Monday, April 17, 2017

Nordkorea – RT-Deutsch Interview zum drohenden Krieg

 “Das trojanische Pferd der Amerikaner gegen Nordkorea"

https://deutsch.rt.com/asien/49319-trojanische-pferd-amerikaner-gegen-nordkorea/

“Das trojanische Pferd der Amerikaner gegen Nordkorea“ – RT-Deutsch Interview zum drohenden Krieg
“Kim Jong-un ist ein verrückter Hund, und nur Gott allein hat die Antwort aus der Krise“ - angesichts der Spannungen auf der koreanischen Halbinsel führte RT-Deutsch ein Interview mit dem Nordkorea-Experten Dr. Seong Hyon Lee. Ein Plan B mit einem trojanischen Pferd könnte einen Krieg verhindern. 
Südkorea kommt nicht zur Ruhe. Kim Jong-un drohte vergangene Woche mit einer undefinierten “großen Überraschung“. Die Welt hält den Atem an, und die Amerikaner verlegen weiterhin Militärs und Kriegsgerät auf die koreanische Halbinsel. Ein erneuter nordkoreanischer Raketentest am Sonntag misslang, bestätigte aber die Befürworter einer Militärintervention, dass Krieg die einzige Lösung sei, um sich des unkalkulierbaren Risikos Nordkorea zu entledigen. Der amerikanische Präsident Trump buhlte, wie sein Vorgänger, um die Unterstützung der Chinesen gegen Nordkorea. Er lud den chinesischen Präsidenten Xi Jinping in die USA ein, um ihn zu einem Alliierten gegen den Feind Nordkorea zu machen. Die US-Regierung sieht, alle Karten auf dem Tisch liegend, auch eine militärische Intervention.
Aber China kann und will den Konflikt mit seinem Nachbarn nicht riskieren. Der südkoreanische Nordkorea-Experte Dr. Seong Hyon Lee sieht noch einen anderen Weg: ein trojanisches Pferd - aus der Hand der Amerikaner - ohne Involvierung der Chinesen. Denn die Nordkoreaner wissen, dass sie nicht das gleiche Schicksal wie die Libyer teilen wollen, wenn auf eine Abkehr vom Atomprogramm amerikanische Bomben folgen.
Der amerikanische Flugzeugträger USS Carl Vinson im Pazifischen Ozean, 30. Januar 2017.
RT-Deutsch: Bitte stellen Sie sich unseren Lesern vor.
Lee: Mein Name ist Dr. Seong Hyon Lee, ich bin wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sejong-Institut, einem Think-Tanks in Südkorea, welches auf nationale Sicherheit und Außenpolitik spezialisiert ist.
RT-Deutsch: Wie ist die derzeitige Stimmungslage in Südkorea? Haben die Menschen Angst vor einem möglichen Krieg?
Lee: Gemeinhin ist es “Business as usual.“ Dies mag viele Menschen im Ausland überraschen, aber es ist hier die Realität. Südkorea ist seit 60 Jahren in einem faktischen Kriegszustand mit Nordkorea. Es ist in einem Kriegszustand, weil der Koreakrieg von 1950 bis 1953 nicht mit einem Friedensabkommen endete, sondern mit einem Waffenstillstand. Über die Jahre haben sich die Menschen an diese angespannte Situation gewöhnt.
RT-Deutsch: Ist ein Krieg zwischen Nord- und Südkorea möglich?
Lee: Nichts ist auszuschließen. Aber ich komme gerade aus den Vereinigten Staaten zurück. Meiner Ansicht nach findet dort ein amerikanischer Präventivschlag auf Nordkorea wenig Zuspruch, obwohl diese Option auf dem Tisch liegt. Es verbleibt eine Genauigkeit, wie dies anhand der Beobachter zu interpretieren ist. Aber ich denke, dass die Ambiguität teilweise strategisch ist. Es wäre keine gute Strategie, Nordkorea nicht mitzuteilen, dass man es nicht angreifen wird, wie schlecht auch immer es sich benimmt.
RT-Deutsch: Die koreanischen Nachrichten “The Korean Herald“ nannten vier herausfordernde Fragen für die Präsidentschaftskandidaten. Hier ging es erstens um die Wiedereröffnung des Kaesŏng- Industriekomplexes (hier arbeiteten Süd- und Nordkoreaner Seite an Seite), zweitens um das amerikanische THAAD-System, welches zu Repressalien Chinas geführt hat, drittens ob amerikanische Nuklearwaffen in Südkorea stationiert werden sollten und viertens um die Beilegung des Streits um die Trostfrauen zwischen Japan und Südkorea. Was sind ihre Ansichten zu THAAD, Kaesŏng und amerikanischen Nuklearwaffen?
