Tuesday, September 22, 2015

Instrumentalisierende Kriegsführung: Bewusst herbeigeführte Flüchtlingskatastrophe

Inhalt und Folgen des US-amerikanischen Weltmachtstrebens, einschließlich der Politik der Bundesregierung als eine der vielen Vasallen bei der Schaffung der neuen Weltordnung nach amerikanischen Vorstellungen.

Die von den USA bewusst herbeigeführte Flüchtlingskatastrophe in Europa.

Siehe: Klagemauer TV. https://youtu.be/gQpEQ7ey7fg

Mit besten Grüßen

Syrien – von den kolonialen Interessen Grossbritanniens und Frankreichs, zur Sicherung von Rohstoffen für die USA 

Interview mit Karin Leukefeld* 
In den Medien ist bereits von einer neuzeitlichen Völkerwanderung die Rede. Und auch über die Verantwortung sogenannter Schlepperbanden für die Flucht womöglich krimineller, mindestens aber heimlich wohlhabender Flüchtlinge wird diskutiert. Die Ursachen des Massenelends der Flüchtigen werden jedoch kaum erforscht. Die Syrien-Korrespondentin Karin Leukefeld berichtet im Interview mit Jens Wernicke von einem Wirtschafts- und Stellvertreterkrieg, der zunehmend zum Exitus des syrischen Staates führe, die Bevölkerung in den Hungertod treibe und bereits 11 Millionen Syrer auf die Flucht getrieben hat.
Frau Leukefeld, Sie sind neben Jürgen Todenhöfer die einzige mir bekannte deutsche Journalistin, die im Mittleren Osten wirklich vor Ort unterwegs ist, mit den Menschen dort spricht und darauf aufbauend dann qualifizierte Analysen, die mehr als nur Stereotype bedienen, produziert. Im Moment kommen Sie gerade von einer Syrien-Reise zurück. Wie ist die Situation vor Ort?
Es kommt darauf an, wo man sich in Syrien aufhält. In der Küstenregion ist es ruhig, manche Syrer, die jetzt in Europa leben, fahren sogar zum Urlaub dorthin, um ihre Familien zu treffen. Allerdings gibt es dort sehr viele Inlandsvertriebene, es ist also überall sehr eng geworden.
In Idlib, einer an die Küstenregion angrenzenden Provinz, herrschen die «Armee der Eroberung» und die al-Nusra-Front, Zehntausende sind geflohen, manche Dörfer werden belagert. In Aleppo ist die Lage schlimm, es herrscht Krieg zwischen den bewaffneten Gruppen und der syrischen Armee. Viele Teile der Stadt sind zerstört, die Strom- und Wasserversorgung bricht immer wieder ein, Lebensmittel sind sehr teuer, wenn sie überhaupt erhältlich sind. Bewaffnete Gruppen feuern Mörsergranaten, Raketen und selbstgebaute Geschosse in Wohngebiete, die syrische Armee feuert zurück.
Östlich von Aleppo gibt es Gebiete, die von Kurden kontrolliert werden, andere von dem selbsternannten «Islamischen Staat im Irak und in der Levante» (IS). Dort ist es extrem unsicher, die Fronten wechseln täglich, die syrische Luftwaffe und die von den USA geführte «Anti-IS-Allianz» fliegen Luftangriffe. Neuerdings fliegt auch die türkische Luftwaffe Angriffe. Im Nordirak greift sie Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) an. Im Norden Syriens greift sie die von den syrischen Kurden kontrollierten Gebiete an. Der Einsatz läuft unter dem Motto «Kampf gegen den ‹Islamischen Staat›». Die USA wollen mit der Türkei nördlich von Aleppo eine «Schutzzone» durchsetzen. Das ist eine militärische Massnahme innerhalb Syriens, die der Genehmigung des UN-Sicherheitsrates bedarf. Die gibt es nicht, also handelt es sich um den Angriff auf einen souveränen Staat und ist eine Verletzung des Völkerrechts.
Die besiedelten Gebiete der zentralen Provinz Homs werden weitgehend von der syrischen Regierung und von der Armee kontrolliert. Die Wüstengebiete, die sich im Osten bis an die Grenze zum Irak erstrecken, sind unsicher. Die Lage in Tadmur, der modernen Stadt, die bei Palmyra liegt, ist unklar. Aus dem Kloster Deir Mar Elian, das ich sehr oft besucht habe, wurden Ende Mai der Priester Jacques Mourad und ein weiterer Geistlicher entführt. Von beiden fehlt jede Spur. Inzwischen wurden die Menschen auch aus Qaryatayn und Sadat vom IS vertrieben, viele von ihnen Christen.
Damaskus beherbergt bis zu 7 Millionen Menschen, Inlandsvertriebene aus allen Teilen des Landes. Es ist weitgehend ruhig, Strom und Wasser sind knapp, aus den Vororten um Damaskus, wo die Islamische Front und die al-Nusra-Front Basen haben, wird immer wieder auf die Stadt gefeuert, umgekehrt feuert die syrische Armee auch dorthin.
