Friedenskreis
Pankow besteht seit mehr als 30 Jahren –
Friedenswerkstatt während des Deutschen Evangelischen Kirchentages 2017 in Berlin
Friedenswerkstatt während des Deutschen Evangelischen Kirchentages 2017 in Berlin
Ende
Mai ist während des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Berlin der
Friedenskreis Pankow Gastgeber für die Friedenswerkstatt, bei der 15
Friedensgruppen in 25 Veranstaltungen, Workshops, Kulturbeiträgen,
Gebeten und Gottesdiensten zeigen wollen, dass Gewaltfreiheit und
Versöhnung kraftvolle Alternativen zu Krieg und Gewalt sind. Zwei
Veranstaltungen, die der Friedenskreis selbst anbietet, sind
überschrieben mit dem Titel „Unsere Empörung – unsere Hoffnung“. Damit
erinnert der Friedenskreis Pankow an seine Anfänge vor 35 Jahren, an
einen Aufbruch aus dem Schweigen und die Suche nach Alternativen.
„Gegen
Todsicherheit – für den Frieden“, so lautete das Motto eines
Gemeindefestes, zu dem die evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow am
24. Oktober 1981 eingeladen hatte. Damals unterschrieben rund 250
Besucher ein Schreiben an Bischof Gottfried Forck von der Evangelischen
Kirche Berlin-Brandenburg. „Wir halten unser Schweigen nicht mehr aus“,
so hieß die Überschrift dieses Schreiben. Es war mehr als ein Aufruf, es
war ein Programm sich einzumischen. Das Gemeindefest sollte zur
Geburtsstunde des Friedenskreises Pankow werden, denn vier Wochen später
trafen sich am 27. November 1981 rund 50 Gemeindemitglieder, um den
Friedenskreis Pankow als Teil der Kirchengemeinde zu gründen. Er war zu
diesem Zeitpunkt die erste unabhängige Friedensgruppe in Berlin.
Das
Gemeindefest in Pankow fand 14 Tage vor der bis dahin größten
Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten statt. Es war die Zeit der
atomaren Hochrüstung im Westen wie im Osten, in der sich der
Friedenskreis gründete. Die Fronten des Kalten Krieges hatten sich
verschärft, eine zunehmende Aufrüstung bestimmte die Sicherheitspolitik.
Das Verhältnis von Ost und West war von Misstrauen geprägt, in Polen
entstand eine unabhängige Gewerkschaft, die USA begannen mit den
Planungen für ein Raketenabwehrsystem SDI, die Sowjetunion marschierte
in Afghanistan ein. Im Warschauer Pakt wurden Mittelstreckenraketen vom
Typ SS 20 stationiert, die NATO antwortete mit der sogenannten
Nachrüstung, also der Stationierung von Pershing II und Cruise Missiles.
Zwischen den Supermächten herrschte Eiszeit.
In
dieser Zeit entstanden auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs
Friedensgruppen, die sich gegen dieses Wettrüsten engagierten und für
eine Friedens- und Entspannungspolitik warben. Im Westen gab es die
ersten Großdemonstrationen der Friedensbewegung, im Osten gründeten
sich, so wie in Pankow, Friedenskreise und Gruppen als
regierungsunabhängige Friedensbewegung.
Schnell
entwickelten sich im Friedenskreis Pankow Arbeitsformen, die
basisdemokratisch aufgebaut waren. Bei den Treffen der Gruppe ging es um
Fragen der Friedenserziehung, der Gewaltlosigkeit, eine alternative
Friedenspolitik, aber auch um die Bedrohung der natürlichen
Lebensbedingungen und die zunehmend wahrnehmbare Zerstörung der Umwelt.
Mit seiner Arbeit machte der Friedenskreis Pankow in der DDR diese
tabuisierten Themen öffentlich, was rasch zu staatlichen Gegenmaßnahmen
führte. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beobachtete die
Aktivitäten der Gruppe, es wurden inoffizielle Mitarbeiter des MfS
eingeschleust, die den Friedenskreis ausspähen, aber auch sabotieren
sollten. Dennoch gelang es dem Friedenskreis, sich bis zum Fall der
Mauer und dem Ende des Kalten Krieges zu einem wichtigen Diskussionsort
für diese kritischen Themen, für Umwelt- und Friedensfragen zu
entwickeln.
Während
der Umbruchphase 1989/90 spielten viele Mitglieder des Friedenskreises
Pankow eine wichtige Rolle. Hans Misselwitz, 1981 einer der maßgeblichen
Initiatoren des Friedenskreises, wurde beispielsweise
SPD-Volkskammerabgeordneter und Staatssekretär im DDR-Außenministerium,
seine Frau Ruth, damals wie heute Gemeindepfarrerin in Pankow und
ebenfalls Initiatorin des Friedenskreises, moderierte den Runden Tisch
in Pankow. Werner Schulz wurde für Bündnis 90 Mitglied in der
Volkskammer und wirkte am zentralen Runden Tisch der DDR mit, später war
er Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Weitere bekannte
Friedenskreis-Mitglieder der damaligen Jahre waren die spätere
CDU-Politikerin Vera Lengsfeld, die Künstlerin Freya Klier und viele
mehr.
Nach
der Wiedervereinigung engagierten sich Mitglieder des Friedenskreises
Pankow in den neu gegründeten Parteien, in Bürgerbewegungen oder
Nichtregierungsorganisationen. Auch wenn dadurch die Arbeit im
Friedenskreis etwas in den Hintergrund trat, blieb das Engagement für
Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung bestehen, bis
heute. Der Friedenskreis Pankow wurde Mitglied des Trägerkreises
„Atomwaffen abschaffen – bei uns anfangen“. Die Zeiten änderten sich,
die Themen blieben.
„Damals
wie heute bewegt den Friedenskreis die Empörung über Aufrüstung,
Militarisierung der Politik und ungerechte Verhältnisse. Dass dagegen
erneut Widerstand von unten wächst, das ist unsere Hoffnung“, betont
Hans Misselwitz. Er ist nun an der Vorbereitung der Friedenswerkstatt
beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin beteiligt.
Denn
es ist kein Zufall, dass diese Friedenswerkstatt an einem Ort
stattfindet, der auf eine solch lange, friedensbewegte Geschichte
zurückblicken kann. Und genauso wie vor mehr als 30 Jahren soll in
Pankow wieder gezeigt werden, dass Gewaltfreiheit und Versöhnung
kraftvolle Alternativen zu Bomben und Terror darstellen. Und es soll
deutlich werden, dass es Menschen gibt, die in Worten und Taten Frieden
stiften wollen, die zeigen, wie aktive Gewaltlosigkeit, respektvolle
Kommunikation und christlicher Pazifismus dazu beitragen können,
Feindbilder zu überwinden, Gewalt zurückzudrängen und Perspektiven auf
einen gerechten Frieden zu entfalten. „Wir wollen an diesen Tagen
während des Kirchentags Perspektiven auf einen gerechten Frieden
entfalten“, so die Pankower Gemeindepfarrerin Ruth Misselwitz.
_______________________________________________ Traegerkreis Mailingliste JPBerlin - Politischer Provider Traegerkreis@atomwaffenfrei-lists.de https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/traegerkreis
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