Sunday, January 24, 2016

Der Sokrates-Prozess und die Verteidigung der freien Rede!


Replik auf einen us-amerikanischen Einspruch gegen Kritik an Sokrates-Demontage von I. F. Stone von I. Eckert



Aus psychologischer Sicht mag  die amerikanisch-liberale Sympathie für  I. F.  Stone, für einen als links außen gefeierten ehemaligen US-Journalisten nachvollziehbar sein. 

Posthume Mainstream-Würdigung für I. F. Stone oder Verriß?

Von der Sache her ist die posthume  Würdigung des  Sokratesbuches von Isidor Feinstein  Stone  aus dem Jahr 1988, jüngst auf deutsch neu aufgelegt,  nicht hinnehmbar. Die Feder des US-Schreibers wird im Netz als die des kritischen Journalisten  per se  hochgelobt*, ja gar  wird er mit Fleming auf eine Stufe gehoben. Da können einem nachdenklichen Menschen wirklich  Zweifel an der Motivik kommen. Diese Zweifel bleiben, wenngleich auch Männer vom Format eines Martin  Luther King oder Nelson Mandela posthum idealisiert wurden vom Mainstream.

  Es ist  ein Kinderspiel alles über  I. F. Stone  rasch zu erfahren.  Sogar eine professionelle Webseite ist dem ehemaligen 'kritischen' Schwergewicht der Zeit vor 1989 gewidmet. Sein umfangreiches  Wirken ist akkurat dokumentiert und jedermann zugänglich.

Den Hinweis über den "alten, kranken Mann", der sich trotz seiner Sehpropleme noch das schwierige Griechisch angeeignet hat, verdanke ich der New York Times (NYT) . Es  ist der Verweis darauf  also nicht denunzierend gemeint, sondern nährt  berechtigte Zweifel an der Urteils-Kompetenz des Buchautors. Die NYT rezensiert Stones Sokrates Verriss  erstaunlich positiv.

 I.F. Stone oder Sokrates zu rezensieren sind aber doch zwei paar Schuhe.
Mir erscheint das hohe Lob, das dem Kritiker der US-Politik als Sokrateskritiker  zu Teil wird befremdlich.

Der "Sokrates-Prozess" oder die Apologie des Sokrates

 Stones Buch nun, das ich "Pamphlet" zu nennen mir erlaubt habe, ist  für mich ein Schlüsselpunkt im Hinblick auf das, was der Welt vom US-Imperium derzeit blüht. Es handelt sich bei den Vereinigten Staaten von Amerika  inzwischen wohl um eine Nation, deren Verbrechensspur welthistorisch nicht mehr zu toppen ist. Von Demokratie sehe ich keine Spur mehr in jenem großen transatlantischen Land, das sich gerne als 'Lead Nation'  gesehen wissen will. Gäbe es  aber dort zulande noch  Demokratie und die Freiheit der Rede, dann wäre es kaum möglich, dermaßen zerstörerisch gegen andere Nationen vorzugehen. Gäbe es dort die freie Rede, dann wäre ein Snowden nicht gezwungen in Russland Asyl zu suchen, dann müsste Julian Assange nicht seit Jahren in der ecuadorianischen  Botschaft in London ausharren, im Hausarrest und Mumia Abu Jamal würde morgen aus dem Gefängnis entlassen.

Demokratie und freie Rede ein heilig Gut

Demokratie im Wortsinne der verfassungsrechtlich verbrieften Volksherrschaft ist  ein „heilig“ Gut, ebenso wie das kritische Denken es sein muss, da bin ich  mit dem Kritiker einverstanden. Das Attribut "heilig" ist für mich gottlose Agnostikerin selbst ein 'heilig Wort'. "Heilig" bedeutet  "heile", das heißt "ganz intakt",  noch unzerstört. Es bedeutet  auch "heilsam".

Von "heiligen Texten" und von "heiligen“ Persönlichkeiten" geht für mich - eine menschheitlich gesehen - bessernde Wirkung aus***.  In „heiligen“ Texten sind  kulturhistorisch die bedeutsamsten Leistungen in Wort und Tat festgehalten. Solch "heiliges Erbe" muss bewahrt werden zum Wohle der ganzen Menschengemeinde. Zu diesen bewahrenswerten Werken gehören insbesondere Jahrtausende alte Überlieferungen, so etwa Buddhas Lehrreden, Konfuzes und Laotses Schriften, Sokrates überlieferte Worte und Gedanken durch seinen Schüler Platon, dazu gehören die Gesetzestafeln Moses und die Gerechtigkeitslehre der Thora.  Zu den 'heiligen' Texten gehört auch das Neue Testament und es gehören die Lehren Jesu dazu, insbesondere die Bergpredigt, ebenso der Koran wie auch die Person Mohammeds, der wir die 'göttlichen' Worte verdanken. Nicht zu vergessen sind auch die großen Schriften des Hinduismus, ebenfalls heute durch die Hindutva-Bewegung pervertiert. Aus der Neuzeit gehören aus dem 19. und 20. Jahrhundert Werke und Persönlichkeiten dazu, die in heutiger Zeit ebenso umstritten, weil umkämpft sind, wie es die großen Weisen der Vergangenheit  einst waren und jetzt zum Teil wieder sind! Manche dieser Namen sind heute tabuisiert und ihre Bedeutung ist in ihr sckreckeinflößendes Gegenteil verkehrt worden. So viel vermag in der Tat Propaganda oder PR, wie man heute sagt. Mögen all diese Texte Widersprüche aufweisen, die der Überlieferung geschuldet sein können. Eine kontextuale  Lesart wird stets den wahrhaften und gerechten Sinn ergründen helfen.