Sweida, wo die Drusen und Christen leben, ist noch ruhig, ich fahre jedes Mal dorthin, wenn ich in Syrien bin. Deraa ist weiter umkämpft und der Golan, an der Grenze zu Israel, ebenso. Derzeit findet eine grosse Schlacht um Zabadani statt, das liegt an der Grenze zu Libanon. Dort gibt es ein Hauptquartier der bewaffneten Gruppen, die um Damaskus herum agieren. Die syrische Armee und die libanesische Hizbullah, die gemeinsam kämpfen, wollen diese strategisch wichtige Basis der Kampfgruppen zurückerobern.
Das Leben ist teuer, das syrische Pfund hat nur noch ein Fünftel der Kaufkraft von 2010. Viele Menschen haben alles verloren, es wird gebettelt, Fleisch kommt nur noch selten auf den Tisch. Wenn die Leute überhaupt noch einen Tisch haben. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 40 Prozent, Kinder arbeiten, um der Familie zu helfen und gehen nicht mehr in die Schule. Die Hälfte der 500 000 syrischen Palästinenser ist geflohen, weil ihre Lager, die eigentlich Städte waren, zerstört sind.
Die wirtschaftlichen Zentren Syriens – die um Aleppo, Homs und Damaskus angesiedelt waren – sind weitgehend zerstört. Syrien hatte eine eigene Pharmaindustrie, eine hervorragende Textilindustrie, eine Lebensmittelindustrie und grosse Getreidereserven: Alles ist zerstört, geplündert und in die Türkei verkauft. Die bescheidenen Ölvorkommen im Osten des Landes werden von Kampfgruppen kontrolliert, das Öl ausser Landes geschmuggelt und dort oder auch im Land verkauft, selbst an die Regierung.
Inzwischen sind viele Ölförderanlagen von der Anti-IS-Allianz bombardiert worden. Und dann die archäologischen Stätten in Syrien, die bis zu 10 000 Jahre vor die christliche Zeitrechnung zurückdatieren – von Kämpfern besetzt und belagert, geplündert, zerstört.
Die Lage ist hart, das Elend gross. Besonders für die Syrer auf der Flucht. 4 Millionen von ihnen sind in Nachbarstaaten geflohen, weitere 7 sind innerhalb Syriens auf der Flucht.
Die Perfidie ist, dass diese Fluchtbewegungen politisch instrumentalisiert werden. Der innersyrische Konflikt wurde zu einem regionalen und schliesslich zu einem internationalen Stellvertreterkrieg ausgeweitet. Dort, wo Menschen flohen, zogen bewaffnete Gruppen ein, die bis heute regional und international unterstützt werden. Und dann hiess es, die syrische Regierung hat keine Kontrolle mehr und ist ohnehin die «Wurzel von allem Bösen» in Syrien, wie es gerade erst wieder ein Sprecher des US-Aussenministeriums erklärte. Syrien wird zu einem «failed state» erklärt, in den man humanitär und militärisch eingreifen kann.
Und diese Armut, dieses Elend, das Sie beschreiben und vor dem die Leute fliehen: Wo kommen die her, woraus resultieren die? Und wie meinen Sie das mit dem Stellvertreterkrieg? Bitte führen Sie das doch kurz aus …
Syrien ist ein Entwicklungsland. Es war 2010 auf dem aufsteigenden Ast und sollte 2015, also in diesem Jahr, die fünftstärkste Wirtschaftsmacht der arabischen Welt sein.
Heute liegt Syrien knapp vor Somalia. Die durch den Krieg entstandene Wirtschaftskrise wird durch die Wirtschaftssanktionen der EU noch verschärft. Was wir hier beobachten, ist auch ein Wirtschaftskrieg gegen ein aufstrebendes Land.
Die Wirtschaftssanktionen der EU begannen bereits Ende 2011 und betrafen den Öl- und Gashandel sowie den Finanzsektor. Die syrische Fluggesellschaft durfte europäische Flughäfen nicht mehr anfliegen, alle bilateralen Projekte wurden gestoppt, das Personal abgezogen, Syrien wurde isoliert. Anfangs konnten der Staat und die Bevölkerung Mängel aus eigenen Ressourcen überbrücken, doch die waren eines Tages aufgebraucht. Der Staat erhielt finanzielle Unterstützung und nahm bei Iran Kredite auf. Damit konnten Verluste aus der Ölindustrie verringert werden, Öl und Gas konnten an die Bevölkerung, an die noch funktionierende Industrie und die Armee geliefert werden. Doch die nationale Ökonomie wurde dem Krieg untergeordnet, es entstand eine Kriegsökonomie.
Offiziell will die EU mit ihren Wirtschaftssanktionen die politische und militärische Führung Syriens unter Druck setzen, dass sie nachgeben und zurücktreten soll. Das ist nicht geschehen. Statt dessen wurde die Gesellschaft bestraft, ihre mühsam aufgebaute Existenzgrundlage zerstört. Geld konnten fortan diejenigen verdienen, die vom Krieg profitierten: Milizen, Schmuggler, Schwarzmarkthändler.
