Saturday, February 1, 2014

Können „Frauen zum Frieden führen?“ Ein kritischer Blick auf die Gespräche von Genf II über Syrien

Bericht über die  Nebenvorstellung in Montreux und Genf (20.-24. 2014)

Irene Eckert
Das muss nicht extra gesagt werden: Frauen sind gute Vermittler, Frauen haben beim Frieden-machen  eine große Rolle gespielt. Seitdem  die Österreicherin Baroness Berta von Suttner gefordert hatte:“Legt eure Waffen weg“, und seit sie den ersten Friedens-Nobelpreis  erhalten hat, ist eine beträchtliche Anzahl von Frauen  ihr auf diesem Weg gefolgt. 
Nach drei Jahren barbarischem Blutvergießen in Syrien besteht die Möglichkeit, diesen unmenschlichen Wahnsinn zu stoppen. Unter der UN-Schirmherrschaft waren 30 Länder gerufen, beim Friedensprozess des Stellvertreterkrieges  mitzuhelfen, der von den Nachwirkungen des arabischen Frühlings angetrieben wurde. Die zivile Gesellschaft  ist durch das, was in der Levante vor sich ging, völlig durcheinander geraten.  Es war wegen eines massiven Propagandafeuers, das den Kampf vor Ort begleitete. Die Folge davon war, dass die Solidarität mit dem syrischen Volk leider sehr zurückhaltend gewesen ist. 
Der Termin für die Genfer II-Friedensgespräche wurde viele Male verschoben und, wenn sie überhaupt  in den Weltmedien erwähnt wurden, ging es darum, ob der Iran eingeladen werden soll oder nicht oder über die angeblichen  Bedingungen, die im Protokoll von Genf I festgelegt wurden , und zwar, ob man von Präsident Assad fordern soll, zuerst zurückzutreten, falls Friede sein  und das Land vor völligem Zusammenbruch  gerettet werden sollte 
Abgesehen von einigen Regierungen  schienen die „UN-Frauen“ die einzigen prominenten Stimmen zu sein, die  zur Genf II-Konferenz ermutigten, indem sie sagten:  „Wir teilen die Hoffnung des syrischen Volkes, dass Genf II ein ernsthafter Schritt  zum Ende der Gewalt und des Blutvergießens sein wird“. In ihrer Erklärung vom 13. Januar 2014  riefen  die „UN-Frauen“ zur Teilnahme der Nachbarstaaten auf,  zur Einstellung der Kampfhandlungen und das Aufheben wirtschaftlicher Sanktionen  auf Syrien. 
Zu einer Vorkonferenz waren  60 Frauen  aus allen Ecken der Welt  in die Schweiz gekommen. Unter ihnen zwei Friedensnobelpreisträgerinnen, Mairead Maguire (Nord-Irland 1976)  und Shirin Ebadi (Iran 2003). Zusammen mit andern prominenten und weniger prominenten Frauen sind von „Codepink“ (USA) , Madre (USA) und WILPF (International) eingeladen worden. Diese Frauen-Verbindungen  wollten  sich daran beteiligen, den Frieden für Syrien zu fördern, indem sie zur Waffenruhe und für eine stärkere Vertretung der Frauen am Konferenztisch aufriefen.
Was  während einer intensiven Woche mit Seminaren, Diskussionen und  spektakulären  Aktivitäten vor den Konferenzräumen  unterschätzt  wurde, um die  Medien auf sich zu ziehen, war die Tatsache, dass Frauen  an den diplomatischen Prozeduren teil genommen haben und einige sogar eine sehr prominente Rolle bei diesen spielte, wenn man von  Konfliktparteien absieht.
Auf der Seite der syrischen Regierung ist Bouthaina Shabaan, ranghohe Medienberaterin von Dr Assad. Shabaan gab am Samstagabend (25.1.) CNN News ein bemerkenswertes Interview. Auf der andern Seite des „Syrischen Nationalrates“ war die eben ernannte 26Jährige Noura al Air als Vizepräsidentin, deren Mandat es ist, die syrische Regierung zu zwingen,  zurückzutreten. Sie zog die  Aufmerksamkeit der Medien auf sich, als sie mit lauter Stimme Bashar al Assad „Einen Kriegsverbrecher“ nannte, während auf dem UN-Platz am Freitag (24.1.)  gegen die Reden protestiert  wurde.
Dies soll nur zeigen, wie widerstreitend die Positionen von Frauen sein können.  Diese Tatsache wurde bei den Nichtregierungs-Konferenzen auch berücksichtigt.
