Station 11 der Via Dolorosa: En Hod ein israelisches Künstlerdorf - Ayn Hawd ein palästinensisches Phantomdorf
Foto: A. Kunert |
- Neben den renommierten, mit Nationalpreisen dotierten Künstlern der Kolonie En Hod gibt es auch solche Kreative, die ihr Wissen um Ayn Hawd nicht verbergen. So die Architekten Sabine Horlitz und Oliver Clemens. Ihr Projekt fordert unter dem Titel "Spatial Justice for Ayn Hawd" die Rechte der arabischen Dorfbewohner ein. Sie bestätigen, was wir auch vom arabischen Bürgermeister der kleinen Gemeinde vor Ort gehört haben.
- Die freie Residenzwahl wird der arabisch-palästinenischen Minorität, die nach dem Krieg auf israelischem Territorium verblieben ist, vorenthalten. Ungefähr 100 000 Personen leben in solchen "nichtanerkannten Dörfern", die vom Staat Israel für illegal erklärt wurden. Elementare Versorgungseinrichtungen wie etwa Elektrizität, Wasser, Straßen werden den Bewohnern vorenthalten, ein Autonomiestatus wird ihnen verweigert. Offiziell existieren diese Orte einfach nicht. Die verschiednen Formen privater Besitzansprüche von palästinensischer Seite auf das betreffende Land werden mit dem Anspruch "Jüdisches Nationaleigentum" abgewehrt. Die palästinensischen Anwohner sollten demnach in in sogenannte "townships", in neu zu bauende Städtesiedlungen transferiert werden.
- Im Zuge des 1948 Krieges vertrieb die israelische Armee zwischen 650 bis 950 Einwohner des 900 Jahre alten muslimischen Dorfes Ayn Hawd. Der Staat Israel konfiszierte das Land.
- Landbesitz in unmittelbarer Nähe ermöglichte es der Familie von Abu Hilmi sich in der Nähe niederzulassen, in der Hoffnung auf baldige Rückkehr. Mit der Beendigung des Krieges änderten sich die Methoden de Besatzer. Der militärischen Aushebung des alten Dorfes folgte die legalisierte Enteignung mit der der Status quo nach dem Kriege festgeschrieben wurde. Das ehemalige Palästinenserdorf Ayn Hawd wurde umbenannt in En Hod. Seit 1953 wurde es zu einer Artistenkolonie umgewandelt und als Zentrum für israelische Kulturproduktion gefördert, während die Versorgung mit lebenswichtiger Infrastruktur den Heimatvertriebenen ganz in der Nähe verweigert wurde.
- Das "Law of Absentee Property" aus dem Jahre 1950 verhindert die Rückkehr dieser Menschen. Der Besitz der Vertriebenen, die zu dieser Zeit nicht auf ihrem Land anwesend waren, wurde für illegal erklärt und gleichzeitig "legaler" Besitz des Staates Israel. Die Flüchtlinge im Lande wurde zu "anwesenden Abwesenden" erklärt, was den Verlust verschiedener Bürgerrechte nach sich zog.
- Bauen in Ayn Hawd ist gegen das Gesetz. Die Gegend um Ayn Hawd wurde mal als Landwirtschaftsgebiet dem Karmel-Nationalpark zugerechnet, mal als militärisches Nutzgelände ausgewiesen, niemals aber als Siedlungsgebiet für Menschen palästinensischer Herkunft.
- Ursprünglich haben die Bewohner des Vertriebenendorfes Ayn Hawd sich selbst versorgt, aber die Judaisierung des Landes, Maßnahmen wie die Pflanzung schnell wachsender Zypressen und das darauf folgende Absterben der Olivenbäume, sowie das Verbot der Nutztierhaltung verunmöglichen ihnen am Ende die Autarkie.
- Das Architekten-Paar Clemens/Horlitz sieht eine zukünftig gerechte Verteilung von Land vor. Sie akzeptieren in ihrem Projektentwurf aber als Ausgangspunkt die real-exisitierende Raumverteilung, problematisieren aber die staatlicherseits vorgelegten Entwicklungspläne, die etwa das Künstlerdorf En Hod systematisch begünstigen, wie alle israelischen Siedlungen.
- Sie legen ein alternatives Bebauungskonzept Konzept vor, dass gewisse lebensnotwendige Infrastrukturmaßnahmen vorsieht, so einen Kindergarten, den Ausbau der provisorischen Schule, ein Kulturzentrum, die Absicherung der Wasser- und Abwasserversorgung.
CONTACT: Sabine Horlitz / sabine.horlitz@gmx.net
PROFESSION: Architecture CODE: osch
Unser Gespräch mit dem Bürgermeister des Ortes, einem weltbewanderten Mann vom Schlage eines Daoud Nasser, der im Westjordanland einen vergleichbaren Überlebenskampf führt, lässt wenig Raum für Hoffnung auf baldige Realisierung solche Pläne.
Awn Hawd scheint trotz bester internationaler Vernetzung ein dem Untergang geweihter Ort. Der unermüdliche Kämpfer für die Überlebensrechte seiner Leute wirkt heute recht entmutigt. Auf einem geräumigen Tisch in seinem verwaist wirkenden "Ausflugslokal"liegen Visitenkarten aus aller Welt. Die Welt, die hier zu Gast war, schweigt oder verfügt über zu wenig Einfluss.
Immerhin haben sich die Bewohner eine inoffizielle Duldung ihrer Gemeinde erkämpft und das Ringen um eine bessere Zukunft hört nicht auf.
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