Jenseits der Sanktionspolitik wurde die Wirtschaft Syriens auch gezielt materiell zerstört. Am besten war das in Aleppo und in Damaskus zu sehen. Im Sommer 2012 gab es einen koordinierten Angriff, der eigentlich zum Sturz der syrischen Führung führen sollte. In Damaskus wurden bei einem Anschlag im Nationalen Sicherheitsrat vier hochrangige Militärs und Geheimdienstler getötet. Unmittelbar darauf folgten Angriffe auf Aleppo und Damaskus. Ausgeführt wurden diese Angriffswellen von Kämpfern, die aus Homs abgezogen worden waren, nachdem der Kampf um Baba Amr sich zugunsten der Streitkräfte entschieden hatte. Diese Kämpfer hatten sich im Umland der beiden grossen Städte gesammelt, wo sie von lokalen Kräften unterstützt wurden. Der Umsturz gelang nicht, sowohl die Aleppiner als auch die Damaszener weigerten sich, den Kampfgruppen die Tore in ihre Städte zu öffnen. Als Reaktion auf diese Weigerung wurden die Industriegebiete um Aleppo und um Damaskus zerstört, geplündert und zu Stützpunkten für weitere Angriffe auf die beiden Städte gemacht.
Und dass es sich hier um einen Stellvertreterkrieg handelt, wird klar, wenn man versteht, dass der sogenannte Islamische Staat, der vor Ort «Daish» genannt wird, anders als in unseren Leitmedien gern verbreitet, alles andere als aus dem Nichts aufgetaucht ist. Regionale und internationale Sponsoren stehen hinter ihm, so dass er offenbar über unerschöpfliche finanzielle Ressourcen verfügt.
Diese Sponsoren benutzen die Kämpfer, um die Nationalstaaten zu zerstören, die vor 100 Jahren in der Levante gegen den Willen der damaligen Bevölkerung geformt worden waren. Damals ging es um die kolonialen Interessen von Grossbritannien und Frankreich, heute geht es um die Sicherung von Rohstoffen für die von den USA angeführte westliche Welt. Der Zorn der Golf-Staaten auf die unabhängige Politik, die in Syrien verteidigt wird, schlägt sich nieder in der Bewaffnung und Ausbildung von irregulären Kampfgruppen, die von «Daish» dominiert werden. Der gesellschaftliche Boden, der sie nährt, ist Armut.
Haben Sie für derlei «Spirale in die Armut», um die es ja offenkundig geht, vielleicht ein konkretes Beispiel parat?
Nehmen wir einen Betrieb, der medizinische Einrichtungen für Praxen und Kliniken verkauft. Bisher hat der Betrieb die Einrichtungen aus Deutschland bezogen. Auf Grund der EU-Sanktionen konnte nichts gekauft und nichts mehr geliefert werden. Und in einem anderen Land zu kaufen, war schwierig für den Betrieb, weil sämtliche Geldgeschäfte unterbrochen waren. Die syrische Zentralbank steht unter Sanktionen, niemand darf mit ihr Geschäfte machen. Um das zu umgehen, liefert nun beispielsweise die deutsche Firma die Produkte an ein Unternehmen in Libanon, das sie dann an die syrische Firma weiterverkauft. Libanon ist an die EU-Sanktionen nicht gebunden. Der Warentransfer wird so extrem teuer.
Ein anderes Beispiel ist, dass Eltern, deren Kinder im Ausland studieren, ihnen kein Geld mehr schicken können, weil mit den syrischen Banken keine Geschäfte gemacht werden dürfen. Das gleiche gilt übrigens auch für Stipendien der syrischen Regierung für Studierende im Ausland. Oder Medikamente: Bisher waren sie sehr billig, weil sie in Syrien produziert wurden. Die Pharmaindustrie ist weitgehend zerstört, also werden Medikamente aus Libanon eingeführt oder aus der Türkei geschmuggelt – das treibt den Preis in schwindelnde Höhen.
Und die Interessen im Hintergrund dieses Konfliktes – von welchen Kräften sprechen wir hier? Wen meinen Sie, wenn Sie «Sponsoren» sagen?
Sponsoren sind diejenigen, die die bewaffneten Gruppen gegen die syrische Regierung und Armee unterstützen. Russland und Iran, die die syrische Regierung stützen, sind deren Alliierte oder Bündnispartner, weil sie mit dem syrischen Staat durch völkerrechtlich bindende Verträge verbunden sind. Die Regionalstaaten die Türkei, Saudi-Arabien und Katar sind eher «Sponsoren», weil sie Gruppen für eigene Zwecke benutzen, sie aber auch, wenn es opportun ist, wieder fallen lassen können. Das gilt auch für die Sponsoren unter den europäischen Staaten, aus Australien und aus den USA.
