Im Gedenken
an die leidvollen Jahre Palästinas ein Beitrag von Irene Eckert
27. Juni 2017
„Hundert Jahre
Balfour-Deklaration, 70 Jahre UNO-Resolution für einen jüdischen
Staat, 50 Jahre Sechstagekrieg – für Israel und die jüdische Welt
ist 2017 ein ganz besonderes Jahr. Da drohte ausgerechnet das
Jubiläum ein wenig in Vergessenheit zu geraten, das am Anfang dieser
historischen Ereignisse steht: der Erste Zionistenkongress, der vor
120 Jahren in Basel stattfand.“
So lapidar, so parteiisch blickt die
Jüdische Allgemeine Zeitung auf Ereignisse von unermesslich
leidvoller Tragweite.
Auch Deutsche Templer feiern (!) ein
fast rundes Jubiläum. Sie waren sogar schon 1871, zu Beginn des
Wilhelminischen Reiches nach Palästina gekommen
und „wollten im damaligen Osmanischen Reichsgebiet die «echten
christlichen Werte» zurück ins Heilige Land bringen. Mit deutschem
Fleiß und moderner technischer Ausrüstung bauten sie an mehreren
Orten landwirtschaftliche Siedlungen auf, unter anderem in Haifa,
Jerusalem und Bethlehem in Galiläa. Es heißt, ihre Methoden hätten
später auch den jüdischen Zionisten als Vorbild gedient.“
„Ein Land ohne Volk für ein Volk
ohne Raum“
Der frühe Zionismus mit der Vision
Palästina zu besiedeln, beginnt bald darauf um 1880 und trägt den
Namen des Wiener Journalisten Theodor Herzl. Mit seinem gleichnamigen
Buch „Der Judenstaat“ erfand er das spätere israelische
Staatsgebilde, das 1948 schließlich auf fremder Erde formell
konstituiert wurde. Der im Alter von 44 Jahren unvermittelt früh
verstorbene Wiener Journalist ortete dort - im Herrschaftsraum der
Osmanen - „ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Raum“
. Er leitete mit dieser präfaschistischen Losung und mit
Rückendeckung der Rothschilds den 1. Baseler Zionistenkongress. Von
hier aus nahm das Unheil für die palästinensische Bevölkerung
seinen Lauf. Die Betroffenen sollten der für sie daraus erwachsenen
Katastrophe den arabischen Namen 'Al Naqba' geben.
Gier nach Öl, Balfour-Deklaration:
„Jüdische Heimstätte“
Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts kam
mit der Gier nach Öl und 'Neuland' der Erste Weltkrieg. Die
Kolonialmächte England und Frankreich lagen im Konflikt mit dem
Wilhelminischen Deutschland und mit dem diesem verbündeten
Osmanenreich. Einflusssicherung über den Nahen Osten war damals wie
heute eine Angelegenheit von höchster geostrategischer Bedeutung. Am
2. November 1917, kurz nach Beginn der Oktober-Revolution, sandte
der britische Außenminister Sir Arthur Balfour einen Brief an den
Oberhaus-Abgeordneten Baron Walter Rothschild. Das Brief-Dokument
ging als Balfour Erklärung in die Geschichte ein und hatte
weitreichende Konsequenzen.
Hiermit erklärte sich Großbritannien einverstanden mit
dem 1897 festgelegten Ziel des Zionismus, in Palästina eine
„nationale Heimstätte“ des jüdischen Volkes zu
errichten. Dabei sollten die Rechte bestehender nicht-jüdischer
Gemeinschaften vorgeblich gewahrt bleiben. Die einheimischen Araber
wurden noch gegen die Türken gebraucht. Die britische
Regierung unter Lloyd George versprach sich von der Zusage
an die zionistische Bewegung Vorteile in der Mobilisierung
zusätzlicher Ressourcen während des Krieges und auch langfristig
strategischen Gewinn.
Lange vor dem geschichtlichen
Auftritt der Nazis also wurde mittels der diplomatischen Epistel
die Gründung eines Judenstaates anvisiert, einer 'Zufluchtstätte'
für Juden. Die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Europa,
die als migrationswillige Flüchtlinge das in Frage kommende Land
beglücken sollten, hatte noch nicht in großem Umfang eingesetzt.
Wohl aber schuf die Eroberung von Be’er Scheva unter dem
britischen General Edmund Allenby am 31. Oktober 1917
Fakten vor Ort. Die Landnahme Palästinas durch britische Truppen
hatte eingesetzt und sollte bis Dezember vollendet sein.
