Bericht über eine Tagung zum Gedenkens an die Besatzung der „Rest-Tschechei“ 1939 vom 14. - 16. März von I. Eckert
Pünktlich zum 75. Jahrestag der
Besatzung Prags durch das NS-Militär organisierten „Soldaten gegen den Krieg“ unterstützt vom Weltfriedensrat (WFR) eine „Tagung gegen
Gewalt und Krieg“ am historischen Ort.
Der Ort war in der Tat gut gewählt, nicht nur um
der unvergleichlichen Schönheit der alten Kaiserstadt Willen. Prag ist für Friedenskräfte
von hoher symbolischer Bedeutung. Mit wieder gewonnenem Zuvertrauen
kehrt die internationale Friedensbewegung im Jahr des Gedenkens an
zwei Weltbrände zurück an ihren Ursprungsort. Iraklis Tsavaridis, Generalsekretär des WFR erinnerte daran: Es war in Prag und
Paris zugleich, wo sich vor genau 65 Jahren die Partisanen des
ersten Weltfriedenskongresses versammelten. Völkermorden sollten
künftig umöglich gemacht werden. Bald darauf
wurde in Warschau der Weltfriedensrat aus der Taufe gehoben. Die UN-Charta bot seit 1945 ein wertvolles Instrument zur Erhaltung des Weltfriedens. Sie bleibt uns als wertvolles, verteidigungswertes Dokument erhalten.
Im großen friedensbewegten Jahr 1983
fand in der einstmaligen Kaiserstadt Prag am Fuße des Hradschin die
„Weltversammlung der Friedenskräfte“ statt. Tausende waren
damals – ungeachtet kalter Kriegsdrohungen - aus allen Ecken des
Planeten in die böhmische Metropole geströmt. Eine Woche lange bot
das Volk der damaligen CSSR den Friedensarbeitern seine großzügige
Gastfreundschaft an. Nach dem für alle Erdbewohner schlimmen Ende
der sozialistischen Staatengemeinschaft war 25 Jahre lang Schluß mit
Friedenskonferenzen im schönen Prag. Beinahe wäre auch der
Weltfriedensrat, wie so viele wertvolle internationale NGOS, der
Versenkung anheimgefallen.
Es sollte anders kommen. Der mutige
Einsatz von friedensbewussten Menschen und Völkern in Asien Lateinamerika und an der europäischen Peripherie wusste dies zu verhindern.
Dennoch ist auch im krisengeschüttelten Gedenkjahr 2014 für die Organisation einer Anti-Kriegstagung im heutigen Tschechien immer noch Zivilcourage von Nöten.
Den Organisatoren vor Ort, insbesondere Ex-General Michael Gondek
und Ex-Oberst Jiri Bures gebührt daher herzlichen Dank dafür, dass
sie allen Anfeindungen zum Trotz, die internationale Begegnung
möglich gemacht haben. Auch dem kommunistischen Vertreter der
Munizipalität Petr Šimůnek ist zu danken und der Parlamentsabgeordneten der KP Böhmens und Mährens Marta Semelová, die im Namen ihrer Fraktion ihre Grußworte überbrachten. Dank an alle, die Räumlichkeiten und Verpflegung zur Verfügung stellten und die TeilnehmerInnen einen
Tag lang nach Lidice, dem Ort des niemals zu Vergessenden,
begleiteten.
Die Veranstalter haben sich die
wichtige Aufgabe gestellt, das Vergangene Unheil der Okkupation, die
Massaker an völlig unschuldigen Menschen, auch an politisch
Indifferenten, nicht im Dunkeln zu belassen. Der Jugend gegenüber
sei man es schuldig, an die historischen Tatsachen zu erinnern.
Mediale und institutionelle Einflüsse und die noch wirksamere
Anpassungspeitsche Arbeitslosigkeit erzeugten die Bereitschaft zur
geistigen Kapitulation vor einem Gegner, der nicht mehr als solcher
erkannt werde. Man hätte sich damals nicht widersetzen sollen und
dürfe es auch heute nicht tun, lautet das Fazit solcher neu-alter
Indoktrination. Den Deutschen gehe es ökonomisch gut, sie brächten
Arbeit und Wohlstand, also müsse man nachgeben, hätte es auch damals
tun sollen. Das wäre vorteilhafter gewesen, meinen heute manche.