Von dem Chaos, das sich über den Irak und Syrien ausbreitet, profitieren vor allem die Golf-Staaten, die Türkei und die USA. Nicht die Bevölkerung natürlich, sondern politische und industrielle Eliten, allen voran die Rüstungsindustrie. Die arabische Halbinsel ist in den letzten 5 Jahren zu einem riesigen Waffenlager aufgerüstet worden. Westliche Militärs, staatliche und private, bilden Kämpfer aus, bewaffnen sie und schicken sie in den Krieg. Die USA liefern Rüstungsgüter in Milliardenhöhe an die Golf-Staaten ebenso wie an Israel. Deutschland bewaffnet die nord­irakischen kurdischen Peschmerga und bildet sie aus, und die Türkei profitiert als Nato-Land von ihrer Frontstellung zu Syrien und zum Irak. Natürlich wird Syrien von Russ­land und Iran militärisch unterstützt, aber das geschieht, wie gesagt, auf der Basis von bilateralen Verträgen.
Übrigens haben in keinem der vom «arabischen Frühling» betroffenen Länder die Protestbewegungen der jungen, aufgeklärten und modernen Jugend überlebt, nirgends! In Tunesien, Ägypten und Syrien wird das Geschehen vom politischen Islam bestimmt, ob als Kampf- oder Oppositionsgruppe.
Relevant ist bei alldem aber sicher doch auch der religiöse Fanatismus der Menschen vor Ort, der dazu beiträgt, dass es sozusagen regelrechte «Religionskriege» gibt …
Die Syrer waren nie religiöse Fanatiker! Lediglich die Muslim-Bruderschaft, die den ­politischen Islam propagiert, genauer gesagt, ein Flügel in der syrischen Muslim-Bruderschaft versuchte Ende der 1970er Jahre den Aufstand gegen die Baath-Partei, die einen säkularen Staat durchgesetzt hatte. Dieser Aufstand endete 1982 mit dem Massaker von Hama. Tausende starben beim Luftangriff der syrischen Armee, Tausende verschwanden ganz oder in Gefängnissen. Wer konnte, floh, die Muslim-Bruderschaft wurde bei Todesstrafe verboten.
Das wirkt natürlich nach, und viele junge Leute, die sich heute bei islamistischen Kampfverbänden verdingt haben, erinnern an Hama, wenn man sie fragt, warum sie kämpfen. Ein junger Mann, der allerdings friedlich demonstrierte, erzählte mir 2011, als alles begann, dass sein Onkel in Hama verschwunden sei und die ganze Familie deswegen die Opposition unterstütze. Allerdings muss man auch daran erinnern, dass der Damaskus-Flügel der Muslim-Bruderschaft damals, in den 1970er Jahren, gegen den bewaffneten Aufstand war.
Die Rolle der Muslim-Bruderschaft bei der Entstehung des radikalen politischen Islam darf dennoch nicht unterschätzt werden. Auch die Regierungspartei AKP in der Türkei ist eine Schwesterpartei der Muslim-Bruderschaft, und eine Umfrage hat ergeben, dass mehr als 10 Prozent der türkischen Bevölkerung den «Islamischen Staat im Irak und in der Levante» nicht als terroristische Organisation oder als Gefahr ansehen, sondern für legitim halten und unterstützen. Das ist nur möglich, weil die türkische Regierung selber eine Linie des politischen Islam verfolgt. In einem säkularen Staat wäre so etwas nicht denkbar.
Doch zurück zu Syrien. Es gab viele ­politische Konflikte, aber kulturell und religiös war Syrien immer ein sehr tolerantes und offenes Land. Auch diese Toleranz soll jetzt zerstört werden. Das kommt allerdings nicht «von unten» oder «aus dem Wesen der Menschen» vor Ort – das ist Folge der geopolitischen Interessen und strategischen Auseinandersetzungen.
Die Leute fliehen und leiden also, weil der sogenannte Westen ihre Heimat mit Krieg überzieht und wirtschaftlich in die Knie zwingt? Böse Schlepperbanden, über die wir medial viel hören, sind also nicht das Hauptproblem, auf Grund dessen inzwischen 11 Millionen Syrer auf der Flucht sind?
Die Schlepperbanden sind die Folge einer völlig falschen Politik im Mittleren Osten, nicht die Ursache. Diese Schlepperbanden sind integraler Teil der Kriegswirtschaft. Ohne Krieg hätten sie gar kein Geschäft. Sie benutzen die gleichen Wege, über die Waffen, Munition, Ausrüstung, Satellitentelefone und Kämpfer ebenso geschmuggelt werden wie Drogen und andere Dinge, die für den Krieg in Syrien gebraucht werden.
Die Flüchtlinge begegnen auf diesen Schmuggelpfaden den Kämpfern, die Organisatoren sind die gleichen. Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung hat über diese Schmuggelpfade einen ausführlichen Bericht vorgelegt.
Solange sich mit Krieg und dem Leid betroffener Menschen viel Geld verdienen lässt, wird sich wohl auch nichts daran ändern.
Wie kommt es, das in unseren Medien hierüber kaum überhaupt und wenn dann in aller Regel vollkommen undifferenziert berichtet wird?