Die Juristin Prof. Shirin Ebadi, eine strenge  Anwältin der Menschenrechte im Iran streitet auf derselben Linie mit ihrer syrischen „Schwester“  Al Amir, als  sie den gegenwärtigen  syrischen Regierungschef als „Haupthindernis zum Frieden“ verklagen. Während sie in den USA lebt, verklagt sie die Iraner als die einzige ausländische Regierung, die sich militärisch in Syrien einmischt. Ihrem Gedicht, einem auf syrischen Boden gefallenen  Soldaten gewidmet, wurde einstimmig applaudiert. Als Frauen reagieren wir spontan und emotional, wenn es zu Menschenrechtsverletzungen kommt, und  wenn wir uns an Söhne und  Ehepartner erinnern, die ihr Leben als Soldaten auf dem Schlachtfeld verloren haben.
Während wir darauf bestehen, dass „Frauen zum Frieden führen“, neigen wir dahin,  die Emotionen zu vergessen, die uns  in die Irre führen, wenn sie nicht gleichzeitig von einer vernünftigen Analyse des Grundübels eines Konfliktes begleitet werden.
Allein als Frauen, selbst wenn sie mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung vertreten, können wir die oben genannten Antagonismen nicht überwinden, die den Konflikt verursachen.
Die Frauenkonferenz in Genf und  ihr spektakulärer Auftritt in den Straßen von Montreux ,  der von „Codepink“ entworfen wurde, brachte Frauen  aus den verschiedensten Konfliktzonen der Welt zusammen, wie Bosnien-Herzegowina, Sri Lanka, Sahara, Columbien, Nordirland u.a..Sie wollen alle den syrischen Frauen   ein Beispiel geben und ihre Erfahrungen mit der Lösung eines Konfliktes anbieten.
Mairead Maguire und ihre Kollegin bestanden darauf, dass Frauen  eine bedeutende Rolle im Friedensprozess in Nordirland spielten, da sie ihre speziellen Bedürfnisse beiseiteließen. „Frieden ist ein Menschenrecht“, sagte Maguire und das „syrische Volk muss für sich entscheiden, wer es regieren soll,“ fügte sie hinzu „ohne ausländische  Einmischung,“
Syrische Frauen waren auch anwesend. Sie kamen von Syrien und aus dem Ausland und vertraten oppositionelle Ansichten über die beklagenswerte Situation vor Ort. Unter ihnen waren auch die gekommen, die die Assad-Regierung  wegen  der augenblicklichen Situation angreifen; Für diesen Zweck unterhielten sie sogar ein Propagandaradio im Ausland. …..
Es waren auch prominente Frauen dabei wie die Ex-EU-Parlamentspräsidentin Luisa Morgantini, die sich auch für die Palästinenser engagiert, Heike Haensel, eine Friedensaktivistin und Parlamentarierin aus Deutschland, die  hart mit ihrer Regierung gerungen hat, Frauen wie Mouna Ghanem in die oppositionelle syrische Delegation einzuschließen. Dann war da noch Marie Dennis von Pax Christi in Belgien oder die US-Veteranin und Ex-Diplomatin Ann Wright, die alle ihre starken Gefühle zum Ausdruck brachten, damit der Konflikt in Syrien unter friedlichen Bedingungen endet. ….
Die meisten von uns stimmten darin überein, dass eine Menge Geduld nötig ist, wenn in Syrien  und im Nahen Osten  Frieden werden soll, da all diese Länder und Konfliktzonen  mit einander in Beziehung standen. Und jetzt, wenn die Medienaufmerksamkeit  nachlässt, schienen wirkliche Verhandlungen  auf dem Weg zu sein und sie schienen den Iran in der einen oder anderen Weise mit einzuschließen.
Als Friedensarbeiter müssen wir Genf mit nach Hause nehmen und mit unserer Unterstützung für eine diplomatische Lösung fortfahren.
 (dt. und gekürzt Ellen Rohlfs)


  • UN-Frauen ist eine neu gegründete UN-Agentur für die Förderung der Frauen. Sie bringt bestehende frühere  Programme  zusammen und wünscht  weitere Förderung der Frauen

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