer direkten Konfrontation mit den syrischen und russischen Streitkräften geführt.

Russischer Kompromissvorschlag ausgewogen und moderat

Zugleich hätte der russische Kompromissvorschlag nicht die Entwaffnung oder Unterwerfung der YPG bedeutet. Im Gegenteil: Die kurdischen Städte und Ortschaften im Gebiet Afrin sollten weiterhin von der YPG-Miliz kontrolliert werden, was dem Zugeständnis einer Teil-Autonomie vonseiten der syrischen Regierung gleichgekommen wäre. An diesen Vorschlag war jedoch eine Vorbedingung von Damaskus geknüpft: Die YPG-Kurden sollten die von ihnen besetzten Ölquellen in Ostsyrien wieder räumen. Diese Quellen befinden sich um Deir ez-Zor, wo ausschließlich Araber leben und die Kurden weder einen historischen noch einen aktuellen Anspruch haben, außer dass die YPG-Kämpfer diese zuvor von ISIS gehaltenen Gebiete mithilfe der US-Streitkräfte erobert haben.
Der von den Russen unterbreitete und mit Präsident Assad abgestimmte Kompromissvorschlag an die YPG lautete, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der Öl- und Gasproduktion aus der Region Deir ez-Zor allen vom Krieg gebeutelten Syrern anteilig zugutekommen und zugleich den Wiederaufbau der Infrastruktur des Landes finanzieren sollten. Daran wären die Regierungsgebiete und die kurdischen Autonomie-Territorien gleichermaßen beteiligt gewesen. Aber die YPG-Führung wollte alles.
Rauchschwaden über Afrin...
Die von den Amerikanern gekaufte und bezahlte YPG-Führung war erstens von der Aussicht auf einen unabhängigen YPG-Staat unter US-amerikanischem Schutz und mit reich fließenden Öleinnahmen geblendet und zweitens war sie Opfer ihres eigenen Wunschdenkens, dass man sich auf die Versprechen der Amerikaner absolut verlassen kann. Dabei hätte das Schicksal ihrer kurdischen Brüder im Nordirak ihnen eine abschreckende Lehre sein müssen. Trotz der Zusicherung von Unterstützung durch Washington für das kurdische Unabhängigkeitsreferendum konnte im Anschluss daran die irakische Regierungsarmee die kurdischen Peschmerga aus großen Teilen des Nordiraks, darunter auch aus Kirkuk, vertreiben, ohne dass die Amerikaner einen Finger gerührt hätten. Sie haben ihre kurdischen "Verbündeten" fallen gelassen wie heiße Kartoffeln.

YPG wich Win-Win-Situation aus und pokerte um Alles

In Afrin hatte es die YPG-Führung selbst in der Hand, den türkischen Angriff zu verhindern. Tatsächlich ist es ihre sture, separatistische Arroganz gewesen, die zu der jetzigen blutigen Tragödie geführt hat. Die YPG-Führung hat hoch gepokert und verloren. Jetzt besteht die Gefahr, dass sie in ihrer engstirnigen Uneinsichtigkeit und sektiererischen Ignoranz sogar bereit ist, ihr Volk in einem aussichtslosen Widerstand gegen die Türkei zu opfern. Auf Beistand der Amerikaner werden sie vergeblich hoffen.
Inzwischen stehen türkische Truppen in Afrin. Die Kämpfe toben. Die Speerspitze der türkischen Invasion besteht übrigens aus Meisterwerken deutscher Militärtechnik, vor allem aus Kolonnen von Leopard-II-Panzern. Tausende von Zivilisten sind inzwischen aus Afrin geflohen, dorthin, wo sie in Sicherheit sind, nämlich in die von der syrischen Regierungsarmee und von den Russen kontrollierten Gebiete. Das hätten die Menschen in Afrin einfacher haben können.
In dem undurchdringlichen Labyrinth aus teils widersprüchlichen und sich überlappenden Interessen der Hauptakteure dieses Dramas um Afrin haben die Russen die bei weitem sympathischste und verantwortungsvollste Rolle gespielt. Wenn jetzt trotzdem im Westen, vor allem unter Linken, die von ihrer Vorsitzenden auch noch falsch informiert worden sind, Zeter und Mordio ertönt, weil Putin angeblich die Kurden "verraten" oder "geopfert" hat, dann ist das schlicht und einfach verlogen.
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