Diese Fragen muss man den grossen, den sogenannten Leitmedien stellen. Sie sollen das Denken und die Wahrnehmung der Bevölkerung leiten, anleiten und «einordnen», wie es neuerdings heisst. Für mich heisst das so viel wie: Sie geben vor, in welche Richtung zu denken und ein Konflikt «einzuordnen» ist. Mit der Realität in den Konfliktregionen hat das wenig zu tun, zumal viele Kollegen gar nicht dort, sondern in der Stadt eines Nachbarlandes oder auch im Heimatstudio eines Senders sind. Ein Pendant zu dieser Darstellung wäre eine Berichterstattung, die über kriegerische Optionen und Entwicklungen zwar berichtet, die nichtbewaffneten und politischen Vorschlägen, Initiativen und Entwicklungen aber mindestens ebenso viel, wenn nicht mehr Raum einräumen würde.
Was müsste Ihrer Einschätzung nach geschehen, damit in Syrien wieder Frieden möglich wird? Und: Gibt es etwas, das wir, die deutsche Bevölkerung, tun können, um zu unterstützen und zu helfen gegen das Elend vor Ort?
Die USA und Russland müssen sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu Stabilisierung Syriens und des Iraks einigen und die syrische Regierung und Streitkräfte ebenso wie die Regierung und Armee des Iraks einbeziehen. Vorbedingungen – wie «Assad hat keine Zukunft in Syrien» – haben zu unterbleiben. Die syrischen Akteure müssen dabei unterstützt und nicht davon abgehalten werden, sich an einen Tisch zu setzen. Einflussnahme im eigenen Interesse hat zu unterbleiben. Die Türkei muss – von der Nato oder bilateral von einzelnen Nato-Staaten – dazu gezwungen werden, ihre Unterstützung für den sogenannten Islamischen Staat einzustellen. Falls sie das nicht tut, muss die Türkei militärisch sanktioniert werden. Und die Heimatländer der internationalen Dschihadisten müssen die Ausreise islamistischer Kämpfer oder Unterstützer unterbinden. Dazu gehört in den jeweiligen Staaten auch eine Auseinandersetzung über ein respektvolles Zusammenleben und Chancengleichheit.
Die Bevölkerung muss vor allem den in Deutschland eintreffenden Flüchtlingen zur Seite stehen. Allerdings darf die Bundesregierung, die mit einer falschen Politik zu deren Flucht beigetragen hat, nicht aus der Verantwortung für diese Menschen entlassen werden. Im Bundestag, in den Landesparlamenten, Gewerkschaften, Schulen, Kirchen, in Blogs und politischen Versammlungen – überall muss über die Hintergründe des Krieges in Syrien aufgeklärt werden. Das ist Sache von jeder und jedem, der diesen Krieg beenden will.
Noch ein letztes Wort?
Ja. 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges will ich an das Gedicht von Wolfgang Borchert erinnern: «Dann gibt es nur eins, sag NEIN». In der direkten Nachbarschaft Europas, im östlichen Mittelmeerraum und in Teilen Afrikas finden seit 25 Jahren ununterbrochen Kriege statt, die sich immer mehr ausweiten. Nehmen wir den Israel-Palästina-Konflikt hinzu, haben wir seit 1948 Krieg im Mittleren Osten. Mit der völkerrechtswidrigen Besetzung des Iraks 2003 haben die USA schliesslich «das Tor zur Hölle» geöffnet, vor dem viele bereits damals warnten.
Palästinenser sind seit bald 70 Jahren auf der Flucht oder leben – etwa in Gaza oder der West Bank – wie Gefangene in ihrem eigenen Land. Iraker sind auf der Flucht, jetzt die Syrer. Der Westen befeuert diese Kriege, auch Deutschland, das Waffen liefert und zum Bruch des Völkerrechts schweigt. Die politische Opposition im Bundestag oder im Europaparlament wird ihrer Aufgabe in Sachen Krieg und Frieden nicht gerecht. Und viele Medien agieren wie Kriegstrommler.
Ich vermisse die grosse Friedens- und Antikriegsbewegung, die einst gegen den Irakkrieg noch auf die Strasse ging. Sie muss zusammenstehen und darf sich nicht spalten lassen. Die Friedensbewegung muss gegen diese Kriege auf die Strassen!
Ich bedanke mich für das Gespräch.    •
(Interview Jens Wernike)
Quelle: www.nachdenkseiten.de/?p=27340 vom 27.08.2015
*    Karin Leukefeld, Jahrgang 1954, studierte Ethnologie, Islam- und Politikwissenschaften und ist ausgebildete Buchhändlerin. Organisations- und Öffentlichkeitsarbeit unter anderem beim Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Die Grünen (Bundespartei) sowie der Informationsstelle El Salvador. Seit dem Jahr 2000 ist sie als freie Korrespondentin zum Mittleren Osten tätig. Ihre Webseite ist leukefeld.net.