Lee: Es gibt zwei Kandidaten, Moon Jae-in und Ahn Cheol-soo, die nun Kopf an Kopf um die Präsidentschaft im Wettbewerb stehen. Wer auch immer Präsident wird, sie werden wahrscheinlich die Aufstellung des THAAD-Systems unterstützen. Aber der Druck der Chinesen THAAD abzusagen, war ein Schuss in den Ofen. Kaesŏng, nicht THAAD, wird das sensibelste Thema zwischen Südkorea und den USA sein. Wenn die USA die Sanktionen gegen Nordkorea verschärfen wollen, und Südkorea den gemeinsamen Industriekomplex, der innerhalb von Nordkorea liegt, wiederöffnen will, dann werden die beiden Methoden miteinander kollidieren. Also sollten Seoul und Washington eine stabile Kommunikation erhalten, um diese Angelegenheit zu verfolgen. Eine Option für Südkorea wäre, sich während des ersten Jahres der neuen Präsidentschaft mit der Wiedereröffnung von Kaesŏng nicht zu beeilen, sondern die Zeit zu nutzen, um gemeinsam mit Washington und anderen Ländern eine Strategie zu entwickeln. Das Ziel sollte sein, Nordkorea zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch zu locken, während der konstruktiven Involvierung Nordkoreas, mit dem Ziel, ihnen zu helfen, wieder mit der Außenwelt zu interagieren. In Bezug auf die amerikanischen Nuklearwaffen, denke ich nicht, dass es irgendeine Chance für die Amerikaner gibt, diese wieder nach Südkorea einzuführen, obwohl die Medien diese Idee unterhaltsam finden, weil es eine interessante Geschichte abgibt.
RT-Deutsch: Die Entscheidung für die Aufstellung des THAAD-Systems kam sehr abrupt, nachdem die Nordkoreaner einen erneuten Raketentest durchgeführt hatten. Südkorea war und ist unter der Führung einer Übergangsregierung. Wurde ein Machtvakuum missbraucht, um die nachfolgende Regierung vor vollendete Tatsachen zu stellen?
Lee: Es war eine schlechte Idee im Hinblick darauf, dass die vorherige Regierung unter Park Geun-hye nicht nach der öffentlichen Meinung in einer national wichtigen Sache gefragt hat. Also, viele Menschen waren verärgert darüber, wie die Entscheidung getroffen worden ist. Demokratie ist, die Menschen zu fragen und ihre Ansichten zu reflektieren. Es geht aber mehr darum, “wie sie etwas getan hat“, als “was sie getan hat“. Die Entscheidung wurde auch mit der US-Regierung getroffen. Das heißt, es gibt zwei Parteien. Auf eine Art ist es ein internationales Abkommen. Deshalb denke ich, dass die nächste südkoreanische Regierung dieses respektieren wird. Darüber hinaus haben die wirtschaftlichen Vergeltungen der Chinesen als Reaktion auf THAAD die Südkoreaner sehr verärgert. Sie denken, dass China Einfluss auf die Geschicke eines souveränen Staates nimmt. Derzeit unterstützen 51 Prozent der Südkoreaner THAAD, 38 Prozent sind dagegen. Also hat der chinesische Druck nicht funktioniert. Drittens, gegen den steigenden Druck aus Nordkorea ist THAAD auch mehr und mehr zu einem Symbol einer robusten Allianz zwischen Südkorea und den USA geworden. Wenn man all dies bedenkt, wird THAAD wahrscheinlich weiterhin in Südkorea aufgestellt.
Ein nordkoreanischer Soldat nimmt die Flaggen in Inspektion, die zur Feier der Eröffnung eines neuen Wohnkomplexes wehen sollen; Nordkorea, Pjöngjang, 13. April 2017.
RT-Deutsch: Hat THAAD aber nicht mehr Schaden als Nutzen gebracht?
Lee: China versucht, Südkorea eine Lektion zu erteilen, wie viel ökonomischen Stress man als Konsequenz aushalten muss, wenn man den chinesischen Rat nicht befolgt. Es ist teilweise auch eine psychologische Taktik, um Einfluss auf südkoreanisches Verhalten zu nehmen. Der Schaden wird in Südkorea sicherlich gefühlt. Aber China hat bei den Südkoreanern an Respekt verloren.
RT-Deutsch: In ihrem letzten Artikel in den “Korea Times“-Nachrichten beschreiben sie einen Plan B der USA und machen auch einen Brückenschlag zu Deutschland. Kann Korea von der Deutschen Wiedervereinigung lernen?
Lee: Der Plan B ist der am wenigsten destruktive friedliche Weg, um die nordkoreanische Angelegenheit ohne Krieg zu lösen. Der deutsche Fall kann sicherlich mit einigen Modifikationen helfen.
