Hochkarätiges Medienkritiker-Treff
gegen Meinungsmanipulation und Kriegsgefahr in Kassel ohne Echo im
Mainstream
Ein Bericht von Irene Eckert 30. Januar
2018
Weit mehr als 300 sachkundige
Medienkenner, Kritiker und Analysten waren am vergangenen Wochenende
dem Ruf der internationalen Juristenvereinigung IALANA1
in die lebenswerte, pulsierende Stadt Kassel, gefolgt. Einst haben
die Brüder Grimm hier Märchen gesammelt. Die Kritik an den das Volk
entmündigenden Märchen im Medienwald fand weniger Echo als
vormals das der Märchenerzähler. Und doch war der Chor bedeutender
Medienmacher aus der CROSS- Jugendkulturkirche am Lutherplatz 92
hochkarätig besetzt. Namen wie die der ehemaligen ARD
Korrespondentin aus Moskau, Gabriele Krone Schmalz3,
von Max Uthoff, Kabarettist „Der Anstalt“ oder des jungen
Leipziger Medienwissenschaftler Uwe Krüger gehörten dazu. Die
mangelnde Medienresonanz einer so gewichtigen Veranstaltung
bestätigte, was auf der Konferenz moniert worden war. Kritische
Einsprüche gegen die manipulativ einseitige Berichterstattung,
insbesondere gegen die Russland- und Kriegshetze finden im Mainstream
keinerlei Widerhall. Das laute Schweigen ihrer Kollegen scheint den
prominenten Kritikern und den gut informierten Teilnehmern der
Tagung 'Krieg und Frieden in den Medien' im Nachhinein Recht zu
geben.
„Wir leben im Zeitalter der medialen
Massenverblödung“, so zitierte gleich eingangs Daniela Dahn das
Urgestein des Reportage-Journalismus Peter Scholl-Latour.
Andererseits aber hob sie das allgemein angeschwollene Misstrauen
gegenüber ihrem Berufsstand hervor, in dem Angela Merkel immerhin
eine „Glaubwürdigkeitslücke“ erkannt habe. Noch nie zuvor sei
so viel Einspruch, so viel Missmut unter den Rezipienten gegenüber
der durchaus wahrgenommenen Meinungsmanipulation deutlich geworden
wie seit der „Ukraine-Krise“ 2014.
Immerhin gäbe es investigativen,
Recherche-basierten Journalismus noch in der Satire. Max Uthoff und
Ekkehard Sieker vom Kabarett-Team des ZDF 'die Anstalt' gaben
interessante Einblicke in ihre an Fakten und Analysen orientierte
aber humorig-volkstümliche Arbeitsweise.
Der Journalismus-Experte Uwe Krüger,
dessen Doktorarbeit über die Verflechtung der Elite-Journalisten mit
transatlantischen Netzwerken4
die Satiriker Uthoff und Wagner einem Millionenpublikum nahegebracht
haben, sprach aufschlussreich über die Trickkiste der Propaganda. Er
lieferte Kriterien, anhand derer sie zu orten sei. Auch gäbe es
nicht nur horizontale, von oben gesteuerte „Propaganda“, vielmehr
wirke diese auch vertikal, durch „Ideologiediffusion von
Gesellschaftsmitgliedern“, die einer stromlinienförmigen
Meinungsbildung aufsäßen und mit vollem Ernst glaubten, was ihnen
zuvor eingebläut wurde. Ein Rekurs auf den Film „Matrix“ von
1999 präzisierte diesen Mechanismus. In der Matrix, der
'Gebärmutter', der wärmenden, in der immer gleichlautenden
Meinungssoße könne man sich wohlfühlen. Die Konfrontation mit der
Wirklichkeit einer anderen Welt sei dagegen nicht unbedingt bequem.
Gabriele Krone Schmalz, heute Professorin für Journalismus
korrigierte die folgenreiche Fehlannahme, die Krim sei von Russland
gewaltsam annektiert worden. Sie kritisierte fatale Vereinfachungen
und brachte ihre Irritation über Sprachmanipulationen zum
Ausdruck. Für stigmatisierende Vokabeln wie „Putin-Versteher“
fehlte ihr jedesVerständnis. Statt dessen betonte sie die
Notwendigkeit der direkten und persönlichen Begegnung mit der
„anderen Welt“. Sie plädierte für Jugendaustausch, für
Städtepartnerschaften mit Russland, legte Wert darauf
Propagandamechanismen durch präzise Sprachwahl und sachkundiges
Wissen zu entschärfen. Ihr neues Buch „Eiszeit“5
liefert eine gute Handhabe für alternatives Wissen über Russland
und die Entstehung des Ukrainekonflikts.
