28.04.2016
Dem Volk aufs Maul schauen
Dem Volk aufs Maul schaute nicht nur Martin Luther für seine Bibelübersetzung, sondern auch der revolutionäre Dramatiker Brecht. Von letzterem stammt das Bonmot „das Volk ist nicht tümlich“.
Die weltbedeutende Literatur der Dichter und Denker gründete im und wuchs heraus aus dem Volke. Der sprachmächtige Europäer Erasmus von Rotterdam (gestorben 1536) legte mit seiner Redaktion von über 3000 Sprichwörtern vor über 500 Jahren einen wichtigen Grundstein. Aus dem Schatz dieser seiner „Adagien-Sammlung“1 bedienten sich eifrig unsere berühmt gewordenen Autoren. Umgekehrt vermied es Erasmus seine Essays auf deutsch zu publizieren, weil der Theologe um den Argwohn der Inquisition wusste. Diese wollte aus gutem Grund nicht, dass man sich dem Volke verständlich ausdrückte.
Das Volk achten, heißt es weiterbilden ...
Wer dagegen heute das Volk wertschätzt, die Demokratie hochachtet und den Patriotismus verteidigt, der wird abgestempelt als ein Außenseiter oder gar Reaktionär. Der Schein trügt allerdings wie so oft auch hier. Es ist die postmoderne Sinn -Verkehrung, die die Herren des Universums als progressiv erscheinen lässt. Jene, die nichts als Verachtung für ihr Volk übrig haben, die es ausplündern und immer wieder kriegsbereit klopfen wollen, bieten alle propagandistischen Kniffe auf, um selber als Hort des Fortschritts dazustehen. Ein Pseudo-Internationalismus hat Konjunktur. Dem Neusprech gemäß werden alle nationale Grenzen und Identitäten nieder gerissen. Höhnisch werden jene für reaktionär erklärt, denen Volk und Vaterland noch etwas bedeuten. Wer bereit ist, beides gegen imperiale Übergriffe zu verteidigen, sei es vielleicht noch in dumpfer Verkennung der wirklichen Zusammenhänge, wird als Querfrontler oder „Neonazi“ denunziert.
… nicht ihm nach dem Munde reden
Wenn wir für eine dem Volke dienliche Friedenspolitik eintreten, dann geht es mit Brecht keinesfalls darum, „dem Volke“ undifferenziert jede Dummheit nachzusehen.
Wer dem Volk aufs Maul schaut, seine Besorgnisse und Mühen ernst nimmt, der redet ihm nicht nach dem Mund. „Volkstümlich“, das bedeutet für den Augsburger Meister der Dialektik „den breiten Massen verständlich, ihre Ausdrucksform aufnehmend und bereichernd / ihren Standpunkt einnehmend, befestigend und korrigierend / (...) anknüpfend an die Traditionen, sie weiterführend." 2
Vor den Unteren bestehen - unsere Arbeit ernst nehmen
"Wenn wir mit Brecht vor den Unteren bestehen wollen / Dürfen wir freilich nicht volkstümlich schreiben.“ Das Volk ist weder „tümlich“ noch dümmlich. Arbeitende Menschen wollen ernst genommen werden. Das Volk ins seiner Gesamtheit will wissen und nicht verhöhnt werden. Weder Lehrer noch Schüler, weder Alte noch Junge wollen, wie kulturpolitisch jetzt vorgegeben, im Radio ihren eigenen Schmarren hören. Sie wollen nicht, dass man ihre Unbildung zum Maßstab und zur etwaigen Rechtfertigung für Sprachverhunzung nimmt. Menschen sind im allgemeinen wissbegierig, sie wollen etwas dazu lernen.
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Mit Geisteskraft wider das falsche Niederreißen von Grenzen
Die Zerschlagung von nationalen Identitäten, die Vernichtung der Souveränität, wie sie in der UN-Charta - als Ergebnis zweier Weltkriege - rechtlich verbrieft ist, die Schaffung von weltweitem Chaos also, das man hofft anschließend beherrschen zu können, das sind öffentlich dargelegte Ziele des US-Imperiums3. Dagegen ist Aufklärung unabdingbar, dagegen ist der Widerstand der Völker allerorten nicht nur nötig, sondern auch möglich. Am 1. Mai müssen wir Geistesarbeiter als Teil des Volkes an dieser Stelle wichtige Aufgaben erfüllen. Wider den Strom müssen wir andenken und -schreiben. Unser ganzes Wissen ist gefordert gegen die soziale Ausplünderung der vielen und gegen den uns vom Imperium aufoktroyierten, neuerlichen Aufmarsch gen Russland4.