Auch waren die Rotschilds in Palästina
rührig und eifrig dabei Eigentumstitel zu erwerben. Aufgabe des
aus Russland stammenden Chemikers und Sprengstoffexperten
Chaim Weizman, Freund des Hauses Rothschild, war es, den Briten
ihr Interesse an der zionistischen Bewegung schmackhaft zu machen.
Das dafür noch erforderliche Land hofften die Engländer den Türken
nach dem absehbaren, vollständigen Sieg abzuluchsen. Mit der
jüdische Kolonisierung Palästinas würde ein Pfahl ins Fleisch der
arabischen Nation getrieben, deren eigene nationale Bestrebungen
geleugnet bzw. bekämpft wurden und zwar ungeachtet der britischen
Beschwichtigungen und anti-osmanischen Allianzen, auf die die
Kolonialisten zunächst noch angewiesen waren. Weizmann lockte im
November 1917 wie schon vor ihm Theodor Herzl außerdem damit, dass
der Zionismus als antirevolutionäres, antikommunistisches Bollwerk
verwendungsfähig sei.
Die wichtigste Schützenhilfe, die die Zionisten dem britischen
Imperialismus anboten, bestand also vorläufig in der Unterstützung
der Gegenrevolution vor allem in Russland. Revolutionär gesinnte,
arme Juden sollten massenhaft für die Emigration nach Palästina
abgeworben werden.
Die falsche Vision Herzls machte ihn
blind
Völlig von seiner Vision vom
künftigen jüdischen Staat beherrscht, lässt sich Herzl so weit
gehen, dass er eine Verschärfung der Verfolgungen herbeisehnt, damit
das Volk für seine „große Idee“ reif werde: „Wir müßten
noch tiefer hinuntersteigen, wir müßten noch tiefer fallen, noch
mehr Beleidigungen ertragen, noch mehr geschlagen werden, verachtet,
geplündert und mißhandelt werden als das heute mit uns geschieht,
damit wir frei werden für die Idee,“
so zitiert Eli Lobl den zionistischen Wiener „Visionär“.
Mit der für alle Betroffenen
verhängnisvollen Vernichtungspolitik wurde mit Hilfe des Zionismus
die Verschärfung des Antisemitismus eingeläutet und ein
neokoloniales Siedlerprojekt aus der Taufe gehoben.
Neo - kolonialistische
Siedlungspolitik Schritt II: UN-Teilungsplan
Ähnlich anmaßend wie der Brief des
amtierenden Außenministers Balfour an den Bänker Rothschild war
allerdings 30 Jahre später der sogenannte UN- Teilungsplan für
das ehemalige Mandatsgebiet im November 1947. Die noch jungen
„Vereinten Nationen“ verloren ihre Unschuld als sie sich unter
massivem Druck auf den völkerrechtswidrigen Ratschluss einigten,
Palästina die Teilung anzuempfehlen. Der kleineren Menschengruppe
zugewanderter jüdischer Siedler wurde der größte Teil des
'Heiligen Landes' zugesprochen.
Die Rechte der Mehrheitsbevölkerung wurden damit entschieden
verletzt, denn 56,4 Prozent Palästinas wurde dem jüdischen
Bevölkerungsteil anheim gestellt, inklusive Neueinwanderer also
insgesamt 33 Prozent der Bevölkerung. Sie besaßen nur 5,6 Prozent
des Gebietes.
Die bereits begonnene Enteignung und Vertreibung der
Palästinenser wurde von nun an intensiviert und der
völkerrechtlich legitime Widerstand gegen Entrechtung und Terror
spiegelverkehrt nun als Terror stigmatisiert.
Das berüchtigste Beispiel für die brutale Gewaltanwendung, die
der Staatsgründung Israels im Mai 1948 vorausging, bleibt
symbolträchtig das Blutbad zionistisch-terroristischer Banden von
Deir Yassin mit der völligen Zerstörung des nahe Jerusalem
gelegenen Dorfes am 9. April 1948. Der Leiter des Internationalen
Komitees des Roten Kreuzes besichtigte die Ruinen von Deir
Yassin zwei Tage nach dem Massaker an der unbewaffneten
Zivilbevölkerung. Er schätzte, dass 350 Einwohner, Männer, Frauen
und Kinder ermordet worden waren.
Mitglieder der Terrorgruppen sollen 25 Leichen auf den Müllplatz
des Dorfes geworfen haben.