Die Wahrheit sieht anders aus wie
Lidice lehrt. Die Briten haben, nachdem sie am 29. 09. 1938 in München
kapituliert hatten und gemeinsam mit Frankreich und Italien das
Sudetenland and die NAZIS ausgeliefert haben, mit dazu beigetragen, großes Unheil über
die prosperierende Tschecheslowakei zu bringen. Die junge Republik, Ergebnis der Neuordnung nach dem ersten Weltkrieg, eine der
wenigen Republiken im damaligen Europa überhaupt, wurde amputiert. Der Vorwand
war „Schutz“ für die deutsche Minderheit bieten zu müssen. Die
Sudetendeutschen wurden gleich für die Wehrmacht rekrutiert, Tausende
Menschen aus ihren Lebensverhätltnissen gerissen, sie mussten ihre
Heimat verlassen. Betroffen von den deutschen "Schutzmaßnahmen" waren
deutsche Antifaschisten, jüdische Einwohner und Angehörige der
tschechischen Minderheit. Die Briten haben den geflohenen
Staatspräsidenten Benes aufgenommen und manch andere Flüchtlinge. Kurze Zeit später nach der
„Zerschlagung der nicht mehr lebensfähigen 'Rest-Tschechei'" durch
die Truppen der Hilterarmee am 15. März 1939 nahmen sie auch
tschechische Offiziere auf. Zwei von ihnen wurden trainiert für ein
Attentat auf den „Reichsprotektor“ Heydrich, der an den Folgen ihres Attentats verstarb. Was folgte war die Zerstörung des Dorfes LIDICE als pure Vergeltungsmaßnahme, als abschreckendes Beispiel. Das
Dorf in der Nähe der ehemaligen tschecheslowakischen Hauptstadt Prag
wurde vollkommen dem Erdboden gleich gemacht. Selbst von der
Dorfkirche existierte nur noch die Türe. Die männlichen Bewohner
wurden gleich erschossen. Die Frauen nach Ravensbrück verschleppt,
die Kinder hatte man ihnen vorher weggenommen, alle. Die meisten Kinder
kamen durch nazigerechte Behandlung um. Einige, weil blond und
blauäugig, wurden zur Germanisierung freigegeben. Einer von ihnen, heute
Bürgermeister der nach dem Kriege neu erbauten Siedlung Lidice,
wurde von einer deutschen Familie in Oberweiß adoptiert. Die neuen
Eltern wussten nichts von Lidice. Der Knabe wurde nach der Befreiung von Suchdiensten
gefunden, seiner Mutter zurückgegeben und erzählt heute vor Ort
seine Geschichte den interessierten Besuchern.
Einverständnis herrschte unter den
Tagungsteilnehmern darüber, dass niemals ein bestimmtes Volk
als Gegner ausgemacht werden dürfe,
auch dann nicht, wenn Tausende dem Regime eines Aggressors applaudieren. Der „Gegner“ sei
systemischer Natur, aber darum um so gefährlicher. Sein Name laute
„Imperialismus“. Gemeint sei der unersättliche, gesetzmäßig zu ergründende Drang des krisengeschüttelten Kapitalismus in der
Phase seines Niedergangs, sich andere Länder einzuverleiben, um der
Rohstoffe und Märkte und um geostrategischer Vorteile willen.
Die Geschichte müsse aufgearbeitet und
begriffen werden, meinte Josef Skala, Autor mehrerer Bücher zum Thema. Man dürfe in Bezug auf die
Aufarbeitung der Geschichte auch keine kompromisslerischen
Lügengeschichten dulden. Das vielbeschworene polnische Katyn sei ebenfalls ein Verbrechen der Nazis gewesen.
Dafür gebe es mannigfache Beweise, die zur Kennnis zu nehmen seien.
Die Wiederkehr des Faschismus, meinte Skala mit Bezug auf die
jüngsten Ereignisse in der Krim, sei die ernsteste Mahnung
dahingehend „geschichtsrevisionistischen Opportunismus“ nicht zu
dulden.
Auch die Beugung von Recht und Völkerrecht
dürften nicht hingenommen werden. Die wichtigste Aufgabe von
Friedenskräften bestehe darin, angesicht massenmedialer
Verunstaltung der Wahrheit, die nichts mehr mit einer nüchternen an der Realität orientierten Berichterstattung zu tun habe, für
Aufklärung zu sorgen.
Die Veranstalter waren dankbar dafür, dass
auch aus Deutschland immerhin drei Vertreter gekommen waren, so
Bärbel Schindler-Saefkow für den Deutschen Friedensrats, Karlheinz
Wendt für die Gesellschaft für Bürger und Menschrechte,
Mitglied des Europäischen Friedensforums und die Berichterstatterin
für den Arbeitskreis für Friedenspolitik – atomwaffenfreies
Europa e.V.
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