Volkswiderstand im Herzen des Imperiums kanalisieren
In den Vereinigten Staaten von Amerika regt sich populärer Widerstand derzeit von zwei Polen her kommend. Die beiden Pole heißen Sanders und Trump, erstrecken sich also von links nach rechts. Während der Sozialdemokrat Sanders bei der gebildeten Elite der Ostküste ziemlich viel Erfolg hatte, dort wo im Herzen des Imperiums jetzt ein jugendlicher Demokratiefrühling5 zu blühen beginnt, trieb der Westwind den beim Establishment ungeliebten (!) Kandidaten Trump nach vorn. Beide Männer aber artikulieren und symbolisieren gleichzeitig den überfälligen Protest des amerikanischen Volkes gegen eine arrogante Politik, die da glaubt, die Sorgen der kleinen Leute auf Dauer ignorieren zu können. Wiederum, scheinbar paradoxer Weise, benötigt das Establishment dazu als letztesAufgebot eine Frau. Hillary Clinton ist ohne Wenn und Aber die Kandidatin des militärisch-industriellen Komplexes; sie ist die schlimmste Rassistin unter den US-Präsidentschafts-Kandidaten und die größte Kriegstreiberin.
Auch in Europa regt sich der Völker Widerstand. Auf Grund des Komplettversagens der Linken heftet er sich allerdings an rechtspopulistische Fersen. Um so besser kann er von Oben denunziert werden. Das ist niederträchtig und zynisch. Vermutlich ist es so gewollt oder gar angestiftet von mächtiger Seite. Im rechten Gewande kann solche Opposition den Herrschenden kaum gefährlich werden. Zu eng ist das Kleid, zu dumpf die Farben, zu wenig klarsichtig der Kopf. Bisheriger Widerstand benennt nicht die Schuldigen für Unrechtspolitik. Falsche Bedrohungsszenarien baut der Rechtspopulismus auf und orientiert pauschal auf Sündenböcke unter den Fremden, den Einwanderern, den Hilfesuchenden. Am rechten Rand finden sich, scheinbar absurder Weise, auch richtige Forderungen, die zu artikulieren die Linke sich weigert. Dazu gehört etwa die Sympathie mit Russland. Nationale Werte und die Integrität seines Staatsgebietes zu verteidigen, Politik pragmatisch an den eigenen Interessen auszurichten, wie es Russland tut, gilt in diesen Kreisen als unfein, als politically incorrect. Auch Kritik an der immer menschenverachtenderen Politik des israelischen Staates gilt ganz im Sinne des Imperiums als incorrect. Damit wird jenen Tür und Tor geöffnet, die jeden als Antisemiten ab qualifzieren, der die Sache der Palästinenser für eine gerechte hält oder Russland sinnvoller Weise als Freund und nicht als Aggressor einstuft.
Damit das nicht so bleibt, damit der Unmut des Volkes gegen seine wirklichen Gegner kanalisiert werden kann, bedarf es der Aufklärung über grundlegende herrscherliche Zusammenhänge. Diese muss vor allem auch die hoffnungsstiftenden Momente aufzeigen und verdeutlich, dass Widerstand erfolgreich möglich ist.