Für ein Europa des Friedens und des Rechts - Mainfest einer Schweizer Tagung

Manifest für Europa - Ergebnis eines  internationalen Kongresses in der Schweiz  mit 300 Teilnehmern 

4.–6. September 2015 

Wir wollen ein Europa des Friedens und des Rechts!

Wir, Bürger europäischer Länder, sind in Sorge um die Zukunft unseres Kontinents. Die wirtschaftliche, soziale, politische und kulturelle Entwicklung Europas entfernt sich immer weiter von dem, was sich die Menschen, nicht nur in Europa, nach dem Zweiten Weltkrieg erhofft haben: nie wieder Krieg und Diktatur, nie wieder koloniale Machtausübung und Ausbeutung; vielmehr Völkerverständigung und Völkerversöhnung, wirtschaftlicher Wiederaufbau und soziale Gerechtigkeit – ein Leben in politischer Freiheit, kultureller Vielfalt und rechtsstaatlicher Demokratie. 

Bedrohung von Freiheit, Demokratie und Frieden

Die hohe Verschuldung in fast allen europäischen Staaten, hohe Arbeitslosenraten, vor allem bei der Jugend, eine schleichende Inflation, die Schwächung und Ausdünnung des Mittelstandes, zahllose ungelöste Fragen im Zusammenhang mit Millionen von Flüchtlingen aus den Balkanstaaten, aus Afrika, dem Nahen Osten und Afghanistan, die staatliche Missachtung von Bürger- und Menschenrechten und die Zunahme sozialer und politischer Spannungen innerhalb und zwischen den Staaten Europas bedrohen Wohlstand, Demokratie und Frieden.
Politische und wirtschaftliche Krisen werden dazu missbraucht, die politische Macht der EU weiter zu zentralisieren – auf Kosten unserer Souveränitäts- und Freiheitsrechte. Vielen Bürgern fällt auf, dass es keinen ehrlichen Dialog mit ihren ­politischen Repräsentanten mehr gibt. Sie stellen fest, dass die Regierenden in ihren politischen Entscheidungen das Volk übergehen. Es fällt ihnen auf, dass mittels der Mainstream-Medien künstlich Ohnmachtsgefühle erzeugt werden sollen. Ständig neu inszenierte «Krisen» sollen vom tatsächlichen Geschehen und von grundlegenden Fragen ablenken.
Seite an Seite mit den USA und in fast sklavischer Gefolgschaft zu ihnen brechen Regierungen von EU-Staaten und die Nato seit vielen Jahren das Völkerrecht. Wir Bürger europäischer Länder nehmen Anteil am Schicksal aller Menschen und Völker, die darunter gelitten haben und leiden.
Der Krieg gegen Jugoslawien 1999 war der Sündenfall. Monatelange Sanktionen gegen Österreich im Jahr 2000 wollten eine demokratische Wahl und Regierungsbildung zu Fall bringen. 2004 sowie 2013 und 2014 hat sich mit den USA auch die EU massiv in die inneren Angelegenheiten der Ukraine eingemischt und mit dazu beigetragen, dass dort – mitten in Europa – ein Krieg tobt. Der Umgang mit Griechenland seit dem Jahr 2010 demütigt ein ganzes Volk. Ein Volk, dessen Vorfahren in dem Land lebten, das die Geburtsstätte europäischen Denkens und kulturellen Schaffens ist.

Europas kulturelles Erbe

Im antiken Griechenland entstand das erste kodifizierte europäische Recht. Politiker der griechischen Antike erkannten es als ihre Pflicht und die Pflicht aller, sich gegen das Unrecht einzusetzen. Griechische Philosophen legten die Fundamente wissenschaftlichen Denkens; sie rangen um die Grundfragen sozialer und politischer Ethik sowie um eine systematische Erziehungslehre. Der Arzt Hippokrates von Kos begründete im 5. Jahrhundert v. Chr. die medizinische Ethik, die ärztliches Handeln über Jahrtausende geprägt hat. Griechenland hat in Architektur und Kunst für Europa Massstäbe gesetzt, den Menschen als Massstab gesetzt und damit Entwicklungen angeregt, die noch heute ausgeschöpft werden.
Es waren Griechen, die schon vor 2500 Jahren die grundlegenden Prinzipien des europäischen Staatsmodells entwickelt haben: Demokratie, Gewaltenteilung und Naturrecht. Sie forderten, dass sich staatliches Handeln an einer Ethik messen lassen muss, die auf der menschlichen Natur beruht – damit es nicht in Despotie und Tyrannei abgleitet.
Es war der Grieche Aristoteles, der gesagt hat, dass in einem gerechten Staat das Geld kein Machtmittel sein darf.
Immer wenn reine Machtpolitik das «Recht des Stärkeren» durchsetzen wollte, führte dies die europäische Geschichte in den Abgrund von erbitterten Auseinandersetzungen und Kriegen.
Die Schärfe, mit der in Politik und Medien heute wieder Stimmung gegen einzelne Länder und Völker gemacht wird, weckt Erinnerungen an vergangene Katastrophen auf unserem Kontinent. Angesichts des weltweit existierenden atomaren Vernichtungspotentials ist jede Aufstachelung zu militärischer Konfrontation und Krieg, etwa gegen Russ­land, schierer Wahnsinn.