Solch perspektiv-änderndes Wissen zu
liefern, ist nach Uwe Krüger allerdings Aufgabe von
institutionalisierter, kritischer Forschung. Der Durchschnittsbürger
habe einen Arbeitsalltag zu bewältigen, Kinder und Familie zu
betreuen. Die Medien müssten daher glaubwürdige zuverlässige
Informationen liefern. Vertrauen in die Aufklärungs-, Informations-
und Bildungspflicht vor allem der öffentlich-rechtlichen Medien so
wurde von Fachkräften wie Dr. Sabine Schiffer aber auch von „Laien“
wie etwa der gelernten Betriebswirtin Maren Müller vom Verein
„ständige Publikumskonferenz“ immer wieder betont, sei
unabdingbar und grundgesetzlich geboten. Filmemacher, wie Markus
Fiedler „Die Dunkle Seite der Wikipedia“ oder der
Medienwissenschaftler Dr. Kurt Gritsch „Der Kosovokrieg – eine
gesteuerte Debatte“6
aus Innsbruck, seien nicht Wissenschaftler im Hauptberuf, sondern
verdienten ihre Brötchen als Schul-Lehrer, so Krüger.
Der Jurist Dr. Peter Becker verwies
als Moderator mehrfach darauf, dass der demokratische Prozess
informierter Bürger bedürfe. Information sei schließlich der
Schlüssel zur Gefahrenabwehr. Desinformation dagegen habe den
Türöffner-Krieg gegen Jugoslawien möglich gemacht. Das
Friedensgebot des Grundgesetzes, das prinzipielle Gewaltverbot der
UN-Charta werden seither immer wieder missachtet. Ein Aufruf der
IALANA an den jüngsten SPD-Parteitag für ein JA zum
Atomwaffensperrvertrag sei unbegreiflicher Weise ergebnislos
verhallt. Unverständlich sei auch das NEIN der Bundesregierung zur
Abschaffung der Atomwaffen in der UNO. Das hörte auch die anwesende
Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Ute Finckh-Krämer, die sich
immerhin als Russlandkennerin für eine Verständigungspolitik mit
Russland einsetzte. Frau Finck-Krämer war sich einig mit den übrigen
Teilnehmern, dass auf die Mainstream-Medien, auch auf die
pseudoalternativen wie etwa die Taz kein Verlass mehr sei. Die auch
als Podiumsteilnehmer geladenen Vertreter waren mit Ausnahme von
Andreas Zumach gar nicht erst erschienen,
Als mediale Alternativen wurden im
Gemeindehaus der evangelischen hessisch-nassauischen Kirche
bedeutende Internetportale persönlich vorgestellt, so unter anderen
Albrecht Müllers7
„Nachdenk-Seiten“8
oder „Rubikon“ von Jens Wernicke. Konstantin Wecker gab dem
anstrengenden Tagesablauf einen sympathisch wärmenden
Alternativrahmen. Thematischer Höhepunkt seine Vertonung von Georg
Heyms expressionistischem Gedicht „Der Krieg“.
Weil im Publikum viele besorgte und
engagierte Menschen saßen, stimmte ein solch konstruktives
Zusammenkommen heiter und kraftspendend.
Viele Häupter waren zwar grau, viele
der Anwesenden seit ihrer Jugend unermüdlich in Sachen Frieden
unterwegs. Der unerschrockene Wille der jungen Wissenschaftler, die
sich aller Widrigkeiten zum Trotz engagieren und vernetzten für eine
friedlichere und gerechtere Welt machte auch den älteren Hasen Mut.
Forscher wie Daniele Ganser, der mit seinem Videobeitrag anwesend
war. Uwe Krüger, Kurt Gritsch und Jens Berger, Jens Wernicke,
Marcus Fiedler aber waren neben und mit all den anderen Ungenannten
präsent. Ihrer Arbeit und der all jener, die ihre Bücher lesen und
weiterverbreiten, wird das Schweigen des Medienkartells auf Dauer
nicht standhalten können.
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1International
Association of Lawyers Against Nuclear Arms/ Motto: „Frieden durch
Recht“
2Die
Ev. Kirche in Hessen und Nassau war Gastgeber
4
Uwe Krüger „Meinungsmacht: der Einfluss von Eliten auf
Leitmedien und Alpha Journalisten“ 2013
5G.
Krone -Schmalz „Eiszeit – Wie Russland dämonisiert wird und
warum das so gefährlich ist“, München 2017 bei H.C Beck
(Spiegelbesteller)
6Doktorarbeit
7
A. Müller konzipierte den Bundestags-Wahlkampf Willy Brandts von
1972 und war bis 1982 Chef der Planungsabteilung des
Bundeskanzleramtes
8Marcus
Klöckner veröffentlichte dort am 30. 1. 18 einen sehr
detaillierten Bericht IALANA-Medientagung:
Fundierte Medienkritik und Medienvertreter auf Tauchstation
https://www.nachdenkseiten.de/?p=42173
Siehe am 31. 1. 18 Video Bericht auf RT deutsch https://deutsch.rt.com/inland/64473-krone-schmalz-annaeherung-russlands-eu-nicht-interesse-usa/
Siehe am 31. 1. 18 Video Bericht auf RT deutsch https://deutsch.rt.com/inland/64473-krone-schmalz-annaeherung-russlands-eu-nicht-interesse-usa/
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