Monday, February 9, 2015

DFG-VK: Deutsche Waffen für Mörder und Folterer

Deutsche Waffen für Mörder und Folterer

Red. / 06. Feb 2015 - Peschmerga-General lässt Journalisten töten. Milizen «säubern» befreite Dörfer von Arabern – auch mit deutschen Waffen.
Der Kampf der Kurden gegen den «Islamischen Staat» (IS) wird seit einigen Monaten auch mit Waffenlieferungen aus dem Westen unterstützt. Deutschland hat unter anderem 500 Panzerabwehrraketen, 16'000 Sturmgewehre und mehrere Millionen Schuss Munition an die Peschmerga-Kämpfer im Nordirak geliefert. Kritiker hatten gewarnt: Die gelieferten Waffen könnten von den Peschmerga-Milizen zu Vertreibungen, gewaltsamer Unterdrückung und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen genutzt werden. Diese Befürchtungen scheinen sich jetzt zu bewahrheiten.
Journalistenmord und Foltergefängnisse
Ein ranghoher Parteifunktionär und Peschmerga-General wird verdächtigt, im kurdischen Nordirak einen Auftragsmord an einem regimekritischen Journalisten angeordnet zu haben. Bis Ende Dezember 2014 befehligte er einen der Frontabschnitte, die mit deutschen Waffen ausgestattet wurden. Das belegen Filmaufnahmen des ARD-Magazins «Monitor».
Der ermordete Journalist Kawa Garmyani hatte einen kritischen Artikel über Mahmud Sangawi geschrieben. Sangawi ist einer der Mächtigen im Land, Mitglied des Politbüros der Patriotischen Union Kurdistans und General bei den Peschmerga. Sangawi kam wenige Tage nach den «Monitor»-Recherchen im Irak in Untersuchungshaft. Er bestreitet, für den Mord verantwortlich zu sein. Doch Kawa Garmyani machte eine Tonaufnahme, als der General ihn am Telefon beschimpfte und mit dem Tod bedrohte. Kurze Zeit später wurde Garmyani im Hof seines Hauses aus einem Hinterhalt erschossen.
Recherchen von «Monitor» im Nordirak legen zudem schwere Menschenrechtsverletzungen durch Peschmerga-Milizen und die kurdische Führung nahe. So schildern zwei Journalisten, wie sie ohne Gerichtsbeschluss von Polizisten in Geheimgefängnisse gebracht und dort gefoltert wurden.
Deutsche Waffen ausser Kontrolle
Ob bei diesen Verbrechen auch deutsche Waffen im Spiel waren, ist nicht bewiesen, aber gut möglich. Die Bundeswehr im Nordirak weiss schon jetzt nicht mehr, bei welchen kurdischen «Kameraden» ihre Waffen landen. Das räumte der Sprecher der Bundeswehr vor Ort im Interview mit Monitor ein. «Wir können nicht verfolgen, wo die einzelnen Waffen hingehen. Wir haben keine Kenntnisse über die einzelnen Bataillone oder gar Kompanien, wo die Waffen sich befinden», sagte Bundeswehr-Presseoffizier Torsten Stephan.
Die Befürchtung, dass kurdische Milizen westlichen Waffen nicht nur im Kampf gegen den «Islamischen Staat» einsetzen könnten, ist real. Die Peschmerga ist keine einheitliche Armee. Die Truppen sind zwar im Peschmerga-Ministerium vereint worden, sie sind jedoch ihren jeweiligen Partei-Clans unterstellt, die in Kurdistan das Sagen haben. Die beiden rivalisierenden Parteien haben sich bis in die 90er-Jahre bekämpft.
Kurden zerstören arabische Dörfer
Politische Konflikte im Kurdengebiet könnten nach dem gemeinsamen Kampf gegen den IS wieder aufbrechen, dann aber mit deutschen Waffen. Die Krisenbeauftrage der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Donatella Rovera, berichtet von ethnischen Säuberungen an der kurdisch-irakischen Grenze und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Peschmerga. Milizen hätten ein arabisches Dorf mit Absicht zerstört und die Bewohner vertrieben, nachdem der IS das Dorf längst verlassen hatte. In einem anderen Ort beobachtete Rovera, dass nur kurdische Bewohner zurückgekommen waren. Man sagte ihr, dass die Araber hier nicht mehr willkommen seien.
Donatella Rovera äussert scharfe Kritik am Verhalten der Bundeswehr. Den Verbleib gelieferter Waffen nachzuverfolgen, «liegt in der Verantwortung jeder Regierung, die Waffen verkauft oder kostenlos weitergibt». Vor diesem Hintergrund sei das Verhalten der Bundeswehr «absolut falsch». Die Bundesregierung trage damit auch die Mitverantwortung für alle Verbrechen, die mit diesen Waffen begangen werden.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, fordert gegenüber «Monitor», dass die deutsche Hilfe an Peschmerga-Milizen in dieser Form nicht weiter geleistet werden dürfe, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. «Geheimgefängnisse, insbesondere Foltergefängnisse, müssen geschlossen werden. Das ist eine Voraussetzung für eine vernünftige und verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit einem Staat. Und da kann man auch keine Kompromisse machen.» Strässer kündigte entsprechende Anfragen an die Bundesregierung an.
Noch mehr deutsche Waffen für Kurden?
Die Bundesregierung antwortete auf Monitor-Anfrage, dass «Berichte über Verletzungen des humanitären Völkerrechts sehr ernst genommen» werden und wies auf die vereinbarte Endverbleibserklärung für Waffen und Rüstungsgüter hin. Es lägen «keine Erkenntnisse vor, dass die Regierung der Region Kurdistan-Irak von der unterzeichneten Endverbleibserklärung abweicht».
Am 29. Januar hat der Bundestag entschieden, dass die Bundeswehr bis zu 100 Soldaten in den Nordirak entsenden will. Sie sollen kurdische Einheiten für den Kampf gegen die Terrormiliz «Islamischer Staat» ausbilden. Zusätzlich denkt die Bundesregierung darüber nach, den kurdischen Peschmerga-Milizen noch mehr Waffen und Ausrüstung für den Kampf gegen den IS zu liefern.

 
Beste Grüße
 
Bernhard Völk

Themenbezogene Interessen (-bindung) der Autorin/des Autors

Keine.

Weiterführende Informationen

 «Monitor» vom 15.1.2015
 «UNO-Schutztruppe statt Waffenlieferungen» (Infosperber vom 1.9.2014)

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