Thursday, January 10, 2013

Im Zeitalter neokolonialer Eroberung (Januar 2013)


Über die Politik des Staates Israel zu sprechen, scheint aus analytisch-kritischer Sicht hierzulande praktisch ausgeschlossen. Wenn selbst der Sohn des mächtigen Spiegelschöpfers Rudolf Augstein, ob vorsichtig kritischer Töne gegenüber aktueller hebräischer Regierungspolitik, gegenüber der einzig als Demokratie gültigen Nation im Nahen Osten also, unter das Verdikt „Antisemit“ fällt, wer wagte da noch einen Ton? Wenn, wie im Vorjahr, selbst der greise Literaturnobelpreisträger Grass, ob öffentlicher Stellungnahme massiv angefeindet wird und der staatstragende SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sein mutiges Wort zur Hebroner Apartheid zu relativieren gezwungen sich sah, ja wer möchte sich da noch hervortun? Wer denn möchte als unverbesserlicher, unbelehrbarer, ewiger Antisemit am Pranger stehen?

Was also kann unsere ohnmächtig scheinende Generation im Auftrag von verbindlichem Völker-und Menschenrecht tun? Was kann sie tun, um einer am Holocaust völlig unbeteiligten, unschuldig zu maßlosem Leid verurteilten Bevölkerungsmehrheit im „Heiligen Land“ beizustehen?
Was können wir tun, um unserem Volk nicht wieder und wieder neue Schuld aufzubürden?
Wo zeichnet sich ein Ausweg ab aus dem moralischen Dilemma für jene, die die grausigen Bilder von Auschwitz nicht beiseite schieben können und wollen, sich aber gegenwärtigem Leid gegenüber ebenso empfänglich zeigen? Was können Menschen tun, deren Sensibilität für das Leid anderer nicht abgestumpft ist? Auf welche Weise können sie wirksam einschreiten?

Der erste Schritt ist die vorurteilsfreie Hinwendung zum gemeinsamen geistigen Erbe der Bibel und der Thora, das vom Koran aufgenommen und weitergeführt wurde. Die Hinwendung auch zum geistigen Erbe unserer Klassiker. Gehen wir zurück zu ihnen, nehmen wir uns etwa die Ringparabel aus Lessings Nathan neu vor und studieren wir die Geschichte, aus der sie hervorging. Studieren wir die nicht abgerissene Geschichte der Kreuzzüge aus der Perspektive der jeweils Enteigneten und Entrechteten, derer sich vormals der jüdische Rabbi Jesu angenommen hat.

Der zweite Schritt ist die Hinwendung zur neueren Geschichte. Die Neubefassung mit der historischen Mission des Faschismus, der keineswegs als besiegt gelten darf, ist im Jahr der demokratiewidrigen Machtübertragung an die Nazis unabdingbar. Diese Mission bestand darin, das geistige und materielle Erbe des Sozialismus mit Stumpf und Stil auszurotten, an dessen Wiege seine Urheber nicht zu Unrecht (!) eben den jüdisch-christlichen Geist sahen, vor allem den Geist der jüdischen Propheten, von denen Jesu der letzte war. Die deutschen NAZIS wollten dem jüdischen Bolschewismus und dem „raffenden“, dem als jüdisch angeprangerten, Kapital ein Ende machen. Letzterem setzten sie das gute deutsche, das „schaffende“ Kapital entgegen. Ihr Auftrag allerdings richtete sich gegen keines von beiden. Vielmehr handelten sie im Dienste beider, wenn sie dem als jüdisch verschrienen Bolschewismus zu Leibe rückten. Jüdische Denker und Revolutionäre der Tat waren aus gutem historischen Grund dem Sozialismus in großer Zahl verpflichtet, wie auch christlich-jesuitisch geschulte Kämpfer zu den großen Revolutionären der Weltgeschichte zählen.

Die deutschen Faschisten rückten also durchaus im Sinne ihrer kapitalkräftigen Gesinnungsbrüder weltweit der tüchtigen jüdischen Minderheit in Europa massiv zu Leibe und schindeten sie zu Tode, vorgeblich um ihrem parasitären Dasein und damit dem raffgierigen Bolschewismus ein Ende zu machen. In Wirklichkeit störte sie das positive Beispiel. Die Bolschewiki führten nämlich erfolgreich das fort, wofür der Rabbi Jesu einst von den Vertretern des Imperiums gekreuzigt worden war.

Die deutschen Faschisten paktierten aber auch mit ihresgleichen, mit jenen, deren zielgleiche Interessen sie weltweit zu vertreten angetreten waren. Im „Heiligen Land“ herrschten noch die britischen Imperialisten und bedienten sich skrupellos der dort gestrandeten, entwurzelten jüdischen Flüchtlinge, denen man Land und eine glorreiche Zukunft versprach. Dafür mussten sie allerdings kämpfen an der Seite der Imperatoren gegen die Osmanen und gegen die störrischen Einheimischen, die sich Palästinenser nannten und die sich zunehmend eingekreist und erwürgt sahen und Aufstände organisierten. Die unterschiedlichst motivierten Zion-Sucher wurden von den Briten bewaffnet. Später warfen sie mit dieser und  anderer Hilfe die taumelnde Weltmacht dann  aus dem Land, das ihnen  - so ihre Lesart der Bibel - von Gott verheißen war.

Die traurigen Überlebenden des NS-Terrors und des imperialistischen Krieges waren das gefundene Opfer, mit dessen Hilfe sich schließlich auf „heiliger", palästinensischer Erde ein Marionettenstaat errichten ließ. In heuchlerischer Manier gab man vor, den Opfern des deutschen NS-Regimes Tribut zu zollen und bediente doch nur eigenen Machtinteressen und den unstillbar gewordenen Hunger nach Öl.

Eine „Heimstätte“ für alle Juden der Welt wollte man errichten, jetzt wo das Völkermorden fürs erste zu Ende war und nachdem man deren Einreise in die eigenen Länder streng kontingentiert hatte. Auch nach Palästina waren während der Zeit des großen Mordens nur jene gelangt, die über genügend finanzielle Mittel verfügten. Auch 1949 war die große Mehrheit der Weltbevölkerung keinesfalls für die Gründung eines Staatswesens auf dem Territorium, das bereits durch ein anderes Volk gut besiedelt war. Auch mit dem Vorschlag der Teilung des ihnen nicht gehörenden Landes waren längst nicht alle einverstanden, die bevölkerungsreichsten Länder stimmten dagegen.

Aber der Plan war raffiniert und von langer, kapitalkräftiger Hand vorbereitet. Der Plan war von teuflischer Raffinesse, diente er doch vorgeblich armen, entrechteten Menschen und war er doch vermeintlich sogar biblisch untermauert. In Wahrheit verbargen sich dahinter durchsichtige koloniale Machtansprüche, die Vertreibung der autochthonen Bevölkerung war einprogrammiert. Mit Hilfe mächtiger Verbündeter und der als Wiedergutmachung kaschierten Waffenhilfe aus Deutschland sicherte man sich einen strategischen Vorposten auf dem schwarzen Kontinent und schuf dort die viel beschworene  „einzige Demokratie im Nahen Osten“. Sie entsprach voll und ganz den westlichen Designer-Vorstellungen  und bediente deren Interessen perfekt .

Den Überlebenden ihrer Opfer war eine teuflische Rolle zugedacht.

Möge ein guter Gott sie alle vor den Folgen ihres bösen  Tuns beschützen und ihnen mit der Menschen Hilfe Einhalt gebieten.