Heilig-integre als Ketzer verdammt und hingerichtet

Weil sie die Macht hinterfragt haben, mussten viele Große sterben vor der Zeit. Wir kennen die Ketzer aus dem Mittelalter, manche wurde verteufelt, andere zu Helden gemacht und zu Begründern einer neuer Lehre, wie etwa Martin Luther. Soviel vermag die MACHT. Später wurden einige von ihnen dann sogar förmlich heilig gesprochen, aber wenn es opportun schien auch wieder  mal in den Schmutz getreten. Die Bücher- und Menschenverbrennung der Nazis sind nur ein besonders krasses Exempel dafür.  Zur NS-Zeit waren die Juden u.a. auch deswegen Hauptfeindbild der Europäer unter deutscher Vorherrschaft**, weil sie eben lebendiges Zeugnis einer Gerechtigslehre waren, die damals, zu Beginn des letzten Jahrhunderts mit der Oktoberrevolution äußerst erfolgreich zu werden versprach.  Heute sind es die Muslime, ist es Mohammed, für den diese weltweit bluten müssen. Dessen kultur- und Gerechtigkeit-stiftendes Erbe wurde von den Herren der Welt ins teuflische Gegenteil verkehrt. Die blutrünstigen Islamisten**** segeln im Auftrag des Imperiums unter der in ihr perverses Gegenteil verfälschten Flagge des Islam. Ähnliches ist natürlich mit dem Chistentum geschehen seit es von Rom zur Staatsreligion erklärt wurde. Ganz besonders schlimm wurde es zur Zeit der Kreuzzüge zur Befreiung des Heiligen Grabes in Jerusalem und erst recht mit der Eroberung Lateinamerikas und der Niedermachung der dortigen Hochkulturen, die im Zeichen des Kreuzes geschah.

Die Israelis von heute machen im Auftrag ihrer Meister nichts anderes; auch sie maßen sich zu unrecht an, im Sinne Moses, der nachfolgenden Propheten und der altjüdischen Überlieferung zu handeln, die nämlich im Kern auf die Herstellung von Gerechtigkeit für alle Menschen zielt.

Heilige und ihre überlieferten Texte werden also mal entrückt, kanonisiert und für unberührbar erklärt oder eben entwürdigt, enthauptet, gekreuzigt, vergiftet, gepfählt und in den Schmutz getreten, wie man es  machtpolitisch halt braucht.

Sokrates: Schule der  freien Rede und  der Kritikfähigkeit 

Sich nun an in unseren Tagen an Sokrates direkt zu vergreifen, zielt auf das kritische Denken per se. An Sokrates hat sich bis I.F. Stone kam, meiner Kenntnis nach, noch keiner heran getraut. So wenig wie einer die 10 Gebote Mose direkt in den Schmutz zu werfen sich traute oder es heute einer wagen könnte, die Bibel öffentlichkeitswirksam in den Abort zu werfen, wie auf Guantanamo mit dem Koran geschehen, wie es von der Sache her täglich passiert.

Sokrates predigte  nun eben keine Moral, sondern, um es noch einmal hervorzuheben, war er Vorreiter einer Methodik im kritischen Denken. Er war Vorreiter der freien  und vor allem öffentlichen Rede.  Wenn einer nun gegen diesen Mann zielt, dann schrillen bei mir alle Alarmglocken, mag es sich bei seinem Verleumder nun um einen noch so verdienstvollen, ja selbst kritischen und wohlmeinenden Journalisten handeln. Wenn dieser jemand, dann noch posthum von imperialer Seite aus prominent vorgestellt wird, werde ich doppelt hellhörig.

Zu unterstellen, Sokrates habe das Recht zur freien Rede gering geachtet und es besser wissen zu wollen als dessen berühmte Schüler, als Platon allen voran, ist gelinde gesagt, ebenso vermessen, wie wenn Herr Obama sich hinstellt und in seiner jüngsten Rede zu Lage der Nation behauptet, die Welt wende sich in ihrer Bedrängnis hilfesuchend an Washington und nicht an Moskau oder Peking.

Das Vergangene ist aber  nicht vergangen, auch wenn auf amerikanisches Betreiben hin in Europa der Geschichtsunerricht abgeschafft wird. Auch ist das Ende der Geschichte nicht erreicht und wird, solange Menschen leben, auch nicht erreicht werden. In diesem Sinne:

  •  Es lebe Sokrates! 
  • Es lebe Griechenland! 
  • Es lebe die Gleichberechtigung unter den Völkern! 
  • Es lebe die Demokratie und die freie Rede!
  •  Nieder mit jenen, die andere bevormunden und beherrschen wollen! 
  • Es lebe der Geist der Freundschaft, der Schönheit und der Wahrhaftigkeit.
______
*Siehe etwa: u.a. http://www.ifstone.org/100birthday.php

**Auch in den USA gab es massiven Antisemitismus, siehe etwa: Philip Roth 2004: The Plot Against America. (Verschwörung gegen Amerika, dt. von Werner Schmitz, Hanser, München 2005, ISBN 3-446-20662-0)

 **** Eben höre ich im Radio, dass unser Außeminister Steinmeier fordert die Islamisten müssten bei den Syrienverhandlungen am Genfer Verhandlungstisch dabei sein, schließlich gäbe es nach fünfjährigen Kaämpfen keien moderate Opposition mehr. Das ist so als würde man Genral Joddl etwa als Vertreter der NS Regierung nach Potsdam geladen haben. Hier spricht die Stimme seines US-Herrn.

*** Manche sagen das sogar  über  die durchgeistigten  Madonnenbilder Botticellis, die wir gestern in der Berliner Gemäldegalerie sahen.

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