In seinem Artikel “Trumps ohne China Annäherung gegenüber Nordkorea“ beschreibt Herr Lee einen neuen Plan B zum Zerfall des Systems Nordkorea. In diesem wird China von seiner Rolle gegenüber Nordkorea entmachtet, bis hin zu seiner “Irrelevanz“. Die Einbeziehung Nordkoreas würde sich wie ein trojanisches Pferd auswirken. Nordkorea würde von innen heraus zerfallen. Pjöngjang würde mit den USA übereinkommen, sich von seinem Atomprogramm abzuwenden, und die USA würde eine Botschaft in Pjöngjang eröffnen. "Dies wäre aber kein Gewinn für die Nordkoreaner", schreibt Herr Lee, "sondern die Botschaft würde dann zum trojanischen Pferd." Die USA würden Nordkorea den Handel ermöglichen, China wäre auch hier entmachtet, und der Kapitalismus hielte Einzug in Nordkorea. Hier vergleicht der Nordkorea-Experte den prognostizierten Zusammenbruch mit dem der DDR. Dann würden in Nordkorea letztendlich die Bedürfnisse der Menschen nach ökonomischen Reichtum siegen.
RT-Deutsch: Das erste Treffen zwischen Xi Jinping und Trump wurde von dessen Entscheidung überschattet, Bomben auf eine syrische Militärbasis abzuwerfen. Jinping lud Trump nach China ein. Aber gab es ein wirkliches Resultat? Was ist die chinesische Rolle im Konflikt? Wird Xi Jinping Kompromisse schließen, um einem Handelskrieg zwischen China und den USA zu umgehen, und sich weitere fünf Jahre im Amt zu sichern?
Lee: Es ist wichtig für das chinesische Regierungsoberhaupt seinen Bürgern zu zeigen, dass er stabile China-USA-Verbindungen schaffen kann. Also sind erfolgreiche US-China-Gipfeltreffen sehr wichtig für die regionale Politik Chinas. Es ist wichtig für Xi Jinping, ein lächelndes Bild mit Trump zu machen, nicht einem verärgerten Trump. Xi hat dieses Ziel erreicht. China hat auch Unsicherheiten vermieden, die Trump in der Vergangenheit darstellte. China ist sehr gut darin, seinen Anschein der Kooperation mit den USA zu wahren. Aber die chinesische Hilfe im Bezug auf Nordkorea ist mehr Schein als Inhalt.
RT-Deutsch: Was ist ihre Meinung zum Mord an Kim Jong-nam in Malaysia? Zeigt dies das Fehlen von chinesischem Einfluss auf Nordkorea? Hat China noch einen diplomatischen Einfluss auf Nordkorea, abseits der Macht durch den Handel?
Lee: Dies ist eine interessante Frage. China hat die Macht Nordkorea ökonomisch in die Knie zu zwingen. Aber wenn China dies tut, wird Nordkorea wahrscheinlich eine Atombombe Richtung China entsenden, nicht in Richtung der USA, bevor es zusammenbricht. China denkt, Nordkorea ist ein “verrückter Hund“ (feng gou), dass jeden beißen könnte, selbst seinen Besitzer. Also ist der Besitzer sehr vorsichtig.
Ehemaliger US-General:
RT-Deutsch: Wie lange noch kann Nordkorea weiterexistieren? Ein Überläufer, der vormals als Botschafter Nordkoreas in London tätig war prognostizierte dem System Nordkorea einen baldigen Kollaps. Ist Nordkorea noch immer ein Land, in dem seine Bürger, wie eine Herde Schafe bereitwillig Kim Jong-un gehorchen?
Lee: Kim Jong-uns Griff an der Macht scheint stabil. Kim wird weiterhin an Nuklearwaffen festhalten, als Mittel zum Überleben. Er sah was in Lybien passierte, als es sich von seinem Nuklearwaffenprogramm verabschiedete – es wurde von den USA angegriffen. Kim denkt, dass solange er an den Nuklearwaffen festhält, werden die USA nicht in der Lage sein Nordkorea anzugreifen.
RT-Deutsch: Was erwarten Sie von dem kommenden Präsidenten im Blauen Haus (Name des südkoreanischen Parlaments)? Braucht Südkorea eine enge Verbindung zu den USA? Wird die südkoreanische Führung zwischen China und den Staaten wählen?
Lee: Im Anbetracht dessen, was China wegen THAAD getan hat und die steigende nordkoreanische Bedrohung, will die kommende südkoreanische Regierung engere Beziehungen mit den USA, um eine bessere nationale Sicherheit zu gewähren, unabhängig davon, wer Präsident wird - auch ein liberaler Kandidat.
RT-Deutsch: Wie wird es möglich sein wieder Harmonie in der Region zu etablieren?
Lee: Das weiß nur Gott allein.
RT-Deutsch: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen und Ihrem Land eine friedvolle Zukunft. 
Das trojanische Pferd in Nordkorea müsste laut Lee 30 bis 40 Jahre agieren, um einen friedvollen Zusammenbruch zu erwirken. Lee widerspricht Tillerson zum Ende seines Artikels. Dieser hatte gesagt, dass die amerikanische Politik im Bezug auf Nordkorea der letzten 20 Jahre versagt hätte. Eine US-Strategie ohne China wäre bisher nicht verfolgt worden. 
Das Interview führte RT-Deutsch Redakteurin Olga Banach. 

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