Die eigentlichen Verursacher dieses
und des nachfolgenden Terrors gehen bis heute straflos aus. Die
Opfer der auf solche Weise forcierten Vertreibungs-, Besatzungs- und
Neu-Besiedelungs-Politik tragen keine Schuld an ihrem Verhängnis.
Sie waren unbeteiligt am Schicksal des jüdischen Volkes. Weder
tragen sie die Verantwortung für die von britischen Imperialisten
angestifteten Pogromen im zaristischen Russland, noch für die von
der Weltgemeinschaft geduldeten Verbrechen der Nazis. Wie der
britische Autor Alan Hart überzeugend darlegt, haben nicht nur die
Nazis mit den zionistischen Führern kollaboriert.
Der schließlich bis zur physischen Vernichtung gesteigerte
Antisemitismus war das Preisgeld, das die jüdische Bevölkerung zum
Auswandern ins 'Biblische Land' „motivieren“ würde. Den
jüdischen Opfern solch menschenverachtender Machtpolitik stehen jene
des palästinensischen Volkes nicht nach. Das einst kulturstiftende
Volk der Araber in Palästina ist nunmehr seit annähernd 100 Jahren
einer erbarmungslosen, imperialistischen Politik der Landnahme und
Herrschaftsausübung über den gesamten Nahen Ostens ausgesetzt. Das
Leid der Palästinenser wird unterdessen medial kaum noch
wahrgenommen und scheint sich heute im Schatten des allgemeinen
Terrors täglich noch zu intensivieren.
NS-Verbrechen öffnen das Tor für
weitere Verbrechen
Die Verbrechen an der jüdischstämmigen
Bevölkerung Europas öffneten das Tor endlich weit für die vom
imperialistischen Westen gewollte, forcierte Masseneinwanderung nach
Palästina und dienten der schließlichen Gründung des Judenstaates.
Vor diesem großen Unheil war das „heilig“ gesprochene Land
keinesfalls das Land der Verheißung für moderne, westlich
orientierte Bürger jüdischer Religionszugehörigkeit. Ihr
Sehnsuchtsort nach Ausbruch der Massenverfolgung blieb vielmehr nach
wie vor Amerika, das allerdings damals wie heute seine Tore
weitgehend verschloss und auch andere – unter dem Einfluss
zionistischer Führer dazu anhielt, es ihm gleich zu tun.
Die Vereinigten Staaten hatten nach dem II. Weltkrieg die Briten in
ihrer Führungsrolle abgelöst – der Einfluss der Zionisten blieb
ungebrochen.
Der sechs Tage-Krieg, weitere
Landnahme und verschärfte Repression
Während die Mehrheitsmedien weltweit
die Sicht der Bewohner Israels auf die immer weitere Zuspitzung der
humanitären Krise spiegeln, von der das palästinensische Volk
heimgesucht wird, breitet sich mit dem Sechstagekrieg im Juni 1967
die illegale Landnahme des kleinen Davids krakenhaft weiter aus. Am
Ende des von Israel präventiv begonnenen Krieges kontrolliert der
jüdische Staat völkerrechtswidrig den Gazastreifen,
die Sinai-Halbinsel, die Golan-Höhen,
das Westjordanland und Ostjerusalem. „Der Ausgang
des Krieges beeinflusst die Geopolitik der Region bis zum
heutigen Tag“ heißt es bei Wikipedia. Seither überziehen immer
neue israelische Kriege unter immer neuen Vorwänden und mit Hilfe
schönfärberisch-zynischer Losungen, mittels völkerrechtswidriger
Waffen geführt, die Region. Seit 1975 wurde der Libanon fast schon
routinemäßig Opfer israelischer Aggression. Die überfallartigen
Feldzüge wurden medial bestenfalls als Bürgerkrieg präsentiert
und galten den dort Schutz suchenden Palästinensern. Sabra und
Schatila
ist ein weiteres Symbol israelischer Grausamkeit im Bunde mit den
Falangisten des Libanon. Im Sommer 2006 gab es allerdings erstmals
einen „Krieg ohne Sieger zwischen Israel und der Hisbollah“
so Jürgen Teichmann vom Deutschlandfunk in einer Reflexion 10
Jahre danach. Ein weiterer Krieg
sei aber nur eine Frage der Zeit, spekuliert der Journalist.
Stattdessen müssen seither die mehrfach gebeutelten Bewohner des
Gaza-Streifen immer wieder als Opfer herhalten. In jüngster Zeit
griffen die Israelis wiederholt straflos Syrien an.
