Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr
geehrter Herr Minister, sehr geehrter Herr Bundespräsident,
mit Bestürzung haben wir den für die
Zukunft unseres und anderer Länder bedrohlichen Tenor Ihrer Reden
auf der Münchner „Sicherheitskonferenz“ zur Kenntnis genommen.
Ihren Ausführungen zufolge soll
Deutschland wieder eine Großmachtrolle einnehmen und sich durchaus
auch bewaffnet in fremde Händel einmischen dürfen. Unter dem
Vorwand einer völkerrechtlich höchst umstrittenen
„Schutzverantwortung“ soll uns die moralische Pflicht auferlegt
werden, Menschenrechte in anderen Staaten militärisch zu
„verteidigen“ und zwar in noch erheblicherem Umfang als das
bereits geschieht. „Man könne doch nicht einfach wegsehen oder
gleichgültig beiseite stehen“, meint Frau von der Leyen.
Werte Frau von der Leyen, auch wir
sehen weder weg, noch stehen wir gleichgültig beiseite.
Wir müssen aber widersprechen, wenn
mit Hilfe demagogischer Tricks die Menschen unseres Landes
getäuscht werden. Wir müssen ganz entschieden Einspruch erheben,
wenn unter Missbrauch unseres menschlichen Mitgefühls Verfassungs-
und Völkerrecht als belanglos beiseite geschoben werden. Als
verantwortungsbewusste Bürgerinnen werden wir dazu nicht schweigen.
Wir sind berufserfahrene Frauen und
Mütter. Als Mitglieder der ältesten internationalen
Frauenfriedensorganisation* mit Beraterstatus bei den Vereinten
Nationen blicken wir auf unserer diesjährigen
Jahreshauptversammlung des deutschen Zweiges in Berlin auf 100
Jahre Geschichte zurück. Wir sehen, dass weder die Sicherheit
unseres Volkes, noch das kodifizierte Menschenrecht, noch das
Wohlergehen anderer Völker durch den Ausbau des Militärapparats,
den Export von immer mehr und immer zerstörerischen Waffen oder gar
durch militärische Intervention in die inneren Angelegenheiten
souveräner Völker zu gewährleisten sind.
Wir sind weder naive Pazifistinnen
noch sind wir „weltabgewandt oder bequem“. Wir sehen also
keinesfalls „gleichgültig“ weg, wo Menschenrechte missachtet
und mit Füßen getreten werden. Unsere Mitglieder engagieren sich
weltweit, im nationalen wie im internationalen Rahmen, für die
Wahrung von Recht und Menschenrecht und für die Einhaltung der
internationalen Charta der Menschenrechte, insbesondere auch durch
Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtsrat in Genf.
Wir sehen als Realistinnen und als
Kennerinnen von Recht und Völkerrecht, dass der Einsatz
militärischer Gewalt, sofern er nicht der Landesverteidigung dient,
grundgesetzwidrig ist.
In der Vergangenheit hat militärische
Gewalt nichts, aber auch gar nichts zum Besseren der Menschen
erreicht, weder hierzulande, noch in den jeweiligen Einsatzgebieten.
Das gilt für den Balkan, das gilt für Afghanistan, das gilt für
den Nahen Osten und für afrikanische Staaten. Das gilt überall, wo
deutsche Waffen, deutsche Logistik, deutsche Soldaten zum Einsatz
kamen.
Wir sind als Lehrerinnen,
Politikwissenschaftlerinnen, Juristinnen, Historikerinnen,
Sozialarbeiterinnen und Frauen aus weiteren Tägigkeitsbereichen der
festen Überzeugung, dass unserer und aller Sicherheit am meisten
damit gedient ist, indem wir die reichlichen Ressourcen unseres
Landes für den Ausbau der zivilen Infrastruktur einsetzen. Wir
treten dafür ein, unser Know How, insbesondere in den Bereichen
Konfliktprävention und ziviler Konfliktlösung anderen zur
Verfügung zu stellen. Wir treten ein für aktive Flüchtlingshilfe
und vor allem dafür, dass durch wirkliche, und zwar zivile
Entwicklungszusammenarbeit den Flüchtlingsdramen vor Ort vorgebeugt
wird. Der Einsatz von mehr Soldaten und militärischer Logistik ist
dagegen kontraproduktiv.
Unsere Frauenorganisation wandte sich
bereits Ende der 1940er Jahre erneut mit warnender Stimme an die
Öffentlichkeit, damals noch bevor Deutschland wieder
remilitarisiert wurde und in das transatlantische Westbündnis
einbezogen werden sollte. Heute ist die Situation allerdings
zugespitzter. Wir warnen daher auch heute wieder vor der Verdrängung
und Verleugnung unserer deutschen Geschichte und wiederholen die
eindringlichen Worte unserer Vorgängerinnen:
„Soll sich das Vergangene
wiederholen? Begann es nicht auch damals mit der Vorbereitung der
Wiederaufrüstung? Auch damals sollte der Friede durch „Aufrüstung“
gesichert werden … Soll jetzt auf dem Trümmerfeld, das von Hitlers
Rüstungen in Deutschland nachgeblieben ist, von neuem mit
Militarismus und Rüstungen experimentiert werden? Schon wieder sind
Presse und Rundfunk dabei, die geistigen Voraussetzungen … zu
schaffen.“
Wir fordern mit den Stimmen unserer
Vorgängerinnen:
„Die Jugend (ist) im Geiste der
Völkerversöhnung und der Achtung vor jedem Menschen zu erziehen,
ihre schöpferischen Instinkte (sind) zu wecken anstelle von
Kriegs-und Heldenverehrung.“
Wir fordern also wie 1949 von der
deutschen Regierung, insbesondere von Ihnen, Frau von der Leyen als
Verteidigungsministerin, von Ihnen, Herr Steinmeier als
Außenminister und von
Ihnen, Herr Bundespräsident, den unser Grundgesetz zur Neutralität
verpflichtet, mit den Stimmen unserer Gründerinnen „den
unmissverständlichen Verzicht auf machtpolitische Ansprüche“.
Wir erwarten von Ihnen „die
Zurückweisung jeder Art von Remilitarisierung“. Treten Sie ein
dafür, dass von deutschem Boden - 100 Jahre nach Beginn des großen
Völkermordens - nur mehr Frieden ausgeht.
(Eine Kopie der historischen
Flugschrift wird beigelegt.)
*Die
Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit, hervorgegangen
aus der Frauenwahlrechtsbewegung ,wurde 1915 während des ersten
Weltkriegs aus der Taufe gehoben. Aus ihren Reihen sind später
mehrere Frauen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden Jana
Adams, Emily Green Balch, Alwa Myrdal, Maread Maguire
JHV der Internationalen Frauenliga für
Frieden und Freiheit (IFFF) deutscher Zweig zu Berlin am 15. 02. 2014
korrigierte und genehmigte Fassung
No comments:
Post a Comment