Tuesday, July 3, 2018

KenFM im Gespräch mit: Domenico Losurdo („Wenn die Linke fehlt…) Mai 18


KenFM im Gespräch mit: Domenico Losurdo („Wenn die Linke fehlt…Gesellschaft des Spektakels, Krise, Krieg“)

Am 28. Juni 2018 verstarb der italienische Publizist und Philosoph Domenico Losurdo. Er war Präsident der Internationalen Gesellschaft Hegel-Marx für dialektisches Denken.
Anläßlich seines Todes verweisen wir auf ein Interview mit ihm, das KenFM erst im Mai dieses Jahres veröffentlicht hat. Domenico Losurdo wurde 76 Jahre alt.
Die Begriffe „Links“ und „Rechts“ sind in der politischen Diskussion eher neu. Griechen und Rom kannten sie nicht und brauchten sie auch nicht. Wer etwas zu sagen hatte, wer die Befehle gab, war in der Regel vermögend. Gehorchen mussten all jene, die ohne Reichtum, Land oder Beziehungen waren. Geld regierte auch damals im Wesentlichen die Welt.
Die sogenannten politisch linken Bewegungen kreisen im Kern vor allem um eben diese Kombination „Einfluss durch Einkommen“, die sie für sozial nicht gerecht halten, was zutrifft. Kein Mensch kann etwas dafür, wenn er in armen Verhältnissen aufwächst und daher schon den Zugang zur einer wesentlichen Ressource – Bildung – kaum oder nur schwer ermöglicht bekommt.
Ungebildete Menschen bekommen schlechter bezahlte Jobs, haben kaum eine Perspektive und wenden sich aus lauter Frust eher Alkohol und Privatfernsehen zu. Hier wächst dann die nächste Generation Benachteiligter heran.
Warum wählen ausgerechnet diese Menschen, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht, rechts? Rechts steht für eine Politik, die der Spitze der Machtpyramide dient. Rechte, heute neoliberale Politik, vertritt immer die Interessen der Reichen und Superreichen, also jene Gruppe der Gesellschaft, die die miesen Verhältnisse am Boden zu verantworten haben. Uralte Netzwerke aus Wirtschaft, Politik, Medien und Justiz bilden ein stabiles Geflecht, was man verharmlosend Tiefenstaat nennt, in Wahrheit aber eher einer weltweit agierenden Mafia des Geldadels gleicht.
Die intellektuelle Analyse der Macht in all ihren Erscheinungsformen ist eine Hausaufgabe, die von den Linken bis ins kleinste Detail und über Dekaden erledigt wurde. Nur mit welchem Ergebnis?
Was haben all die Bücher über das zerstörerische Wesen des Kapitalismus gebracht, wenn sich keine Therapie findet, um den gepeinigten Massen zu helfen?
Die Linke als politisch relevante Macht fehlt, aber sie fehlt vor allem, weil sie intern versagt hat. Unterwanderung durch die Eliten ist ein Punkt. Ein weiterer ist der Neid im eigenen Lager. Linke, gedrillt in Kaderschmieden und geschlossenen Zirkeln, gönnen links denkenden Freelancern, die ungefragt ihre Ideen des Wandels äußern, die Butter auf dem Brot nicht. Wer den Hass der Linken auf alles was rechts oder rechtskonservativ ist steigern will, muss sich als Linker ohne von Linken genehmigte Lizenz zum freien Denken zu erkennen geben.
Dann wird er in einer Form attackiert, die denen rechter Schlägertrupps in nichts nachsteht. Wer profitiert von dieser Unterwanderung? Wer leugnet sie innerhalb der Linken?
Die „imperialen Linken“ sprechen sich längst global für „demokratische Kriege“ aus und sind damit der neoliberalen Agenda zu 100 % auf den Leim gegangen. Das kommt von der klebrigen Nähe zur Macht.
Macht korrumpiert.
KenFM sprach mit dem italienischen Professor für Philosophie und Geschichte Domenico Losurdo über den weltweit kafkaesken Zustand linker Bewegungen. Vor allem Linke sollten sich das Gespräch ansehen. Losurdo spricht für sie bewusst einfach und vermeidet es intellektuelle Schachtelsätze aufzutürmen, die den meisten Bühnen-Linken nur zu einem dienen: Sie sollen verschleiern, dass sie den Kern des Problems nur oberflächlich erfasst haben und dass es ihnen in den eigenen Reihen auch nur darum geht, in die Charts der Blender zu kommen.
Inhaltsübersicht:
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