Mit dem Volk gegen die Parteiapparate: Trumps gewagte Strategie scheint aufzugehen
3.03.2017 • 16:37 Uhr
Quelle: Reuters
Kriegstreiber und das korrupte Politestablishment in den eigenen Reihen schäumen. Die große Mehrheit der US-Bevölkerung sieht Trump aber auf dem richtigen Weg. Bis zu drei Viertel der Amerikaner begrüßen auch, wie er in der Haushaltspolitik Prioritäten setzt.
von Rainer Rupp
Politiker und Medien, vor allem aber Trump-Gegner in aller Welt haben jüngst viel Aufhebens über den von der Regierung Trump angeblich bereits fertiggestellten Haushaltsentwurf für das Fiskaljahr 2018 gemacht. Dabei existiert ein solcher noch gar nicht. Was Präsident Trump einen Tag vor seiner Rede zu Lage der Nation vorgestellt hat, ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Ankündigung, seinen Wahlversprechen auch haushaltspolitisch Taten folgen zu lassen.
Genaue Zahlen lassen sich aus seinen Ankündigungen nicht herauslesen. Dennoch wurde und wird viel hineininterpretiert. So sind auch die unterschiedlichen Schätzungen bezüglich der Wachstumsrate der US-Militärausgaben im ersten Trump-Haushalt zu erklären.
In Folge dieser Ungewissheit variieren die Schätzungen der Steigerungsrate für die Militärausgaben zwischen drei und zehn Prozent, je nachdem, wie man die Mehrausgaben in Höhe von 54 Milliarden Dollar kategorisiert.
In einer ersten Einschätzung des möglichen Trump-Budgets für 2018 verweist z. B. das Finanzunternehmen Evercore ISI in einem Rundbrief an Anlagekunden vom 28. Februar darauf, dass der Großteil der 54 Milliarden Dollar Aufstockung fürs Militär in die Kategorie des "Budget Authority Funding" fällt. Das heißt, dass es sich um eine Art Rückstellungen handelt, wobei neue Rüstungsprogramme nur zum Teil in Finanzjahr 2018 bezahlt werden und der Rest in den Folgejahren beglichen wird.
US-Präsidenten sind gesetzlich verpflichtet, beim Kongress einen jährlichen Budgetantrag einzureichen. Der eigentliche Entwurf des Trump-Budgets wird in ein paar Wochen kommen. Wie üblich wird er zuerst nicht an den Kongress, sondern an die Bundesministerien und unabhängigen Agenturen zur Stellungnahme und Bearbeitung geschickt. Es ist vorauszusehen, dass Trumps Entwurf dort teils auf erheblichen Widerstand treffen wird.
Wenn dann zu guter Letzt Trumps fertiger Haushaltsentwurf an beide Häuser des Kongresses geht, wird er dort in Anhörungen mit hoher Wahrscheinlichkeit zerpflückt werden, weil auch der Großteil des republikanischen Parteiestablishments die politischen Vorstellungen Trumps, nämlich "den Sumpf in Washington trockenzulegen", nicht teilt.
Stattdessen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in den beiden Häusern des Kongresses - die Republikaner haben in beiden die Mehrheit - ein Haushalt entworfen werden, der die Politikvorhaben des eigenen, republikanischen Präsidenten zumindest teilweise konterkariert. Der Unterstützung ihrer demokratischen Kollegen bei diesen Anti-Trump-Budgetbemühungen können sie sich dabei sicher sein.
Trump hat im politischen Establishment seiner Partei keine nennenswerte Hausmacht. Daher hätte er nur dann eine Chance, seine Haushaltsprioritäten durchzusetzen, wenn er ein Mittel findet, um in den eigenen Reihen erfolgreich die politische Gefolgschaft einzufordern.
Voraussetzung dafür wäre, dass er für alle sichtbar an der Basis seiner Partei und auch darüber hinaus im Lager der Nicht-Wähler und Demokraten eine überwältigende Zustimmung mobilisieren könnte. Denn in diesem Fall müsste jeder Kongressabgeordnete, der sich gegen Trump stellt, befürchten, bei der nächsten Wahl zum Repräsentantenhaus, die alle zwei Jahre stattfindet, in seinem Wahlkreis durch einen Trump-Anhänger ersetzt zu werden.
Genau diese Strategie scheint Trump mithilfe seiner politischen Chefberater Steve Bannon und Jason Miller zu verfolgen: Unterstützung bei den breiten Massen zu gewinnen, indem der neue Präsident im Unterschied zu seinen Vorgängern genau das hält bzw. auf seine Agenda setzt, was er versprochen hat. Er kann es nur nicht durchsetzen, weil auch in den eigenen republikanischen Reihen korrupte Mitglieder des "Washingtoner Sumpfes" den neuen Präsidenten an der Umsetzung seiner vom Volk gewollten Politik hindern.
Die New York Times brachte dazu jüngst einige Zitate von Jason Miller, die Einblick in diese Strategie geben:
Die Leute müssen nicht mit allem übereinstimmen, was man tut, aber die Leute werden dich respektieren, wenn du tust, wovon du gesagt hast, dass du es tun würdest", so Trumps Top-Kommunikations-Stratege Miller. "Er [Trump] handelt zuerst und danach ist Zeit, um darüber zu reden", fügte Miller hinzu. "Auf diese Art und Weise wird er letztlich die Leute an sich ziehen, die nicht gewählt haben, oder Leute, die nicht für ihn gestimmt haben. Nur innerhalb der Lobbyisten und der Medien gibt es diesen Fokus auf Palast-Intrigen. Im Rest des Landes sieht man in ihm einen Kerl, der sich auf Arbeitsplätze und die Wirtschaft konzentriert."