Europa steht am Scheideweg 

Die Geschichte Europas ist eine Geschichte des Unrechts und der Gewalt, aber auch eine Geschichte ihrer Überwindung aus eigener moralischer Einsicht und politischer Kraft. Die christlich-humanistische abendländische Tradition hat tragfähige Grundlagen für Rechtsgleichheit, Humanität und Anerkennung der Menschenwürde entwickelt. Immer wenn diese Grundlagen geschichtsmächtig geworden sind, wurde das Zusammenleben der Menschen und Völker friedlicher, gerechter und sicherer. Damit einher ging oft allgemeiner Wohlstand, sozialer Ausgleich und kultureller Aufschwung.
Europa ist geprägt durch eine reiche Vielfalt von Kulturen und Nationen auf kleinem Raum, von Kreta bis zum Nordkap, von Lissabon bis Jekaterinburg. Menschen in ganz Europa haben in mehr als 2500 Jahren in allen Bereichen vieles hierzu beigetragen.
Für das Zusammenleben in Frieden und Freiheit war die Rechtsentwicklung hin zu immer mehr Gerechtigkeit von grundlegender Bedeutung für Europa und die Welt.
Europa hat wesentlich dazu beigetragen, dass heute die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts in internationalen Verträgen (Charta der Vereinten Nationen, Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) und in nationalen Verfassungen garantiert sind.
Deshalb fordern wir, 
  • dass der Schutz menschlichen Lebens absoluten Vorrang hat und dass der Abbau würdiger Arbeitsbedingungen, der sozialen Wohlfahrt, der Rentensysteme, der medizinischen Versorgung und alle Schritte in Richtung Euthanasie gestoppt werden;

    denn jeder Mensch hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das Lebensrecht des Menschen ist der Kern der Menschenrechte. Ihm kommt Höchstwert zu. Menschliches Leben ist unverfügbar, unveräusserlich und nicht abwägbar. Die «Ehrfurcht vor dem Leben» muss absoluten Vorrang haben. Jeder Mensch hat unveräusserliche soziale Rechte wie das Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen, auf soziale Sicherheit, auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und seine Familie, einschliesslich ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung, auf Bildung und Teilhabe am kulturellen und politischen Leben;
  • dass alle familienfeindlichen Ideologien in staatlichen und internationalen Bestimmungen gestrichen werden;

    denn die Familie ist die natürliche Kernzelle der Gesellschaft und soll grösstmöglichen Schutz und Beistand geniessen;
  • dass der Bildungsabbau an unseren öffentlichen Schulen gestoppt wird; dass wieder verstärkt die fachlichen, an wissenschaftliche Erkenntnisse gebundenen Inhalte gefördert werden; dass soziale Verbundenheit, soziale Ethik und staatsbürgerliche Bildung gestärkt werden und die Schulen ihren rechtsstaatlich verbrieften Auftrag zur Erziehung von mündigen Bürgern erfüllen. Bildung ist ureigene Aufgabe der souveränen Staaten. Es darf nicht sein, dass junge Menschen als nicht beschäftigbar aus unseren Schulen entlassen und so der Verwahrlosung preisgegeben werden;

    denn jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Sie dient der vollen Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und befähigt zur Übernahme von Verantwortung für das Gemeinwohl und für den Frieden. In diesem Sinn muss Bildung ein Bewusstsein für Menschenwürde fördern und zu Toleranz, Verständnis und Freundschaft unter allen Völkern befähigen;
  • dass nicht eine selbsternannte internationale «Elite» aus Politik, Medien und (Finanz-)Wirtschaft über die Geschicke der Bürger und Völker bestimmt;

    denn das Volk, die Bürgerinnen und Bürger sind der Souverän im Staat (Volkssouveränität). Die Bürger haben deshalb alle politischen Freiheitsrechte; sie haben Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, ein Recht auf freie Wahlen und Abstimmungen. Die gewählten Volksvertreter und die Regierungen müssen unabhängige Sachwalter des Gemeinwohls sein. Die Informationsfreiheit der Bürger und die Bedeutung der Medien für die Demokratie verlangen, dass sie der Wahrheit und dem Gemeinwohl sowie der sachlichen und ausgewogenen Berichterstattung verpflichtet sind. Die Wirtschaft hat dem Menschen zu dienen; jeder Staat hat die Hoheit über seine eigene Wirtschaftsordnung, insbesondere über seine Währung. Die natürlichen Lebensgrundlagen müssen geschützt und auch für kommende Generationen gesichert werden;
  • dass sich die Nachrichtendienste und ­Polizeibehörden aller Staaten im Rahmen des Rechts auf ihre Kernaufgaben beschränken und die allumfassende, Grenzen überschreitende Abschöpfung persönlicher Daten beenden;