Diese Angriffe seitens der „einzigen Demokratie im Nahen Osten“
werden ähnlich wie die immer krasseren Bösartigkeiten gegen Gaza
medial verschwiegen. Dem massiven Druck der Zionisten ist es sogar
gelungen, die Rücknahme des Goldstone-UN-Berichts
über die kriegerischen Verheerungen „Operation Gegossenes Blei“
von 2008/09 in soweit zu erzwingen, dass nicht mehr über die dort
aufgelisteten, überwiegend israelischen Verbrechen geredet wird.
„Bei der israelischen Offensive im Gaza-Streifen zur Jahreswende
2008/2009 waren dem Bericht zufolge 1400 Palästinenser und 10
Israelis ums Leben gekommen.“
Das bekannte sogar „Die Welt“. Statt dessen wird das seither
noch verschärfte wirkliche Elend der Gefängnisinsassen von Gaza
gebetsmühlenartig der Hamas zugeschrieben. Unterschlagen wird, dass
diese als Ableger der Muslim-Bruderschaft, eine Kreation des Westens
im Bunde mit den Zionisten war. Man zerschlug mit Hilfe der
Islamisten den Widerstand der säkularen PLO. Zwar zitiert
„MENA-Watch“ einen Medienbeitrag mit den Worten: „Niemand
würde mit den Bewohnern Gazas tauschen, wegen der Armut dort, der
Arbeitslosigkeit, der mangelnden Bewegungsfreiheit, der Kriege und
einer Infrastruktur, die die Versorgung von Wasser, Strom und
medizinischer Behandlung nicht gewährleistet“ und fährt fort
„Gaza droht eine humanitäre Katastrophe mit verheerenden Folgen
für die ganze Region.“ Aber wie üblich schlussfolgert man:
„Hamas ist schuld an der Gaza-Blockade“
Man schlägt den Teufel mit Belzebub
und setzt eine ganze Region in Brand, wie derzeit an der Ausweitung
der Kriegszone über Irak, Libyen, Syrien, Yemen und versuchsweise
gar den Iran ablesbar ist.
Es ist höchste Zeit, der Finanzierung
der Islamofaschismus seitens Saudi Arabiens, Katars und USA und der
Schützenhilfe, die dieser von seinem feindlichen Zwilling Israel
erhält, ein Ende zu machen.
Es ist Zeit zu erkennen, in wessen
Auftrag da gegen wen intrigiert wird.
Es ist Zeit, die unsinnige deutsche
Scham
abzulegen und dagegen das Wesen des Imperialismus anzuprangern, der
im Nahen Osten besonders grausam wütet.
Es ist an der Zeit die Zeichen zu
erkennen: die Umschichtung von Allianzen, das Ende des Golf
Kooperationsrates, das Fiasko des Saudi-Krieges gegen Jemen, der
nahende Ausbruch der Türkei aus der NATO, die Festigung der
Schanghai Kooperation und vor allem die greifbare Niederlage der
Islamo-Terrors in Syrien.
Die Zeichen künden von einer
Zeitenwende. Sie künden davon, dass die Strategie des Westens, der
NATO-Staaten, des Bündnisses mit dem Zionismus versagt hat. Die
immer brutaler werdende Gewaltspirale ist ein Zeichen der
Schwäche, nicht etwa von Souveränität des Imperialismus. Die
Gegenkräfte erstarken mit jedem Tag. Es gilt diese richtig zu orten
und sich mit ihnen zu verbünden.
Solidarität mit dem tapferen Syrien,
das unter Assads Führung dem Terror Widerstand leistet.
Solidarität mit dem Russischen Volk und seiner staatsmännisch
klugen Führung, Solidarität auch mit der Islamischen Republik Iran
und seinem Verbündeten, der Hisbollah des Libanon. Sie alle sind
Friedenskräfte. Sie alle unterstützen die Sache des
Palästinensischen Volkes, das viele Freunde in der Welt hat. Diese
unterstützen wiederum weltweit die BDS-Kampagne der
palästinensischen Zivilgesellschaft zum Boykott von
Siedlerprodukten ungeachtet aller Versuche dieses totzuschweigen oder
gar zu kriminalisieren. Am Ende werden sie es sein und die
Menschlichkeit und die Würde des Widerstands, die den Sieg davon
tragen. Helfen wir ihnen dabei.
FUSSNOTEN: