Friday, September 27, 2013

"In Afrika findet derzeit ein groß angelegter Eroberungszug statt" John Pilger.

AFRIKA / Schöne neue Zeit: Eine Invasion macht keine Schlagzeilen und die Lügen von Hollywood führen einen an der Nase herum
Artikel veröffentlicht auf Tlaxcala am 22/09/2013
Original: Modern times are upside down – an invasion is not news; licence to lie takes you to the movies 
Übersetzungen: Français 

Schöne neue Zeit: Eine Invasion macht keine Schlagzeilen und die Lügen von Hollywood führen einen an der Nase herum

John Pilger 
Herausgegeben von  Susanne Schuster سوزان شوستر



In Afrika findet derzeit ein groß angelegter Eroberungszug statt. Die USA stationieren in 35 afrikanischen Ländern Truppen, zunächst in Libyen, Sudan, Algerien und Niger. Die Presseagentur Associated Press hatte diese Nachricht am Weihnachtstag [2012] verkündet, doch sie wurde von den meisten anglo-amerikanischen Medien verschwiegen.
Dieser Angriff hat mit dem „Islamismus“ so gut wie nichts zu tun, aber fast alles mit der Aneignung von Ressourcen, insbesondere der Erze, und mit einer wachsenden Rivalität mit China. Im Gegensatz zu China sind die USA und ihre Verbündeten bereit, Gewalt anzuwenden, wie sie es schon in Irak, Afghanistan, Pakistan, Jemen und Palästina getan haben. Wie zur Zeit des Kalten Krieges müssen sich westliche Journalisten und die Volkskultur die Aufgabe teilen, den Heiligen Krieg gegen das „bedrohliche Spektrum“ des islamistischen Extremismus zu rechtfertigen, genau wie einst die falsche „rote Bedrohung“ einer kommunistischen Weltverschwörung.
Wie im Wettlauf um Afrika im 19. Jahrhundert hat das US-amerikanische Einsatzkommando für Afrika (AFRICOM) ein Netz aufgebaut aus entgegenkommenden afrikanischen Regierungen, die gierig sind nach US-amerikanischem Schmiergeld und Waffen. Voriges Jahr führte AFRICOM unter Führung des US-Militärs und unter Beteiligung von 34 afrikanischen Ländern die Operation African Endeavor durch. Unter der „Soldat-zu-Soldat“-Doktrin von AFRICOM werden auf jeder Führungsebene, vom General bis zum Unteroffizier, US-Offiziere eingebettet. Es fehlen nur noch Kolonialhelme.
Es ist, als sollte die stolze Befreiungsgeschichte Afrikas, von Patrice Lumumba bis Nelson Mandela, von der schwarzen Kolonialelite der neuen Herren der Vergessenheit preisgegeben werden; ihre „historische Mission“ ist es, einen „getarnten aber zügellosen Kapitalismus“ zu fördern, wie Franz Fanon vor einem halben Jahrhundert warnte.
Besonders auffallend ist das Beispiel des Ostkongo, einer an Erzen reichen Region, die unter Kontrolle einer abscheulichen, als M23 bekannten Rebellengruppe steht, deren Fäden wiederum von Uganda und Ruanda, beide Marionetten Washingtons, gezogen werden.
Der längst als Mission der NATO - ganz zu schweigen von den übereifrigen Franzosen, die stets bereit sind, ihre aussichtslosen kolonialen Unternehmungen aufzuwärmen - geplante Krieg in Afrika ist im Jahre 2011 dringend notwendig geworden. Damals schien sich die arabische Welt von Mubarak und den anderen Knechten Washingtons und Europas zu befreien. Die Hysterie, die dies in den imperialistischen Zentren auslöste, kann nicht übertrieben werden. NATO-Bomber wurden nicht nach Tunis oder Kairo geschickt, sondern nach Libyen, wo Gaddafi über die größten Ölreserven Afrikas herrschte. Als die Stadt Sirte dem Erdboden gleichgemacht worden war, übte die britische SAS das Kommando aus über „Rebellen“-Milizen bei einer Operation, die inzwischen als „rassistisches Blutbad“ enthüllt wurde.
Die Ureinwohner der Sahara, die Tuareg, deren Berber-Kämpfer Gaddafis Schutz genossen, flohen über Algerien in Richtung Mali, wo sie seit den 1960er Jahren Anspruch auf einen unabhängigen Staat erheben. Wie es der stets aufmerksame Patrick Cockburn bemerkte, bereitet dieser lokale Streit im Nordwesten Afrikas dem Westen viel mehr Sorgen als Al-Kaida ... „zwar arm, sitzen die Tuareg oft auf riesigen Öl-, Erdgas-, Uran- und sonstigen kostbaren Erzreserven.”
Die Belagerung einer Erdgasanlage in Algerien, die in einem Blutbad endete, war mit ziemlicher Sicherheit die Folge eines US-amerikanisch-französischen Angriffs auf Mali, was den britischen Premierminister David Cameron zu einer Reaktion inspirierte, die nach 11. September stank. Der ehemalige PR-Mann beim Fernsehsender Carlton ereiferte sich über eine „globale Bedrohung“, die „Jahrzehnte“ westlicher Gewalt erfordere - d.h. die Umsetzung des vom Westen für Afrika bestimmten Wirtschaftsmodells sowie die Vergewaltigung des multiethnischen Syriens und die Eroberung des unabhängigen Iran.
Cameron hat britische Truppen nach Mali entsandt und er schickt eine Drohne der britischen Luftwaffe, während General Sir David Richards, sein plauderfreudiger Oberbefehlshaber der Streitkräfte eine „unzweideutige Botschaft an die Dschihadisten weltweit richtete: „Sucht bloß keinen Zank mit uns - wir werden mit aller Kraft zurückschlagen.“ Genau das wollten die Dschihadisten hören. Die Blutspur der Opfer des von der britischen Armee verübten Terrors, alle Muslime, und die Fälle von institutionalisierter Folter, die inzwischen vor Gericht angeklagt wurden, verleihen den Äußerungen des Generals den fehlenden ironischen Nachklang. Sir Davids „robusten“ Umgangston habe ich mal zu spüren bekommen, als ich ihn fragte, ob er die Beschreibung gelesen habe, die die mutige afghanische Feministin Malalaj Joya vom barbarischen Verhalten der Westler und ihrer Kumpane in ihrem Land gemacht hatte.„Sie treten für die Taliban ein“ war die Antwort. (Später hat er sich dafür entschuldigt.)
Diese düsteren Komödianten scheinen direkt einem Roman von Evelyn Waugh entstiegen zu sein und sie lassen uns den rauhen Wind der Geschichte und der Scheinheiligkeit spüren. Den „islamischen Terror“, durch den sie ihren Raub der afrikanischen Ressourcen rechtfertigen, haben sie quasi selber erfunden. Dass man den Lügenmärchen von BBC und CNN weiter Glauben schenkt und dabei die Wahrheit ignoriert, ist nicht mehr zu entschuldigen. Man lese nur das Buch von Mark Curtis,Secret Affairs: Britain’s Collusion with Radical Islam(Serpent’s Tail) [Geheimsachen: Wie Großbritannien mit dem islamischen Fundamentalismus gemeinsame Sache machte, AdÜ] oder jenes von John Cooley Unholy Wars: Afghanistan, America and International Terrorism (Pluto Press) [Gottlose Kriege: Afghanistan, Amerika und der internationale Terror, AdÜ] oder The Grand Chessboard (HarperCollins) [auf deutsch:»Die einzige Weltmacht«, bei Fischer] von Zbigniew Brzezinski, einer der Geburtshelfer des modernen fundamentalistischen Terrors. Letztendlich wurden die Mudschaheddin der Al-Kaida und die Taliban von der CIA, ihrem pakistanischen Gegenstück ISI und dem britischen MI6 erschaffen.
Brzezinski, Nationaler Sicherheitsberater des US-Präsidenten Jimmy Carter, schildert eine geheime präsidiale Richtlinie aus dem Jahre 1979, die den Beginn des heute so genannten „Krieges gegen den Terror“ markierte. Siebzehn Jahre lang haben die USA extremistische Dschihadisten, die „eine ganze Generation in Gewalt ertränkten,ausgebildet, finanziert, mit Waffen versorgt und einer Gehirnwäsche unterzogen. Der Plan trug den Namen „Operation Wirbelsturm“ und sollte die UdSSR zu Fall zu bringen – doch was einstürzte, waren die Twin Towers.
Seitdem ist die Berichterstattung, die intelligente und gebildete Leute sowohl verbreiten als auch aufnehmen, zu einer Art Disney-Journalismus verkommen, wie immer verstärkt von Hollywoods Lizenz zum Lügen und Lügen. Demnächst bringt Dreamworks einen Film über Wikileaks heraus, das sich auf ein Buch über den perfiden Klatsch von zwei reich gewordenen Journalisten des Guardian stützt; und dann der Film Zero Dark Thirty, der Folter und Mord verherrlicht; dessen Regie führt Oscarpreisträgerin Kathryn Bigelow, die als moderne Leni Riefenstahl die Stimme ihres Herrn verbreitet, wie einst die geliebte Regisseurin des Führers. So sieht der Einwegspiegel aus, der uns blind macht dafür, was die Machthaber in unserem Namen anrichten.




Danke Tlaxcala
Quelle: http://www.newstatesman.com/world-affairs/world-affairs/2013/01/modern-times-are-upside-down-invasion-not-news-licence-lie-tak
Erscheinungsdatum des Originalartikels: 31/01/2013
Artikel in Tlaxcala veröffentlicht: http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=10604 

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