    denn jeder Mensch hat das Recht auf den Schutz seiner Privatsphäre. Er hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. Staatliches Handeln ist nur dann legitim und legal, wenn es an Recht und Gesetz gebunden ist (Rechtsstaatsprinzip);
  • dass Menschen und Länder nicht in Abhängigkeiten wie etwa in Schuldknechtschaft («odious debts») getrieben werden; dass ferner die Unterwerfung von Ländern unter die Finanzherrschaft der EU, des IWF und ähnlicher Institutionen und der damit verbundene Verlust an staatlicher Souveränität rückgängig gemacht werden;

    denn alle Völker haben das Recht, dass ihr Staat, unabhängig von Grösse, von wirtschaftlicher und militärischer Macht, gleichberechtigtes Mitglied der Staatengemeinschaft ist;
  • dass jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Staaten Europas, sei es durch politischen oder wirtschaftlichen Druck oder durch das Erzwingen von Abstimmungsergebnissen, unterlassen wird und dass alle Abkommen, die auf diese Weise getroffen wurden, rückgängig gemacht werden;

    denn alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung und sind kraft dieses Rechts frei, über ihren politischen Status sowie ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu entscheiden;
  • dass alle Staaten Europas auf den Einsatz militärischer Gewalt zur Durchsetzung von wirtschaftlichen und macht­politischen Interessen verzichten und das Völkerrecht achten und einhalten. Alle Kriege müssen beendet werden;

    denn alle Staaten haben das Recht auf territoriale Unversehrtheit und politische Unabhängigkeit. Jeder Krieg verletzt die Menschenrechte. Konflikte müssen auf friedlichem Wege und am Verhandlungs­tisch gelöst werden. Jeder Mensch hat das Recht auf eine internationale Ordnung, die ein Leben in Frieden und Freiheit gewährleistet.

Menschliches Handeln muss auf Ethik gründen

Treu und Glauben müssen wieder Grundlage allen menschlichen Zusammenlebens und politischen Handelns sein. Ohne dieses Prinzip gibt es kein Vertrauen in Verträge innerhalb der Staaten und zwischen den Staaten, und der Willkür ist Tür und Tor geöffnet. Steuerungsmechanismen («Governance») und Manipulationstechniken aller Art, die durch den Missbrauch psychologischer Methoden Menschen ohne vollständige und offene Information beeinflussen wollen, rauben dem Bürger die Möglichkeit der unabhängigen Meinungsbildung. Sie verletzen dadurch die Würde der Person und zerstören die Grundlage des politischen Dialogs und der Rechtsordnung.
Menschen sind fähig, mit ihrer Vernunft und ihrem Mitgefühl die notwendigen Grundorientierungen eines sittlichen und politischen Handelns zu erkennen und mitmenschlich zu denken, zu fühlen und zu handeln. Dies ist dem Menschen als Disposition gleichsam ins Herz geschrieben. Von Vernunft und Gewissen geleitet, sind diese Orientierungen dazu bestimmt, die Gesamtheit der sittlichen, rechtlichen und politischen Festlegungen, die das Leben des Menschen und der Gesellschaft leiten, grundzulegen. Sie garantieren die Würde der menschlichen Person angesichts vorübergehender Ideologien.
Wir werden, was als Recht erkannt worden ist und was als Recht gilt, nicht preisgeben; denn:

«Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.»

Beschlossen von den rund 300 Teilnehmern des internationalen XXIII. Kongresses «Mut zur Ethik», der dem Thema «Freiheit, Souveränität und Menschenwürde – Schutzwall gegen Despotie und Krieg» gewidmet war und der vom 4.–6. September 2015 in der Schweiz stattfand. Zu den Teilnehmern gehörten folgende Referenten aus dem In- und Ausland:
Dr. Zoltan ­Adorjan ­(Slowakei), Bob Barr (USA), Prof. Dr. Stanislas Bucyalimwe (Belgien/Demokratische Republik Kongo), Katalin Z. Csörszné (Ungarn), Nicole Duprat (Frankreich), Jürgen Elsässer (Deutschland), REV Dr. Joseph Emmanuel Seemanpillai (Deutschland/Sri Lanka), Altbischof Dr. Elmar ­Fischer (Österreich), Dipl. -Ing. Heinz Werner Gabriel (Deutschland), Dr. Marek Glogoczowski (Polen), Axel Grunow (Schweiz), Dr. Eike Hamer (Deutschland), Živadin Jovanovic (Serbien), Dr. Germán Muruchi Poma (Deutschland/Bolivien), Prof. Dr. Velimir Nedeljkovic (Serbien), lic. phil. Moritz Nestor (Schweiz), ­Manfred Paulus (Deutschland), Dr. Maria Isabel Pérez de Pio (Argentinien), Prof. DI Rudolf Pomaroli (Österreich), Inge Rauscher (Österreich), Dr. René Roca (Schweiz), Dr. Hans Wilde (Österreich), Willy Wimmer (Deutschland), Prof. DI Dr. Heinrich ­Wohlmeyer (Österreich).
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Quelle: http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2242