Vom Niedergang des Imperiums sprechen
Um Mut zu machen zum Widerstand, müssen wir die Brüchigkeit imperialer Machtpolitik aufzeigen. An Hinweisen über die immer aggressiver und übergriffiger agierenden NATO-Führungskreise mangelt es ja nicht. Immer hysterischer, immer wütender reagieren die engsten Bündnispartner der USA, Saudi-Arabien6, Türkei, Israel sich an ihren Opfern aus. Immer realitätsferner und wahnsinniger werden ihre Demarchen. Die hektischen Aufrüstungsbemühungen an den NATO-Ostgrenzen Europas unter dem aberwitzigen Vorwand einer drohenden russischen Aggression und die analogen Provokationen im Chinesischen Meer sind Zeugen dafür, dass der tonangebende militärisch-industrielle Komplex der Vereinigten Staaten von Amerika an Bodenhaftung verloren hat. Ähnliches gilt für die Putschbestrebungen in Lateinamerika, wo der Norden ebenfalls bestrebt ist, das Rad der Geschichte wieder zurückzudrehen. Während wir auf die scheinbare Unvermeidlichkeit eines globalen Krieges getrimmt werden, weisen ehemalige Top- US-Regierungsberater und Geheimdienstleute wie jüngst Wilkerson daraufhin, dass das US Schiff am Sinken ist.7 Das wird aber auch ohne geheimes Expertenwissen deutlich etwa am wirtschaftlichen Aufstieg Chinas in den letzten Jahren. Längst sind die USA überflügelt. China ist zur Werkbank der Welt avanciert. Allianzen wie BRICS und Shanghai Kooperation haben sich zusammengefunden. Die chinesisch-russische Zusammenarbeit stand noch nie auf so gesunden Füßen wie heute. Das Volk- und das Ressourcen-reichste Land der Erde angreifen zu wollen, Staaten also, die international sehr gut kooperieren und sich großer Anerkennung außerhalb der NATO-Zirkel erfreuen, grenzt an Hybris. 8 Dem wirtschaftlichen Niedergang, dem Verschwinden des Mittelstandes und dem Verfall seiner landesweiten Infrastruktur haben die Vereinigten Staaten nichts außer Repression entgegen zu setzen. Weisen wir also selbstbewusst auf diese Schwächen hin, die unsere Stärken sein können. Suchen wir uns die richtigen Partner und verteidigen wir unsere Rechte als Volk. Immerhin ist Deutschlands wirtschaftlicher Rang in der Welt ganz wesentlich seiner hoch qualifizierten Arbeitskraft zu verdanken. Wenden wir uns gegen die hegemonialen und zerstörerischen Bestrebungen von jenseits des Atlantik, das uns eine ungeliebte, eine brandgefährliche Kriegs- und Sanktionspolitik gegen Russland aufzwingen will.
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1Adagiorum Collectanea – Die Sammlung der Agadien, Erasmus literarischer Erstling auf dem Buchmarkt, Sammlung alter und besonders berühmter Sprichwörter, Werbetext: Seid klug und erwerbt diesen Schatz siehe Willebald Paul Eckert, Erasmus von Rotterdam/Werk und Wirkung, Köln 1967 zitiert nach Brigitte Hannemann, „Süß erscheint der Krieg den Unerfahrenen“ München 1987
2http://www.litde.com/textsammlung-zur-deutschen-literaturgeschichte/bertolt-brecht-volkstmlichkeit-und-realismus.php
3Siehe das PNAC Papier des „Project for a New American Century“
4 USA verlangen Mitwirkung Deutschlands im Kampf gegen Russland
Deutsche Wirtschafts Nachrichten | Veröffentlicht: 23.04.16 12:42 Uhr
Die USA verlangen den aktiven Einsatz der Bundeswehr an den Nato-Ostgrenzen. Dieser sein notwenig, um Russland militärisch abzuschrecken. Deutschland hat sich in diesem Thema bisher bedeckt gehalten. Nun erhöht Washington den Druck auf Angela Merkel. mehr: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/04/23/usa-verlangen-mitwirkung-deutschlands-im-kampf-gegen-russland/
5http://www.democracyspring.org
6Die von den Saudis gesponserten terroristischen Verhandlungsführer unter der Maske des HNC (Hohes Verhandlungskomitee) torpedieren die Genfer Syrien Verhandlungen, die Türken mit ihren Terorraktivitäten greifen greifen auf syrisches Hoheitsgebiet über, die Israelis verachten auf immer groteskere Weise die Menschenrechte in den von ihnen besetzten Gebiete und beschuldigen wie gehabt die Opfer für ihre Übergriffe
8 grandioser Überheblichkeitswahn
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