Friday, October 3, 2014

Solidarität mit GAZA ist keine "antisemitische Hetze"

Gaza ist aus den Nachrichten verschwunden. Der Alltag
 im zerstörten zerschossenen Gefängnis ist
nicht mehr medienwirksam. Dass dort Menschen leiden, verzweifeln, ohne Hoffnung auf Besserung leben müssen, bleibt uns weitgehend verborgen. Auch den wenigen (?) kritischen Israelis. Unsere Freundin E. fragte bei den erregten Diskussionen mit Israelfreunden (am Rande der Kundgebung am 14.9. am Brandenburger Tor) immer wieder: "Ja, ich verstehe ja, dass Israelis Angst vor Angriffen haben. Doch was tut Israel für den Frieden?" Die Nachrichen, die wir über das Netz bekommen, zeigen: wenig, eher werden Spannungen erhöht, eher wird Macht und Gewalt ausgeübt, eher werden Ansätze zu Gesprächen blockiert durch weiteren Siedlungsbau, durch Polemik gegen die politischen Vertreter der Palästinenser, durch Verteufelung der Kritiker ("Antisemiten") statt durch Eingehen auf die Kritik. Wie kann das weitergehen? Wo sind in Israel und wo sind in unserer Politik die Ansätze, die zu Lösungen führen könnten? Was können wir tun, um die Menschen in Israel aus dieser lang eingeübten Rolle des sich selbst bemitleidenden Opfers herauszuholen und ihnen klar zu machen, dass sie Täter sind, die sich zu ihren Taten zu stellen haben.

Und hinter dem Rauchvorhang der Kriegshandlungen im Umfeld von Syrien und Irak und unberührt von Kritik aus allen Teilen der Welt fährt Israel fort, durch Blockade, durch Besatzung, durch Polizei- und Militärterror das Leben der Palästinenser im Gaza-Streifen und im Westjordanland einzuschränken, und die Hoffnung, soweit es sie überhaupt noch gab, auf Frieden, auf Zukunft zu zerstören. Aber das gelingt nicht! Die Palästinenser beweisen ein unglaubliches Maß an Beharrlichkeit, wie z.B. der Fall des Künstlers Read Issa aus Gaza zeigt, eines Künstlers, den wir vor einigen Jahren in Genf kennenlernten und dessen Entschlossenheit uns beeindruckte, als er trotz der Möglichkeit, weiter im Ausland zu leben und arbeiten nach Hause, ins belagerte Gaza zurückkehrte. Jetzt sehen wir ihn wieder, auf Fotos, vor den Trümmern seines Elternhauses, mit beschädigten Gemälden und immer noch voll Lebens- und Schaffenswillen.

Siehe http://electronicintifada.net/blogs/sarah-irving/gaza-artist-displays-paintings-rubble- bombed-home und
https://www.youtube.com/watch?v=Rnx_llkMWII

Hilflos? BDS kann nicht mehr ignoriert werden. Es zeigt zumindest die Wirkung, dass in den USA die AIPAC auf eine Gesetzgebung drängt, die die Unterdrückung von gegen Israel gerichteten Boykott-Maßnahmen ermöglichen soll.

 In diesem Zusammenhang soll auch das geplante Freihandelsabkommen TTIP dazu instrumentalisiert werden, europäische Unternehmen von BDS abzuschrecken:

The most powerful pro-Israel lobbying organization, AIPAC, is working on drafting legislation that would aim to counter the Boycott, Divestment, Sanctions (BDS) campaign against Israel, two sources familiar with the situation told BuzzFeed News.The legislation, which has not yet been introduced and has been in the process of being drafted for months, would aim to prevent U.S. companies from participating in the campaign without infringing on Americans’ First Amendment rights to political speech. It would also try to make the Transatlantic Trade and Investment Partnership being negotiated between the U.S. and E.U. conditional on whether the E.U. takes action to stop BDS.

(Quelle: http://www.buzzfeed.com/rosiegray/pro-israel-activists-aim-to-block-boycott-movement-with-legi?utm_term=4k3dxbj#23df9vf )

Wenn wir unsere Hilflosigkeit und unsere Wut gemeinsam mit unseren palästinensischen Freunden und mit kritischen Juden bei Kundgebungen in Kritik an Israel münden lassen, werden wir in unsäglicher Arroganz des „Antisemitismus“ geziehen. Dieter Graumann, der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, hat sich nicht gescheut, in einem Zeitungsinterview vor drei Wochen zu fordern, die Polizei solle doch bitte gegen diejenigen vorgehen, die sich im Internet kritisch zu Israel äußerten – die gäben ja dort sogar ihre Identität preis, so dass man sie leicht belangen könne.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert ein schärferes Vorgehen der Polizei gegen antisemitische Hetze im Internet. Viele, die im Internet gegen Juden "wetterten und Stimmung machten",  unter schrieben mit  ihren richtigen Namen, sagte der Präsident des Zentralrats, Graumann, der «Passauer Neuen Presse» am vergangenen  Samstag. «Es wäre gar nicht so schwer, sie zu belangen. Hier müssen die Ermittler konsequenter eingreifen.»
Graumann ergänzte: «Mir wird manchmal schlecht bei Ausmaß und Unverfrorenheit der Hetze in den Blogs. So viel Häme und Hass, die über mich und alle anderen Juden in Deutschland ausgegossen werden - das hat es noch nie gegeben.»

Ist das, worum  wir  kritischen Stimmen uns bemühen "antisemitsche Hetze"? Keinesfalls, eher scheinen die bedingungslose Solidarität des Zentralrates und der DIG sowie anderer mit Israel befreundeten  Organisationen angesichts der  Gewalt der Geschehnisse etwas Suizidales zu haben: Kluge Analysten sagen seit einiger Zeit, dass Israel dabei sei, sich selbst zu vernichten.

Viele Israelis spüren, dass die eigentliche Gefahr für Israel nicht von außen kommt, sondern von der eigenen Politik und dem  ihr eigenen Militarismus. verschuldet ist. Wir sind also nicht "antisemitisch", wir sind solidarisch mit den vielen Israelis und den vielen Juden außerhalb Israels, die voll Sorge auf den Weg blicken, den Israel eingeschlagen hat.

Wir würden auch  die Antisemitismusvorwürfe eher gelassen zur Kenntnis nehmen, wüssten wir nicht aus eigener Beobachtung (siehe Issa-Prozesses 2010, http://www.themen.palaestina-heute.de/Issa-Prozess/issa-prozess.html ), dass es viel Kraft und Geld kostet, sich wieder aus den Fängen einer zur Anklage gewordenen Beschuldigung zu befreien. Im Falle der Filmemacher Stefanie Landgraf und Johannes Gulden  ("Wir weigern uns Feinde zu sein") ging der Versuch, sich gegen den absurden Vorwurf des Antisemitismus zu wehren, keineswegs  glimpflich aus. Die beiden konnten sich das finanzielle Risiko einer Revision des erstinstanzlichen Urteils einfach nicht leisten . Siehe unter: http://www.literatur.palaestinaheute.de/Filme/Wir_weigern_uns__Feinde_zu_sei/wir_weigern_uns__feinde_zu_sei.html  Der Film ist jetzt  leicht verändert in einer Kinoversion unter dem Titel "Liebe Grüße aus Nahost" zu erhalten: http://www.terramedia-online.de/aktuelles/unsere-filme/liebe-gruesse-aus-nahost.html

Wir  versuchen unbeirrt, Menschen aufzuklären über das wirkliche  Geschehen in Nahost,  über die Situation der Palästinenser auch  in Israel, die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen.


Renate und Frank Dörfel
Breisgauer Str. 7
14129 Berlin
030-80582724
www.palaestina-heute.de

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