Eines der Kernversprechen Trumps war auch, die US-Armee zur stärksten der Welt zu machen und dem Militärpersonal die besten Bedingungen, vom Sold über die Gesundheitsfürsorge bis zu den Bildungschancen, angedeihen zu lassen.
Keine Macht auf der Welt sollte auch nur auf den Gedanken kommen, Amerika anzugreifen. Es ging Trump beim Wahlkampf immer nur um die Verteidigung der USA. Dabei vermittelte er stets den Eindruck, dass die Verteidigung des US-Territoriums damit gemeint war und nicht wie auch immer gelagerte, so genannte US-Interessen.
Und genau das wird auch in den von der Regierung Trump jetzt vorgestellten Haushaltsprioritäten reflektiert: ein starker Zuwachs fürs Militär, der im Rahmen der gesetzlich verordneten Haushaltsobergrenze durch eine radikale Kürzung, quasi Eliminierung der Auslandsprogramme des US-Außenministerium mitfinanziert wird.
In diesen Programmen des US-Außenministeriums ist auch die Finanzierung der so genannten Militärhilfen an Länder enthalten, die in vielen Krisenherden rund um die Welt stattfinden. Gerade diese sind es, die - unterstützt von neo-konservativen US-Diplomaten und Geheimdiensten - bisher unendlich viel Unheil angerichtet haben.
Auch die Programme zur direkten und indirekten Finanzierung von so genannten Nicht-Regierungsorganisationen, die auf so genannte Demokratie-Hilfe spezialisiert sind und die bei Farbrevolutionen oder Staatsstreichen wie in Ägypten oder der Ukraine eine Hauptrolle gespielt haben, würden durch Trumps Kürzungen im Außenministerium der Spar-Axt zum Opfer fallen.
Der größte Teil der 42 Milliarden Dollar, die das US-Außenamt bisher jährlich für die beiden oben genannten Zwecke der Militär- und Demokratiehilfe ausgegeben hat, würde laut Trumps "America First"-Budgetprioritäten zur Deckung des finanziellen Mehrbedarfs ins Pentagon umgeleitet. So hat Trump z. B. bereits verfügt, dass für den Bau von Kriegsschiffen nur noch Stahl aus den USA verwendet werden darf.
Für eingefleischte Kriegstreiber und Russenhasser wie den republikanischen Senator Lindsey Graham, der sonst nicht genug Geld für das Pentagon bekommen kann, ist Trumps Axt am US-Außenministerium denn auch ein Horrorszenarium. "Das wäre ein Desaster", empörte sich Graham und kündigte seinen Widerstand an.
Unterstützt wurde er dabei von dem republikanischen Senator Marco Rubio, der betonte, dass die "Auslandshilfe kein Akt der Wohltätigkeit" sei, sondern "entscheidend für die nationale Sicherheit". Auch der demokratische Senator Christopher Coons unterstrich die hegemonialpolitische Komponente der US-Hilfeleistungen rund um die Welt, denn sie befördere "die nationalen Interessen der USA, indem sie eine sicherere und stabilere Welt" schaffe, berichtete Newsmax am 28.2.2017.
Die Auslandsprogramme zu retten, könnte jedoch für die Trump-Gegner innenpolitisch gefährlich werden. Wenn sich etwa die Republikaner im Kongress mit den Demokraten zusammentun, um mehr US-Steuergelder fürs Ausland statt für Projekte zu Hause auszugeben, wozu auch Trumps Rüstungsprogramme zählen, laufen sie Gefahr, ihre eigenen Chancen auf Wiederwahl erheblich zu verringern. Davon zeugen jüngste Entwicklungen.
Ausgerechnet der stark Trump-kritische Nachrichtensender CNN hat am 1. März berichtet, dass mehr als 75 Prozent der Americans positiv auf Trumps Rede zur Lage der Nation am Dienstag vor beiden Häusern des US-Kongresses reagiert haben. Von denen, die seine Rede gesehen haben, hätten 57 Prozent sogar eine "sehr positive" Reaktion verzeichnet.
Fast 7 von 10 Befragten sagten, dass die von Trump vorgeschlagene politische Richtung das Land auf den richtigen Weg bringen würde, und fast zwei Drittel waren der Meinung, der Präsident habe die richtigen Prioritäten für das Land gesetzt. Insgesamt äußerten sich etwa 7 von 10 optimistischer mit Blick auf die Zukunft des Landes. Auch ideologisch hielten etwa zwei Drittel Trumps Rede für weitgehend richtig.
Das heißt aber auch, dass die Strategie Trumps und seiner politischen Top-Berater Bannon und Miller aufzugehen scheint. Und nicht zuletzt, dass sich die Republikaner des Establishments im kommenden politischen Sommer "warm anziehen" müssen. Aber auch die Demokraten werden erkennen müssen, dass ihnen ihre politische Basis an den Graswurzeln wegbricht, falls sie weiter in sturer Totalblockade gegen Trump verharren.
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